Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164692/10/Bi/Th

Linz, 26.04.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 8. Jänner 2010 gegen die Punkte 1) bis 6) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16. Dezember 2009, VerkR96-1643-2009-Hof, wegen Übertretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 16. April 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Hinsichtlich der Punkte 1) bis 6) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt, wobei Verfahrenskosten-beiträge nicht anfallen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 und § 40 Abs.2 KDV und 2) bis 6) jeweils §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) und 3) je 50 Euro (21 Stunden EFS), 2) und 6) je 30 Euro (15 Stunden EFS), 4) 40 Euro (18 Stunden EFS) und 5) 25 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er sich als Lenker des Omnibusses X, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass der von ihm gelenkte Omnibus von Vorschriften des KFG entspricht. Am 4. Juni 2009 um 11.35 Uhr sei in der Gemeinde Sarleinsbach, Marktplatz gegenüber Nr.3, FR Rohrbach, festgestellt worden, dass für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung maßgebende Teile nicht diesen Vorschriften entsprochen hätten, obwohl Kraftfahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker noch für beförderte Personen entstünden.

Es sei festgestellt worden, dass

1) im Fahrzeug Geräte zum Zertrümmern der Scheiben (Notfallhämmer) in ausreichender Zahl, gut sichtbar und leicht zugänglich, nicht mitgeführt worden seien,

2) der rechte vordere Fahrtrichtungsanzeiger locker gewesen sei,

3) die Sitzhaltegriffe teilweise locker gewesen seien,

4) die Hecktür mehrfach durchgerostet gewesen sei,

5) die Schulbustafel hinten innen mangelhaft und unsachgemäß, lediglich mittels Holzlatte, befestigt gewesen sei und

6) das linke Scheinwerferglas gebrochen gewesen sei. 

Gleichzeitig wurden ihm anteilige Verfahrenskostenbeiträge von 1) bis 6) insgesamt 23,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­waltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. April 2010 wurde, gemäß § 51e Abs.7 VStG mit den Berufungsverhandlungen in den Punkten 7) und 8) verbunden, hinsichtlich derer von den jeweils zuständigen Einzelmitgliedern gesondert zu entscheiden ist, eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw, der Vertreterin der Erstinstanz Frau X, des Zeugen Meldungsleger GI X (Ml) und des kfztechnischen Amtssachverständigen Ing. X (SV) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe sehr wohl Notfallhämmer mitgeführt, aber da diese von den jugendlichen Fahrgästen immer wieder entwendet würden, habe er eine Garnitur als Reserve im Handschuhfach gehabt.

Die Polizeikontrolle des Linienbusses habe ca eine Stunde gedauert und er meine, man habe mit allen Mitteln versucht, ihm die Kennzeichentafeln abzu­nehmen, um ihm gezielt zu schaden. Es seien damals nur Busse seiner Firma kontrolliert worden.

In der Verhandlung hat der Bw darauf hingewiesen, dass der Bus zwar Mängel gehabt habe, aber deswegen sei er nicht für jeden Punkt auch strafbar. Er hat zu den einzelnen Mängeln Stellung genommen wie im erstinstanzlichen Verfahren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und der damals kontrollierte Bus, ein als Schulbus für 18 Sitz- und 3 Stehplätze zugelassener Omnibus, Mercedes 412D/40 mit Erstzulassung 1999, eingehend besichtigt wurde.

 

Festgestellt wurde, dass der Bus bei der Verhandlung einen sehr guten Eindruck machte, zumal er offensichtlich repariert und dem KFG entsprechend ausgerüstet war. Er wies weder Roststellen auf noch sonstige Mängel, war mit ausreichend vielen,  gut sichtbar angebrachten Notfallhämmern ausgestattet und das bei der Kontrolle gebrochene Scheinwerferglas war ebenso ersetzt worden wie das lockere Blinklicht. Die Schulbustafel war hinten im Fenster angebracht und mit einer vertikal darüber angebrachten schmalen Holzlatte abgesichert, die aber einen besseren optischen Eindruck machte als auf den Fotos, die der SV bei der Kontrolle am 4. Juni 2009 gemacht hat. Der SV hat diese Mängel bei der Begutachtung als erhebliche Mängel qualifiziert.

In der Verhandlung wurde erörtert, dass die damalige Schulbus-Kontrolle im Ortsgebiet Sarleinsbach nicht gezielt auf den Bus des Bw gerichtet war, dieser Bus jedoch als erster von der Schule in Sarleins­bach auf den Marktplatz fuhr und daher einer technischen Überprüfung unter­zogen wurde, wie sie zweimal jährlich in jedem Bezirk von einem Techniker der Abteilung Verkehr des Amtes der Oö. Landesregierung zusammen mit einem Beamten des Landesverkehrsabteilung durchgeführt wird. Dabei wurde fest­ge­stellt, dass der für 21 Personen (außer dem Lenker) zugelassene Bus 31 Kinder beförderte, die naturgemäß nicht alle eine Möglichkeit zur Verwendung eines Sicherheitsgurtes hatten; das dies­bezügliche Verwaltungsstrafverfahren war von der Erstinstanz gemäß § 45 Abs.1 VStG eingestellt worden.

 

In der Verhandlung wurden mit dem SV die einzelnen, in der Anzeige und im Gutachten der Teiluntersuchung gemäß 3 58 KFG 1967 vom 4. Juni 2009 näher ausgeführten Fahrzeugmängel eingehend erörtert, vor allem im Hinblick darauf, ob die festgestellten Mängel lediglich zur Folge gehabt hätten, dass für den Bus vom damaligen technischen Zustand her keine Begutachtungsplakette mehr aus­ge­geben worden wäre oder eine tatsächlich Gefahren für den Lenker, beförderte Personen oder andere Straßenbenützer bestanden hätten.

 

Der Sv legte schlüssig und nachvollziehbar dar, dass das Fehlen der Nothämmer deshalb keine solche Gefahr bedeutet hätte, weil der Bus über insgesamt 3 Türen (zwei auf der Beifahrerseite, eine auf der Fahrerseite und die Nottür hinten) zum Aussteigen in Notfällen verfügt und dadurch ein rechtzeitiges Verlassen des Busses durch die Insassen gewährleistet war. Er hat außerdem dargelegt, dass trotz es gebrochenen linken Scheinwerferglases und der lockeren Blinkerleuchte deren Funktionstüchtigkeit gegeben war und andere Straßenbenützer sowohl das Abblendlicht des Busses als auch das Blinklicht erkennen und sich rechtzeitig darauf einstellen konnten. Die Rostschäden hatten außer der Schmälerung des optischen Eindrucks keine Konsequenzen. Die Schulbustafel hätte zwar im Fall einer Notbremsung herunterfallen können, was aber die Benutzer der letzten Sitzreihe deshalb nicht gefährdet hätte, weil sich die Rückenlehnen der hintersten Sitzbank samt integrierten Kopfstützen auf Höhe der Schulbustafel dazwischen befanden. Durch die teilweise lockeren seitlichen Haltegriffe am Mittelgang hätten ebenso niemanden gefährdet, zumal auch ein Festhalten direkt an der Sitzlehne möglich gewesen wäre.   

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. 

Gemäß § 4 Abs.2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutz­vorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweck­bestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Gemäß § 10 Abs.2 Z3 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) bedeutet der Begriff "schwerer Mangel" einen solchen, der die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinträchtigt oder übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht. Diese Fahrzeuge weisen nicht die Voraussetzung zur Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs. 5 KFG 1967 bzw. der Bestätigung gemäß § 57 Abs. 6 KFG 1967 auf. Bei Fahrzeugen mit schweren Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festge­stellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und diese Mängel bei der nächsten in Betracht kommenden Werkstätte behoben werden müssen.

 

Der SV betonte, es habe sich um schwere Mängel gehandelt aber nicht um solche mit Gefahr im Verzug im Sine des § 10 Abs.2 Z4 PBStV – dh solche Mängel,  die zu einer direkten und unmittelbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen oder mit denen eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Rauch, üblem Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden. Der Lenker des Fahrzeuges ist darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und eine weitere Verwendung des Fahrzeuges eine direkte und unmittelbare Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Solche Mängel sind umgehend zu beheben. Wird ein solcher Mangel im Zuge einer Prüfung an Ort und Stelle gemäß § 58 KFG 1967 festgestellt, so sind im Sinne des § 58 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 Zulassungsschein und Kennzeichentafeln abzunehmen.

 

Auf der Grundlage der in der Berufungsverhandlung gewonnenen Beweisergebnisse ist zusammenfassend zu bemerken, dass hinsichtlich der genannten schweren Mängel die Voraussetzungen des § 4 Abs.2 KFG zweifellos nicht vorgelegen sind, zumal das Kraftfahrzeug eben tatsächlich vom technischen Standard her so gebaut und ausgerüstet war, dass keine der dort genannten Gefahren bestanden haben. Aus diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Schwere Mängel lt. GA gem. § 58 KFG, aber keine solchen iSd § 4 Abs.2 KFG -> Einst.

 

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