Linz, 28.04.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des X, vertreten durch RA. Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 12.02.2010, Zl. S-34667/09-4, zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird im Schuldspruch mit der Abänderung bestätigt, dass dessen Spruch zu lauten hat: "Sie haben
Die Geldstrafe wird auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 22 Stunden ermäßigt.
Es wird jedoch festgestellt, dass durch diesen Ladungssicherungsmangel keine Gefährdung der Verkehrssicherheit bewirkt wurde.
II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten belaufen sich demnach auf 10 Euro.
Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19, § 24, § 44a Abs.1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
Zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretungen nach § 102 Abs. 1 KFG iVm § 101 Abs.1 lit.e u. § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 92 Stunden verhängt, weil er, wie am 07.08.2009 um 14.30 Uhr in Linz, A7 Mühlkreisautobahn, Fahrtrichtung Süd, Km 5,1, Anhaltung und Kontrolle Parkplatz Nähe Reifen John (Salzburger Straße) festgestellt worden sei, als Lenker des Kraftfahrzeuges, LKW, KZ: X dieses in Betrieb genommen habe, ohne sich in zumutbarer Weise davon zu überzeugen, dass die Beladung den in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Es sei festgestellt worden, dass die Ladung nicht vorschriftsgemäß gesichert war, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sein müssen, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeugen nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet werde. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, das sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können; dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls z.B. durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmitte) zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Laderaumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaumbegrenzung verhindern.
Es sei festgestellt worden, dass die Ladung (mehrere Paletten und Kleinteile aus Eisen, Kübel udgl.) nicht entsprechend gesichert waren, zumal die Ladung nicht mittels eines Abdecknetzes oder einer Abdeckplane entsprechend gegen das Herabfallen (Abheben) des Ladegutes gesichert war.
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.“
2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertretreter erhobenen Berufung wird folgendes ausgeführt:
2.1. Diesem Vorbringen kommt teilweise Berechtigung zu!
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung schien hier trotz einer unter 500 Euro liegenden Geldstrafe und ohne diesbezüglichen Parteienantrag in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
Da letztlich nach Vorlage eines vom Berufungswerber in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens in Verbindung mit dem hierzu der Bundespolizeidirektion Linz gewährten Parteiengehör von beiden Parteien auf die Durchführung der bereits für den 11.5.2010 anberaumten Berufungsverhandlung verzichtet wurde, konnte diese letztlich unterbleiben.
4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:
Vorweg ist festzustellen, dass die Beladungssituation vom Meldungsleger durch mehrere Farbfotos dokumentiert wurde. Diesbezüglich wurde im erstinstanzlichen Verfahren der Meldungsleger zeugenschaftlich befragt. Der Amtssachverständige Dipl.-Ing. (FH) X wurde dazu – offenbar mit dem im Akt erliegenden Fotomaterial konfrontiert – niederschriftlich befragt, wobei er darin im Ergebnis zur Auffassung gelangte, dass bei „entsprechenden Fahrmanövern“ Stückgut auch von der Ladefläche fallen hätten können. Damit wäre eine Verkehrsgefährdung begründet gewesen.
Dem trat jedoch der Berufungswerber mit seiner Verantwortung und letztlich durch Vorlage eines Privatgutachten des gerichtlich beeideten und zertifizierten KFZ-Sachverständigen, Dipl.-Ing. X entgegen. Dieses Gutachten vom 21.4.2010 wurde offenbar ebenfalls auf Basis der Bildbeilagen aus dem Verfahrensakt erstattet wobei der SV darin zusammenfassend ausführte:
4.1. Diese Darstellung erscheint schlüssig ist und insbesondere auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers nachvollziehbar, sodass diesen im Ergebnis vollumfänglich gefolgt wird.
Beide Gutachten decken sich insoweit, als wohl von einer den strengen rechtlichen Vorgaben und durch die Judikatur gesichert geltenden Sicherungsmaßnahme, nicht ausgegangen werden kann. Inwiefern diese überhaupt in jedem einzelnen Fall in der Realität der Praxis umsetzbar sind vermag hier ebenfalls nicht beurteilt werden.
Das jedoch unter lebensnaher Annahme der im urbanen Straßenverkehr typischer Weise auftretenden Beschleunigungskräfte ein Teil der Ladung verloren gehen hätte können, kann nicht angenommen werden. Selbst wenn lose Kleinteile auf der Ladefläche lagen ist es nicht wirklich logisch warum diese gleichsam über die Bordwand springen sollten, da doch das Fahrzeug nicht im freien Gelände betrieben wird. Bei einer Vollbremsung kann dies wohl kaum erwartet werden.
Diesbezüglich folgte die Berufungsbehörde – was auch in lebensnaher Beurteilung des Fotomaterials auch für einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer am Maßstab der objektivierten Maßfigur schlussfolgerbar ist – der Fachmeinung des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Dipl.-Ing. X. Dieser geht offenbar unter Anlegung eines verkehrspraktischen Beurteilungsmaßstabes von keiner Gefährdung aus, weil er seinem Kalkül aber nicht theoretisch mögliche auf gut ausgebauten Straßen in der Praxis kaum auftretende Beschleunigungsparameter zu Grunde legt.
Die Berufungsbehörde folgt sohin mit plausiblen Grund der Darstellung des Berufungswerbers bzw. der fachlichen Beurteilung des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens, wonach er durch den eher nur als geringfügig zu bezeichnenden Ladungssicherungsmangel jedenfalls keinerlei Gefährdung der Verkehrssicherheit zu verantworten hat.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.
Gemäß § 101 Abs.1 lit.e StVO 1960 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs.2 und 5 nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls z.B. durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist.
Die Berufungsbehörde übersieht keineswegs, dass in der täglichen Praxis und insbesondere bei kurzen Transportwegen die Neigung bestehen mag mit Grenzwerten an fahrphysikalischen Kräften nicht zu rechnen und letztlich mit Minimalvarianten von Sicherungsmaßnahmen das Auslangen zu finden. Ebenso wird nicht übersehen, dass die Berechnung der durch Vorspannung zu erreichenden Reibwerte im Detail sich sehr aufwändig gestaltet. Dies belegte insbesondere auch das gegenständliche Verfahren.
Dem Berufungswerber ist daher zu Gute zu halten, dass er sich im durchaus guten Glauben einer ausreichenden Sicherung der Ladung befunden hat und er letztlich tatsächlich keine quantifizierbare Gefahrenerhöhung herbeibführte.
5.1. Nach § 5 Abs.1 VStG genügt für die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung jedoch bereits fahrlässiges Verhalten. Bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ist Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sog. Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
5.2. Der Schuldspruch ist angesichts der Beweislage dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Es ist jedoch ausdrücklich festzustellen, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Gefährdungsaspektes nicht als Vormerkdelikt im Sinne des § 30a Abs.2 Z12 FSG zu qualifizieren ist (vgl. h. Erk. v. 17.11.2006, VwSen-161598/10/Ki/Jo).
So hat etwa der h. Verwaltungssenat auch im Erk. v. 2.2.2007, Zl. VwSen-521504/9/Ki/Da, ausgesprochen, dass nicht schlechthin jede Übertretung dieser Norm auch ein Vormerkdelikt darstellt. Ausdrücklich sei im Gesetz festgehalten, dass nur jene Übertretungen vorzumerken sind, welche eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen, dies sofern dieser Umstand dem Lenker vor Fahrtantritt hätte auffallen müssen.
Die o.a. Rechtsvorschrift des Führerscheingesetzes stellt spezifisch über die Bestimmung des KFG hinaus, neben der Betriebssicherheit, auch auf eine Gefährdung der Verkehrssicherheit ab, sofern die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen. Das diese Annahme nicht zutrifft ist gemäß dem Ergebnis des Beweisverfahrens durch ein Gutachten belegt.
5.3. Zur Abänderung des Spruches:
Die Wiedergabe gleichsam des gesamten Absatzes der für viele Varianten an Regelverstößen zutreffenden Rechtsvorschrift überschießt jedenfalls das Regelungsziel des des § 44a Abs.1 VStG über die Umschreibung des Tatbildes, sodass der Spruch, insbesondeere der besseren Lesbarkeit wegen, auf das wesentliche Tatbestandselement – nämlich das vorzuwerfende Fehlverhalten – einzuschränken war.
Als sachlich verfehlt kann es gelten dem Fahrzeuglenker vorzuwerfen, er hätte sich vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass dieses Fahrzeug nicht so beladen wurde wie es die gesetzlichen Vorgaben erfordert hätten. In aller Regel kennt ein Fahrzeuglenker seine Ladung, insbesondere wenn er diese selbst durchführt. Er irrt allenfalls über die Beladungsvorschrift.
Da er das Fahrzeug in diesem Zustand lenkte, dies wohl nur in dessen Kenntnis geschehen konnte, erweist sich der von der Behörde erster Instanz formulierte Tatvorwurf der fehlenden Überzeugung vom Beladungszustand als Widerspruch in sich.
6. Zur Strafbemessung:
Hier ist grundsätzlich auf den Strafrahmen bis zu 5.000 Euro und sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe zu verweisen.
Die Strafzumessungsgründe des § 19 VStG sind zu berücksichtigen.
Im übrigen handelt es sich bei der Strafzumessung um eine im Sinne des § 60 AVG (§ 24 VStG) zu treffende Ermessensentscheidung. Da hier gemäß dem Ergebnis des Beweisverfahrens der Tatunwert doch deutlich geringer einzustufen ist, war neben der Feststellung des fehleden Gefährdungselementes auch die Strafe entsprechend zu ermäßigen.
Das Ausmaß der dem Berufungswerber zur Last fallenden Ordnungswidrigkeit scheint mit der nunmehr verhängten Geldstrafe ausreichend geahndet (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25.3.1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Als Milderungsgrund wurde bereits von der Behörde erster Instanz die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt.
Das VStG sieht keinen fixen Umrechungsschlüssel für die Feststellung der Ersatzfreiheitsstrafe vor; diese ist vielmehr nach den Regeln der Strafzumessung (§§ 19 ff VstG) auszumessen, sie muss sich in einem angemessenen Verhältnis zur verhängten Geldstrafe bewegen, was nach der angedrohten Obergrenze der Geldstrafe zu beurteilen ist.
Das Verhältnis einer bis zu 5.000 Euro reichenden Geldstrafe in Verbindung mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen (= 1008 Stunden), lässt die ursprünglich mit 92 Euro bemessenen Ersatzfreiheitsstrafe als unverhältnismäßig hoch erscheinen.
Da der Berufung teilweise Berechtigung zukam waren für das Berufungsverfahren keine Kosten aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
Beschlagwortung:
Gefährdung Verkehrssicherheit, Ladungssicherung, Ladungssicherungsmangel.