Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164833/2/Kei/Bb/Gru

Linz, 30.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der Frau X, vom 4. Februar 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 19. Jänner 2010, GZ VerkR96-67624-2009-Kub, betreffend Herabsetzung der Geldstrafen wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Führerscheingesetz 1997 (FSG 1997) und dem Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 49 Abs.2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 19. Jänner 2010, GZ VerkR96-67624-2009-Kub, den Einspruch von Frau X (der Berufungswerberin) vom 12. Jänner 2010 gegen die Strafverfügung vom 23. Dezember 2009, GZ VerkR96-67624-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1. § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Z1 FSG, 2. § 102 Abs.5 lit.b KFG und           3. § 134 Abs.3d Z1 iVm § 106 Abs.2 KFG als lediglich gegen die Strafhöhe gerichtet gewertet und die Geldstrafen zu Spruchpunkt 1. mit 20 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden), zu Spruchpunkt 2. mit 15 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu Spruchpunkt 3. mit 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) festgesetzt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 21. Jänner 2010, richtet sich die durch die Berufungswerberin am 4. Februar 2010 per E-Mail – und somit rechtzeitig - bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebrachte Berufung.  


Darin bringt die Berufungswerberin im Wesentlichen vor, dass sie in ihrem Einspruch nicht nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten, sondern auch die Bestrafung selbst dem Grunde nach angefochten habe; insbesondere bezüglich der Spruchpunkte 1. und 2. mit Anregung zur Ermahnung, Tatkumulierung, etc. und Spruchpunkt 3. habe sie zur Gänze bestritten. Es sei dadurch die gesamte Strafverfügung ex lege außer Kraft getreten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufung samt bezughabenden den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher gemäß      § 51 Abs.1 VStG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist       (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, GZ VerkR96-67624-2009.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 23. Dezember 2009, GZ VerkR96-67624-2009, wurde die Berufungswerberin wegen Verwaltungsübertretungen nach 1. § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Z1 FSG, 2. § 102 Abs.5 lit.b KFG und 3. § 134 Abs.3d Z1 iVm § 106 Abs.2 KFG für schuldig erkannt und Geldstrafen in Höhe von 1. 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), 2. 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und 3. 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt.

 

Die Berufungswerberin hat gegen diese Strafverfügung fristgerecht Einspruch mit Schriftsatz vom 12. Jänner 2010 erhoben. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck wertete diesen Einspruch als lediglich gegen die Strafhöhe gerichtet und erließ den nunmehr angefochtenen Herabsetzungsbescheid.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist auf Grund eines rechtzeitig eingebrachten Einspruches das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich aber nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

 

5.2. Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Einspruch tatsächlich nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe richtet, kommt es auf den Inhalt dieses Einspruches in seiner Gesamtheit an. Es ist letztlich maßgebend, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Bestrafte den Schuldspruch bekämpft hat oder nicht.

 

Die Berufungswerberin hat in ihrem Einspruch vom 12. Jänner 2010 nicht nur das Strafausmaß, sondern insbesondere auch den Schuldspruch der Strafverfügung bekämpft. Sie gestand zwar inhaltlich (objektiv) die zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Z1 FSG und   § 102 Abs.5 lit.b KFG (Punkte 1. und 2. der Strafverfügung) ein, jedoch kann daraus nicht zwingend geschlossen werden, dass sie damit auch die Schuldfrage unbekämpft ließ. Wie sich aus dem Wortlaut des Einspruches eindeutig ergibt, zweifelt sie darin am Vorliegen eines Verschuldens und damit die subjektive Tatseite dieser Übertretungen an. Weiters warf sie darin die Frage auf, ob das gleichzeitige Vergessen von Führer- und Zulassungsschein als zwei Delikte anzusehen seien. Bei objektiver Betrachtungsweise dieser erhobenen Vorbringen  und Einwände, ist davon auszugehen, dass sich der Einspruch zu Spruchpunkt 1. und 2. sowohl gegen die Schuld als auch gegen das Strafausmaß richtet. Auch das in Punkt 3. der Strafverfügung vorgeworfene Delikt nach § 134 Abs.3d Z1 iVm § 106 Abs.2 KFG hat die Berufungswerberin im Einspruch gänzlich bestritten. Sie hat diesbezüglich festgehalten, während der Fahrt angeschnallt und sich erst, nachdem sie am Parkplatz angekommen sei und das Fahrzeug zum Stillstand gebracht hatte, abgeschnallt zu haben. Insbesondere darf auch nicht übersehen werden, dass sie im Einspruch eingangs ausgeführt hat, den Tatvorwurf teilweise zu bestreiten.

 

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der rechtzeitig erhobene Einspruch vom 12. Jänner in sämtlichen Spruchpunkten gegen Schuld und Strafe gerichtet ist. Es ist damit die gesamte Strafverfügung des Bezirks­haupt­mannes von Vöcklabruck vom 23. Dezember 2009 gemäß § 49 Abs.2 VStG außer Kraft getreten. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hätte deshalb über den Einspruch zur Gänze absprechen und - sofern sie zur Ansicht gelangt wäre, dass die Berufungswerberin die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten hat - ein vollständiges Straferkenntnis mit einem Schuldspruch im Sinne des  § 44a VStG erlassen müssen.

 

Aus den angeführten Gründen war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Das Verwaltungsstrafverfahren war aber nicht einzustellen, sondern es hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck über den sowohl gegen das Ausmaß der Strafe als auch gegen die Schuldfrage gerichteten Einspruch der Berufungswerberin zu entscheiden.

 

Am Rande sei noch vermerkt, dass die Behörde bei allfälligen Zweifeln über die Qualifikation eines Rechtsmittels verpflichtet ist, den jeweiligen Einschreiter zu einer entsprechenden Klarstellung zu veranlassen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

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