Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164979/2/Kei/Bb/Gru

Linz, 30.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der Frau X, vom 5. März 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 29. Jänner 2010, GZ VerkR96-4225-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

 

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 20 Abs.2 StVO wird gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.              Für die Berufungswerberin entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

Zu I.:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat Frau X (der Berufungswerberin) mit Straferkenntnis vom 29. Jänner 2010, GZ VerkR96-4225-2009, vorgeworfen, am 29. April 2009 um 14.56 Uhr als Lenkerin des Pkw, Kennzeichen X im Gemeindegebiet von Antiesenhofen, auf der Autobahn A 8 bei km 68,007 die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 33 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

 

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, verhängt wurde. Überdies wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 20. Februar 2010, richtet sich die durch die Berufungswerberin am 6. März 2010 – und somit rechtzeitig - zur Post gegebene, an die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gerichtete Berufung, datiert vom 5. März 2010.   


Darin bestreitet die Berufungswerber im Wesentlichen ihre Lenkereigenschaft zur Tatzeit und bringt in diesem Zusammenhang vor, dass sich ihr Vater am Tattag mit befreundeten Rentnern auf den Weg nach Wien gemacht habe, um das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X im Rahmen einer privaten Wienreise nach Deutschland zu überführen. Wer das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt habe, sei für sie nicht nachvollziehbar, da sie terminlich in Hannover gebunden gewesen und daher nicht in diesem Fahrzeug gesessen sei. Nach deutschem sowie internationalem Recht sei es nicht erforderlich, ein Fahrtenbuch zu führen. Sie selbst habe sich zur Vorfallszeit in Hannover aufgehalten und habe dort  geschäftliche Termine erledigt. Bezeugen könne dies ihr Vater X, X, X und sonstige weitere Personen. Die aufgestellte Behauptung, sie habe ihre Mitwirkungspflicht durch Untätigkeit verletzt, sei keinesfalls richtig.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat die Berufung samt bezughabenden den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher gemäß      § 51 Abs.1 VStG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist       (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshaupt­mannschaft Ried im Innkreis, GZ VerkR96-4225-2009. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit der Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Mit Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 11. Mai 2009, GZ 072830/2009-090505, wurde der unbekannte Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X, dessen Zulassungsbesitzerin (Fahrzeughalterin) die Berufungswerberin ist, beschuldigt, er habe am 29. April 2009 um 14.56 Uhr in Antieshofen, auf der Autobahn A 8, bei km 68,007 in Fahrtrichtung Suben die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, wie mittels stationärer Radaranlage festgestellt worden sei - nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz - um 33 km/h überschritten und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen.

 

Eine zunächst gegen die Berufungswerberin wegen dieser angezeigten Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO ergangene Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 9. Juni 2009, GZ VerkR96-4225-2009, wurde von der Berufungswerberin fristgerecht mit der Begründung beeinsprucht, dass sie am Tattag (29. April 2009 um 14.56 Uhr) gearbeitet habe und daher nicht mit dem Pkw, Kennzeichen X unterwegs gewesen sei.

 

In weiterer Folge wurde die Berufungswerberin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 5. Jänner 2010, GZ VerkR96-4225-2009, als Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs.2 KFG unter Strafdrohung zur Bekanntgabe des Lenkers des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X am 29. April 2009 um 14.56 Uhr in Antiesenhofen, auf der A 8 bei km 68,007, in Fahrtrichtung Suben, aufgefordert.

 

Mit Antwort vom 19. Jänner 2010 teilte die Zulassungsbesitzerin mit, dass drei Personen als Lenker in Betracht kämen und zwar allesamt mit ihrem Vater befreundete Rentner, die ihre Abwesenheit zu einer privaten Wienreise genutzt und in diesem Rahmen das angefragte Fahrzeug nach Hannover überführt hätten.

 

Es wurde letztlich gegen die Berufungswerberin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO erlassen.

 

4.2. In Bezug auf die Lenkereigenschaft zur gegenständlichen Tatzeit am 29. April 2009 um 14.56 Uhr stellt sich die Beweislage folgendermaßen dar:

 

An der Lenkereigenschaft der Berufungswerberin bestehen gewisse Zweifel. Für die Berufungswerberin spricht, dass sie sogleich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, das war der Einspruch gegen die Strafverfügung, ihre Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt ausgeschlossen und ausdrücklich verneint hat. Bei dieser Verantwortung ist sie auch im gesamten Verwaltungsstrafverfahren geblieben. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur entspricht es der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen. Ihnen kommt in diesem Sinne auch eine höhere Glaubwürdigkeit zu, als beispielsweise späteren Angaben.

 

Auch in der Berufung hat sie ihre Lenkereigenschaft zur Tatzeit bestritten und neuerlich mit Nachdruck wiederholt, dass sich ihr Vater am Tattag mit befreundeten Rentnern auf den Weg nach Wien gemacht habe, um das verfahrensgegenständliche Fahrzeug nach Deutschland zu überführen. Wer das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hatte, konnte sie nicht mitteilen.

 

Nach der Judikatur des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat, grundsätzlich eine Frage der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG (vgl. z.B. VwGH 29.3.1989, 88/03/0116). Dies setzt naturgemäß voraus, dass entsprechende Beweise vorliegen. Gegenwärtig liegen derartige Beweismittel aber nicht vor, da weder eine Anhaltung stattgefunden hat, bei der der Fahrzeuglenker festgestellt worden wäre, noch das zugrundeliegende Radarfoto eine Lenkeridentifizierung zulässt. Ferner finden sich im Verfahrensakt auch keinerlei Unterlagen, welche über die Tatsache hinaus, dass die Berufungswerberin Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges war, einen Nachweis für ihre Lenkereigenschaft erbringen könnten. Der alleinige Hinweis auf die Mitwirkungspflicht, auf welchen sich die Erstbehörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses zurückgezogen hat, reicht nicht aus, wenn ein Beschuldigter - wie dies auch die Berufungswerberin getan hat - von Anfang an die Täterschaft in Abrede stellt. 

 

Angesichts dieser Tatsachen und einer dünnen Gegenbeweislage können die Vorbringen der Berufungswerberin nicht so ohne weiteres als Schutzbehauptung abgetan werden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass - mangels gegenteiliger ausreichender Anhaltspunkte, insbesondere weiterer diesbezüglicher Erhebungen durch die erstinstanzliche Behörde - nicht gesichert ist und der Berufungswerberin nicht zweifelsfrei erwiesen werden kann, dass sie tatsächlich im fraglichen und ihr vorgeworfenen Zeitraum das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt und die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 20 Abs.2 StVO begangen hat. Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte es sich auch, auf die übrigen Vorbringen und weiteren Argumente der Berufungswerberin - zum Beweis für ihre Unschuld -näher einzugehen.

 

Allenfalls hätte die Berufungswerberin im konkreten Fall ein Delikt nach § 103 Abs.2 KFG, das aber nicht verfahrensgegenständlich ist, zu verantworten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Nach den unter 4.2. dargestellten Überlegungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung kann nicht mit der für im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Täterschaft (Lenkereigenschaft) der Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt am 29. April 2009 um 14.56 Uhr ausgegangen werden, weshalb im Zweifel der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 20 Abs.2 StVO gemäß     § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war. Es war somit spruchgemäß (Spruchpunkt I.)  zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

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