Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252461/2/Gf/Mu

Linz, 30.04.2010

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 23. März 2010, GZ SV96-217-210-Dii, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 23. März 2010, GZ SV96-217-2010-Dii, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) verhängt, weil er es als Dienstgeber zu verantworten habe, dass er „zumindest am 20.07.2009 gegen 10.00 Uhr“ eine Person in der Küche seines Buschenschankes beschäftigt gehabt habe, ohne dass diese zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.F. BGBl.Nr. I 146/2008 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er gemäß § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat auf Grund entsprechender Feststellungen von Organen des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding als erwiesen anzusehen und ihm insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 1. April 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 9. April 2010 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung, mit der – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Braunau zu GZ SV96-217-2010-Di; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen entgegen den Bestimmungen des ASVG entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden; für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs. 2 ASVG eine modifizierte Regelung.

 

Nach § 4 Abs.1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern
beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs.2 ASVG derjenige, der in
einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs.1 i.V.m. Abs.2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs.2 ASVG u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 27,47 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 357,74 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 357,74 Euro gebührte.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber nur pauschal angelastet, dass er – ausschließlich – am 20. Juli 2009 eine namentlich genannte Person in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei, wobei auch kein Sachverhalt vorgelegen sei, "der eine Ausnahme von der Meldepflicht gem. § 5 ASVG erfüllen würde".

Abgesehen davon, dass weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgeht, inwieweit ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt vereinbart wurde – und somit schon zweifelhaft ist, dass im gegenständlichen Fall überhaupt ein im Hinblick auf § 44a VStG ausreichend konkretisierter Tatvorwurf vorliegt– , bestehen für den Oö. Verwaltungssenat erhebliche Zweifel daran, dass für die vorgeworfene Beschäftigung für einen Tag (am 20. Juli 2009) als Hilfskraft in der Küche und im Service, wofür die belangte Behörde ein "angemessenes" Entgelt annimmt, tatsächlich eine Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorlag (vgl. auch schon VwSen-252297 vom 29. Jänner 2010 und VwSen-251853 vom 15. April 2009).

Weil nach § 7 Z 3 lit. a ASVG geringfügig beschäftigte Personen (nur) in der
Unfallversicherung hinsichtlich dieser Tätigkeiten, nicht jedoch in der Krankenversicherung (teil-)pflichtversichert sind, geht der dem Beschwerdeführer im bekämpften Straferkenntnis gemachte Vorwurf, die namentlich genannte Person nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben, ins Leere (vgl. zuletzt VwSen-252354 vom 22. April 2010).

Ob eine Versicherungspflicht im Rahmen der Unfallversicherung aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung gegeben war, war im gegenständlichen Verfahren hingegen nicht zu prüfen.

3. Aus den genannten Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses allenfalls weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-252461/2/Gf/Mu vom 30. April 2010

 

wie VwSen-252297 vom 29. Jänner 2010

 

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