Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281215/18/Kl/Pe

Linz, 04.05.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.2.2010, Ge96-8-2009/Hw, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22.4.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vom dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 200 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.2.2010, Ge96-8-2009/Hw, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) Geldstrafen von je 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 18 Stunden, in vier Fällen wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm 1) § 7 Abs.1, 2) § 65 Abs.4, 3) § 58 Abs.5 und 4) § 62 Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV verhängt, weil er als Inhaber einer Gewerbeberechtigung „Baumeistergewerbe, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, weiters eingeschränkt auf Innen- und Außenputz, sowie Fassaden- und Vollwärmeschutzarbeiten“ im Standort x und somit verantwortlicher Arbeitgeber folgende Übertretungen der BauV zu verantworten hat:

Am 22.8.2008 wurde durch den Arbeitsinspektor x vom Arbeitsinspektorat Wels eine Besichtigung auf der Baustelle (Neubau von Reihenhäusern/Doppelhäusern) in x, durchgeführt.

Bei dieser Besichtigung wurde festgestellt, dass gesetzliche Bestimmungen nicht erfüllt waren:

1.  Um ca. 10.20 Uhr wurde vom Arbeitnehmer x, geb. x, auf der zweiten Gerüstlage Arbeiten an der Fassade (Anbringen eines Vollwärmeschutzes) durchgeführt. Die Höhe, in der diese Arbeiten durchgeführt wurden, betrug ca. 5 m. Wie am Bild 1 ersichtlich, waren die Gerüstlagen lediglich mit Brust- und Mittelwehren gesichert und widerspricht somit der gesetzlichen Forderung, dass geeignete Absturzsicherungen anzubringen sind. Es fehlen die Fußwehren. Ebenso sind die angebrachten Wehren durch die Erhöhung des Standplatzes unwirksam.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994 (BauV), sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen gemäß § 8 BauV anzubringen.

Absturzgefahr liegt vor, an Arbeitsplätzen bei mehr als 2 m Absturzhöhe (§ 7 Abs.2 Z4 BauV).

Geeignete Absturzsicherungen entsprechend § 8 Abs.1 Z2 BauV sind Geländer an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen.

Brustwehren müssen in mindestens 1,00 m Höhe über den Arbeitsplatz angebracht sein (§ 8 Abs.2 BauV).

 

2.  Wie am Bild 3 und Bild 4 ersichtlich, waren nur einzelne Steher des Metallrohrgerüstes mit dem Objekt verankert. Tatsache ist, dass dies keine geeignete Sicherungsmaßnahme gegen Umstürzen des Gerüstes darstellt.

 

Gemäß § 65  Abs.4 BauV muss jeder Steher eines mehrreihigen, frei stehenden, nicht standsicheren Metallgerüstes verankert sein.

Diese Verankerung muss druck- und zugfest ausgeführt werden (§ 55 Abs.4 BauV).

 

3.  Am Bild 2 ist ersichtlich, dass an der Innenseite des Gerüstes keine Absturzsicherungen in Form von Brust-, Mittel- und Fußwehren angebracht sind. Der gemessene Abstand zwischen Gerüstlage und dem eingerüsteten Objekt beträgt 51 cm. Ebenso ist ersichtlich ( Bild 3 und 4), dass es sich um keine reich gegliederte Fassade handelt.

 

Gemäß § 58 BauV muss der Abstand zwischen dem Gerüstbelag und dem eingerüsteten Objekt möglichst gering sein. Auf der dem eingerüsteten Objekt zugewandten Seite des Gerüstes sind Wehren anzubringen, wenn

1.     Absturzgefahr gemäß § 7 Abs.2 Z2 oder 4 besteht und

2.     der Abstand zwischen Gerüstbelag und eingerüstetem Objekt

a)          bei reich gegliederten Fassaden sowie bei Vormauerungen und ähnlichen Arbeiten, bei denen mit dem Anbringen einer Wandverkleidung der Abstand zwischen Gerüstbelag und eingerüstetem Objekt um mindestens 10 cm verringert wird, mehr als 40 cm oder

b)          in allen sonstigen Fällen mehr als 30 cm beträgt.

 

4.     Das Gerüst wurde benützt, obwohl dieses unvollständig errichtet wurde.

 

Gemäß § 62 Abs.4 BauV darf ein unvollständig errichtetes oder nur teilweise abgetragenes Gerüst, das den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht, nicht benützt werden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis dem gesamten Umfang nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass das Gerüst durch eine Fachfirma errichtet worden sei und auch in Form der Rechnung die Zusicherung abgegeben worden sei, dass dieses Gerüst ordnungsgemäß errichtet worden sei. Die Vergabe des Gerüstaufstellens sei rechtlich als Bestellung eines Stellvertreters iSd § 9 AVG zu betrachten, was auch infolge der Ortsabwesenheit durch Krankheit des Bw exkulpiert. Auch sei nicht festgehalten, dass der Bw tatsächlich den Arbeitnehmer x tatsächlich mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt hätte. Der Bw habe sich in einem schwer gesundheitlich angeschlagenen Zustand befunden, hatte einen Krankenhausaufenthalt, sodass es unmöglich gewesen sei, konkrete Arbeitsaufträge zu erteilen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige und die der Anzeige angeschlossenen Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung am 22.4.2010, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie das zuständige Arbeitsinspektorat Wels geladen wurden und erschienen sind. Die geladene belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen x und Herr x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw ist Inhaber der Gewerbeberechtigung „Baumeistergewerbe, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, weiters eingeschränkt auf Innen- und Außenputz, sowie Fassaden- und Vollwärmeschutzarbeiten“ im Standort x. Er ist Arbeitgeber des Vorarbeiter x sowie zwei weiterer Arbeitnehmer der Partie. Der Bw hatte im August 2008 vier Mitarbeiter in seiner Firma beschäftigt.

Er gab seinem Vorarbeiter x im August 2008 den Auftrag, den Vollwärmeschutz zu verspachteln und zu reiben. Es handelt sich dabei um Standardarbeiten. Der Bw gab die Adresse der Baustelle seinem Vorarbeiter bekannt und schickte die drei Arbeitnehmer auf die Baustelle. Das Gerüst war bereits auf der Baustelle. Es wurde von einer Fachfirma aufgestellt, nämlich von der Firma x in x. Der Vorarbeiter kennt sich bei Gerüsten nicht aus. Das Gerüst wurde von der Firma, nämlich vom Bw bestellt. Am Kontrolltag, den 22.8.2008 waren die drei Arbeitnehmer des Bw den ersten Tag auf dieser Baustelle. Es handelte sich um den Neubau von Reihenhäusern/Doppelhäusern in x. Dabei hat der Arbeitnehmer x auf der zweiten Gerüstlage Arbeiten an der Fassade durchgeführt, wobei die Höhe ca. 5 m betrug und die Gerüstlagen lediglich mit Brust- und Mittelwehren gesichert waren und Fußwehren fehlten. Durch die Erhöhung des Standplatzes des Arbeitnehmers waren die angebrachten Wehren unwirksam. Weiters waren nur einzelne Steher des Metallrohrgerüstes mit dem Objekt verankert, sodass keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen gegen Umstürzen des Gerüstes vorhanden waren. An der Innenseite des Gerüstes waren keine Absturzsicherungen in Form von Brust-, Mittel- und Fußwehren angebracht. Der gemessene Abstand zwischen Gerüstlage und dem eingerüsteten Objekt betrug an der gemessenen Stelle, ersichtlich auf Bild 2,  51 cm. Es handelte sich um keine reich gegliederte Fassade. Auch wurde das Gerüst benützt, obwohl es unvollständig errichtet wurde.

Der Bw befand sich zum Zeitpunkt der Einrichtung und des Betriebs der Baustelle in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Er selber war daher nie auf der Baustelle. Der Vorarbeiter war immer alleine mit seiner Partie auf der Baustelle. Die Anweisungen erfolgten vom Krankenhaus aus. Ein verantwortlicher Beauftragter für den Bw bzw. für die Baustelle wurde nicht bestellt. Das Gerüst wurde vor Benützung weder durch den Bw noch durch eine von ihm beauftragte Person noch vom Vorarbeiter überprüft.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aktenlage, insbesondere die Anzeige und die ihr angeschlossenen Fotos, auf die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen und auf die Angaben des Bw. Die Zeugen erschienen glaubwürdig und bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage. Die Aussagen widersprachen sich in wesentlichen Teilen nicht. Auch wurde der Sachverhalt, nämlich der Zustand auf der Baustelle an sich vom Bw nicht bestritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV sind geeignete Absturzsicherungen Wehren (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen.

 

Gemäß § 58 Abs.3 BauV müssen die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein.

 

Gemäß § 65 Abs.4 BauV muss jeder Steher eines mehrreihigen, frei stehend nicht standsicheren Metallgerüstes verankert sein.

 

Gemäß § 58 Abs.5 BauV muss der Abstand zwischen dem Gerüstbelag und dem eingerüsteten Objekt möglichst gering sein. Auf der dem eingerüsteten Objekt zugewandten Seite des Gerüstes sind Wehren anzubringen, wenn

1.     Absturzgefahr gemäß § 7 Abs.2 Z2 oder 4 besteht und

2.     der Abstand zwischen Gerüstbelag und eingerüstetem Objekt

a)          bei reich gegliederten Fassaden sowie bei Vormauerungen und ähnlichen Arbeiten, bei denen mit dem Anbringen einer Wandverkleidung der Abstand zwischen Gerüstbelag und eingerüstetem Objekt um mindestens 10 cm verringert wird, mehr als 40 cm oder

b)          in allen sonstigen Fällen mehr als 30 cm beträgt.

 

Gemäß § 62 Abs.4 BauV darf ein unvollständig errichtetes oder nur teilweise abgetragenes Gerüst, das den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht, nicht benützt werden.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes sind daher die im Spruch des Straferkenntnisses dargelegten Verwaltungsübertretungen gegeben und der objektive Tatbestand erfüllt. Sowohl die im Akt aufliegenden Fotos wie auch die Aussagen haben eindeutig erwiesen, dass das Gerüst nicht den oben genannten Bestimmungen entsprach, indem Fußwehren fehlten, nicht jeder Steher  des Metallrohrgerüstes mit dem Objekt verankert war, an der Innenseite des Gerüstes keine Absturzsicherungen gegeben waren, obwohl zumindest an der inkriminierten Stelle der Abstand zwischen Gerüstlage und Objekt 51 cm betrug und das Gerüst – wie das Foto 1 zeigt – auch in diesem Zustand benützt wurde.

Wenn sich der Bw damit verantwortet, dass er die Errichtung des Gerüstes durch eine Gerüstfirma, nämlich die Firma x in x ausführen habe lassen und daher diese Firma für die Aufstellung des Gerüstes verantwortlich  zu machen sei, so ist ihm die Bestimmung des § 61 Abs.2 und 5 BauV entgegenzuhalten, wonach Gerüste vor ihrer erstmaligen Benützung von einer fachkundigen Person des Gerüstbenützers auf offensichtliche Mängel zu prüfen sind. Solche Prüfungen sind nach jeder längeren Arbeitsunterbrechung, nach Sturm, starkem Regen, Frost oder sonstigen Schlechtwetterperioden, bei Systemgerüsten mindestens einmal monatlich, bei sonstigen Gerüsten mindestens einmal wöchentlich, auf offensichtliche Mängel durchzuführen. Über die Überprüfungen nach Abs.1 bis 3 sind Vormerke zu führen, wenn Absturzgefahr über mehr als 2,00 m besteht oder wenn die Gerüste über Gewässern oder Stoffen liegen, in denen man versinken kann. Im Grunde dieser Bestimmung war daher der Bw als Gerüstbenützer verantwortlich und gehalten, vor der erstmaligen Benützung das Gerüst von einer fachkundigen Person überprüfen zu lassen. Hierüber hätten auch Vormerke geführt werden müssen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung ist der Bw nicht nachgekommen und hat er daher das Fehlverhalten, nämlich die Mängel des Gerüstes zu verantworten.

 

Darüber hinaus ist der Bw auch nach der allgemeinen Arbeitgeberverpflichtung gemäß § 155 Abs.1 BauV gehalten, als Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass den Vorschriften des I., II. und III. Hauptstückes dieser Verordnung sowie den aufgrund dieser Bestimmungen von der Behörde vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen, sowie den erteilten Aufträgen sowohl bei der Errichtung als auch bei der Unterhaltung und Führung der Baustelle entsprochen wird.

 

Wenn hingegen der Bw weiters vorbringt, dass er zum Zeitpunkt der Baustelle bzw. Baustellenkontrolle stationär im Krankenhaus verweilt hat und der Vorarbeiter als Stellvertreter auf der Baustelle anzusehen sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass eine formelle Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG nicht erfolgt ist. Eine solche Bestellung bedarf eines klar abgegrenzten Verantwortungsbereiches sowie einer nachweislichen Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten. Darüber hinaus ist eine solche Bestellung gemäß § 23 ArbIG dem zuständigen Arbeitsinspektorat mitzuteilen. Eine solche Mitteilung ist nicht erfolgt. Es ist daher der Bw gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Auch im Hinblick auf die Beauftragung einer Gerüstfirma hat keine formelle Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen gemäß § 9 Abs.2 VStG stattgefunden.

 

Es hat daher der Bw die Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3. Der Bw hat die Verwaltungsübertretungen aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Der Bw selbst gibt zu, nie auf der Baustelle gewesen zu sein und seine Anordnungen vom Krankenhaus aus durchgeführt zu haben, eine Kontrolle hingegen nicht durchgeführt zu haben. Auch führt er selbst aus, dass er keinen Stellvertreter oder Verantwortlichen bestellt hätte. Auch führt er weiters aus, dass weder er noch sein Vorarbeiter x über Gerüstbau Bescheid wissen und dass der Bw sich daher auf die Gerüstfirma und deren Verlässlichkeit verlasse. Auch hat es keine weitere Anweisungen seitens des Bw gegeben, da es sich um Standardarbeiten handelte und die Bekanntgabe der Baustelle und dort zu verrichtenden Arbeiten an den Vorarbeiter genüge, wobei dieser dann wisse, was weiterhin auf der Baustelle zu tun ist.

Im Sinne der vorzitierten Judikatur wurde daher klar, dass kein Kontrollsystem eingerichtet ist und keine Kontrollen durchgeführt wurden. Der Bw hat nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, dass die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften mit guten Grund erwartet werden kann. Schließlich hat er nicht einmal stichprobenartige Überprüfungen geltend gemacht und auch keine Erteilung von Weisungen ausgeführt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner jüngeren Judikatur darauf hingewiesen, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter bzw. Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/0317).

Das Vorbringen des Bw, dass er sich zum Kontrollzeitpunkt im Krankenhaus befunden hätte, entschuldigt den Bw hingegen nicht. Gerade in einem solchen Fall hätte der Bw Vorsorge treffen müssen, dass die gesetzlichen Vorschriften trotz seiner Abwesenheit eingehalten werden, indem er einen Stellvertreter nennt und diesen mit der Kontrolle beauftragt und seinerseits eine Oberaufsicht hinsichtlich der Kontrolle durchführt. Eine solche Stellvertretung wurde vom Bw nicht geltend gemacht. Es kann sich daher der Bw auch nicht in dieser Hinsicht entlasten. Aus diesen Gründen war daher auch vom Verschulden des Bw, nämlich zumindest von sorgfaltswidrigem Verhalten des Bw auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von den Angaben des Bw ausgegangen, nämlich von einem Monatsnettoeinkommen von 1.200 Euro, Sorgepflichten für zwei Kinder und keinem Vermögen. Strafmildernd wurde nichts gewertet, straferschwerend hingegen die besondere Gefährdung der Arbeitnehmer durch die unsachgemäße Ausführung des Gerüstes und die Höhe von 5 m. Es wurde die verhängte Geldstrafe von je 250 Euro als geringfügig über der gesetzlichen Mindeststrafe liegend als gerechtfertigt angesehen. Diesen Ausführungen kann auch die Berufungsbehörde nichts entgegen setzen. Der Bw hat keine mildernde Umstände geltend gemacht. Auch kamen keine Neuerungen hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Bw hervor. In Anbetracht des Unrechtsgehaltes der Tat und der besonderen Gefährdung der Arbeitnehmer war daher das jeweils verhängte Strafausmaß tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Auch scheint aufgrund der persönlichen Verhältnisse keine überhöht festgelegte Geldstrafe gegeben zu sein. Es war auch zu werten, dass die jeweils verhängte Geldstrafe geringfügig über der Mindeststrafe liegt und aber strafmildernde Umstände nicht vorlagen. Es war daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Mangels Vorliegens von Milderungsgründen war auch eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war auch von einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 200 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung: Spitalsaufenthalt, Sorgfalt, Kontrollsystem

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum