Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252265/17/Py/Hu

Linz, 25.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  vom 29. September 2009, GZ: SV96-167-2007, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Mai 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 17 Stunden, herabgesetzt.

 

II.     Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verringert sich somit auf insgesamt 150 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24, und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. September 2009, GZ: SV96-167-2007, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 idgF drei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 300 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Die Beschuldigte Frau x hat es als Arbeitgeber strafrechtlich zu verantworten, dass sie zumindest am 26. September 2007 um 19.30 Uhr die ungarischen bzw. tschechischen Staatsnagehörigen

1)    Herrn x, geb. am x,

2)    Herrn x, geb. am x,

3)    Herrn x, geb. am x,

indem diese auf der Baustelle x, im Auftrage der Firma x, etabl. in x, beim Zusammenbauen von Profilen betreten wurden, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigte, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen an, dass aus der Niederschrift vom 26.9.2007 mit dem Gatten der Bw sowie aus den drei Befragungen der Arbeiter eindeutig hervorgehe, dass es sich um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gehandelt habe. So wird zB angeführt, dass das Arbeitsmaterial und das Werkzeug von der Firma x zur Verfügung gestellt wird, die Kontrolle der Arbeitszeit und der Arbeitsqualität erfolgt durch Herrn x, eine pauschale Bezahlung, das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko wird von der Fa. x getragen usw. Zusammenfassend sei es tatsächlich so, dass sämtliche oben angeführten Merkmale wirtschaftlicher Unabhängigkeit vorhanden seien und eine Selbstständigkeit nur auf dem Papier existiere. Dies sei eine vorsätzliche Umgehung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und gehöre entsprechend bestraft.

 

Strafmildernde oder straferschwerende Umstände seien keine zu werten gewesen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben. Vorgebracht wird, dass die Betroffenen drei selbstständigen Arbeiter auch für andere Firmen tätig seien, außerdem handle es sich um selbstständig tätige Personen. Es sei von den Betroffenen eigenes Material verwendet worden, und die Fahrten zur Baustelle erfolgten nicht mit dem Fahrzeug der Bw.

 

Für die Bw sei ausschließlich maßgeblich gewesen, dass das vereinbarte Werk bis zum vereinbarten Zeitpunkt fertig gestellt sei. Daraus ergebe sich ein weiteres Indiz für die Selbstständigkeit.

 

Dem Straferkenntnis seien keine ausdrücklichen Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen und sei das Straferkenntnis auch deshalb mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Wenn man vom von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt ausgehe, ergebe sich die Selbstständigkeit der drei Arbeiter, gehe man von den im Straferkenntnis der Erstbehörde angeführten Kriterien aus, so ergebe sich bei richtiger rechtlicher Beurteilung ebenfalls die Selbstständigkeit der drei Arbeiter.

 

Die drei Arbeiter seien nicht im Betrieb der Bw beschäftigt gewesen, die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung liege nicht vor; Weisungsgebundenheit liege nicht vor; die drei Selbstständigen seien auch für andere Unternehmen tätig gewesen; selbstverständlich handle es sich bei den Arbeiten der drei Selbstständigen um eine entgeltliche Tätigkeit, da andernfalls unterstellt werden müsste, dass sie unentgeltlich arbeiten. Die Entgeltlichkeit stellte jedoch kein Kriterium für die Unselbstständigkeit dar.

 

Wenn die Erstbehörde ausführe, dass durch die Bw die Arbeitsqualität kontrolliert werde, so sei dies unter wirtschaftlichen Überlegungen selbstverständlich. Die Bw habe die drei Arbeiter als Subunternehmer beauftragt und hafte die Bw gegenüber ihrem Auftraggeber für die Qualität der Leistungen der drei selbstständigen Arbeiter. Es liege in der Natur der Sache, dass die Bw Interesse an einer ordnungsgemäßen Verrichtung der Arbeiten habe und diese auch ständig überprüfe, dies auch im Hinblick darauf, dass bei etwaigen Beanstandungen vor Fertigstellung noch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden können.

 

Beantragt wurde, der Berufung Folge zu geben und die Einstellung des Strafverfahrens.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Mai 2010, an der die Bw sowie deren Rechtsvertreter teilnahmen. Als Zeugen wurden Herr x und Herr x unter Beiziehung einer Dolmetscherin einvernommen.  

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bringt der Rechtsvertreter der Bw vor, dass die Berufung auf die verhängte Strafhöhe eingeschränkt wird und weist noch einmal darauf hin, dass sich die Bw in einem Rechtsirrtum befunden habe und deshalb davon ausgegangen sei, dass es sich um eine legale Beschäftigung gehandelt habe.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Im Berufungsverfahren ergaben sich Milderungsgründe, die unter Anwendung des § 20 VStG eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe unter die gesetzlichen Mindeststrafe rechtfertigen. So wurde als mildernd das Tatsachengeständnis und die Unbescholtenheit der Bw gewertet. Angesichts der vorliegenden Milderungsgründe und aufgrund der besonderen Tatumstände im vorliegenden Fall stimmte der Vertreter der Organpartei in der mündlichen Berufungsverhandlung einer Anwendung des § 20 VStG  und einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro zu.

 

Weiters ist im gegenständlichen Verfahren die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens als mildernd zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates mehr als 2 ½ Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe konnte daher unter Anwendung des § 20 VStG (außerordentliches Milderungsrecht) die verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro herabgesetzt werden, zumal Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum