Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164775/17/Zo/Jo

Linz, 19.05.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch X, X, vom 06.11.2009 gegen Punkt 3. des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21.10.2009, Zl. VerkR96-3351-2009, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.05.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Satz "Der Lenker des dadurch leicht beschädigten Fahrzeuges hatte Ihnen mehrfach signalisiert, rechts zuzufahren und anzuhalten." zu entfallen hat.

 

       Die Strafnorm wird auf § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 richtig gestellt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 30 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis (Punkt 3.) vorgeworfen, dass er am 09.04.2009 um 17.05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X mit dem Anhänger, Kennzeichen X in Eberstalzell auf der A1 bei km 203,100 auf der Richtungsfahrbahn Salzburg gelenkt habe, wobei er als Lenker dieses Fahrzeuggespannes nach dem durch sein Fahrverhalten ursächlich verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden eines anderen Verkehrsteilnehmers am Unfallort das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten sondern die Fahrt fortgesetzt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er seiner Meinung nach den Fahrstreifenwechsel rechtzeitig angezeigt und korrekt durchgeführt habe. Es sei ihm aber möglicherweise ein Aufmerksamkeitsfehler unterlaufen und er habe eventuell das herankommende Fahrzeug des Zeugen nicht richtig eingeschätzt. Deshalb akzeptierte er die in den Punkten 1. und 2. verhängten Strafen.

 

Es sei jedoch zwischen seinem und dem vom Zeugen gelenkten Kraftfahrzeug zu keiner Kollision gekommen. Für ihn sei weder optisch noch akustisch erkennbar gewesen, dass es zu einem Unfall mit Sachschaden gekommen sei. Dies habe auch die Erstinstanz eingeräumt. Das weitere Verhalten des Zeugen habe ihn in Furcht und Unruhe versetzt. Er sei davon ausgegangen, dass es sich beim Zeugen um eine äußerst aggressive Person handle, weshalb er versucht habe, jeden Kontakt zu vermeiden. Es sei zwar richtig, dass er im Bereich der Autobahnausfahrt Regau nicht auf die Polizei gewartet habe, dazu sei er aber auch nicht verpflichtet.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.05.2010. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Der Anzeiger X wurde als Zeuge zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten Kraftwagenzug auf der A1 in Richtung Regau. Er hielt dabei eine Geschwindigkeit von ca. 100 km/h ein und lief auf einen LKW auf, wobei er beabsichtigte, diesen zu überholen. Im Rückspiegel nahm er zwei PKW auf der linken Spur war, wobei er den ersten PKW vorbeifahren ließ und danach den Fahrstreifen wechselte, um den LKW zu überholen. Seiner Einschätzung nach bewegten sich diese Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von etwa 130 km/h und hatten eine Entfernung von mindestens 70 bis 80 m. Nach den Angaben des Berufungswerbers hatte er den beabsichtigten Überholvorgang rechtzeitig angezeigt, der Zeuge X hatte diesen aber nicht wahrgenommen.

 

Nachdem der Berufungswerber auf den linken Fahrstreifen gewechselt hatte, vernahm er von hinten ein Hupen und konnte im Rückspiegel feststellen, dass der nachkommende PKW des Anzeigers bereits links seitlich neben seinem Anhänger gefahren ist. Dieses Fahrzeug ist dann noch etwas weiter nach vor gefahren und es haben sich kurzzeitig drei Fahrzeuge nebeneinander befunden. Der Berufungswerber wich zwar soweit nach rechts aus, wie ihm dies möglich war, ohne dem LKW gefährlich nahe zu kommen, dennoch streifte der links neben ihn bzw. seinem Anhänger fahrende PKW des Anzeigers mit seinem linken Außenspiegel eine auf dem Bankett befindliche Schneestange.

 

Der Zeuge ließ sich in weiterer Folge hinter das Fahrzeug des Berufungswerbers zurückfallen, beide Fahrzeuge überholten den LKW und in weiterer Folge überholte der Zeuge auch das Fahrzeug des Berufungswerbers, wobei er versuchte, diesen durch Handzeichen zum Anhalten zu bewegen. Der Berufungswerber verstand diese Handzeichen jedoch falsch und fühlte sich durch das weitere Verhalten des Zeugen bedrängt. Er wollte deshalb einen Kontakt mit dem aus seiner Sicht aggressiven Fahrzeuglenker vermeiden.

 

Anzuführen ist noch, dass es während des gesamten Überholvorganges – insbesondere zu jener Zeit, als sich die drei Fahrzeuge nebeneinander befunden haben – nicht zu einer seitlichen Berührung des Kraftwagenzuges des Berufungswerbers sowie des PKW des Zeugen gekommen ist. In weiterer Folge wurde der Berufungswerber schließlich von der Polizei angehalten und es wurden die Daten erhoben. Dabei wurden auch die Fahrzeuge besichtigt, wobei beim Fahrzeug des Berufungswerbers keinerlei Kontaktspuren festgestellt werden konnten. Auch beim Fahrzeug des Zeugen befanden sich auf der rechten Seite keine Kontaktspuren, auf der linken Seite waren jedoch beim Außenspiegel Streifspuren vorhanden. Später wurde der Schaden von einem Sachverständigen begutachtet und dabei festgestellt, dass der gesamte Seitenspiegel getauscht werden musste. Die Schadenshöhe betrug 470 Euro und wurde vom Berufungswerbers auch bezahlt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Anhaltepflicht des § Abs.1 lit.a StVO 1960 in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines Schadens, wobei der Tatbestand aber schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden zu erkennen vermochte (siehe zB VwGH vom 23.05.2002, Zl. 2001/03/0417).

 

Beim gegenständlichen Fahrmanöver ist es zu keiner Berührung zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und des Zeugen gekommen. Der Schaden wurde durch das Streifen des linken Außenspiegels des Fahrzeuges des Zeugen mit einer auf dem Bankett befindlichen Schneestange verursacht. Es ist durchaus glaubwürdig, dass der Berufungswerber diese Streifung weder gesehen noch gehört hat. Es ist ihm daher keinesfalls vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen.

 

Allerdings kann die gegenständliche Übertretung auch fahrlässig begangen werden, wobei Fahrlässigkeit nach der Judikatur des VwGH bereits dann vorliegt, wenn dem Täter bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einem Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Im konkreten Fall hat der Berufungswerber gesehen, dass das Fahrzeug des Zeugen links neben ihm gefahren ist, wobei er aufgrund der örtlichen Verhältnisse auch erkennen musste, dass dieses Fahrzeug dabei bereits das Bankett befahren hat, welches sich zwischen dem linken Fahrstreifen und der Betonleitwand befindet. Dem Berufungswerber musste beim Befahren der Autobahn auch aufgefallen sein, dass sich auf diesem Bankett Schneestangen mit einem relativ geringen seitlichen Abstand zum linken Fahrstreifen befinden. In Kenntnis dieser Umstände hätte er daher damit rechnen müssen, dass es beim gegenständlichen Fahrmanöver zu einer Berührung zwischen dem links neben ihm befindlichen Fahrzeug und einer Schneestange gekommen ist. Im Hinblick auf die auf Autobahnen eingehaltene Geschwindigkeiten ist dabei ein Sachschaden geradezu zwangsläufig zu erwarten.

 

Der Berufungswerber hätte daher damit rechnen müssen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, weshalb er zum sofortigen Anhalten seines Fahrzeuges verpflichtet gewesen wäre. Das Verhalten des Zeugen unmittelbar nach diesem Vorfall, welches der Berufungswerber irrtümlich als einen Ausdruck von Verärgerung bzw. aggressives Verhalten gedeutet hat, hätte den Berufungswerber in Verbindung mit den oben dargestellten Überlegungen ebenfalls darauf hinweisen müssen, dass er durch sein Fahrverhalten offenbar einen Verkehrsunfall verursacht hat. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, wobei ihm aber nur fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

 

5.3. Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.

 

Die Erstinstanz hat offenbar irrtümlich die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 angewendet. Diese musste daher richtiggestellt werden, was auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig ist.

 

Unter Berücksichtigung dieses Strafrahmens erscheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswebers als strafmildernd gewertet, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Im Hinblick auf die bloß fahrlässige Begehung ist eine Bestrafung mit lediglich ca. 7 % der gesetzlichen Höchststrafe ausreichend. Die Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliche Pension von 2.900 Euro bei Unterhaltspflichten in Höhe von 1.700 Euro und erheblichem Vermögen).

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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