Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165091/2/Br/Th

Linz, 17.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. März 2010, Zl. VerkR96-3779-2008,  zu Recht:

 

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren € 18,-- auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert          durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 –          VStG.

Zu II.:  § 64 Abs.1 u. 2VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt gemäß § 16 Abs.2 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, eine Geldstrafe von 90 Euro und  für den Fall der Uneinbringlichkeit 31 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt wurde, er habe am 18.11.2008, 06:17 Uhr, in der Gemeinde Kefermarkt, Landesstraße Freiland, B 310 Mühlviertler Bundesstraße, bei km 34.100, in Fahrtrichtung Linz, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X, auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen Zugmaschinen" gekennzeichnet war, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt, obwohl die angeführte Ausnahme für ihn nicht zugetroffen habe.

 

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

 

Zum Sachverhalt und dem bisherigen Verfahrensgang:

 

Durch die Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt im Mühlkreis vom 05.12.2008 (A1/0000056014/01/2008) wurde die Ihnen im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt anhängig gemacht. In weiterer Folge erging am 10.12.2008 an Sie als Zulassungsbesitzer des angeführten Fahrzeuges die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe, wobei Sie für den Tatzeitpunkt sich selbst als Lenker angegeben haben. Daraufhin erging an Sie die schriftliche Aufforderung, datiert mit 11.03.2009, binnen einer Frist bis 25.03.2009 zum Tatvorwurf Stellung zu nehmen, wobei Sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben.

 

Folgender Sachverhalt wird daher als erwiesen angenommen:

Sie haben am 18.11.2008 um 06:17 Uhr in der Gemeinde Kefermarkt, auf der B 310 Mühlviertler Bundesstraße bei km 34.100, in Fahrtrichtung Linz auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen Zugmaschinen" gekennzeichnet ist, ein mehrspurigen Kraftfahrzeug überholt, obwohl die angeführte Ausnahme für Sie nicht in Betracht kam.

Als Beweis gilt die Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt im Mühlkreis vom 05.12.2008.

 

Gegenständlicher Sachverhalt unterliegt folgender rechtlicher Beurteilung:

Gemäß § 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist.

 

Für den Tatortbereich hat die Behörde ein Überholverbot ausgenommen für Zugmaschinen erlassen. Dieses ist durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen "Überholen verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen Zugmaschinen" kundgemacht worden.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Bei der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt" im Sinne des § 5 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Zum Tatbestand der übertretenen gesetzlichen Bestimmung gehört kein Merkmal, das auf den Eintritt eines Erfolges hinweist.

 

Die Behörde hat darüber Folgendes erwogen:

Die Verwirklichung des Tatbestandes der zitierten Norm steht für die Behörde aufgrund der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt im Mühlkreis und des Umstandes, dass Sie die Verwirklichung auch nicht bestritten haben, fest.

 

Da Sie keine Einwendungen erhoben haben, mit denen es Ihnen gelungen wäre, glaubhaft zu machen, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, geht die Behörde davon aus, dass jedenfalls ein fahrlässiges Verhalten vorliegt, was für die Strafbarkeit ausreicht.

 

Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetz­buches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Trotz schriftlicher Aufforderung im Schreiben der erkennenden Behörde vom 11.03.2009 haben Sie es unterlassen, Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse zum Zweck der Strafbemessung bekannt zu geben. Daher geht die Behörde - wie in diesem Schriftstück angeführt - davon aus, dass Sie ein monatliches Einkommen von etwa 1.090 Euro beziehen, kein für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren relevantes Vermögen besitzen und keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben. Die Behörde erlaubt sich in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht, und diese auch zu verhängen ist, wenn ihre Bezahlung aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse unwahrscheinlich ist (VwGH 21.3.1975, 770/74; 15.10.2002, 2001/21/0087).

 

Die Taten schädigt im erheblichen Maß das Interesse der Verkehrssicherheit und anderer Verkehrsteilnehmer. Überholmanöver an Stellen, an denen dies ausdrücklich verboten ist, sind häufig Ursache schwerer Verkehrsunfälle. Deshalb ist der Unrechtsgehalt der Taten an sich -selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gering.

Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht hervorgekommen.

 

Als Milderungsgrund wird Ihre bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt aufscheinende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Nach Abwägung der erschwerenden und mildernden Umstände sowie unter Berücksichtigung der oben dargelegten Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse erscheint der Behörde der festgesetzte Strafbetrag als angemessen und ausreichend, um Sie in Hinkunft von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe bildet einen gleichwertigen Ersatz und genügt nach Ansicht der Behörde - im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe - Sie von künftigen Übertretungen ebenso wirksam abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

1.2. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. Der Berufungswerber tritt in seiner fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung diesem Straferkenntnis mit folgenden Berufungsausführungen entgegen:

Gegen den Bescheid vom 30.3.2010 erhebe ich in offener Frist das Rechtsmittel der

 

Berufung

und führe hiezu aus:

 

Ich habe nie eine Aufforderung zur Stellungnahme bekommen und ist daher in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist keine Verfolgungshandlung gegen mich gesetzt worden und daher das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 

 

X"                    (beigefügt: e.h. Unterschrift des Berufungswerbers).

 

 

2.1. Damit zeigt der Berufungswerber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die  Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte angesichts des sich hier  ausschließlich auf die Lösung einer Rechtsfrage (Verjährungseinwand) reduzierenden Berufungsvorbringens unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

 

4. In der Sache selbst kann auf die inhaltlich unbestritten bleibenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden! Der Überholvorgang wurde unmittelbar von einem Organ der Landesverkehrsabteilung der Polizei wahrgenommen als dieses, mit der dort erlaubten exakt 70 km/h fahrend, vom Berufungswerber überholt wurde. Eine zusätzliche Anzeige wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit unterblieb offenbar.

Zum Verjährungseinwand ist auszuführen, dass dem Berufungswerber mit Schreiben vom 11. März 2009 eine Aufforderung zur Rechtfertigung mit RSa-Sendung vom 17. März 2009 zugestellt wurde, welche für den Berufungswerber  ab 18. März 2009 beim Postamt X zur Abholung bereit gehalten wurde. Der Berufungswerber bezeichnete sich gemäß dem Aufforderungsschreiben zu Lenkerbekanntgabe vom 10.12.2008, mit der am 31.12.2008 um 08:56 Uhr per FAX der Behörde erster Instanz gerichteten Mitteilung, als Lenker des Fahrzeuges zu dem im Spruch des Straferkenntnisses genannten Zeitpunkt.

Offenbar wurde dieses Schriftstück von ihm auch behoben, weil sich nur dessen Rückschein nicht jedoch die Sendung selbst im Akt befindet.

Mit Blick darauf geht der Verjährungseinwand jedenfalls ins Leere.

Inhaltlich ist auszuführen, dass der Tatvorwurf alle Elemente enthält welche dem Überholverbot zu Grunde liegen.

 

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat zur Frage der Verjährung erwogen:

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist als Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung zu verstehen, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich, dass es für die Frage der Verjährung nicht auf jenen Zeitpunkt ankommt, an dem der Beschuldigte von der behördlichen Verfolgung Kenntnis erlangt, sondern auf jenen Zeitpunkt, zu dem die Behörde die Verfolgungshandlung gesetzt hat. Das bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verjährung bereits dann ausgeschlossen ist, wenn die Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist zur Post gegeben wird (siehe zB VwGH vom 28.02.1997, 97/02/0041 oder vom 17.05.2002, 2001/02/0179).

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. März 2009, welche dem Berufungswerber wohl auch tatsächlich zugekommen ist, wurde demnach eine fristgerechte Verfolgungshandlung (binnen sechs Monaten) gesetzt.

Das Vorbringen des Berufungswerbers ist daher unzutreffend und rechtlich verfehlt.

Das letztlich bis zur Erlassung des Straferkenntnisses noch mehr als ein Jahr verstrichen ist bzw. der Akt unbearbeitet blieb, steht nicht nur mit dem Bekenntnis zur wirkungsorientierten Verwaltung, sondern auch dem Zweck eine Strafe möglichst in zeitlicher Nähe mit der Tat auszusprechen in Widerspruch.

 

 

Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Trotz des langen Zurückliegens der Tatbegehung und des darin zu erblickenden strafmildernden Umstandes ist die mit nur 90 Euro verhängte Geldstrafe so gering bemessen, dass eine Reduzierung dennoch nicht in Betracht kommt.  

Es ist darauf hinzuweisen, dass aus einem Überholen trotz Überholvorerbot eine mangelhafte Wertverbundheit mit dem Vorschriften des Straßenverkehrs hervorleuchtet, weil ein solches Verhalten offenbar ganz bewusst und ostentativ gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gesetzt wird.

Daher kann trotz des von der Behörde erster Instanz geschätzten unterdurchschnittlichen Einkommens von nur 1.090 Euro ein Ermessensfehler in der hier ausgesprochenen Geldstrafe ebenso nicht erblickt werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt ode reiner Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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