Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531035/2/Re/Sta VwSen-531036/2/Re/Sta

Linz, 11.05.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen des x sowie der Ehegatten x und x, alle x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck  vom 8. Februar 2010, Ge20-42-39-03-2010, betreffend die Betriebsanlagen­änderungsgenehmigung einer bestehenden Tischlereibetriebsanlage im Grunde des § 81 GewO 1994,  zu Recht erkannt:

 

 

       Der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Februar 2010, Ge20-42-39-03-2010, wird behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde
I. Instanz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.2, 67a Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 81 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem bekämpften Bescheid vom 8. Februar 2010, Ge20-42-39-03-2010, über Antrag des Herrn x und des Herrn x, x, vom 9. November 2009 die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung für die Erweiterung der bestehenden Tischlereibetriebsanlage, und zwar zur Errichtung und zum Betrieb einer weiteren Betriebszu- und –ausfahrt auf den Gst. Nr. x der KG. x zur öffentlichen Gemeindestraße Parz. Nr. x derselben KG. unter gleichzeitiger Konkretisierung der Betriebszeiten in Bezug auf Zu- und Abfahrten von Lkw und sonstigen Kraftfahrzeugen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündliche Augenscheinverhandlung vom 17. Dezember 2009, das schlüssige Gutachten des technischen Amtssachverständigen und die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates hätten ergeben, dass durch die Errichtung der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

Zu den Einwendungen der Nachbarn, unter anderem der nunmehrigen Berufungswerber wurde festgestellt, dass für die Zu- und Ausfahrt die Zustimmung der Straßenverwaltung vorliege und die Anzahl der Fahrbewegungen entsprechend konkretisiert seien. Bezüglich der öffentlichen Gemeindestraße Parz. Nr. x bestünden keinerlei straßenpolizeiliche Einschränkungen hinsichtlich des Lkw-Verkehrs. Die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs werde nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine unzumutbare Lärmbelästigung durch den Fahrzeugverkehr auf der gegenständlichen Privatstraße sei nicht gegeben, weil die Fahrbewegungen ausschließlich durch Tagzeit passieren. Der Verkehrslärm auf der öffentlichen Gemeindestraße sei von der Gewerbebehörde nicht zu berücksichtigen.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben x gemeinsam mit x, x, sowie x, innerhalb offener Frist Berufung erhoben.

Die Berufungswerber x und x bringen in ihrer Berufungsschrift vom 1. März 2010 im Wesentlichen vor, durch die zu- und abfahrenden Lkw und Pkw werde eine unzumutbare Lärm- und Geruchs- und Staubbelästigung befürchtet. Die genehmigten Fahrzeiten seien eine Zumutung für Anrainer. Es sei nicht möglich, den Garten (über ein Länge von 50 m straßenseitig) für Privatsphäre und Gesundheit fördernd zu nutzen. Verabsäumt worden sei ein ausreichendes Ermittlungsverfahren, insbesondere ein medizinisches Gutachten und schalltechnische Untersuchungen. Es sei unrichtig, dass sich die Zeiten der Fahrten auf 16 Stunden verteilen würden. Der Konsenswerber habe versichert, dass die Zufahrt nur privat bleibe. Die öffentliche Gemeindestraße ziehe sich durch das ganze Siedlungsgebiet und stehe den zu- und abfahrenden Pkw's und Lkw's des Betriebes x offen. Auch die Straßenbreite sei nicht ausreichend recherchiert worden. Die Gemeinde habe sich dem Ermittlungsverfahren aktiv anzuschließen und sich an das Raumordnungsrecht zu halten. Nachzuholen seien ein medizinisches und ein verkehrstechnisches Gutachten.

Der Berufungswerber x bringt in seiner Berufungsschrift ebenfalls befürchtete Lärm- und Geruchsbelästigungen vor, darüber hinaus Sorge um das Leben und die Gesundheit und Sicherheit der in der Siedlung spielenden Kinder. Entgegen den Feststellungen des Gewerbetechnikers (Seite 5 der Verhandlungsschrift) sei kein medizinisches Gutachten eingeholt worden. Auch die Vorlage und Beurteilung einer schalltechnischen Untersuchung sei verabsäumt worden. Mangelhaft erscheine auch das Ermittlungsverfahren in Bezug auf die Feststellung der  Nachbarschaftsverhältnisse. Eine neu entstandene Wohnanlage sei zwar noch nicht bezogen, die zukünftigen Bewohner seien jedoch auch Betroffene der neuen Betriebszu- und –ausfahrt. Dies war bereits im Rahmen der Verhandlung vor Ort für jedermann ersichtlich. Die Fenster im Obergeschoss des Wohnhauses des Berufungswerbers seien unrichtig beurteilt worden. Auf wesentliche Einwendungen sei nicht eingegangen worden. Es sei insbesondere nicht ausreichend recherchiert worden, ob die Straße mit einer Breite von 5 m (oder weniger) für den beantragten Pkw- und Lkw-Verkehr ausreiche. Ein aneinander Vorbeifahren sei für Lkw's nicht möglich. Die Kompetenz der Straßenverwaltung hiezu sei zu hinterfragen, ersucht werde die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens, dies unabhängig vom Bewusstsein der rechtlichen Situation betreffend Parteistellung von Nachbarn zur Frage des öffentlichen Verkehrs. Die Sicherheit und das Wohlbefinden von Familien werde durch eine zusätzliche Betriebszu- und –ausfahrt auf das Spiel gesetzt. Auch die Gemeinde, welche Parteistellung im Verfahren zum Schutz der öffentlichen Interessen habe, ignoriere das zur Kenntnis gebrachte Interesse von vielen Familien. Gleichzeitig läge ein Antrag auf Errichtung einer Wohnstraße für diese öffentliche Straße bereits vor der Durchführung der Verhandlung vor und sei nicht kommentiert und behandelt worden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-42-39-03-2010.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.     das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.     die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.     die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.     die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.     eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu Ge20-42-39-03-2010, ergibt, dass die Anlageninhaber x und x mit Eingabe vom 9. November 2009 um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der Betriebsanlage auf den Standortparzellen Nr. x durch Errichtung einer zweiten Betriebszu- und –ausfahrt für den Tischlereibetrieb angesucht haben. Die ursprüngliche Errichtung des Tischlereibetriebes wurde mit Bescheid vom 13. Dezember 1993, Ge20-42-39-01-1993, erteilt. Die letzte Erweiterung der Betriebsanlage durch Zubau für einen Werkstättenraum, Zubau für die Überdachung des Holzlagerplatzes sowie Errichtung und Betrieb eines Lager- und Filterraumes bzw. eines Kfz-Abstellplatzes wurde mit Bescheid vom 17. Jänner 2008, Ge20-42-39-02-2008, gewerbebehördlich genehmigt.

 

Als Projektsunterlagen eingereicht wurde eine einseitige Betriebsbeschreibung sowie ein Lageplan des x, x im Maßstab 1:250, weiters ein Einreichplan des Baumeister x im Maßstab 1:500, Plan Nr. 2006/07-07.

 

Nach Vorprüfung der Projektsunterlagen hat die belangte Behörde mit Kundmachung vom 18. November 2009 bzw. nach Terminverschiebung mit Verständigung vom 4. Dezember 2009 eine mündliche Augenscheinsverhandlung für den 17. Dezember 2009 mit der Zusammenkunft an Ort und Stelle anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Zu dieser Verhandlung wurden auch die Berufungswerber x, x sowie x geladen. Noch vor Durchführung der mündlichen Verhandlung langten bei der belangten Behörde Einwendungen des Berufungswerber x, unterstützt von mehreren weiteren Anrainern, bei der Behörde ein. Vorgetragen wurden Einwendungen betreffend die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und damit im Zusammenhang auch die Sicherheit von Kindern, sowie Erhöhung der Lärm- und Abgasbelästigung. Im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2009 waren sämtliche Berufungswerber anwesend bzw. vertreten und haben sich unter Hinweis auf die schriftlichen Einwendungen des Nachbarn x gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung ausgesprochen. Der der Verhandlung beigezogene technische Amtssachverständige äußert sich nach befundmäßiger Darstellung des geplanten Vorhabens in Bezug auf die Eignung der öffentlichen Verkehrsfläche für Lkw-Verkehr dahingehend, dass diese Eignung nicht von ihm beurteilt werde und diesbezüglich auf die Kompetenz der Straßenverwaltung verwiesen werde. Lärmtechnisch wurde eine Abschätzung der Immissionen beim Wohnhaus Parz. Nr. x vorgenommen und demnach ein Beurteilungspegel von weniger als 50 dB angenommen. Gutachtlich stellt der gewerbetechnische Amtssachverständige diesbezüglich fest, dass vorbehaltlich einer allfälligen medizinischen Beurteilung der zu erwartenden Schallemissionen beim Wohnhaus x auf Parz. Nr. x aus technischer Sicht kein Einwand gegen die Benützung der neuen Betriebszufahrt bestehe. Die Tauglichkeit der öffentlichen Verkehrsfläche für den uneingeschränkten Lkw-Verkehr werde nicht beurteilt.

Der Vertreter der Gemeinde x bringt in seiner Äußerung vor, dass es sich beim Grundstück Nr. x der KG. x um eine öffentliche Gemeindestraße handle, welche Lkw-tauglich hergestellt sei. Für den Anschluss der privaten Weganlage an die öffentliche Gemeindestraße liege die Zustimmung der Straßenverwaltung vor.

Ein verkehrstechnisches Gutachten sowie das vom technischen Amtssachverständigen angesprochene medizinische Gutachten wurden im Ermittlungsverfahren nicht mehr eingeholt.

 

Unter Bezugnahme auf die oben bereits zitierte Bestimmung des § 66 Abs.2 AVG ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Umfang des Ermittlungsverfahrens im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungs­verfahren zu verweisen, wonach die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Errichtung oder die Änderung einer Anlage gegeben sind, ob sich zu erwartende Emissionen auf die bestehende Situation zum Nachteil der Nachbarn belästigend, gesundheitsgefährdend auswirken, Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und erforderlichenfalls zusätzlich auf dem Gebiet des Gesundheitswesens ist.

 

Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlagen als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartenden Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden.

Es gehört grundsätzlich zu den Aufgaben des gewerbetechnischen Sachverständigen, sich in einer die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichenden Weise nicht nur über das Ausmaß, sondern auch über die Art der zu erwartenden Immissionen zu äußern und darzulegen, ob und gegebenenfalls welche Eigenart einem Geräusch unabhängig von seiner Lautstärke anhaftet. Erst sachverständig fundierte Feststellungen über den Charakter der erhobenen Lärmereignisse und der damit verbundenen Lärmspitzen ermöglichen eine Abklärung aus medizinischer Sicht, welche Auswirkungen diese Emissionen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen (VwGH 17.4.1998, 96/04/0221).

Dem ärztlichen Sachverständigen fällt – fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen – die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang in § 77 Abs.2 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen (VwGH 25.9.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119).

 

Auf Grund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden. Das Gutachten eines Sachverständigen hat aus einem Befund und dem Urteil, dem Gutachten im engeren Sinn zu bestehen. Hiebei hat der Befund all jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung zu nennen, die für das Gutachten, das sich auf dem Befund stützende Urteil, erforderlich sind.

 

Zusammenfassend ist diesbezüglich vorweg festzustellen, dass eine ausreichende Begutachtung und somit Beurteilung sämtlicher von der gegenständlichen Anlage ausgehenden Emissionen bzw. sämtlicher durch den Betrieb der gegenständlichen Anlagenänderung berührter Schutzinteressen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO 1994, insbesondere diejenigen, die von Nachbarn zulässiger Weise im Rahmen rechtzeitig eingebrachter Einwendungen vorgebracht wurden, durch Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt wurde.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die letztlich nicht im erforderlichen Umfang vollständig durchgeführte Beurteilung in Bezug auf Lärmimmissionen hinzuweisen. Vorweg ist diesbezüglich festzuhalten, dass von Seiten der Konsenswerber lärmtechnische Unterlagen in keiner Weise vorgelegt wurden, solche von den Konsenswerbern aber auch durch die belangte Behörde nicht eingefordert wurden. Die Konsenswerber haben offensichtlich lediglich im Zuge der Verhandlung Frequenzen von Fahrbewegungen angegeben, dies jedoch nicht mit der letztlich erforderlichen Eindeutigkeit. Laut befundmäßigen Ausführungen des technischen Amtssachverständigen sollen so über einen Zeitraum von 60 Stunden (Montag bis Freitag 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) max. 5 Lkw und 30 Pkw die neue Straße benützen. Hinzugefügt wurde dieser Frequenz, dass diese Fahrzeuge die Straße "in etwa gleichmäßig verteilt" benützen. Es wird in diesem Zusammenhang Aufgabe der Konsenswerber sein, konkrete Zahlen und max. Fahrzeugfrequenzen in den ungünstigsten Stunden als Projektsvorgaben anzugeben. Aufgabe des lärmtechnischen Sachverständigendienstes wird es sein, aufbauend auf die Ergebnisse des festgestellten oder durch Vorgaben eines lärmtechnischen Projektsbestandteiles bekannt gegebenen Ist-Zustandes die ungünstigsten Immissionssituationen für die nächstgelegenen Anrainer zu berechnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es, von Sonderfällen abgesehen, unzulässig, eine Schätzung von Lärmimmissionen vorzunehmen, wenn einer Messung kein Hindernis entgegensteht (VwGH 30.6.1986, 85/04/0128). So erscheint im gegenständlichen Fall zumindest der Ist-Zustand durch Messung zu ermitteln zu sein und die max. zu erwartenden Fahrbewegungen in der Folge durch Berechnung zu berücksichtigen, und somit insgesamt nicht durch bloße Abschätzung.

 

Darüber hinaus wird auf die vom technischen Amtssachverständigen angesprochene, vorbehaltlich allfällig einzuholende medizinische Beurteilung hingewiesen, welches letztlich unterblieben ist und der erteilten Genehmigung somit nicht zu Grunde liegt. Feststellungen dahingehend, dass die Immissionssituation bei den Nachbarn nicht verschlechtert wird, sind dem Akt nicht zu entnehmen.

 

In Bezug auf die verkehrstechnische Beurteilung ist zunächst auf die zutreffenden Aussagen der Berufungswerber und der belangten Behörde zu verweisen, dass es eine amtswegige Pflicht der Behörde darstellt, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen zu beurteilen und den Nachbarn diesbezüglich kein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch zusteht. Es wird in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zumindest empfohlen, sich nicht mit einer Äußerung des Vertreters der Standortgemeinde, wenn auch in Bezugnahme auf eine offensichtlich dort bekannte Zustimmung der Straßenverwaltung, zu begnügen, sondern, da gewerblicher Lkw-Verkehr im Siedlungsgebiet sicherlich nicht von vornherein als jedenfalls unproblematisch anzusehen ist, eine gutächtliche Äußerung des verkehrstechnischen Sachverständigendienstes einzuholen.

 

 

Ob die beantragte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlagenänderung im Hinblick auf die Schutzinteressen des § 74 Abs.2 Z1 bis 5 zu versagen oder – allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen – zu erteilen ist, kann somit nicht auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse entschieden werden, weil erforderliche Projekts- jedenfalls jedoch Sachverhaltsgrundlagen hiefür nicht vorliegen, und zu ergänzen sind.  Für deren Feststellung hält der Unabhängige Verwaltungssenat eine Verhandlung mit Sachverständigenbeweis für unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs.2 AVG, weshalb aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen insgesamt wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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