Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165011/8/Br/Th

Linz, 07.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 02.02.2010, Zl. VerkR96-9751-2009-Fs, nach der am 7. Mai 2010 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.            Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.     § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 - VStG;

Zu II.    § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit dem oben angeführten Straferkenntnis wegen Übertretungen nach § 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe als Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen X, am 29.09 2009 (gemeint wohl: 20.9.2009) um 11:45 Uhr, in Hochburg-Ach, Kreuzung L 501, Strkm 24,454 - L 1021, bei Strkm. 4,211, zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, das ein rechtzeitiges Anhalten möglich war, weil er einem vor ihm fahrenden Fahrzeug hinten aufgefahren sei. Das vor ihm fahrende Fahrzeug habe bereits ca. 200 Meter vor der Kreuzung geblinkt und sei auf Grund der Abbiegeabsicht vor der Kreuzung abgebremst worden.

 

 

1.1. In der Begründung des Schuldspruches traf die Behörde erster Instanz nachfolgende Erwägungen:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 06.11.2009, Zahl VerkR96-9751-2009-Fs wurden Sie wegen Übertretungen nach § 18 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden bestraft.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie innerhalb offener Frist Einspruch und begründeten diesen im Wesentlichen dahingehend, dass Ihr Vordermann eine extrem starke Bremsung vorgenommen hätte und Sie trotz sofort eingeleiteter Vollbremsung chancenlos gewesen wären.

 

Nach einem Einspruch gegen eine Strafverfügung tritt diese außer Kraft und ist das Ermittlungsverfahren einzuleiten, welches wenn die Tat erwiesen ist, mit der Erlassung eines Straferkenntnisses abzuschließen ist. Der im Straferkenntnis vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag von 10 % gründet im § 64 VStG.

 

Mit Schreiben vom 01.12.2010, weiches am 12.01.2010 zugestellt wurde, wurde Ihnen der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hiezu binnen einer Frist von 14 Tagen, ab Zustellung, Stellung zu nehmen.

Im Schreiben vom 15.01.2010 teilten Sie mit, dass der Unfall nur durch die abrupte Bremsung Ihres Vordermannes verursacht worden wäre und der von Ihnen eingehaltenen Tiefenabstand mehr als ausreichend gewesen wäre.

 

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Die Lenker hintereinander fahrender Fahrzeuge sind grundsätzlich verpflichtet, das vor ihnen fahrende Fahrzeug stets im Auge zu behalten, da sie ihre Fahrweise so einzurichten haben, dass sie jederzeit anhalten können, auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. OGH 23.4.1974, 8 Ob 65/74, ZVR 1975/69

Aus der Aktenlage und Ihren eigenen Aussagen geht hervor, dass Sie auf das Motorrad von Herrn X aufgefahren sind.

 

Das Tatbild des § 18 Abs. 1 StVO ist daher erfüllt und Sie haben die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass Grundlage hiefür gem. § 19 VStG idgF. stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Der Strafrahmen reicht bei § 99 Abs. 3 lit. a StVO bis zu 726 Euro.

Bei der Bemessung der Strafe wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (laut Schätzung mtl. 1.000 Euro mtl. Nettoeinkommen, kein Vermögen, Sorgepflichten) Bedacht genommen.

Strafmildernd war Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Straferschwerend lagen keine Gründe vor.

Es war daher gemäß § 19 VStG spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

„Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren habe ich Herrn Dr. X mit meiner Verteidigung beauftragt; der einschreitende Rechtsanwalt beruft sich auf die ihm erteilte Bevollmächtigung iSd § 10 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG.

 

Im Straferkenntnis vom 02.02. verhängt die Bezirkshauptmannschaft Braunau über mich eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) we­gen einer Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO mit der Begründung, dass ich damals am angeführten Ort als Lenker des bezeichneten Motorrades zu einem vor mir fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass mir ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, weswegen ich dem vor mir fahrenden Fahrzeug hinten aufgefahren bin, welches links blinkte und aufgrund der Abbiegeab­sicht vor der Kreuzung abgebremst wurde.

 

Gegen diesen Strafbescheid erhebe ich nachstehende

 

BERUFUNG:

 

Der gegenständliche Tatvorwurf ist unberechtigt, weil ich hinter dem Motorrad X einen entsprechenden Tiefenabstand eingehalten habe, zur Kollision kam es deshalb, weil X sein Motorrad abrupt abgebremst hat, was seinen Grund offenkundig darin hat dass dieser vor der Bremsung eine sehr hohe Geschwindigkeit einhielt und sich dadurch sein Vorsprung ausgebaut hat.

 

Ein zu geringer Tiefenabstand ist somit keineswegs der Grund der gegenständlichen Kollision.

 

Da mein Verteidiger diese Berufung heute zur Fristwahrung einbringen muss, bleibt die Berufungsergänzung nach Akteneinsichtnahme bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau vorbehalten.

 

Beweis: X, als Zeuge

 

Ich stelle höflich den

 

ANTRAG,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 02.02. aufheben und das Verfahren einstellen.

 

Mattighofen, am 12.3.2010                                                              X.“

 

 

2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung der Inhalte der erstbehördlichen Verfahrensakte im Rahmen der vor Ort durchgeführten Berufungsverhandlung. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde ein Luftbild aus dem System Doris beigeschafft. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde die Gefahrensichtweite im Kreuzungsbereich u. die Straßenbreite festgestellt. Der Berufungswerber wurde zum Unfallverlauf befragt. Die Behörde erster Instanz war bei der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht vertreten. Auch der Zeuge X war wegen Abwesenheit entschuldigt.

 

 

3.1. Obwohl  weder eine 2.000 noch eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde schien die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Die L501 verläuft vom fraglichen Kreuzungsbereich in südlicher Richtungen zumindest 500 m völlig geradlinig und übersichtlich. Nördlich der Kreuzung geht die L501 in eine leichte Linkskurve über. Die Breite der in diesem Bereich gut ausgebauten Weilhart-Landesstraße beträgt über acht Meter. Der in Fahrrichtung des Berufungswerbers rechts gelegene und in einen Flaschenhals verlaufende Kreuzungstrichter weist am rechten (östlichen) Fahrbahnrand der L 501 eine Breite von etwas mehr als 30 m auf.

Der Berufungswerber war gemeinsam mit dem Zweitbeteiligten X auf einer Motorradtour ins Mühlviertel unterwegs. Sie kamen  aus Richtung Tarsdorf, wobei der  Berufungswerber hinter X fuhr. Im Zuge der  Annäherung an die Kälbermoserkreuzung hatte sich laut Berufungswerber der Abstand zum Vorderfahrzeug vergrößert. Den konkreten Nachfahrabstand konnte der Berufungswerber nicht bezeichnen. Laut seinen Angaben lag er jedoch weit über dem gebotenen Sicherheitsabstand.  Aus diesem Grund versuchte er auf das Vorderfahrzeug wieder aufzuschließen. Dabei dürfte er das von ihm nicht  erwartete Rechtsabbiegen des Vorderfahrzeuges  übersehen haben, sodass es im ersten Drittel des Kreuzungstrichters zur Streifung seines Vordermannes gekommen ist. Die Lage der Kennzeichenhalterung am Beginn der Trichteröffnung könnte, muss aber nicht zwingend, auf den Streifkontakt bereits unmittelbar am Kreuzungsrand schließen lassen (Skizze Seite 43 des Aktes).

Der Behörde erster Instanz standen im übrigen keinerlei Feststellungen über den tatsächlichen Nachfahrabstand zur Verfügung. Sie führte eine vermeintliche Unterschreitung des Sicherheitsabstandes offenbar nur auf den Umstand der Streifung von hinten im Zuge des Abbremsens des Vorderfahrzeuges zurück.

Wie aus dem Verfahrensakt ebenfalls ersichtlich, rutschte der Berufungswerber nach der zum  Sturz führenden Streifung noch über zwanzig Meter in seiner Fahrtrichtung und kam dann links der L 501 im Straßengraben schwer verletzt zu liegen. Das Motorrad wurde offenbar schwer beschädigt.

Folgt man dem Bild Nr.1 (Pfeil) wäre die Anstoßstelle bereits knapp am rechten Fahrbahnrand und rechts am Eingang des Kreuzungstrichters. Der Verlauf der Ölspur könnte jedoch, wie oben schon dargelegt, auf eine etwas weiter links gelegene Anstoßstelle schließen lassen. Die Lage der Kennzeichenhalterung muss nicht zwingend ident mit der Kontaktstelle sein, zumal auch diese einer nicht wirklich rekonstruierbaren physikalischen Dynamik ausgesetzt war. Ob allenfalls die Endlage dieses Fahrzeugteils verändert wurde kann nicht gesagt werden.

Die Bewegungsrichtung nach dem Sturz lässt aus h. Beurteilung ein noch stattgefundenes Ausweichmanöver nach links als durchaus realistisch erscheinen. In diesem Punkt erscheint die Darstellung des Berufungswerbers durchaus nachvollziehbar. Der Berufungswerber konnte im Rahmen der Berufungsverhandlung dazu insgesamt nur relativ wenig beitragen, wobei ihm aber sehr wohl darin dahingehend zu folgen ist, dass es sich nicht um ein unfallursächliches Abstandsproblem, sondern allenfalls um das Übersehen der (abrupten) [?] Bremsung des Vorderfahrzeuges, wobei dies letztlich auch auf einen kurzfristigen Aufmerksamkeitsfehler oder durch eine Ablenkung rückführbar sein könnte. 

Dies kann jedoch für das gegenständliche Verfahren letztlich auf sich bewenden bleiben.

Der Berufungswerber leidet sichtlich auch jetzt noch nachhaltig an den Unfallfolgen. Dahingestellt kann vor diesem Hintergrund die Frage nach dem gesetzlichen intendierten Strafgebot in einem derartigen Fall an sich bleiben.

 

 

4.1. Wie der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung durchaus nachvollziehbar erscheinend darlegte, soll sich Gerner möglicher Weise erst kurz vor der Kreuzung zum Abbiegen nach rechts entschlossen haben. Dies würde einerseits ein starkes Abbremsen und andererseits auch das vom Berufungswerber behauptete „Ausholen“ nach links – um die „Kurve eben noch zu erwischen“ – logisch erscheinen lassen. Durch dieses aus der Sicht des Berufungswerbers für ihn völlig unerwartet und plötzlichen Bremsmanövers könnte es schließlich zur linksseitigen Streifung des Motorrades von X gekommen sein.

Diese Darstellung lässt sich mit dem Unfallbericht insofern in Einklang bringen, als auch dort (Seite 3) von einem Übersehen der Bremsung die Rede ist. Schon im Rahmen seiner Vernehmung durch die Polizei am 30. Oktober 2009 ist von einer plötzlichen und unvermittelten Bremsung des Vorderfahrzeuges die Rede, wobei die Kollision – nicht wie auf der Skizze dargestellt – unmittelbar am Beginn des Kreuzungstrichters, sondern laut Darstellung des Berufungswerbers eher erst in Kreuzung Mittel erfolgt sein soll. Dies würde sich eher mit der Logik der Fahrlinie eines Motorrades in Einklang bringen lassen, weil diese eher in Fahrbahnmitte und beim Einbiegen wohl kaum am äußerst rechten Fahrbahnrand geführt wird. Auch der Verlauf der Ölspur lässt die Anstoßstelle eher weiter links vermuten.

Auch im Rahmen der Berufungsverhandlung glaubte der Berufungswerber den Kontaktpunkt abermals weiter links zu vermeinen.

Auf die Vernehmung des Zeugen X, welcher über einen Rechtsvertreter sich hinsichtlich der Nichtteilnahme entschuldigte, konnte letztlich verzichtet werden, weil sich auch aus dessen Darstellung (Seite 21 des Aktes) im zeitlichen Kontext ein zu knapper Nachfahrabstand offenbar ebenfalls nicht ableiten lässt.

Die Berufungsbehörde geht auf Grund des im Zuge der Beweisaufnahme gewonnen Bildes von einem zu spätem Erkennen des mit einem wohl eher starken Bremsmanöver begleiteten Rechtsabbiegemanövers und dem  darin gründenden  Unfallgeschehen aus.

Die Behörde erster Instanz subsumiert hier offenbar die Tatsache des Auffahrens ohne Beurteilung des Kausalverlaufes als Element des § 18 Abs.1 StVO. Die im Straferkenntnis mit 29.9.2009 angeführte Tatzeit basiert wohl auf einen Schreibfehler. Sowohl in der Strafverfügung 6.11.2009 als auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1.12.2009 wurde die richtige Tatzeit verwendet, sodass darin jedenfalls eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt gilt.

 

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Die Feststellung eines Verstoßes nach § 18 Abs.1 StVO erfolgt in aller Regel durch ein anerkanntes Messverfahren (vgl. VwGH 21.9.2006, 2006/02/0074, womit das h. Erk. v. 31.1.2006, Zl. VwSen-161056/6/Br/Se, als rechtmäßig festgestellt wurde).

So liegt nach der herrschenden Vollzugspraxis etwa ein Verstoß gegen diese Bestimmung vor, wenn das Weg-Zeitdiagramm zu einer Abstandsunterschreitung von unter 0,4 Sekunden kommt, wobei eine Abstandverkürzung von weniger als 0,2 Sekunden ex lege die Verkehrszuverlässigkeit ausschließt (§ 7 Abs.3 Z3 FSG). Die Verkürzung eines durch technische Messung festgestellten Sicherheitsabstandes von 0,4 bis 0,2 Sekunden indiziert ein sogenanntes Vormerkdelikt (§ 30a Abs.2 Z5 FSG).

Hier kann jedoch nicht von einer sogenannten Verkürzung des Sicherheitsabstandes ausgegangen werden, wenn doch der Zeuge X selbst sagt, dass er den Berufungswerber kurz vor seinem Abbiegemanöver noch weit hinter sich wahrgenommen hat.

Vergleichbar zur Rechtsprechung zum Rechtsfahrgebot (VwGH 10.10.1995, 95/02/0276, VwSlg 14338 A/1995), wonach etwa das Regelungsziel des § 7 StVO (nur) darauf zielt, sich bei Benützung der Fahrbahn entsprechend dem Sicherheitsabstand rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot zum Inhalt hat, die Fahrbahn nach einer Seite hin zu verlassen.

Analog zu dieser Judikatur ist auch das Schutzziel des § 18 Abs.1 StVO nicht ein Verständnis zuzuordnen, dass gleichsam jeder Auffahrunfall – welcher letztlich immer auf eine zur Kollision führenden Annäherung basiert – immer auch als Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO zu qualifizieren wäre.

Ein ausreichender Sicherheitsabstand hat wohl zu gewährleisten, dass selbst bei plötzlichem Abbremsen eines Vorderfahrzeuges ein Auffahrunfall noch vermeidbar ist. Es führt aber dennoch nicht zur Strafbarkeit iS dieser Bestimmung, wenn es etwa im Zuge eines Überholens und nachfolgenden zu knappen Einscherens zu einer kurzfristigen Verkürzung des Sicherheitsabstandes kommt. Lediglich wenn diese nicht innerhalb einer zumutbaren Zeitspanne korrigiert wird, so etwa die Beurteilung in der Praxis  von PriViDa-Auswertungen, führt dies zur Übertretung des § 18 Abs.1 StVO. Eine gegenteilige Sichtweise liefe letztlich wohl auch dem grundrechtlichen Prinzip „nullum crimen sine lege“ zuwider.

Ein zu einem Verkehrsunfall führender Aufmerksamkeitsfehler und ein allenfalls darauf basierender strafbarer Erfolg ist letztlich vom Schutzzweck des Strafrechtes umfasst, was aber nicht zwingend einen Strafautomatismus im Verwaltungsbereich nach sich zieht, wenn durch einen Aufmerksamkeitsfehler im Straßenverkehr die betroffene Person nur selbst verletzt wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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