Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231100/10/BP/Wb

Linz, 17.05.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt vom 25. März 2010, GZ.: Sich96-179-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis   aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des          Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen    Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.       Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt vom 25. März 2010, GZ.: Sich96-149-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 154 Stunden) verhängt, weil er sich am 1. Mai 2009 von ca. 13:00 Uhr bis ca. 13:10 Uhr in X im Bereich vor dem Haus Nr. X, trotz vorangegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten habe, indem er lautstark geschrien habe "All cops a (gemeint wohl: are) bastards" und in der Folge eine Bierdose, in welcher sich noch Flüssigkeit befunden habe, direkt gegen den Polizeibeamten geworfen habe. Er habe dadurch eine Amtshandlung behindert.  

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 13. April 2010 erhob der Bw Berufung gegen den oa. Bescheid, der am 30. März 2010 zugestellt worden war. Darin führt er aus, dass er im genannten Zeitraum keine Bierdose in Händen gehabt habe, weshalb er diese auch nicht habe werfen können.  

 

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 30. April 2010.  

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich bereits daraus ergibt, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes-SPG, BGBl. Nr. 566/1991 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 114/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. An Stelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

3.2. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

         1. die als erwiesen angenommene Tat;

         2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

         3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

         4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

         5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.4. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis nicht gerecht.

 

Die belangte Behörde beschränkte ihre Ausführungen hinsichtlich der – vom Bw behinderten – Amtshandlung auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes. Es findet sich nicht einmal ein Hinweis auf die grundlegende Situation einer Demonstration und das damit verbundene Einschreiten der Exekutive.

 

Es bedarf zur Erfüllung der Sprucherfordernisse des § 44a VStG wohl nicht einer genauen Definition der jeweiligen behinderten Ausübung der gesetzlichen Aufgaben; allerdings ist hier im konkreten Fall keinerlei differenzierende Zuordnung möglich, weshalb die Verwaltungsübertretung in Bezug auf das Tatbestandselement der Behinderung der Ausübung der gesetzlichen Aufgaben nicht unverwechselbar zuzumessen ist.

 

Weiters geht aus dem Spruch nicht hervor, von wem der Bw abgemahnt wurde. An sich bedarf der Umstand der Abmahnung im Regelfall keinerlei weiterführenden Erläuterungen im Spruch; im hier zu beurteilenden Fall, in dem – wie sich aus der Begründung ergibt – die Abmahnung nicht vom behinderten Organ selbst, sondern allgemein erfolgt war, wäre jedoch eine konkretere Beschreibung der Abmahnung, im Zusammenhang mit dem aggressiven Verhalten zur Gewährleistung der Unverwechselbarkeit notwendig gewesen.

 

Nicht zuletzt wurde im Spruch das inkriminierte Verhalten vor der Abmahnung sowohl dem Inhalt nach, als auch nach der zeitlichen Einordnung mangelhaft dargestellt. Ein bloßes skandieren einer Parole im Rahmen einer Demonstration ist per se wohl noch nicht geeignet als aggressives Verhalten im Sinne des SPG qualifiziert zu werden. 

 

Es ist also festzustellen, dass die Formulierung des Spruchs im in Rede stehenden Fall nicht in einer den Erfordernissen des § 44a VStG genügenden Konkretisierung gewählt wurde. Es war dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt im Berufungsverfahren diese Mängel des Tatvorwurfes zu sanieren.

 

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

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