Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531022/9/Bm/Sta

Linz, 18.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der x, vertreten durch x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14.1.2010, Ge20-110-2009, mit dem der x die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen wurde, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Spruchpunkt I. zu lauten hat:

"Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes:

Die x, x, hat bis 31.5.2010 ein Sanierungskonzept vorzulegen. In diesem Konzept sind Maßnahmen darzustellen, mit denen die Schallimmissionen der drei mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13.11.1974, 11.6.1976 und 4.7.2005 genehmigten Lufterhitzern auf 35 dB bei einer Toleranz von ±1 dB (Messgenauigkeit bzw. Prognosegenauigkeit) im Freien zur Nachtzeit bezogen auf die Hausfassade der umliegenden Nachbarschaftswohnobjekte (nördlich und südlich der Maistrocknungsanlage) reduziert werden. Zum Zweck der messtechnischen Überprüfbarkeit sind im Sanierungskonzept mindestens zwei Referenzpunkte (einer südlich und einer nördlich der Maistrocknungsanlage) nahe der Betriebsanlage festzulegen."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 79 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14.1.2010, Ge20-110-2009, wurde der x aufgetragen, bis spätestens 31.3.2010 ein Sanierungskonzept vorzulegen, mit dem die von den drei mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung genehmigten Lufterhitzern ausgehenden Lärmemissionen auf mindestens 35 dB im Freien zur Nachtzeit in der schalltechnischen ungünstigsten Nachbarschaftssituation nördlich und südlich der Maistrocknungsanlage reduziert werden.

Begründend wurde von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung ausgeführt, dass auf Grund einer Kontrollmessung am 15.9.2009 und eines Lokalaugenscheines am 13.10.2009 der Amtssachverständige für Medizin bei der genehmigten Altanlage einen gravierenden Sanierungsbedarf festgestellt habe. Anlässlich des Lokalaugenscheines am 14.1.2010 sei von ihm festgestellt worden, dass in einem Sanierungsfall bei Erreichen eines Wertes von mindestens 35 dB im Freien zur Nachtzeit in der schalltechnisch ungünstigsten Nachbarschaftssituation nördlich und südlich der Maistrocknungsanlage erhebliche Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen ausgeschlossen werden könnten.

Bei einer Besprechung mit den Vertretern der x am 27.11.2009 sei vom anlagentechnischen und vom medizinischen Amtssachverständigen festgestellt worden, dass allein mit der Vorschreibung ergänzender Auflagen keine Verbesserung der Lärmsituation des genehmigten Bestandes erreicht werden könne. Die notwendigen Maßnahmen würden wesentlich in die Anlage eingreifen und seien daher von der x in einem eigenen Sanierungskonzept darzustellen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch die anwaltlichen Vertreter der x rechtzeitig eingebrachte Berufung und wird darin im Wesentlichen ausgeführt, die Berufungswerberin (Bw) betreibe am Standort x, eine Saatmais-Trocknungsanlage. Diese sei ursprünglich im Jahr 1974 genehmigt worden. Im Jahr 1976 und 2005 seien Erweiterungen erfolgt, wobei vor allem jeweils ein weiterer Lufterhitzer genehmigt worden sei, sodass nach der Erweiterung 2005 drei Lufterhitzer in Betrieb seien. Hinsichtlich dieses Altbestandes werde nun mit gegenständlichem Bescheid die Erstellung und Vorlage eines Sanierungskonzeptes vorgeschrieben. Nicht umfasst sei eine im Jahr 2009 erfolgte Erweiterung der Betriebsanlage.

Dieser Altbestand umfasse daher den Betrieb der gegenständlichen Saatmais-Trocknungsanlage mit drei Lufterhitzern. Eine Beschränkung hinsichtlich Betriebszeiten oder Anlieferung sei den erwähnten Bewilligungsbescheiden nicht zu entnehmen, ganz im Gegenteil finde sich in der Betriebsbeschreibung, die ausdrücklich im Bescheid vom 4.7.2005, Ge20-84-16-2004-Hd, als Bescheidgrundlage genannt werde, der Hinweis, dass auch Traktoren und Anhänger bei Anlieferung der Ernteware 24 Stunden am Tag im Einsatz sein sollen.

Zu betonen sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Bw immer ihre Bereitschaft gezeigt habe, bei der Anlage im Hinblick auf die von den drei Lufterhitzern – die Anlass für die Vorschreibung des Sanierungskonzeptes seien – ausgehenden Lärmimmissionen eine Reduktion vorzunehmen, sprich die Anlage im Sinne des Anrainerschutzes zu sanieren.

Die Behörde habe daher ein Ermittlungsverfahren in die Wege geleitet, welchem die Amtssachverständigen für Anlagentechnik und Medizin beigezogen worden seien. Diese würden grundsätzlich feststellen, dass bei der Altanlage ein Sanierungsbedarf gegeben sei, welcher jedoch nicht durch Auflagen, die nicht das Wesen der Betriebsanlage ändern würden, behoben werden könne. Der medizinische ASV habe sich insbesondere auch dazu geäußert, welche Schallimmissionen zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdung oder erheblichen Belästigungen empfohlen würden. Er sei dabei von einem zu erreichenden Schallimmissionswert von (je nach fachlicher Grundlage) 30 dB bzw. 35 dB im Rauminneren ausgegangen. Es dürfe in diesem Zusammenhang als bekannt vorausgesetzt werden, dass selbst bei einem bloß gekippten Fenster für das Rauminnere eine Lärmreduktion von rund 4 bis 5 dB gegenüber der im Freien vor dem Fenster herrschenden Lautstärke anzusetzen sei. Bei einem geschlossenen Fenster sei die Reduktion gegenüber dem Außengeräuschpegel nahe liegender Weise noch größer.

Wie die Behörde im Bescheid vom 15.1.2010 vollkommen richtig ausführe, habe die Behörde gemäß § 79 Abs.3 GewO den Inhaber der Anlage die Vorlage eines Sanierungskonzeptes innerhalb angemessener Frist aufzutragen, wenn der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs.2 GewO wahrzunehmenden Interessen nur durch die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde.

Die Behörde führe in Begründung der Festsetzung eines ziffernmäßigen Zielwertes aus, dass in der Vorschreibung des Sanierungskonzeptes jene betrieblichen Sanierungsziele, die mit Hilfe des vorzulegenden Sanierungskonzeptes erreicht werden müssen, möglichst genau zu umschreiben seien, was vor allem durch die Vorgabe bestimmter zu erreichender Immissionswerte geschehen könne.

 

Die Bw habe sich bereits bei dem erwähnten Lokalaugenschein am 14.1.2009 gegen die Festsetzung eines ziffernmäßigen Zielwertes bei der Vorschreibung der Vorlage eines Sanierungskonzeptes ausgesprochen. Das Gesetz enthalte nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Behörde bei dem Auftrag ein Sanierungskonzept vorzulegen auf den Inhalt dieses Sanierungskonzeptes Einfluss nehmen dürfe oder zu nehmen habe, vielmehr sei der Spruch des Bescheides darauf zu beschränken, den Auftrag zur Vorlage des Sanierungskonzeptes (samt Fristsetzung) zu erteilen (vgl. Aichleiter, Zur verfahrensrechtlichen Umsetzung von Sanierungskonzepten gemäß § 79 Abs.3 GewO, WBl1994, 260).

 

Nach dem Konzept des § 79 Abs.3 GewO seien in Befolgung des Bescheides, mit dem die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen werde, vom Betriebsanlageninhaber Maßnahmen auszuarbeiten, welche zu einer Sanierung der Anlage im von der Behörde aufgezeigten Sinn führen. Insbesondere sei spätestens bei der Genehmigung dieses Sanierungskonzeptes die Verhältnismäßigkeit der möglichen verschiedenen Maßnahmen zu berücksichtigen, als die Relation zwischen einerseits dem mit der Erfüllung der Maßnahmen verbundenen Aufwand und andererseits dem damit gewonnen Ausmaß an Schutz der nach § 74 Abs.2 GewO maßgeblichen Interessen. § 79 Abs.3 GewO verpflichte den Anlageninhaber jedoch nicht dazu, bei der Erstellung des Sanierungskonzeptes unverhältnismäßige Sanierungsmaßnahmen vorzusehen – also Maßnahmen, deren Aufwand außer Verhältnis zu dem damit erzielten Erfolg stünde. Die Festlegung eines bestimmten Zielwertes bereits in dem Bescheid, mit dem die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen werde, führe jedoch dazu, dass eine derartige Abwägung nicht mehr sinnvoll und in dem vom Gesetz geforderten Ausmaß durchgeführt werden könne.

 

Gehe man also davon aus, dass in dem Bescheid, mit dem die Vorlage eines Sanierungskonzeptes vorgeschrieben werde, ein bestimmter Dezibel-Wert erwähnt werden solle, so wäre nicht ein bestimmter Zielwert, sondern eine begrenzte Bandbreite, innerhalb derer sich das Sanierungskonzept bewegen könne und solle, vorzuschreiben. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass sich, nachdem die konkret möglichen Maßnahmen sowie deren Kosten und Auswirkungen auf die Schallemissionen bekannt seien, im Rahmen der Interessensabwägung zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit ergebe, dass das Erreichen eines Wertes von zB 36 dB verhältnismäßig und daher ausreichend sei.

 

In Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung, 2. Auflage, Rz 25 zu § 79 werde darauf hingewiesen, dass die betrieblichen Sanierungsziele durch den Bescheid, mit dem die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen werde, möglichst genau zu umschreiben seien, was durch die Vorgabe bestimmter zu erreichender Emissionswerte geschehen könne. Eine Verpflichtung der Behörde zur ziffernmäßigen Festlegung eines bestimmten Zielwertes könne daraus jedoch nicht abgeleitet werden.

 

Ganz im Gegenteil würde ein solcher ziffernmäßiger Zielwert die dem § 79 Abs.3 GewO immanente Flexibilität des Anlagenbetreibers unterminieren, je nach Einzelfall eben geeignete Wege zur – im gegenständlichen Fall – Lärmemissionsreduktion zu finden und die entsprechenden Maßnahmen auszuarbeiten. Die Festlegung des Zielwertes von 35 dB wie ihn der nunmehr bekämpfte Bescheid vorsehe, sei  - neben der Tatsache, dass er in rechtlicher Hinsicht zu Unrecht vorgeschrieben worden sei – darüber hinaus noch sehr hinderlich: Da mit diesem Wert bereits das alleinige Ziel definiert worden sei, dass die Bw in ihrem Sanierungskonzept darzustellen habe, verunmögliche das nachgerade die eben skizzierte vom Gesetz indentierte Suche nach mehreren unterschiedlichen Möglichkeiten, das Grundproblem des gegenständlichen Falles, nämlich die Lärmemissionen der Heizlüfter, zu reduzieren.

 

Die Vorschreibung des ziffernmäßíg festgemachten Wertes von 35 dB sei jedoch noch aus einem weiteren Grund als rechtswidrig zu bezeichnen. Im Gutachten des medizinischen ASV werde davon ausgegangen, dass bei Erreichen von 30 bis 35 dB Lärmimmission im Rauminneren, was in etwa eine Lärmimmission im Freien von 35 bis 40 dB bedeuten würde, jedenfalls davon ausgegangen werden könne, dass eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn ausgeschlossen sei. Das bedeute aber gleichzeitig auch, dass unter Umständen auch bestimmte emissionsreduzierende Maßnahmen, die zur Lärmimmission von beispielsweise unter 36 oder 37 dB als zumutbar, beispielsweise auf Grund von Art und Intensität der Lärmimmission einzustufen sein könnte. Eine solche emissionsreduzierende Maßnahme würde daher den Anforderungen des Gesetzes jedenfalls entsprechen, nicht aber dazu führen, dass dem bescheidmäßigen Auftrag entsprochen worden wäre. Alleine bereits diese Tatsache zeige die Rechtswidrigkeit dieser ziffernmäßigen Festsetzung des Zielwertes von 35 dB auf, da rechtlich zulässige Maßnahmen, die möglicherweise mit einem geringeren Aufwand oder rascher zu realisieren wären, von vornherein nicht ausgearbeitet und in die Überlegungen mit einbezogen werden würden, da ja damit dem bekämpften Bescheid nicht entsprochen werden könne. Oder anders ausgedrückt: Die ziffernmäßige Festmachung eines zu erreichenden Zielwertes in dem bekämpften Bescheid nehme de facto die erst bei der Prüfung des aufzuarbeitenden Sanierungskonzeptes vorgesehene Verhältnismäßigkeits­abwägung und eine damit einhergehende Beleuchtung unterschiedlicher mehr oder weniger zielführender Alternativen bereits jetzt schon weitgehend vorweg.

 

Dabei seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens aus Sicht der Bw durchwegs als ausreichend zu bewerten, da gleichsam die Problemstellung und auch die Richtung der Lösungsfindung klar seien. Ein weiterreichendes Ergebnis des Ermittlungsverfahrens könne alleine aus den vorgenannten Gründen nicht vorliegen, da ja die konkret zu beurteilenden Maßnahmen in weiterer Folge als Bestandteil des Sanierungskonzeptes seitens der Bw erst erarbeitet werden sollten.

Aus all diesen Gründen sei der bekämpfte Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Sofern die Behörde dem § 79 Abs.3 GewO  einen Inhalt unterstellt habe, der eben die Festsetzung eines ziffernmäßig bestimmten Zielwertes verlange, sei dies daher als falsch zu bewerten.

Ausdrücklich bekämpft werden auch Punkt II. des angefochtenen Bescheides, mit welchem die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den Bescheid ausgeschlossen habe. Gemäß § 64 Abs.2 GewO (wohl AVG) könne die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten sei. Es sei daher für die Anwendung des § 64 Abs.2 jedenfalls geboten, dass Gefahr in Verzug zu sein habe. Im gegenständlichen Fall werde die Anlage der Bw nur zwei bis drei Monate pro Jahr und das während der Erntesaison betrieben. Die Erntesaison beginne Mitte bis Ende August. Daraus folge wiederum, dass die Anlage zur Zeit und noch bis Mitte/Ende August 2010 nicht betrieben werde. Es würden daher zur Zeit keinerlei Emissionen von dieser Anlage ausgehen. Keinesfalls könne daher von Gefahr in Verzug ausgegangen werden.

Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 64 Abs.2 AVG sei, dass der Ausschluss im Interesse einer Partei gelegen oder aber aus Gründen des öffentlichen Wohles notwendig sein müsse. Beides vermag die Bw im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen, womit auch aus diesem Grund der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu Unrecht erfolgt sei.

 

Es werden sohin die Anträge gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang aufheben und in der Sache selbst entscheiden, in eventu der Berufung Folge geben, den bekämpften Bescheid aufzuheben und zur allfällig ergänzenden Ermittlungen und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverweisen, jedenfalls der Berufung dahingehend Folge zu geben, als der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung aufzuheben ist.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die vorliegende Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsverfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt sowie durch Einholung ergänzender lärmtechnischer Gutachten:

 

4.1. Im ergänzend eingeholten Gutachten vom 30.3.2010 kommt der lärmtechnische Amtssachverständige zu folgendem Ergebnis:

 

"Der x, x, wurde mit Bescheid vom 14. Jänner 2010 der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung aufgetragen, der Behörde ein Sanierungskonzept vorzulegen, mit dem die von den drei mit Bescheiden der Bezirkshaupt­mannschaft Urfahr-Umgebung genehmigten Lufterhitzer ausgehenden Lärmemissionen auf höchstens 35 dB im Freien zur Nachtzeit in der schalltechnischen ungünstigsten Nachbarschafts­situation nördlich und südlich der Maistrocknungsanlage reduziert werden. Dagegen wurde von der x Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vorgabe eines bestimmten Zielwertes es unmöglich mache, nach mehreren unterschiedlichen Möglichkeiten zu suchen, um die Lärmemissionen zu reduzieren.

 

Aus technischer Sicht wird die Festlegung eines absoluten Grenzwertes für ein Sanierungskonzept ebenfalls für problematisch angesehen. In der Akustik ist sowohl bei Messungen, als auch bei Prognoserechnungen mit Schwankungsbreiten der Ergebnisse zu rechnen. So haben beispiels­weise geeichte Messgeräte, welche gemäß der ÖNORM S 5004 für normgerechte Messungen eingesetzt werden dürfen, eine Genauigkeit von ± 0,7 dB. Im Anhang A der ÖNROM S 5004 ist angeführt, dass Messungen nach dieser ÖNROM in der Regel Vertrauensbereiche aufweisen, da die Messergebnisse von einigen Faktoren abhängen. Dies können Umgebungsbedingungen, aber auch Messtechniken sein. Für Anlagengeräusche wird in der ÖNORM S 5004 der Vertrauens­bereich mit 2 dB angegeben. In diesem Wert sind aber auch bereits die vorstehend angeführten Messgerätegenauigkeiten einbezogen. In einer Größenordnung von ± 1 dB bewegen sich üblicherweise die Aussagegenauigkeiten von Prognoserechnungen.

 

Klar ist natürlich, dass ein Zielwert zu definieren ist. Eine Basis hat hier der medizinische Sachver­ständige gelegt, der in seinem Gutachten am 14. Jänner 2010 (Niederschrift, aufgenommen von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am Marktgemeindeamt x) ausführt, dass in der aktuellen ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18 zur Sicherung des ruhigen und erholsamen Schlafes ein Wert von 35 dB im Rauminneren definiert ist. In der letzten Veröffentlichung der WHO wird hierzu ein Wert von 30 dB im Raum beschrieben. Weiters führte er aus, dass bei Erreichen eines Wertes von 35 dB im Freien in der schalltechnischen ungünstigsten Nachbarsituation aus medizinischer Sicht eine erhebliche Belästigung und eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Er hat aber gleichfalls festgestellt, dass eine andere (lautere) Umgebungssituation auch eine andere Beurteilungssituation ergeben könnte.

 

Im Zusammenhang mit der maßgeblichen Zielwertdefinition sei festgestellt, dass zum einen die medizinischen Zielvorgaben laut ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18 bzw. nach WHO im Rauminneren definiert sind. Im Bescheid ist ein zu erreichender Wert im Freien definiert. Eine "Zielwertfestlegung" im Freien ist aus technischer Sicht jedenfalls zu befürworten, da damit eine jederzeitige und einfache Überprüfung möglich ist. Aufgrund der akustischen Gesetzmäßigkeiten bei der Schallausbreitung sind Schallpegel im Raum geringer als im Freien. Die praktische Erfahrung zeigt, dass bei vollständig geöffneten Fenstern eine Pegelabnahme vom Freien ins Rauminnere von rund 5 bis 7 dB zu erwarten ist. Es ist diese Pegelabnahme von der Fenstergröße und von der Raumaus­stattung abhängig. Wie sich auch hier zeigt, schwanken die zu erwartenden Schallpegel um bis zu 2 dB.

 

Aus schalltechnischer Sicht wird daher vorgeschlagen, dass Sanierungskonzept nicht an einem absoluten Grenzwert festzumachen, sondern einen Zielwert zu definieren. Folgende Formulierung wird dazu vorgeschlagen:

 

"Die x hat bis........... ein Sanierungskonzept vorzulegen. In diesem Konzept sind Maßnahmen darzustellen mit denen die Schallimmissionen der drei mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung genehmigten Lufterhitzer auf 35 dB bei einer Toleranz von ± 1dB (Messgenauigkeit bzw. Pro­gnosegenauigkeit) im Freien zur Nachtzeit bezogen auf die Hausfassade der umliegenden Nach­barschaftswohnobjekte (nördlich und südlich der Maistrocknungsanlage) reduziert werden. Zum Zweck der messtechnischen Überprüfbarkeit sollten im Sanierungskonzept mindestens 2 Referenzpunkte (einer südlich und einer nördlich der Maistrocknungsanlage) nahe der Betriebsanlage festgelegt werden."

 

Die Festlegung von Referenzpunkten (Kontrollmesspunkten) wird deshalb angeregt, da ein Geräuschniveau in der Größenordnung von 35 dB durch Fremdgeräusche leicht beeinflussbar ist und damit möglicherweise eine korrekte betriebsspezifische Messwertzuordnung schwierig ist. Ein Messergebnis ist nur dann einer bestimmten Lärmquelle eindeutig zuordenbar, wenn der Messwert um mindestens 6 dB über dem vorhandenen Umgebungsgeräuschepegel liegt.

 

4.2. Zu diesem ergänzenden lärmtechnischen Gutachten wurde von der Bw mit Eingabe vom 15.4.2010 Stellung genommen und darin vorgebracht, dass der lärmtechnische ASV in seinem Gutachten die Bedenken der Bw gegen die Festlegung eines absoluten Grenzwertes von 35 dB bestätige und diese als problematisch bezeichnet habe.

Bezüglich der schalltechnischen Messung von Anlagengeräuschen sei nach Angaben des ASV entsprechend der ÖNORM S 5004 der Vertrauensbereich mit 2 dB angegeben worden. Diese gutachterlichen Ausführungen des ASV seien für die Bw schlüssig und nachvollziehbar und würden sich auch mit dem Vorbringen der Bw in der Berufung decken.

Ebenso folge die Bw den Ausführungen des ASV bezüglich der Zielvorgaben der ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18, wonach sich die Erreichung der dort festgesetzten schalltechnischen Zielwerte zum Ausschluss erheblicher Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen auf das Rauminnere beziehe.

Ausdrücklich werde vom ASV festgehalten, dass sich der im bekämpften Bescheid festgelegte Wert von 35 dB auf das Freie und nicht auf das Rauminnere beziehe. Dies sei insofern wesentlich, da "selbst bei vollständig geöffneten Fenstern eine Pegelabnahme vom Freien ins Rauminnere von rund 5 bis 7 dB zu erwarten ist." Setzt man nun den im bekämpften Bescheid angesetzten Zielwert von 35 dB im Freien an, folge daraus bei vollständig geöffneten Fenstern ein erwartbarer Schallpegel von 28 bis 30 dB im Rauminneren. Selbst bei vollständig geöffneten Fenstern würden diese Schallimmissionen weiter unter dem von der aktuellen ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18 festgesetzten Wert zur Sicherung des ruhigen und erholsamen Schlafes im Rauminneren von 35 dB liegen. Sogar der wesentlich strengere Wert der WHO von 30 dB im Rauminneren wird unter Anlegung des "Vertrauensbereiches" von 2 dB unterschritten.

Ergänzend hebe der ASV in diesem Zusammenhang nochmals hervor, dass die zu erwartenden Schallpegel um bis zu 2 dB schwanken würden. Somit seien, sogar Pegelabnahmen von 7 bis 9 dB (bei vollständig geöffneten Fenstern) zu erwarten. Im besten Fall sei also bei vollständig geöffneten Fenstern bloß eine Lärmbelastung von 26 dB im Rauminneren zu erwarten, was jedenfalls weit unter den einschlägigen Schwellenwerten für Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen liege.

Daher erscheine der Bw der Vorschlag des lärmtechnischen ASV, dass bei der Festsetzung der Schallimmissionen von 35 dB im Freien zur Nachtzeit bezogen auf die Hausfassade der umliegenden Nachbarschaftswohnobjekte bloße eine Toleranz von ± 1 dB an Messgenauigkeit bzw. Prognosegenauigkeit angefügt werden solle, nicht nachvollziehbar, zumal der ASV zuvor ausgeführt habe, dass die ÖNORM S 5004 von einem Vertrauensbereich von 2 dB ausgehe. Überdies würden die in der aktuellen ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18 angeführten Werte zur Sicherung des ruhigen und erholsamen Schlafes jedenfalls bei weitem unterschritten werden.

Da nach Ansicht der Bw im Rahmen eines Sanierungskonzeptes überdies das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sei, würde eine Schallimmissionsbegrenzung von 35 dB mit bloß einer Toleranz von ± 1 dB an der Hausfassade die Interessen der Bw übermäßig nachteilig und somit unverhältnismäßig beeinträchtigen. Dies besonders deshalb, da auf Grund der Ausführungen des ASV selbst bei einem Schallpegel von 40 dB im Freien die in der ÖAL-Richtlinie Nr. 8/16 definierten Grenzwerte zur Sicherung des ruhigen und erholsamen Schlafes im Rauminneren auf Grund der zu erwartenden Pegelabnahme im Freien ins Rauminnere von 5 bis 7 dB noch immer eingehalten würden.

 

4.3. Unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen weiters ausgeführt:

 

"In der gegenständlichen Angelegenheit wurde von der Berufungswerberin x eine Stellungnahme mit Datum 15. April 2010 abgegeben. Hierbei wird in Ergänzung zur schalltechnischen Beurteilung, US-571370/2-2010-Sh/Him vom 30. März 2010 gefordert, das Sanierungsziel mit 35 dB ± 2 dB festzulegen. Aus fachlicher Sicht kann dem nicht zugestimmt werden, da der in der zitierten fachlichen Beurteilung angeführte 2 dB-Vertrauensbereich ausschließlich für Messergebnisse von Anlagengeräuschen gemäß ÖNORM S5004 Anwendung findet, nicht jedoch bei einer Prognose.

Aus fachlicher Sicht ist daher die Toleranz von ± 1 dB im Sinne der fachlichen Beurteilung vom 30. März 2010 als ausreichend dimensioniert anzusehen."

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 79 Abs.3 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs.2 GewO wahrzunehmenden Interessen nur durch Vorschreibung solcher, anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessensschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer den hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen.

 

5.2. Von der Bw wird nicht in Abrede gestellt, dass hinsichtlich der genehmigten Betriebsanlage der x im Standort x der in § 74 Abs.2 GewO 1994 definierte Schutz der Nachbarinteressen trotz Einhaltung der in den vorliegenden Genehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen insofern nicht gewährleistet ist, als für die umliegenden Nachbarn Gesundheitsgefährdungen durch von der Betriebsanlage ausgehenden Lärmemissionen zu erwarten sind. Insofern wird der vorliegende Sanierungsbedarf nicht bestritten. Ebenfalls unbestritten ist, dass der erforderliche Schutz der Nachbarinteressen nicht durch Auflagen hergestellt werden kann, da eine solche Auflagenvorschreibung das Wesen der Anlage verändern würde.

Die Bw wendet sich allerdings gegen die Vorschreibung eines bestimmten Grenzwertes.

Die Bw selbst zitieren in diesem Zusammenhang Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 79, wonach der behördliche Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes die betrieblichen Sanierungsziele möglichst genau zu umschreiben hat, was vor allem durch die Vorgabe bestimmt zu erreichender Emissionswerter geschehen kann. (GewO Grabler/Stolzlechner/Wendl, 2. Auflage, RZ 25 zu § 79).

Die Bw zieht daraus den Schluss, dass eine Verpflichtung der Behörde zur ziffernmäßigen Festlegung eines bestimmten Zielwertes nicht bestehe; vielmehr würde die Festlegung eines bestimmten Grenzwertes die in § 79 Abs.3 vorgesehene Verhältnismäßigkeitsabwägung erschweren.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der VwGH in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen hat, dass – wenn wie vorliegend das Ziel einer Auflage (gleichsam wohl die Vorlage eines Sanierungskonzeptes) dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dient – der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen kann.

Nicht in Abrede gestellt wird das Vorbringen der Bw, dass eine Verpflichtung der Behörde zur ziffernmäßigen Festlegung eines bestimmten Zielwertes nicht besteht; allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bei der Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes die konkrete Umschreibung der erforderlichen Sanierungsziele im Vordergrund steht und dies im vorliegenden Fall schon im Grunde des eingeholten medizinischen Gutachtens eben nur in der Festlegung eines Grenzwertes bestehen kann.

Die Bw ist allerdings insofern im Recht, als bei der Vorschreibung des Grenzwertes mögliche Mess- bzw. Prognoseungenauigkeiten zu berücksichtigen sind. Unter Berücksichtigung der vom lärmtechnischen Amtssachverständigen angegebenen möglichen Schwankungsbreiten bei Prognoserechnungen war der angefochtene Bescheid wie im Spruch festgelegt, abzuändern.

 

Dem weiteren Vorbringen der Bw, dass das Sanierungsziel mit 35 dB ± 2 dB festzulegen sei, steht das ergänzende lärmtechnische Gutachten entgegen, wonach der in der fachlichen Beurteilung vom 30.3.2010 angeführte 2 dB-Vertrauensbereich ausschließlich für Messergebnisse von Anlagengeräuschen gemäß ÖNORM S5004 Anwendung findet, jedoch nicht bei einer Prognoserechnung.

 

Aus sämtlichen angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

6. Im Grunde der vorliegenden Sachentscheidung erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag der Bw den Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu beheben. 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 Michaela Bismaier

 

 

 

 

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