Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150767/7/Lg/Hu/Ba

Linz, 08.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 20. Mai 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des Herrn X X,-X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 21. Jänner 2010, Zl. BauR96-151-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil er mit dem Kfz mit dem Kennzeichen X am 13.9.2009 um 17.40 Uhr die mautpflichtige A8 bei km 075.000, Gemeinde Suben, Grenze Suben, Richtungsfahrbahn Passau, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz eine Mautvignette nicht mautordnungsgemäß (mit dem Originalkleber) angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert worden sei.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er durch den Kauf einer Mautvignette einen Benützungsvertrag für mautpflichtige Straßen in Österreich mit der ASFINAG geschlossen und das mittels Mautvignette an der Windschutzscheibe sichtbar gemacht habe. Der Hinweis, dass die Vignettenpflicht fahrzeugbezogen sei und damit vermieden werden solle, dass eine solche noch gültige Vignette allenfalls für mehrere Fahrzeuge bei Fahrten auf einer Autobahn eingesetzt werden könne, sei nachvollziehbar, aber widerspreche dem ABG. Das Recht für die Benützung einer mautpflichtigen Straße könne nur eine natürliche oder juristische Person erwerben, aber keine Sache. Somit sei die Mautverordnung nach dem ABG rechtswidrig, da sie die Persönlichkeitsrechte einschränke. Weiters werde eingewendet, dass eine ständige Verklebung der Windschutzscheibe mit "Pickerln" und "Vignetten" zu einer Einschränkung der Sicht und damit zu einem Sicherheitsrisiko werde.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 13.9.2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz die Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert worden sei. Gemäß § 19 Abs.2 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am Tatort mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 6.10.2009 rechtfertigte sich der Bw folgendermaßen:

 

"Ich, X X, erhebe Einspruch gegen die Strafverfügung wegen nicht ordnungsgemäß entrichteter zeitabhängiger Maut, weil ich durch den Kauf einer Mautvignette einen Benützungsvertrag für mautpflichtige Straßen in Österreich mit der ASFINAG geschlossen habe und das mittels Mautvignette an der Windschutzscheibe sichtbar gemacht habe.

 

Zu meiner Rechtfertigung:

 

Vorbemerkung:

Ich habe seit Einführung der Mautpflicht auf Autobahnen ständig eine Jahres-Vignette besessen und halte nach wie vor die Mautpflicht als vernünftiges Instrumentarium zur Aufrechterhaltung und Verbesserung des Autobahnnetzes.

 

Warum ich gegen die Strafverfügung wegen Mautprellerei § 20 Abs. 1 berufe:

 

Vorgeschichte:                                             

2003 hatte ich auf dem Weg nach Österreich in Deutschland eine Panne und musste die Weiterfahrt mit einem Ersatz-Pkw fortsetzen. Trotz Besitz einer Jahres-Vignette musste ich für das Ersatzauto eine 10-Tage-Mautvignette kaufen.

 

Mai 2006 hatte ich einen Unfall mit Totalschaden in Österreich. Das Wrack wurde nach Deutschland zurückgeführt und ein Ersatz-Pkw zur Verfügung gestellt. Ich musste eine Zwei-Monats-Mautvignette für den Ersatz-Pkw kaufen.

 

Nach dem Kauf eines neuen Pkws konnte ich die Mautvignette des Wracks nicht mehr von der Windschutzscheibe lösen und mit dem Abschnitt eine Ersatz-Vignette beantragen, da das Fahrzeug nicht mehr verfügbar war. Folge: neuerlicher Kauf einer Jahres-Mautvignette für den Rest des Jahres.

 

2007 musste meine Windschutzscheibe wegen Steinschlag ausgetauscht werden. Leider hatte ich nicht rechtzeitig an die Ablösung der Vignette gedacht und dann war es leider zu spät. Neuerlich war der Kauf einer Jahres-Mautvignette notwendig.

 

....dann beginnt man über den Unsinn der Anbringung der Mautvignette nachzudenken.

 

1) Wieso ist die Berechtigung, eine mautpflichtige Straße zu benutzen, nur mit dem KFZ gültig, an dem die Mautvignette fest verbunden ist.

2)      Die Mautvignette ist der Benützungsvertrag mit der ASFINANG, der durch den Kauf einer Mautvignette zustande kommt und damit das Recht für die Benützung einer mautpflichtigen Straße in Österreich schafft.

3)      Wer hat mit dem Kauf einer Mautvignette einen Vertrag, ein Rechtsgeschäft abgeschlossen und damit eine Berechtigung zur Benützung einer mautpflichtigen Straße erworben? Eine natürliche Person oder eine Sache? Ein Vertrag kann laut bürgerlichem Recht nur durch eine natürliche Person geschlossen werden. Das hieße auch, dass der Benützungsvertrag einer mautpflichtigen Straße dem Rechtsubjekt zusteht, unabhängig mit welchem Fahrzeug er sie benützt.

4)      Damit widerspricht die Mautverordnung dem allgemeinen bürgerlichen Recht.

5)      Durch die Pflicht der festen Anbringung der Mautvignette an einem Fahrzeug sehe ich mich in meinen Persönlichkeitsrechten eingeschränkt.

6)      Eine Strafverfügung wegen Mautprellerei kann ich nicht akzeptieren, (... wegen nicht ordnungsgemäß entrichteter zeitabhängiger Maut), da ich mit der ASFINAG durch den Kauf der Jahres-Mautvignette einen Benützungsvertrag für das Befahren mautpflichtiger Straßen in Österreich geschlossen habe und dies durch die Anbringung an der Windschutzscheibe sichtbar gemacht habe (ohne jedoch die Mautvignette mit dem Originalkleber an der Windschutzscheibe zu verbinden)."

 

Über Aufforderung der Erstbehörde legte die ASFINAG mit Schreiben vom 21.12.2009 Kopien der Beweisfotos und Auszüge aus der diesbezüglichen Mautordnung vor, welche dem Bw zur Stellungnahme übermittelt wurden.

 

In seiner Stellungnahme vom 20.1.2010 führt der Bw aus:

 

     "Zu meiner Rechtfertigung:

 

Zech-/Mautprellerei bedeutet, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen oder das Vermögen eines anderen dadurch zu beschädigen.

 

§ 10.(1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

    

     Da ich die Mautgebühr für die Jahresvignette bezahlt habe und ich mir keinen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft habe bzw. das Vermögen eines anderen nicht beschädigt habe, erhebe ich Einspruch gegen die Strafverfügung nach § 20 BStMG.

 

§ 11. (1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

     Die Pflicht zur festen Anbringung der Mautvignette mit Originalkleber und damit mit dem Selbstzerstörungseffekt versehen, ist eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte und eine einseitige Minderung der Benutzungsrechte aus dem Kaufvertrag einer Mautvignette und damit widerspricht die Mautordnung dem ABG.

 

Mautordnung 7.1: ...Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung....

 

Ich habe mit der ASFINAG durch den Kauf der Jahres-Mautvignette einen Benützungsvertrag für das Befahren mautpflichtiger Straßen in Österreich geschlossen und dieser Rechtsakt kann nicht verwirkt werden. Der Nachweis der Mautentrichtung ist der Besitz der Vignette."

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestritt der Bw nicht, die Vignette nicht unter Verwendung des Originalklebers an der Windschutzscheibe angebracht zu haben. Er habe sie (ohne Ablösen der Trägerfolie) zwischen dem Rückspiegelhalter und der Windschutzscheibe eingeklemmt. Der Bw stehe jedoch auf dem Rechtsstandpunkt, dass er eine Vignette "gelöst" habe und er damit "benutzungsberechtigt" bezüglich der Autobahn gewesen sei. Sinnvollerweise sei das System personenbezogen und nicht Kfz-bezogen auszugestalten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1. der Mautordnung besagt, dass an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist. Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Die Vignette ist - nach Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen).

 

Im Interesse der Verkehrssicherheit und um eine wirksame und benutzerfreundliche Kontrolle der Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu gewährleisten, sollte tunlichst neben der jeweils gültigen Vignette höchstens eine zweite Vignette am Kraftfahrzeug angebracht sein.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung  einer  Ersatzmaut  aufzufordern.  Der Aufforderung

wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Der Bw bestreitet nicht, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß iSd zitierten Bestimmungen befestigt war. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt insbesondere die zur Tatzeit eventuell gegebene Rechtsunkenntnis des Bw, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten; dies gilt auch speziell im Zusammenhang mit dem BStFG (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Der Bw hätte sich daher – vor Benützung der mautpflichtigen Strecken – über das Bestehen der Mautpflicht und die ordnungsgemäße Anbringung der Vignette zweckentsprechend informieren müssen. Dass er dies nicht tat, begründet Fahrlässigkeit. Mit rechtspolitischen Erwägungen des Bw hat sich der Unabhängige Verwaltungssenat nicht auseinander zu setzen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirken lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit und das (in Anbetracht der Beweislage wenig ins Gewicht fallende) Tatsachengeständnis. Die Rechtsunkenntnis des Bw beruht auf Fahrlässigkeit und kommt einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungs­grund nicht gleich. Auch das Wohlverhalten nach der Tat fällt nicht ins Gewicht. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind daher nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, musste doch dem Bw die korrekte Anbringungsweise der Vignette bei angemessenem Bemühen um Kenntnis der Rechtslage bekannt sein. Bei Anwendung der selben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen. Dadurch entfällt die Vorschreibung der Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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