Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401066/4/Gf/Mu

Linz, 09.06.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des x, dzt. Polizeianhaltezentrum Wien, vertreten durch x, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 1. Juni 2010 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in einer Höhe von insgesamt 424,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 83 Abs. 4 FPG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 1. Juni 2010, GZ Sich40-2202-2010, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen russischen Staatsangehörigen, gemäß § 76 Abs. 2a Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 16. September 2010 auf Ersuchen seiner in Amstetten wohnhaften Schwester ohne gültige Dokumente und ohne Einreise- oder Aufenthaltstitel ins Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Da er auch schon zuvor in Polen einen gleichartigen Antrag eingebracht hatte, wurde jenes Verfahren über Ersuchen des Bundesasylamtes von den polnischen Behörden wieder aufgenommen. Sein in Österreich gestellter Asylantrag sei hingegen mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Februar 2010, GZ 911260, zurückgewiesen worden, wobei gleichzeitig auch seine Ausweisung verfügt worden sei. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Urteil des Asylgerichtshofes vom 15. März 2010, GZ S3411703-1/2010/2E, als unzulässig zurückgewiesen worden.

In der Folge sei beabsichtigt gewesen, den Rechtsmittelwerber am 18. März 2010 per Flugzeug nach Polen zu überstellen; diese Abschiebung sei jedoch daran gescheitert, dass er bereits am 10. März 2010 die bundesbetreute Unterkunft verlassen habe. In der Folge habe er jedoch am 31. Mai 2010 neuerlich einen Asylantrag in Österreich gestellt, woraufhin ihm seitens des Bundesasylamtes mitgeteilt worden sei, dass ihm gemäß § 12a Abs. 1 FPG kein faktischer Abschiebeschutz zukomme.

Weil bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation gemäß § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG für die Fremdenpolizeibehörde kein Ermessen bestehe, sei sohin die Schubhaft zu verhängen gewesen. Die Notwendigkeit der Inschubhaftnahme ergebe sich zudem auch aus seiner offenkundigen Ausreiseunwilligkeit, die durch ein Entfernen aus der Bundesbetreuung und ein zweimonatiges Untertauchen in der Anonymität zu dem Zweck, sich der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung zu entziehen, erfolgte, auch deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Da der Beschwerdeführer in Kenntnis darüber sei, dass ihm kein faktischer Abschiebeschutz zukomme, liege sohin der Schluss nahe, dass er sich dem bevorstehenden behördlichen Zugriff neuerlich durch ein Untertauchen entziehen werde. Da er besondere, in seiner Person liegende Gründe, die gegen eine Schubhaftverhängung sprechen  würden, weder selbst vorgebracht noch solche offenkundig seien und mit einer zeitnahen Abschiebung nach Polen zu rechnen sei, erweise sich die Schubhaft sohin insgesamt besehen auch als verhältnismäßig.    

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am
8. Juni 2010 per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

Darin wird vorgebracht, dass die belangte Behörde zu ermitteln unterlassen habe, ob nicht besondere, in der Person des Asylwerbers gelegene Umstände seiner Inschubhaftnahme entgegenstehen. Insbesondere sei auch darauf hinzuweisen, dass der Rechtsmittelwerber das Bundesgebiet zunächst freiwillig verlassen habe und nach Polen ausgereist sei; dort sei er jedoch von seinen Verfolgern aufgespürt, gefoltert und vergewaltigt worden, sodass er wieder nach Österreich zurückgekehrt und hier wiederum einen Asylantrag gestellt habe. Auf Grund dieser Ereignisse bestehe sohin auch der dringende Verdacht einer schweren Traumatisierung, sodass seine Haftfähigkeit in Frage stehe, ganz abgesehen davon, dass sein (neuerlicher) Asylantrag vom 31. Mai 2010 nicht als ein bloßer Folgeantrag anzusehen sei: Daher erweise sich die auf § 12a Fremdenpolizeigesetz gestützte Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes als rechtswidrig. Schließlich hätte der mit der Schubhaftverhängung beabsichtigte Zweck in gleicher Weise auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden können.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

1.3. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2010, GZ Sich40-2002-2010, hat die
belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Darin wird ergänzend darauf hingewiesen, dass für den vom Beschwerdeführer behaupteten zwischenzeitlichen Aufenthalt in Polen keinerlei Beweise vorgelegt worden seien und das von seiner Rechtsvertretung diesbezüglich erstattete Vorbringen sohin völlig unglaubwürdig sei. Seine Abschiebung nach Polen sei nunmehr für den 22. Juni 2010 (per Charterbus) vorgesehen, sodass sich die bis zu diesem Zeitpunkt geplante Anhaltung in Schubhaft als verhältnismäßig erweise, zumal sich keinerlei Hinweise für eine Haftuntauglichkeit des Rechtsmittelwerbers ergeben hätten. 

Daher wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu GZ Sich40-2002-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat u.a. mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG hat die Fremdenpolizeibehörde gegen einen Asylwerber u.a. dann die Schubhaft zu verhängen, wenn entweder gegen ihn eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: AsylG), verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder dem Asylwerber ein faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 1 AsylG nicht zukommt und darüber hinaus einerseits die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist und andererseits nicht besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegenstehen. Ein faktischer Abschiebeschutz kommt dem Fremden nach § 12a Abs. 1 AsylG dann nicht zu, wenn gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht und die Zuständigkeit eines anderen Staates zur Durchführung des Asylverfahrens weiterhin gegeben ist.

Nach § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in
diesem Sinne gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei einem bestimmten dem Fremden zuvor bekannt gegebenen Polizei­kommando zu melden.

4021 Linz, Fabrikstraße 32

 

3.2. Seit der FPG-Novelle BGBl.Nr. I 122/2009 ist nunmehr gesetzlich vorgesehen, dass die Fremdenpolizeibehörde u.a. dann die Schubhaft anzuordnen hat, wenn die in § 76 Abs. 2a FPG normierten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Auf Grund ihres Wortlauts scheint diese Bestimmung damit Fälle einer obligatorischen Schubhaftverhängung zu normieren; aus den Materialien (vgl. 330 BlgNR, 24. GP) und dem Gesamtzusammenhang dieser Anordnung ergibt sich jedoch, dass in den in § 76 Abs. 2a Z. 1 bis 5 FPG genannten Konstellationen zwar grundsätzlich, d.h. i.S. einer (bloßen) Indizwirkung von einem Sicherungsbedürfnis ausgegangen werden kann; ob dieses in concreto tatsächlich vorliegt, muss jedoch stets anhand der Umstände des Einzelfalles im Wege einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung untersucht werden (vgl. z.B. VwSen-401042 vom 1. Februar 2010 und VwSen-401041 vom 27. Jänner 2010).

3.2.1. Wenn daher im gegenständlichen Fall eine der beiden in § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG alternativ (und nicht kumulativ; arg. "oder") genannten Formalvoraussetzungen – nämlich: Zurückweisung des Asylantrages i.V.m. einer durchsetzbaren Ausweisung – gegeben ist (vgl. oben, 1.1.), durfte zwar (zumindest grundsätzlich) die Schubhaft schon deshalb verhängt werden. Davon abgesehen war hier tatsächlich auch die vom Beschwerdeführer bestrittene Voraussetzung des § 76 Abs. 2a Z. 1 zweite Alternative FPG, nämlich das Nichtbestehen eines faktischen Abschiebeschutzes, erfüllt, weil er selbst in diesem Zusammenhang in keiner Weise vorgebracht hat, dass sich seit seiner zwischenzeitlichen Ausreise nach Polen und seiner am 31. Mai 2010 erfolgten Wiedereinreise die Flucht- oder Verfolgungsgründe in entscheidender Weise geändert hatten (vgl. die Niederschrift der Polizeiinspektion St. Georgen i.A. vom 1. Juni 2010, GZ E1/12972/2010-Eg), wobei Gleiches auch hinsichtlich seiner Traumatisierung gilt; derartige Vorbringen wurden vielmehr ausschließlich von seiner in Österreich wohnhaften Schwester (und in der Folge gleichlautend auch von seiner Rechtsvertretung) erstattet, allerdings jeweils ohne diese jeweils auch unter Vorlage konkreter Beweismittel auch entsprechend belegen zu können.

3.2.2. Dessen ungeachtet war jedoch aus den zuvor angeführten Gründen zunächst zu prüfen, ob die Anhaltung des Beschwerdeführers zwecks Sicherung seiner Abschiebung notwendig, d.h. nicht unverhältnismäßig war.

Dies ist hier deshalb zu bejahen, weil der Rechtsmittelwerber bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu erkennen gegeben hat, dass er eine zwangsweise Abschiebung nach Polen nicht hinnehmen will: So hat er sich einerseits seiner für den 18. März 2010 geplanten zwangsweisen Außerlandesschaffung kurz zuvor, nämlich am 10. März 2010, durch Verlassen seiner bundesbetreuten Unterkunft und anschließendes Untertauchen in der Anonymität entzogen und andererseits ist er nach einem knapp einwöchigen freiwilligen Aufenthalt in Polen am 31. Mai 2010 deshalb wieder nach Österreich zurückgekehrt, weil er dort von Landsleuten wieder bedroht worden sei. Daraus folgt insgesamt, dass der Beschwerdeführer keinesfalls nach Polen zurückkehren, sondern in Österreich bleiben will. Dieses bisherige Verhalten zwingt förmlich zu dem Schluss, dass er sich in ähnlicher Weise auch seiner für den 22. Juni 2010 geplanten (neuerlichen) Abschiebung nach Polen durch Untertauchen in der Anonymität zu entziehen versuchen wird, weshalb die geplante Außerlandesschaffung nur im Wege der Schubhaftverhängung effektiv gesichert werden kann. Denn unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist eine gleichwertige Effektivität im Falle der bloßen Anordnung von gelinderen Mitteln anstelle der Inschubhaftnahme deshalb nicht gewährleistet, weil die Verpflichtungen zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle oder zur Aufenthaltnahme an einem bestimmten Ort (vgl. § 77 Abs. 3 FPG) offensichtlich keine hinreichende Garantie dafür zu bieten vermögen, dass der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der geplanten Abschiebung auch tatsächlich der Behörde zur Verfügung steht.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben über keine Wohnmöglichkeit in Österreich verfügt und nahezu mittellos ist, wobei in diesem Zusammenhang – insbesondere auch von seiner in Amstetten lebenden Schwester – für ihn keine Verpflichtungserklärung zur Übernahme der für seinen Aufenthalt notwendigen finanziellen Aufwendungen abgegeben wurde.

Schließlich spricht auch seine fehlende soziale Verankerung – denn dafür, dass er seit seiner ersten Einreise in Österreich am 16. September 2010 derartige Kontakte, insbesondere z.B. mit seiner Schwester, aufgebaut hätte, finden sich weder entsprechende Anhaltspunkte im erstbehördlichen Akt noch hat der Rechtsmittelwerber selbst Derartiges vorgebracht – und die nunmehr zeitnah, nämlich am 22. Juni 2010 zu erwartende Umsetzung des Aufenthaltsverbotes dafür, dass die Schubhaftverhängung im gegenständlichen Fall im Ergebnis nicht als unverhältnismäßig erscheint, weil die dadurch beeinträchtigten privaten Interessen des Beschwerdeführers an der weiteren Gewährleistung seiner individuellen (Bewegungs‑)Freiheit insgesamt offensichtlich weniger schwer wiegen als die im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft zu gewärtigende Beeinträchtigung der zuvor erwähnten öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens.

3.2.3. Schließlich war auch noch zu prüfen, ob i.S.d. § 76 Abs. 2a letzter Halbsatz FPG besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

In diesem Zusammenhang bringt nicht der Rechtsmittelwerber, sondern lediglich dessen Rechtsvertreterin vor, dass aufgrund einer Misshandlung mit brennenden Zigaretten "der dringende Verdacht einer Traumatisierung durch die Ereignisse in Polen" bestehe, weshalb infolge seines angeschlagenen Gesundheitszustandes eine weitere Anhaltung in Schubhaft unzulässig sei. Angesichts dessen, dass einerseits der Beschwerdeführer selbst im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 1. Juni 2010 (vgl. die Niederschrift der Polizeiinspektion St. Georgen i.A., GZ E1/12972/2010-Eg, S. 2) dezidiert angegeben hat, keine Beschwerden oder Krankheiten zu haben und der Befragung ohne Probleme folgen zu können, und andererseits auch seine Rechtsvertreterin die behauptete Traumatisierung des Beschwerdeführers nicht selbst wahrgenommen, sondern diese Vermutung bloß aus den subjektiven Wahrnehmungen seiner Schwester anlässlich deren Haftbesuch am 5. Juni 2010 abgeleitet hat, liefe die beantragte Erstellung eines dementsprechenden fachärztlichen Gutachtens über die Haftfähigkeit mangels konkreter objektiver Anhaltspunkte oder Belege auf die Erstellung eines Erkundungsbeweises hinaus. Dazu war die belangte Behörde jedoch – im Sinne der dementsprechenden ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 46 AVG (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 539) – nicht verpflichtet, weshalb sie im Ergebnis zu Recht davon Abstand nehmen konnte.

Unter den gegebenen Umständen liegt es daher vielmehr am Beschwerdeführer selbst, entsprechend stichhaltige Belege für seine Haftuntauglichkeit beizubringen; da Derartiges bislang jedoch nicht erfolgt ist, war davon auszugehen, dass derzeit in seiner Person keine besonderen Umstände vorliegen, die der Anhaltung in Schubhaft entgegenstehen.

3.4. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen; gleichzeitig war gemäß § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008, dazu zu verpflichten, dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zu ersetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 24 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-401066/4/Gf/Mu vom 9. Juni 2010

 

§ 76 Abs. 2a FPG; § 83 Abs. 4 FPG; § 46 AVG

 

* Seit der FPG-Novelle BGBl.Nr. I 122/2009 ist nunmehr gesetzlich vorgesehen, dass die Fremdenpolizeibehörde u.a. dann die Schubhaft anzuordnen hat, wenn die in § 76 Abs. 2a FPG normierten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Auf Grund ihres Wortlauts scheint diese Bestimmung damit Fälle einer obligatorischen Schubhaftverhängung zu normieren; aus den Materialien (vgl. 330 BlgNR, 24. GP) und dem Gesamtzusammenhang dieser Anordnung ergibt sich jedoch, dass in den in § 76 Abs. 2a Z. 1 bis 5 FPG genannten Konstellationen zwar grundsätzlich, d.h. i.S. einer (bloßen) Indizwirkung von einem Sicherungsbedürfnis ausgegangen werden kann; ob dieses in concreto tatsächlich vorliegt, muss jedoch stets anhand der Umstände des Einzelfalles im Wege einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung untersucht werden (vgl. z.B. VwSen-401042 vom 1. Februar 2010 und VwSen-401041 vom 27. Jänner 2010).

* Wenn eine der beiden in § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG alternativ (und nicht kumulativ; arg. "oder") genannten Formalvoraussetzungen – z.B.: Zurückweisung des Asylantrages i.V.m. einer durchsetzbaren Ausweisung – gegeben ist; durfte zwar (zumindest grundsätzlich) die Schubhaft schon deshalb verhängt werden. Davon abgesehen war hier tatsächlich auch die vom Beschwerdeführer bestrittene Voraussetzung des § 76 Abs. 2a Z. 1 zweite Alternative FPG, nämlich das Nichtbestehen eines faktischen Abschiebeschutzes, erfüllt.

* Dessen ungeachtet war jedoch aus den zuvor angeführten Gründen zunächst zu prüfen, ob die Anhaltung des Beschwerdeführers zwecks Sicherung seiner Abschiebung notwendig, d.h. nicht unverhältnismäßig war. Dies ist bei bereits zuvor demonstrierter Ausreiseunwilligkeit; Mittellosigkeit, fehlendem Wohnsitz und Nichtvorliegen einer entsprechenden Verpflichtungserklärung; sowie fehlender sozialer Verankerung zu bejahen.

* Wenn schließlich im Zuge der Prüfung, ob i.S.d. § 76 Abs. 2a letzter Halbsatz FPG besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Umstände der Schubhaft entgegenstehen, nicht er selbst, sondern lediglich dessen Rechtsvertreterin vorbringt, dass aufgrund einer Misshandlung mit brennenden Zigaretten "der dringende Verdacht einer Traumatisierung durch die Ereignisse in Polen" bestehe, der Beschwerdeführer selbst jedoch im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme dezidiert angegeben hat, keine Beschwerden oder Krankheiten zu haben und der Befragung ohne Probleme folgen zu können, und zudem auch seine Rechtsvertreterin die behauptete Traumatisierung des Beschwerdeführers nicht selbst wahrgenommen, sondern diese Vermutung bloß aus den subjektiven Wahrnehmungen seiner Schwester anlässlich von deren Haftbesuch am 5. Juni 2010 abgeleitet hat, dann liefe die beantragte Erstellung eines dementsprechenden fachärztlichen Gutachtens über die Haftfähigkeit mangels konkreter objektiver Anhaltspunkte oder Belege auf die Erstellung eines Erkundungsbeweises hinaus. Dazu war die belangte Behörde jedoch – im Sinne der dementsprechenden ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – nicht verpflichtet, weshalb sie im Ergebnis zu Recht davon Abstand nehmen konnte.

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 09.10.2010, Zl.: B 832/10-5

 

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2010/21/0503-7

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