Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231086/2/Fi/Fl/Ga

Linz, 27.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X bei X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion der Stadt Wels vom 22. Februar 2010, GZ 2-S-19.761/09/S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; § 45 Abs. 1 Z 2 VStG.

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion der Stadt Wels vom 22. Februar 2010, GZ 2-S-19.761/09/S, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) verhängt, weil sie sich am 3. Oktober 2009, in der Zeit von 14.05 Uhr bis 14.10 Uhr – unter näher genannten Umständen – trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen habe, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert habe. Dadurch habe die Bwin eine Übertretung des § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG) begangen.

Begründend führt die Behörde I. Instanz im Wesentlichen aus, dass der der Bestrafung zu Grunde liegende Sachverhalt aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere durch die eigene dienstliche Wahrnehmung zweier Polizeiorgane und die weitgehende Bestätigung ihrer Aussagen durch eine Zeugin – die Schwester der Bwin – erwiesen sei. Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 24. Februar 2010 zugestellt wurde, richtet sich die am 2. März 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung vom selben Tag, die dem Oö. Verwaltungssenat von der Behörde I. Instanz mit Schreiben vom 9. März 2010 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend wird darin zunächst ausgeführt, dass die Bwin "zwar emotional wurde", die im Straferkenntnis festgestellten Beschimpfungen aber nicht getätigt habe. Weiters hätten die Beschimpfungen – wenn überhaupt – erst nach Abschluss der Amtshandlung stattgefunden, sodass diese zu keiner Behinderung einer Amtshandlung geführt hätten, womit der objektive Tatbestand des § 82 Abs. 1 SPG, der kumulativ zum aggressiven Verhalten die Behinderung einer Amtshandlung voraussetze, im vorliegenden Fall jedenfalls nicht erfüllt sei. Da die Behörde I. Instanz zudem von einer mündlichen Einvernahme der Bwin abgesehen habe, habe diese ihren Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensfehler belastet, der auch von der Berufungsbehörde nicht mehr saniert werden könne. Abschließend rügt die Bwin die Höhe der gegen sie verhängten Geldstrafe.

Im Hinblick auf die vorgebrachten Einwände stellte die Bwin die Anträge, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Ferner wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG abgesehen werden.

2.2.  Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Oö. Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Die Bwin hat am 3. Oktober 2009 kurz nach 14.00 Uhr gemeinsam mit ihrer Schwester die Polizeiinspektion X betreten, um eine Geldstrafe zu begleichen. Die Bwin entrichtete den Geldbetrag, woraufhin ihr durch die die Amtshandlung ausführende Polizeibeamtin eine Zahlungsbestätigung ausgefolgt wurde. Anschließend kam es zu einem emotionsgeladenen verbalen Abtausch zwischen der Bwin und der amtshandelnden Polizeibeamtin, der sodann ein Kollege zu Hilfe kam. Trotz Abmahnung setzte die Bwin ihre emotionsgeladenen Äußerungen fort.

Der im Verwaltungsakt beiliegenden Niederschrift der amtshandelnden Polizeibeamtin ist zu entnehmen, dass sich die Bwin zwar bereits vor Bezahlung der Geldstrafe "furchtbar" aufgeregt habe, diese aber erst nach Ausfolgung der Zahlungsbestätigung, womit "die Angelegenheit eigentlich erledigt gewesen" sei, immer mehr in Rage gerieten sei und die Polizeibeamtin sodann "auf das Ordinärste" beschimpft habe. Demnach erklärt jene Polizeibeamtin, der gegenüber die Beschimpfungen geäußert wurden und von der die betreffende Amtshandlung – die Einhebung der Geldstrafe – durchgeführt wurde, dass die der Bwin im Spruch des Straferkenntnisses angelasteten Beschimpfungen erst nach Beendigung der Amtshandlung getätigt wurden. Es bestand für den Oö. Verwaltungssenat kein Grund, an der Richtigkeit dieser Ausführungen zu zweifeln.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG, BGBl. Nr. 566/1991, in der im vorliegenden Fall (vgl. § 1 Abs. 2 VStG; Tatzeitpunkt: 3. Oktober 2009) anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 98/2001, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnimmt, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

Zum Tatbild der zitierten Verwaltungsvorschrift gehört neben dem Einschreiten eines Organs der öffentlichen Aufsicht in Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben, dem aggressiven Verhalten und einer vorausgegangenen Abmahnung, auch der Umstand, dass durch das aggressive Verhalten eine Amtshandlung behindert wird. Demnach liegt ein strafbares Verhalten nur dann vor, wenn zum aggressiven Verhalten eine Behinderung der Amtshandlung hinzutritt (so auch die Erläut. zur RV 148 BlgNR 18. GP).

Es kann im konkreten Fall dahingestellt bleiben, ob das Verhalten der Bwin – tatbestandserfüllend – als "aggressives Verhalten" gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht zu qualifizieren ist, und ob dieses Verhalten trotz vorausgegangener Abmahnung durch die Bwin fortgesetzt wurde. Kumulativ zu diesen Tatbestandsmerkmalen ist für eine Bestrafung nach § 82 Abs. 1 SPG erforderlich, dass "dadurch eine Amtshandlung behindert" wird. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, ist davon auszugehen, dass das – emotionale – Verhalten der Bwin die konkrete Amtshandlung jedoch nicht behindert hat, zumal die Amtshandlung – die Einhebung einer Geldstrafe – bereits zuvor beendet war.

Da es somit bereits an der objektiven Tatbestandserfüllung mangelt, scheidet eine Strafbarkeit der Bwin nach § 82 Abs. 1 SPG aus. Es war der Berufung daher bereits aus diesem Grund – ohne auf die weiteren Vorbringen in der Berufung eingehen zu müssen – gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

Ob und inwieweit das Verhalten der Bwin tatbestandserfüllend iSd § 81 Abs. 1 SPG war, war mangels aufrechtem Tatvorwurf in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

4. Bei diesem Verfahrenergebnis war der Bwin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

VwSen-231086/2/Fi/Fl vom 27. April 2010

Erkenntnis

Zum Tatbild des § 82 Abs. 1 SPG gehört neben dem Einschreiten eines Organs der öffentlichen Aufsicht in Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben, dem aggressiven Verhalten und einer vorausgegangenen Abmahnung auch der Umstand, dass durch das aggressive Verhalten eine Amtshandlung behindert wird. Demnach liegt ein strafbares Verhalten nur dann vor, wenn zum aggressiven Verhalten eine Behinderung der Amtshandlung hinzutritt (so auch die Erläut. zur RV 148 BlgNR 18. GP).

 

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