Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300924/13/Fi/MZ/Ga

Linz, 28.04.2010

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwälte X, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 9. Dezember 2009, GZ Pol96-396-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. April 2010 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                 Die Berufung wird bezüglich den Schuldausspruch als unbegründet abgewiesen.

II.             Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe zu Spruchpunkt 1 insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 30 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Stunden und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf 3 Euro herabgesetzt wird.

Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe zu Spruchpunkt 2 insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 60 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Stunden und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf 6 Euro herabgesetzt wird.

III.         Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vom dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I und II.: §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Zu III.: § 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 9. Dezember 2009, GZ Pol96-396-2007, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) – wie auch schon in der Strafverfügung vom 10. Juli 2007, GZ Pol96-396-2007 – Geld­strafen in der Höhe von 40 und von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe je 12 Stunden) verhängt.

Dem Bw wurde vorgeworfen, "am 05. Juni 2007 gegen 19:30 Uhr im Ortsgebiet X, von der X kommend in Richtung des angrenzenden Waldstückes hinter dem X bzw. dem X am Waldweg gehend, als Hundehalter der Deutschen Dogge (sic), Rufname "X", Hundemarken Nr. X, gemeldet bei der Gemeinde X es unterlassen zu haben

"1) das Tier an der Leine oder mit Maulkorb zu führen, obwohl Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden müssen und

2) das Tier so zu verwahren, dass andere Tiere dadurch nicht gefährdet werden, indem Ihr Hund zu dem Cocker Spaniel, Rufname "X", von Frau X, die ebenfalls auf diesem Waldweg unterwegs war, laufen konnte und diesem Verletzungen zufügte, sodass die dadurch entstandenen Verletzungen des Cocker Spaniel tierärztlich behandelt werden mussten, obwohl ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden."

Der Bw habe dadurch § 6 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 Z 5 und § 3 Abs 2 Z 1 iVm § 15 Abs 1 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 verletzt.

Begründend führt die Behörde erster Instanz zu Spruchpunkt 1 im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Fotobeweise ohne Zweifel feststehe, dass sich der gegenständliche Tatort im Ortsgebiet der Gemeinde X befinde, und das Nichtanleinen des Hundes "X" daher den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 erfülle.

Hinsichtlich Spruchpunkt 2 sei die Gefährdung des Hundes "X" durch dessen Verletzungen erwiesen.

Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Erwägungen zum Verschulden sowie zur Strafbemessung. Als strafmildernd führt sie dabei ausdrücklich die bisherige Unbescholtenheit des Bw und die lange Verfahrensdauer ins Treffen.

1.2. Gegen das Straferkenntnis, das dem im Akt befindlichen Rückschein zufolge am 17. Dezember 2009 zugestellt wurde, erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am 30. Dezember 2009 – somit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde, und am 31. Dezember 2009 bei der Behörde erster Instanz einlangte.

Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der im Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 1 angeführte Fotobeweis bezüglich des Vorliegens eines Ortsgebietes dem Bw nicht zur Kenntnis gebracht wurde, weshalb ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege. Da sich der Vorfall nicht auf der
X sondern auf dem Waldweg ereignet habe, handle es sich auch nicht um ein Ortsgebiet im Sinne des Oö. Hundehaltegesetzes 2002.

Bezüglich Spruchpunkt 2 sei der Auffassung der belangten Behörde, der Cocker Spaniel sei durch "X" gefährdet worden, zu entgegnen, der äußerst friedfertige und gutmütige "X" habe lediglich mit dem Cocker Spaniel spielen wollen, und der Biss einer Deutschen Dogge würde bei einem Cocker Spaniel fatale Verletzungen zur Folge haben. Der Zeuge X habe bei einer erfolgten Untersuchung des Cocker Spaniels, abgesehen von einem leichten Kratzer, welchen ihm auch die Zeugin selbst zugefügt haben könnte, jedoch keine Verletzungen erkennen können.

Zudem habe die belangte Behörde die vom Bw zu seiner Entlastung beantragten Zeugen nicht einvernommen, weshalb ein wesentlicher Verfahrensverstoß vorliege.

Der Bw stellte daher den Antrag, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben, allenfalls nach ergänzender Beweisaufnahme abzuändern.

2.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Linz-Land hat die Berufung samt dem von ihm geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2. dargestellt – rechtzeitig.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt erster Instanz, in das angefochtene Straferkenntnis, in die Berufung sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

2.4. Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

Der Bw ging mit der Deutschen Dogge "X", Hundemarken Nr. X, gemeldet bei der Gemeinde X, am 5. Juni 2007 gegen 19.30 Uhr im Gemeindegebiet X, von der X kommend in Richtung des angrenzenden Waldstückes hinter dem X bzw dem X am Waldweg spazieren. Der Tatort befindet sich innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" gemäß § 53 Z 17a und 17b StVO. Eine Verordnung des Gemeinderates von X, mit welcher die Leinen- bzw Maulkorbpflicht am genannten Ort ausgesetzt wird, existiert nicht. Im Tatzeitpunkt wurde "X" weder an der Leine noch mit einem Maulkorb geführt.

In der Folge wurde der Cocker Spaniel der Zeugin X, Rufname "X", vom Hund des Bw leicht verletzt.

2.5. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt, der betreffend den Tatvorwurf 1 vom Bw auch bestätigt, insofern lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, ergibt sich aus den angeführten Beweismitteln. Den mit dem angenommenen Sachverhalt divergierenden Aussagen des Bw bzw des Zeugen ist der Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund folgender Überlegungen nicht gefolgt:

2.5.1. Vorweg ist festzuhalten, dass sowohl die Zeugin X als auch die Zeugin bei der Einvernahme einen ehrlichen und glaubhaften Eindruck hinterließen, und nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates insbesondere die Tierärztin – die Zeugin X - kein Motiv hat, den Bw durch falsche Angaben zu belasten.

2.5.2. Die Tierärztin führte zu den Verletzungen des Cocker Spaniels befragt aus, dass sie sich in den wesentlichen Punkten an den Fall erinnere (siehe Tonbandprotokoll Seite 2). Dem Muster der Verletzungen von "X" nach habe es sich eindeutig um Bissspuren gehandelt.

Die Zeugin erklärte auf Nachfrage weiters, dass die von ihr behandelten Verletzungen zweifellos nicht auf einen aggressiven Angriff einer Dogge zurückzuführen seien, jedoch auch eine Dogge derartige Verletzungen verursachen könne. Ob dies in concreto der Fall war, könne sie nicht beurteilen. Sie könne zwar nicht sagen, ob die Verletzungen "X" vom selben Tag stammten oder am Abend des Vortages zugefügt wurden, jedoch könne sie ausschließen, dass es sich um eine länger zurückliegende Verletzung gehandelt habe, da diese andernfalls zu eitern begonnen hätte.

Die Bissverletzungen "X" müssen daher in enger zeitlicher Nähe zur Untersuchung durch die Tierärztin erfolgt, und können durchaus durch eine Deutsche Dogge hervorgerufen worden sein.

2.5.3. Auf Nachfrage räumte der Zeuge X ein, "X" nicht auf Verletzungen hin untersucht zu haben, sondern lediglich deren Besitzerin aus gewisser Entfernung bei der Untersuchung zugesehen zu haben. Er habe aus der Ferne keine Bissverletzungen, allenfalls einen Kratzer erkennen können.

2.5.4. Unstrittig ist "X", ohne angeleint gewesen zu sein, auf "X" zugelaufen und mit dieser in Kontakt getreten. Dass der Cocker Spaniel am Tag nach der Begegnung der beiden Hunde, wie von der Tierärztin ausgeführt, Bissverletzungen aufwies, wird auch nicht weiter bestritten. Fraglich ist daher einzig, ob die Verletzungen von "X" oder von einem anderen Hund herbeigeführt wurden.

2.5.5. Allein der – ebenfalls außer Streit stehende – Umstand, dass sich die Besitzerin des Cocker Spaniels nach dem Zusammentreffen der beiden Hunde dazu veranlasst sah, ihren Hund zu untersuchen, beweist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates, dass es sich dabei um keine "übliche" Begegnung der beiden Hunde gehandelt haben kann, sondern ein ungewöhnlicher Vorfall stattgefunden haben muss.

Der Bw bringt – auch schon in seinen schriftlichen Eingaben – vor, dass "X" allenfalls mit "X" habe spielen wollen. Das von der Tierärztin beschriebene Verletzungsmuster stimmt mit dieser Aussage überein: Hätte – wie der Bw auch mehrfach betont – "X" ernsthaft zugebissen, wäre "X" bei weitem schwerer verletzt worden. Dies schließt aber, wie wiederum die Aussage der Tierärztin untermauert (siehe Tonbanprotokoll Seite 2), nicht aus, dass die gegenständlichen Verletzungen durch die Dogge herbeigeführt wurden.

Keiner gegenteiligen Aussagekraft kommt die Tatsache zu, dass die Zeugin X nicht unmittelbar nach dem Zusammentreffen der Hunde mit "X" die Tierärztin aufgesucht hat. Der Aussage der Tierärztin zufolge sind nämlich Bissverletzungen, ohne dass die Haare des Hundes abrasiert werden, insbesondere für Laien nur sehr schwer erkennbar, da dabei auch nicht unbedingt starke Blutungen einhergehen (vgl ebenfalls das Tonbandprotokoll Seite 2). Die Zeugin gab in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl Tonbandprotokoll Seite 3) an, zwar gleich nach dem Vorfall erkannt zu haben, dass ihr Hund verletzt gewesen sei. Sie habe die Verletzung allerdings anfänglich nicht so gravierend eingeschätzt, und sei erst am nächsten Tag, als der Hund nicht von selbst aufgestanden sei, zur Tierärztin gefahren. Auch dass nach dem Vorfall der Zeuge X bei der Untersuchung des Cocker Spaniels durch seine Besitzerin höchstens einen Kratzer wahrnehmen konnte, deckt sich mit der Aussage der Tierärztin, dass Bissverletzungen im Allgemeinen lediglich schwer und nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates aus der Ferne damit wohl gar nicht zu erkennen sind.

2.5.6. Schließlich scheint es der allgemeinen Lebenserfahrung nach mehr als unwahrscheinlich, dass "X" die Bissverletzungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Hund zugefügt worden sind. Selbst wenn dem so wäre, ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die unter Wahrheitspflicht stehende Zeugin X diesfalls "X" und nicht den tatsächlich dafür ursächlichen Hund hätte nennen sollen.

2.5.7. Aus den dargelegten Gründen ergibt sich der in Punkt 2.5. angenommene, entscheidungswesentliche Sachverhalt.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl 147, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl 2006/124, lauten wie folgt:

„Allgemeine Anforderungen

§ 1. ...

(2) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

3. öffentlicher Ort: ein Ort, der für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist;

4. Ortsgebiet: die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" gemäß § 53 Z. 17a und 17b StVO und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern;

...

§ 3. ...

(2) Ein Hund ist in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass

1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden,

...

Mitführen von Hunden an öffentlichen Orten

§ 6. (1) Hunde müssen an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden.

...

Strafbestimmungen

§ 15. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht wer ...

2. einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält,

...

5. gegen die Leinenpflicht oder Maulkorbpflicht gemäß § 6 Abs. 1 oder 2 verstößt,

...

(2) Verwaltungsübertretungen sind, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen."

3.3. Mit seinem Vorbringen zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides, bei der tatörtlichen Stelle handle es sich nicht um ein Ortsgebiet im Sinne des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, ist der Bw nicht im Recht:

3.3.1. § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 normiert, dass Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden müssen.

3.3.1.1. Beim von der X kommenden gegenständlichen Waldweg handelt es sich – was vom Bw auch nicht weiter bestritten wird – zweifelsfrei um einen öffentlichen Ort, da dieser im Sinne des § 1 Abs 2 Z 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist.

3.3.1.2. Entgegen der anderslautenden Ansicht des Bw handelt es sich bei dem besagten Ort zudem um ein Ortsgebiet im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 Oö. Hundehaltegesetz 2002.

Der zitierten Bestimmung nach sind jene Straßenzüge, die sich innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" gemäß § 53 Z 17a und 17b StVO befinden und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern als "Ortsgebiet" anzusehen.

Wenn auch das Wort "und" vielfach ein Indiz für kumulative Tatbestandselemente darstellen mag, ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei von einer alternativen Verknüpfung auszugehen. Jedenfalls sind daher im Sinne der StVO 1960 als Ortsgebiet anzusehende Bereiche auch als Ortsgebiet im Sinne des Oö. Hundehaltegesetz 2002 zu qualifizieren (vgl auch § 2 Abs 1 Z 15 StVO 1960).

Wie aus den dem Akt beiliegenden Fotos der Gemeinde X hervorgeht, befindet sich der Tatort innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" im Sinne der StVO 1960. Der Waldweg stellt auch unzweifelhaft eine Straße im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 StVO 1960 dar: Die zitierte Bestimmung definiert eine Straße als "eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen". Dass der tatörtliche Waldweg eine solche Landfläche darstellt, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Auch die Abschrankung des Weges vermag daran nichts zu ändern. Dies könnte sich im Sinne der Äußerung der rechtsfreundlichen Vertretung des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (siehe Tonbandprotokoll Seite 1) allenfalls dahingehend auswirken, als der Weg nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr (siehe § 1 StVO) zu qualifizieren wäre, worauf das Oö. Hundehaltegesetz 2002 allerdings nicht abstellt.

Der gegenständliche Waldweg ist damit den Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 zu unterstellen. Eine Verordnung im Sinne des § 6 Abs 4 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 existiert nicht.

3.3.2. Wie ausgeführt ist damit unter anderem § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 am verfahrensgegenständlichen Tatort anzuwenden. Dass der Bw seinen Hund zur Tatzeit weder angeleint hatte noch das Tier einen Maulkorb trug, steht unstrittig fest. Der objektive Tatbestand ist daher erfüllt.

3.3.3. Abschließend ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Bw nicht im Recht ist, wenn er in seiner Berufung darauf hinweist, es liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, da die Behörde ihm die hier relevanten Fotobeweise der Gemeinde X bezüglich des Standorts der Ortstafel nicht zur Kenntnis gebracht habe. Das Recht auf Parteiengehör zählt zwar zu den fundamentalen Grundsätzen jedes rechtsstaatlichen Verfahrens. Dieses ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Folge allerdings nur zu Tatfragen und nicht – wie im vorliegenden Fall – zu Rechtsfragen zu gewähren (vgl VwGH 19.9.1996, 96/19/1262).

Selbst wenn dem nicht so wäre, ist der höchstgerichtlichen Judikatur zufolge eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör durch die erstinstanzliche Behörde als saniert anzusehen, wenn die Partei die Möglichkeit hatte, das ihr im erstinstanzlichen Bescheid zur Kenntnis gebrachte Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Berufung zu bekämpfen und damit hiezu Stellung zu nehmen (VwGH 30.6.1994, 93/09/0333; vgl auch VwGH 26.5.1966, 406/66).

3.4.1. Auch das Berufungsvorbringen zu Spruchpunkt 2 vermag den Unabhängigen Verwaltungssenat – insbesondere vor dem Hintergrund der soeben dargelegten Rechtsauffassung – nicht zu überzeugen:

3.4.2. § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 zufolge ist ein Hund in einer Weise zu führen, dass weder Menschen noch Tiere durch den Hund gefährdet werden.

Der belangten Behörde kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht entgegen getreten werden, wenn diese denklogisch davon ausgeht, dass der Verletzung eines Menschen oder eines Tieres jedenfalls eine Gefährdung desselben vorausgeht. Es ist umgekehrt zwar denkbar, dass eine Gefahr keinen Schaden nach sich zieht. Liegt aber ein Schaden vor, muss eine entsprechende Gefährdung vorausgegangen sein.

Wie in Punkt 2.6. ausgeführt, wurde der Cocker Spaniel "X" von der Dogge "X" leicht verletzt. Eine vorhergehende Gefährdung ist der Verletzung daher immanent, und der objektive Tatbestand des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 jedenfalls erfüllt.

3.4.3. Das (vor allem) im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Bw mehrfach ins Treffen geführte unsachgerechte Verhalten der Besitzerin von "X", welche den Cocker Spaniel sofort hätte ableinen müssen, als sie die nicht angeleinte Dogge wahrgenommen hat, braucht vor dem Hintergrund, dass am Tatort (wie zu Spruchpunkt 1 dargelegt) eine gesetzliche Verpflichtung zum Anleinen von Hunden besteht, nicht weiter verfolgt werden.

Darüber hinaus könnte eine Sorgfaltspflichtverletzung der Zeugin den Bw nicht exkulpieren, sondern allenfalls deren Mitverschulden begründen, welches im Rahmen der Strafzumessung zu beachten wäre.

3.5.1. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn – wie hinsichtlich des Spruchpunkts 1 – zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Wenn sich der Bw damit verantwortet, davon ausgegangen zu sein, dass an dem besagten Ort keine Leinen- und Maulkorbpflicht bestehe, macht er damit im Ergebnis einen Rechtsirrtum geltend.

Nach § 5 Abs 2 VStG schließt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, welcher der Täter zuwider gehandelt hat, sein Verschulden an der Tat unter zwei Voraussetzungen aus, nämlich wenn sie erstens erwiesenermaßen unverschuldet ist und zweitens der Täter ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Ein solcher unverschuldeter Verbotsirrtum liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (VwGH 24.4.2006, 2005/09/0021). Trifft ihn auch nur ein geringes Verschulden (Fahrlässigkeit) an einem Rechtsirrtum, scheidet dieser als Schuldausschließungsgrund aus, unabhängig davon, ob die Verwaltungsübertretung selbst vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde (VwGH 28.5.2008, 2007/21/0021). Nach der umfangreichen und restriktiven Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen für einzelne Personen besondere Informationspflichten (vgl VwSlg 8305 A/1972; VwGH 13.11.1997, 97/07/0062 uvm).

Zweifellos trifft insbesondere auch Hundebesitzer die Verpflichtung, sich entsprechend darüber zu informieren, in welchen örtlichen Bereichen welche Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 konkret zur Anwendung gelangen. Die bloße Behauptung des Bw, er sei davon ausgegangen, dass am Tatort keine § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 entsprechende Verpflichtung gegolten habe, reicht somit keinesfalls aus, um einen Rechtsirrtum zu begründen. Mit anderen Worten: Dadurch dass sich der Bw nicht hinreichend über allfällige Folgen seines Verhaltens informierte, irrte er in einer seine Schuld nicht ausschließenden Weise, sodass ihm wenigstens Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist.

3.5.2. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 kommt, da § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 auf eine Gefährdung abstellt und es sich damit um ein Erfolgsdelikt handelt, die Fahrlässigkeitsfiktion für Ungehorsamsdelikte nicht zum Tragen (vgl § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG). Dennoch geht der Unabhängige Verwaltungssenat auch hier von fahrlässigem Verhalten des Bw aus:

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge handelt eine Person fahrlässig, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters in der konkreten Situation anders verhalten hätte (VwGH 28.5.2008, 2008/09/0117; bzgl der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit der Handlung siehe VwSlg 9710 A/1978), und der Eintritt des Erfolges für den einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Täters innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung lag.

Vor diesem Hintergrund ist also zu fragen, ob der skizzierte Maßmensch als Führer der Deutschen Dogge "X" den Hund am Tatort an der Leine bzw mit Maulkorb geführt, und damit die sich durch die Verletzung manifestierende Gefährdung des Cocker Spaniels "X" ausgeschlossen hätte.

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates hätte ein einsichtiger und besonnener Hundeführer auch ohne generelle Verpflichtung "X" am Tatort lediglich dann abgeleint, wenn ihm der Hund so uneingeschränkt gehorcht, dass dieser – egal in welcher Situation – sofort seinen Befehlen (Zuruf, Pfiff, etc) Folge leistet und sicher gestellt ist, dass entsprechende Anordnungen auch jederzeit erfolgen können.

Wie der Bw glaubhaft vorbringt, war es ihm zum Zeitpunkt, in welchem er "X" von der Leine nahm, nicht möglich, die Zeugin mit ihrem Hund "X" zu sehen. Der Bw musste jedoch unzweifelhaft damit rechnen, dass sich im örtlichen Nahbereich des Tatorts auch andere Personen, insbesondere auch andere Hundebesitzer, welche ihren Hund (der gesetzlichen Verpflichtung entsprechend) angeleint haben, aufhalten. Unter dieser Prämisse hätte der Bw entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, um zu gewährleisten, dass er der Dogge jederzeit eine Gefährdung von Menschen und Tieren ausschließende Befehle erteilen konnte bzw hätte er derartige Befehle auch erteilen müssen. Dadurch, dass er "X" dennoch von der Leine genommen hat und es in Folge auch nicht verhindert hat, dass "X" in die unmittelbare Nähe der angeleinten "X" gelangen konnte, hat der Bw, der zu Recht (vgl die Aussage der Tierärztin im Tonbandprotokoll Seite 2) auf die Problematik beim Aufeinandertreffen von angeleinten und nicht angeleinten Hunden und somit auch auf die Vorhersehbarkeit des eingetretenen Erfolgs hinweist, nicht der zu erwartenden Sorgfalt gemäß gehandelt.

Der Bw hätte also gewährleisten müssen, dass er "X" jederzeit zu sich rufen und an die Leine nehmen hätte können, anstelle von der Zeugin zu erwarten, ihren Hund von der Leine zu lassen, als sie "X" wahrnahm. Dadurch dass der Bw – wie der eingetretene Erfolg zeigt – dieser Sorgfaltspflicht nicht Rechnung getragen hat, handelte er nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates fahrlässig. Dass ihm die Einhaltung der entsprechenden Sorgfalt aus welchen Gründen auch immer nicht zumutbar gewesen wäre (vgl VwGH 27.6.1980, 513/80), ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkennbar bzw wurde vom Bw diesbezüglich auch kein Vorbringen erstattet.

3.5.3. Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz. Die Strafbarkeit des Bw ist daher hinsichtlich beider Spruchpunkte gegeben.

3.6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

3.6.1.1. Die verhängte Strafe wäre an sich jedenfalls tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafen von 40 bzw 70 Euro sind, da nach § 15 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 Geldstrafen bis 7.000 Euro verhängt werden können, im absolut untersten Bereich angesiedelt (ca 0,57 bzw 1 % des vorgesehenen Strafrahmens) und milde bemessen.

3.6.1.2. Der belangten Behörde ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat jedoch entgegen zu treten, wenn sie im bekämpften Straferkenntnis anführt, die Unbescholtenheit des Bw sowie die lange Verfahrensdauer bereits berücksichtigt zu haben. Da keine erschwerenden Gründe vorliegen, hätten die Milderungsgründe in einer Herabsetzung der durch die Strafverfügung als Obergrenze festgelegten Strafsätze Niederschlag finden müssen. Die belangte Behörde hat jedoch an der bereits durch die Strafverfügung verhängten Strafhöhe trotz der genannten Milderungsgründe festgehalten, weshalb der Bescheid entsprechend zu korrigieren war.

3.6.1.3. Hinsichtlich der Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe sei darauf hingewiesen, dass zwar § 12 Abs 1 VStG eine Mindestdauer für Freiheitsstrafen von 12 Stunden vorsieht. Jedoch normiert § 16 Abs 2 letzter Satz VStG für Ersatzfreiheitsstrafen ausdrücklich, dass diese "ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen" ist. Ausgehend von der maximalen Strafdrohung von 7.000 Euro ergibt sich in concreto die nunmehr in Spruchpunkt 2 festgelegte Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe.

3.6.2. Eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht der erkennenden Behörde das tatbildmäßige Verhalten des Bw gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafe gestellt ist. Nach der Bestimmung des § 21 VStG kann von einer Bestrafung nur dann abgesehen werden, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Übertretung nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Angesichts der Notwendigkeit der tierärztlichen Behandlung von "X" kann von unbedeutenden Folgen zweifelsfrei nicht gesprochen werden.

3.7. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bw hinsichtlich der Schuldsprüche durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis insofern zu bestätigen war.

Die Herabsetzung des Strafausmaßes erwies sich vor dem Hintergrund des Vorliegens überlanger Verfahrensdauer als erforderlich. Im Hinblick darauf, war der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren I. Instanz entsprechend zu vermindern.

Bei diesem Ergebnis war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat abzusehen (Spruchpunkt III).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Johannes Fischer

VwSen-300924/13/Fi/MZ/Ga vom 28. April 2010

 

Strafbemessung gemäß 19 VStG

Auch wenn die in einer Strafverfügung verhängte Geldstrafe bereits im unteren Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens angesetzt und milde bemessen wurde, hat die Berufungsbehörde weitere Milderungsgründe wie etwa eine überlange Verfahrensdauer insofern zu berücksichtigen, als die in der Strafverfügung verhängte Geldstrafe im Straferkenntnis entsprechend zu mindern ist. Die bloße Anführung des Milderungsgrundes der überlangen Verfahrensdauer, ohne dass diese auch zu einer Herabsetzung der (wenn auch minder bemessenen) Strafe (im Straferkenntnis im Vergleich zur Strafverfügung) führt, bewirkt keine Heilung dieses Mangels.

 

Ortsgebiet gemäß § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002:

§ 1 Abs 2 Z 4 Oö. Hundehaltegesetz 2002 zufolge sind jene Straßenzüge, die sich innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" gemäß § 53 Z 17a und 17b StVO befinden und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern als "Ortsgebiet" anzusehen. Wenn auch das Wort "und" vielfach ein Indiz für kumulative Tatbestandselemente darstellen mag, ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei von einer alternativen Verknüpfung auszugehen. Jedenfalls sind daher im Sinne der StVO 1960 als Ortsgebiet anzusehende Bereiche auch als Ortsgebiet im Sinne des Oö. Hundehaltegesetz 2002 zu qualifizieren (vgl auch § 2 Abs 1 Z 15 StVO 1960). Der Tatort - ein Waldweg - befindet sich innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" im Sinne der StVO 1960. Der Waldweg stellt auch eine Straße im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 StVO 1960 dar: Die zitierte Bestimmung definiert eine Straße als "eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen". Auch die Abschrankung des Weges vermag daran nichts zu ändern. Dies könnte sich allenfalls dahingehend auswirken, als der Weg nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr (siehe § 1 StVO) zu qualifizieren wäre, worauf das Oö. Hundehaltegesetz 2002 allerdings nicht abstellt.

Gefährdung gemäß § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002:

§ 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 zufolge ist ein Hund in einer Weise zu führen, dass weder Menschen noch Tiere durch den Hund gefährdet werden.

Der belangten Behörde kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht entgegen getreten werden, wenn diese denklogisch davon ausgeht, dass der Verletzung eines Menschen oder eines Tieres jedenfalls eine Gefährdung desselben vorausgeht. Es ist umgekehrt zwar denkbar, dass eine Gefahr keinen Schaden nach sich zieht. Liegt aber ein Schaden vor, muss eine entsprechende Gefährdung vorausgegangen sein.

Das vom Bw mehrfach ins Treffen geführte unsachgerechte Verhalten der Besitzerin des verletzten Hundes, welche diesen sofort hätte ableinen müssen, als sie die nicht angeleinte Dogge wahrgenommen hat, braucht vor dem Hintergrund, dass am Tatort eine gesetzliche Verpflichtung zum Anleinen von Hunden besteht, nicht weiter verfolgt werden. Darüber hinaus könnte eine Sorgfaltspflichtverletzung der Zeugin den Bw nicht exkulpieren, sondern allenfalls deren Mitverschulden begründen, welches im Rahmen der Strafzumessung zu beachten wäre.

 

 

 

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