Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420624/7/Gf/Mu VwSen-420625/7/Gf/Mu VwSen-440124/7/Gf/Mu

Linz, 18.05.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerden des x, des x und der x, alle vertreten durch x, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangs­gewalt durch Organe des Landeshauptmannes von Oberösterreich am  16. Jänner 2010 zu Recht erkannt:

Die Abnahme der Fahrzeugpapiere und die Anordnung der Untersagung der Weiterfahrt vor Erlag einer Sicherheitsleistung werden als rechtswidrig festgestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG.

Entscheidungsgründunge:

1.1. In ihren auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Z. 2 AVG gestützten
Beschwerden wenden sich die Rechtsmittelwerber dagegen, dass ihnen zwei Beamte des Landespolizeikommandos Oberösterreich am 16. Jänner 2010 auf der A 1 (Westautobahn) bei der Raststätte Lindach die Fahrzeugpapiere abgenommen und die Weiterfahrt untersagt hätten. Da die Drittbeschwerdeführerin als Dienstgeberin mit Sitz in x (Rumänien) auf Grund einer gültigen EU-Lizenz u.a. zwischen Bukarest und Salzburg einen Kraftlinienverkehr betreibe, hätten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer diese Linie am Vorfallstag abwechselnd mit einem Omnibus befahren. Im Bereich der Autobahnraststation Lindach seien sie jedoch von zwei Polizeibeamten angehalten und einer Verkehrskontrolle unterzogen worden. Nach der ausführlichen Inspektion des technischen Zustandes des Fahrzeuges und des Gepäcks der Passagiere seien beide Fahrer von den Organen aufgefordert worden, eine Transiturkunde für die Republik Österreich vorzulegen. Dem habe jedoch deshalb nicht entsprochen werden können, weil die beiden Fahrer und deren Dienstgeberin eine derartige Urkunde nicht besessen hätten, da dies seit dem Beitritt Rumäniens zur EU nicht mehr notwendig sei. Darüber hinaus hätte die Fahrt ohnehin in Salzburg enden sollen, weshalb Österreich auch nicht durchquert worden wäre. Da sie über die begehrten Dokumente (Transiturkunde, Fahrplan, Preisliste) nicht verfügt hätten, seien ihnen die Fahrzeugpapiere abgenommen und die Gestattung der Weiterfahrt vom Erlag einer Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000 Euro abhängig gemacht worden. Da die beiden Beamten die von zwei Partnerunternehmen angebotene Sicherheitsleistung abgelehnt hätten, habe schließlich das Innenministerium eingeschaltet werden müssen; erst darauf hin sei ihnen die Weiterfahrt gestattet worden.

Durch die Untersagung der Weiterfahrt sowie durch die Abnahme der Fahrzeugpapiere seien die Beschwerdeführer in ihren Rechten auf Ausübung ihres Berufes sowie auf Benützung des Straßennetzes der Republik Österreich verletzt worden, weshalb die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme begehrt wird.

1.2. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Bezug habenden Akten des Landespolizeikommandos Oberösterreich (Landesverkehrsabteilung) zu GZ E1/3837/2010 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Begründend wird darin im Wesentlichen zugestanden, dass die gegenständliche Beschwerde in Bezug auf die Beanstandung nach dem Kraftfahrliniengesetz gerechtfertigt sei, weil insoweit ein Rechtsirrtum der einschreitenden Beamten vorgelegen sei.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vom Amt der Oö. Landesregierung vorgelegten Aktenunterlagen des Landespolizeikommandos Oberösterreich zu GZ E1/3837/2010; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 3 bzw. 4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 67a AVG haben die Unabhängigen Verwaltungssenate grundsätzlich – sowie im Besonderen nach § 67a Z. 2 AVG über Maßnahmenbeschwerden i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Z. 2 AVG kann derjenige, der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein, eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat erheben.

Die Abnahme von Fahrzeugpapieren durch Sicherheitsorgane sowie deren Anordnung der Untersagung der Weiterfahrt stellt eine derartige Ausübung von verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (vgl. J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 49, m.w.N.).

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen des § 67c Abs. 1 AVG erfüllt sind, ist die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde zulässig.

3.2. Nach § 1 Abs. 3 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl.Nr. 203/1999, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 153/2006 (im Folgenden: KFLG), bedarf der Betrieb eines grenzüberschreitenden Kraftfahrlinienverkehrs, dessen Endhaltestellen auf dem Staatsgebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz liegen, einer entsprechenden Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Dies gilt jedoch nicht, wenn der Konzessionsinhaber ein Angehöriger eines Mitgliedstaates der EU ist.

Da der Beitritt Rumäniens zur EU bereits vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfallszeitpunkt, nämlich 1. Jänner 2007 erfolgte, bedurften die Beschwerdeführer sohin am 16. Jänner 2010 nicht mehr einer Genehmigung i.S.d. § 1 Abs. 3 KFLG.

Die auf eine Verletzung dieser Bestimmung gegründeten, auf § 45 Abs. 2 KFLG gestützten Zwangsmaßnahmen der einschreitenden Sicherheitsorgane (Abnahme der Fahrzeugpapiere und Untersagung der Weiterfahrt vor Erlag einer Sicherheitsleistung) erweisen sich daher – was auch von der belangten Behörde gar nicht bestritten wird – als rechtswidrig.

3.3. Dies hatte der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.




Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von je 13,20 Euro (Eingabengebühr pro Beschwerdeführer) entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt jeweils bei.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-420624/7/Gf/Mu vom 17. Mai 2010

 

Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG; § 1 Abs. 3 KraftfahrlinienG

 

Nach § 1 Abs. 3 KFLG bedarf der Betrieb eines grenzüberschreitenden Kraftfahrlinienverkehrs, dessen Endhaltestellen auf dem Staatsgebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz liegen, einer entsprechenden Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Konzessionsinhaber ein Angehöriger eines Mitgliedstaates der EU ist. Da der Beitritt Rumäniens zur EU bereits vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfallszeitpunkt erfolgte, bedurften die Beschwerdeführer sohin am 16. Jänner 2010 nicht mehr einer Genehmigung i.S.d. § 1 Abs. 3 KFLG. Die auf eine Verletzung dieser Bestimmung gegründeten, auf § 45 Abs. 2 KFLG gestützten Zwangsmaßnahmen erweisen sich daher als rechtswidrig.

 

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