Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252410/3/Fi/Mu/Ga

Linz, 03.05.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Präsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die auf die Strafhöhe beschränkte Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Dezember 2009, GZ 0043821/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird statt gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt.

 

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 36,50 Euro. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 und 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Dezember 2009, GZ 0043821/2009, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil sie als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der X mit dem Sitz in X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt hat, zu verantworten habe, dass die oa. Firma als Dienstgeber am 8. September 2009 zumindest bis zum Kontrollzeitpunkt um 13.00 Uhr Frau X, geb. X, im Lokal „X“, X, als Kellnerin und somit als Dienstnehmerin in
persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (340 Euro brutto im Monat) im Ausmaß von 8 Wochenstunden entgegen den Bestimmungen des § 33 Abs.1 ASVG beschäftigt habe. Obwohl diese Dienstnehmerin als geringfügige Beschäftigte von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Unfallversicherung teilversichert sei, sei hierüber keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung beim zuständigen Sozialver­sicherungsträger (Oö. Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4020 Linz) rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet worden.

 

Als verletzte Rechtsvorschriften wurden § 33 Abs.2 iVm. § 111 ASVG angeführt.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses der Bwin nach Informationen seitens der belangten Behörde am 10. Jänner 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 22. Jänner 2010 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung bei der Behörde erster Instanz.

 

Darin bringt die Bwin vor, dass sie die damalige Besitzerin des gegenständlichen Cafes gewesen sei und die im angeführten Spruch genannte Person dieses Lokal übernehmen wollte, weshalb diese sich das Cafe nur angesehen habe, weil sie wissen wollte, wie solches geführt werde. Als Jungunternehmerin habe sie leider nicht gewusst, dass sie diese anmelden hätte müssen. Allerdings habe sie die angeführte Dienstnehmerin am 10. September 2009 angemeldet. Abschließend gibt sie bekannt, dass sie über kein Einkommen verfüge, ihr Freund ihr zwar teilweise bei kleinen Beträgen aushelfe, weshalb sie schließlich beantragt, die Strafe auf das Minimum herabzusetzen.

 

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 5. März 2010  die Berufung der Bwin dem Unabhängigen Verwaltungssenat unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronischen geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu GZ 0043821/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.3 Z.1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem – unstrittigen – entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Bwin ist unbescholten und hat im Rahmen ihrer Berufung ein Tatsachen- und Schuldeingeständnis abgelegt. Erschwerungsgründe sind für die belangte Behörde nicht hervorgekommen. Die Erstbehörde sah sich im Rahmen ihrer Straffestsetzung bereits ohne Schuldgeständnis zur Festsetzung der Mindeststrafe veranlasst.

 

2.4. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 51 c Verwaltungsstrafverfahren 1991 (im Folgenden: VStG) hat der Oö. Verwaltungssenat  im gegenständlichen  Fall – weil mit dem angefochtenen Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.2. Gemäß § 4 Abs.1 Z.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei einem
oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-,
Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte
Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs.2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirt­schaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zustän­digen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs­behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geld­strafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordent­lichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchs – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

3.3. Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, also die Mindeststrafe verhängt.

3.3.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs.2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs.1 ASVG zu ahndenden Übertretungen (im Erstfall) die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen.

Daraus folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs.1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

3.3.2. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des damit verbundenen Schadens für die Versichertengemeinschaft nicht unbedeutend sind. Dem ist die Bwin nicht entgegengetreten.

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs.1 ASVG positivierten Meldepflicht weit­reichende Beispiels- bzw. Folgewirkungen nach sich ziehen könnte. Es kann (daher) nicht die Rede davon sein, dass die  Nichtanmeldung eines Dienstnehmers – wobei hinzukommt, dass der gesetz­widrige Zustand offen­kundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde und die Anmeldung zur Pflichtversicherung erst nachträglich am 10. September 2009 erfolgte – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte. Die Anwendbarkeit des § 21 VStG scheidet sohin aus.

3.3.3. Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

Im vorliegenden Fall ist die Bwin nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Weiters ist der Bwin vor allem das nunmehr abgelegte Tatsachen- und Schuldeinge­ständnis und das damit einhergehende reumütige Verhalten zugute zu halten. Umgekehrt geht die belangte Behörde hinsichtlich der Erschwerungsgründe aber auch selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen. Dazu kommt, dass die Dauer der Beschäftigung relativ kurz war – der Vorwurf im bekämpften Straferkenntnis beschränkt sich auf den 8. September 2009 bis 13.00 Uhr.

Bei dieser Sachlage ist daher gesamthaft betrachtet – insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 111 Abs.2 ASVG die erstmalige Übertretung gesondert beurteilt – eine außerordentliche Strafmilderung gerecht­fertigt.

3.4. Es war daher der Berufung Folge zu geben und die verhängte Geldstrafe mit 365 Euro und gemäß der durch § 16 Abs.2 VStG vorgegebenen Relation eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 56 Stunden festzusetzen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG auf insgesamt 36,50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 


Rechtssatz:

 

VwSen-252410/3/Fi/Mu/Ga vom 3. Mai 2010:

 

§ 111 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, §§ 20 und 21 VStG:

 

Aus der einleitenden Formulierung des § 111 Abs. 2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG) bzw. über ein Absehen  von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen soll.

 

Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte der Mindeststrafe bei Vorliegen eines reumütigen Geständnisses sowie wegen der kurzen Dauer der Beschäftigung und aufgrund der erstmaligen Begehung einer solchen Übertretung.

 

 

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