Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210548/16/Ste/MZ

Linz, 21.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der X gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Grieskirchen vom 13. Oktober 2009, GZ BauR96-4-2009, BauR01-9-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung 1994 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Behörde erster Instanz wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift lautet:

"§§ 42ff Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch das Landesgesetz, LGBl. Nr. 36/2008".

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 72 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Grieskirchen vom
13. Oktober 2009, GZ BauR96-5-2009, BauR01-10-2009, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bwin) eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden) verhängt, weil sie es als Gesellschafterin der "X" zu verantworten habe, dass auf den Grundstücken X und X, KG X, Gemeinde X, die mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 08.05.2002, AZ 131-330/2002, bewilligte Anlage – bestehend aus Reithalle, Stallungen und Verwaltung – ohne baubehördliche Bewilligung durch Errichtung zusätzlicher Stallboxen für insgesamt neun Pferde wesentlich abgeändert und zumindest seit 01.01.2008 bis zum 13.10.2009 ohne baurechtliche Bewilligung benutzt wurde, obwohl bauliche Anlagen nur nach baubehördlicher Bewilligung und einer Baufertigstellungsanzeige benützt werden dürfen und Sie eine baubehördliche Bewilligung nicht besitze bzw eine Baufertigstellungsanzeige nicht erstattet habe.

Die nunmehrige Bwin habe dadurch § 44 Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 verletzt und wurde deshalb gemäß § 57 Abs. 1 Z 9 Oö. Bauordnung 1994 bestraft.

Begründend führt die Behörde I. Instanz an, dass mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 8. Mai 2002, GZ 131-330/2002, der Betreibergemeinschaft X die Bewilligung zum Bau einer Reithalle sowie eines Gebäudes für Stallungen und Verwaltung auf dem Grundstück Nr. X bzw. X, KG X (Stand vor dem Grundzusammenlegungsverfahren Pram II) unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt wurde.

Im Zuge einer Überprüfung am 25. Juni 2009 wurde festgestellt, dass die mit Bescheid vom 8. Mai 2002 bewilligte Anlage mit wesentlichen Abänderungen errichtet worden war. Westlich und südlich der bewilligten Stallanlage und westlich der Reithalle wurden Anbauten vorgefunden, die überdachte Freiplätze für Pferdeunterstände darstellen und nach den baurechtlichen Bestimmungen bewilligungspflichtige Zubauten seien.

Die Begründung schließt mit Ausführungen zur Schuld und zur Strafbemessung. Als strafmildernd wurde der Umstand gewertet, dass eine einschlägige Vormerkung im Verwaltungsstrafregister der Behörde wegen einer Übertretung der Oö. Bauordnung 1994 nicht aufscheint.

1.2. Wann das Straferkenntnis der Bwin zugestellt wurde, ist mangels im Akt befindlichen Rückschein für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht ersichtlich. Nach Zustellung erhob die Bwin "Einspruch" und damit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach, wonach die bloß falsche Bezeichnung eines Rechtsmittels nicht schadet, das Rechtsmittel der Berufung, welches am 29. Oktober 2009 – und mangels gegenteiliger Hinweise somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz einlangte.

Darin wird geltend gemacht, dass dem bekämpften Straferkenntnis zugrunde liegende Feststellungen falsch seien: Die an der Ost- und Westseite errichteten Dächer seien mit Baubewilligung vom 5. Mai 2002 bewilligt worden, lediglich die an der Süd- und Westseite der Stallgebäude errichteten Dachstreifen (Überdachung der Fressstände) wurden, weil ein Behördenvertreter bei einem Lokalaugenschein keine dahingehende Notwendigkeit erkannte, baubehördlich nicht verhandelt.

Weiters wird im Hinblick auf den 5. Absatz in Punkt III des angefochtenen Straferkenntnisses im Wesentlichen vorgebracht, dass keine Bauten ohne baurechtliche Genehmigung errichtet wurden bzw – wie bereits dargestellt – die Überdachung der Fressstände aufgrund baubehördlicher Auskünfte nicht eingereicht wurde. Zudem sei die Überdachung zur Gänze im Jahr 2005 von den Grundeigentümern errichtet worden und die Bwin habe erst im Jahr 2006 das gesamte Gebäude im Rahmen eines Baurechtsvertrages übernommen. Ein vorsätzliches Fehlverhalten könne daher ausgeschlossen werden.

Hinsichtlich des 7. Absatzes in Punkt III des angefochtenen Straferkenntnisses wird (nochmals) vorgebracht, dass bei mehreren Begehungen durch Baubehörde und Bürgermeister aufgrund von Anzeigen durch den Grundeigentümer keine Beanstandungen erfolgt seien, und der Bürgermeister hinsichtlich der Pferdehaltung unter den Dächern gesagt habe, "er glaube, dies sei sehr wohl in Ordnung."

Zusammenfassend vermeint die Bwin, ein schuldhaftes Verhalten könne ihr aus den dargelegten Gründen nicht vorgeworfen werden, zumal sie nach einer baubehördlichen Überprüfung am 25. Juni 2009, wo die Bewilligungspflicht der Dächer als Pferdeunterstand festgestellt worden war, fristgemäß ein Projekt eingereicht habe.

Es wird daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.3. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2 dargestellt – rechtzeitig.

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt, die Berufung und die baubehördlichen Akten der Marktgemeinde Pram sowie die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2009.

Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 8. Mai 2002, GZ 131-330/2002, wurde der Betreibergemeinschaft X die Bewilligung zum Bau einer Reithalle sowie eines Gebäudes für Stallungen und Verwaltung auf dem Grundstück Nr. X bzw. X, KG X (Stand vor dem Grundzusammenlegungsverfahren Pram II) erteilt.

Mit Ansuchen und Einreichplan vom 30. März 2007 hat die X um die Bewilligung der Errichtung von Pferdeboxenneubauten und Überdachung der Durchfahrt angesucht. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 19. November 2007, GZ 131-446/2007, mangels Zustimmung der Grundeigentümer zurückgewiesen.

Am 25. Juni 2009 erfolgte unter Beiziehung eines bautechnischen Amtssachverständigen eine baubehördliche Überprüfung, bei welcher festgestellt wurde, dass, entgegen dem Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 8. Mai 2002, GZ 131-330/2002, sich westlich und südlich der bewilligten Stallanlage und westlich der Reithalle – überdachte Freiplätze für Pferdeunterstände darstellende – Anbauten befinden. Die Pferdeunterstände werden auch als solche bzw zeitweilig auch anderweitig (Lagerung diverser Materialien, Unterstellen eines Traktors) verwendet. Eine Baufertigstellungsanzeige erfolgte nicht.

Vertreter der Marktgemeinde Pram haben nach verschiedenen Eingaben der Grundeigentümer in den Jahren 2008 und 2009 mehrere Besichtigungen der Gebäude bzw der Anlage vorgenommen. Ob es in diesem Rahmen zu einer Auskunft der Baubehörde gekommen ist, wonach diverse Zubauten oder Teile davon nicht genehmigt werden müssten, kann heute nicht mehr verifiziert werden.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, der Berufung und der öffentlichen mündlichen Verhandlung und wird im Übrigen auch von der Bwin nicht substantiell bestritten.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Die zur Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblichen Rechtsvorschriften der Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der zum (vorgeworfenen) Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Landesgesetz, LGBl. Nr. 36/2008, lauten:

§ 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

1.

der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden; […]

§ 42

Baufertigstellung von Kleinhausbauten und Nebengebäuden

Beim Neu-, Zu- oder Umbau von Kleinhausbauten und Nebengebäuden ist die Fertigstellung des Bauvorhabens (§ 38 Abs. 2 und 4) vom Bauherrn der Baubehörde schriftlich anzuzeigen. Die Baufertigstellungsanzeige kann sich auch auf selbständig benützbare Gebäudeteile beschränken. Unabhängig von der Verantwortlichkeit und Haftung des Bauführers und allfälliger besonderer sachverständiger Personen (§ 40 Abs. 3 und 6) übernimmt der Bauherr mit der Baufertigstellungsanzeige der Baubehörde gegenüber die Verantwortung für die bewilligungsmäßige und fachtechnische Ausführung des Bauvorhabens einschließlich der Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen.

§ 43

Baufertigstellung sonstiger baulicher Anlagen

(1) Für die Fertigstellung des Neu-, Zu- oder Umbaues von Gebäuden, die keine Kleinhausbauten oder Nebengebäude sind, gilt § 42 sinngemäß.

(2) Der Baufertigstellungsanzeige nach Abs. 1 sind anzuschließen:

1.

eine vom jeweiligen Bauführer oder von der jeweiligen besonderen sachverständigen Person ausgestellte Bestätigung (Befund) über die bewilligungsgemäße und fachtechnische, gegebenenfalls insbesondere auch die barrierefreie und die dem Energieausweis (§ 39d Oö. Bautechnikgesetz) entsprechende Ausführung des Bauvorhabens oder jener Teile (Bauabschnitte), für die der Befundaussteller als Bauführer bestellt oder als besondere sachverständige Person beigezogen war;

2.

soweit eine derartige Anlage beim betreffenden Gebäude vorhanden oder von der Baumaßnahme betroffen ist: je eine Bestätigung (Befund) über den Zustand von Rauchfängen, von Heizungs- , Warmwasser-, Gas-, Elektrizitäts- und Blitzschutzanlagen sowie über die Dichtheit von Senkgruben, Ölwannen und dgl.

(3) Bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben, die weder unter Abs. 1 und 2 noch unter § 42 fallen, kann die Baubehörde im Bewilligungsbescheid vorschreiben, daß die Fertigstellung des Bauvorhabens entweder nach Abs. 1 und 2 oder nach § 42 anzuzeigen ist.

§ 44

Benützungsrecht und Untersagung der Benützung baulicher Anlagen

[…]

(2) Die Benützung baulicher Anlagen, deren Fertigstellung nach § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, ist zu untersagen, wenn

1.

die bauliche Anlage ohne Baufertigstellungsanzeige benützt wird, oder

2.

der Baufertigstellungsanzeige nach § 43 keine oder nur mangelhafte oder unzureichende Unterlagen angeschlossen sind und die Unterlagen nicht binnen einer von der Baubehörde angemessen festzusetzenden Frist ordnungsgemäß nachgereicht oder ergänzt werden, oder

3.

Planabweichungen festgestellt werden, die gemäß § 39 Abs. 2 bis 4 baubehördlich bewilligungs- oder anzeigepflichtig sind, oder

4.

Mängel festgestellt werden, die eine ordnungsgemäße Benützung verhindern.

§ 57

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer […]

9.

eine bauliche Anlage, deren Fertigstellung gemäß § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, ohne Baufertigstellungsanzeige oder entgegen § 44 Abs. 1 oder 2 benützt oder benützen läßt;

Die zur Beurteilung des vorliegenden Falles maßgebliche Rechtsvorschrift de Oö. Bautechnikgesetzes - Oö. BauTG, LGBl. Nr. 67/1994, in der zum (vorgeworfenen) Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Landesgesetz, LGBl. Nr. 34/2008, lautet:

§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet: […]

46.

Zubau: die Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung.

3.2. Entgegen der (zeitweiligen) Rechtsauffassung der Bwin steht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich – in Übereinstimmung mit der vom bautechnischen Sachverständigen im Rahmen der baurechtlichen Überprüfung am 25. Juni 2009 geäußerten Ansicht – zweifelsfrei fest, dass die westlich und südlich der bewilligten Stallanlage und westlich der Reithalle befindlichen Anbauten in Form von Flugdächern das ursprüngliche, mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom
8. Mai 2002, GZ 131-330/2002, bewilligte Gebäude in waagrechter Richtung vergrößern, und damit bewilligungspflichtige Zubauten im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994 iVm § 2 Z 46 Oö. BauTG darstellen.

Eine derartige baubehördliche Bewilligung lag allerdings, wie auch aus dem  Schreiben der für das Bauverfahren zuständigen Marktgemeinde Pram vom
11. August 2009 an die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hervorgeht – zumindest zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt – nicht vor. Ob, wie von der Bwin vorgebracht, zwischenzeitlich ein entsprechendes Projekt bei der Baubehörde eingereicht wurde, vermag für den hier zu beurteilenden Sachverhalt außer Betracht zu bleiben.

Unstrittig ist, dass die überdachten Plätze für diverse Verwendungen, insbesondere zweckgemäß für das Unterstellen von Pferden, genutzt wurden.

§ 57 Abs. 1 Z 9 Oö. BauO pönalisiert einerseits die Benützung baulicher Anlagen, deren Fertigstellung gemäß § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, ohne Baufertigstellungsanzeige und andererseits die Benützung entgegen § 44 Abs. 1 oder 2 Oö. BauO.

§ 42 Oö. BauO normiert unter anderem, dass bei Zubauten zu Kleinhausbauten und Nebengebäuden die Fertigstellung des Bauvorhabens vom Bauherrn der Baubehörde schriftlich anzuzeigen ist. § 43 Abs. 1 leg cit zufolge gilt dies sinngemäß auch für jene Bauten, die keine Kleinhausbauten bzw Nebengebäude darstellen.

Im Sinne der genannten Bestimmungen hätte bezüglich des der Pferdeunterstellung dienlichen Zubaus zweifellos eine Baufertigstellungsanzeige durch die X erfolgen müssen. Außer Streit steht, dass eine derartige Anzeige – die, wie die belangte Behörde zu Recht argumentiert, mangels Baubewilligung auch gar nicht hätte ergehen dürfen- nicht erfolgt ist. In objektiver Hinsicht ist der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Z 9 Oö. BauO damit bereits erfüllt.

Es steht damit fest, dass die Bwin im vorgeworfenen Tatzeitraum die Zubauten widerrechtlich im Sinne von § 57 Abs. 1 Z 9 Oö. BauO genutzt hat. Die vorgenommene Korrektur des Spruches hinsichtlich der verletzten Rechtsvorschrift stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Sie war auch zulässig, da bereits mit dem Tatvorwurf im Straferkenntnis der belangten Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde und dem Bw zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens unmissverständlich klar war, welcher Sachverhalt ihm vorgeworfen wird und er sich deshalb jeder Zeit in jede Richtung verteidigen konnte und er dies auch getan hat.

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da die Oö. BauO 1994 zum Verschulden keine Sonderregelungen enthält, sind die genannten Bestimmungen des VStG heranzuziehen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

Im Ermittlungsverfahren konnte nicht erwiesen werden, dass vom Bürgermeister der Marktgemeinde Pram als sachlich und örtlich zuständiger Baubehörde gegenüber der Bwin oder sonstigen am Verfahren beteiligten Personen im Zuge einer Begehung des Tatorts die Äußerung getätigt wurde, dass die dem Verfahren zugrunde liegenden Zubauten keiner Bewilligungspflicht unterlägen, was die Bwin eventuell hätte exkulpieren können. Die dahingehende Verantwortung der Bwin geht sohin ins Leere.

Auch dass der Amtstierarzt keine Bedenken gegen die Unterstellung der Pferde unter die hier relevanten Zubauten hegte, kann außer Betracht bleiben, da sich dessen Beurteilung – seinem Aufgabengebiet entsprechend – ausschließlich auf die Tierhaltung und nicht auf die Baurechtskonformität bezogen haben kann. Selbst wenn der Amtstierarzt sich nämlich dezidiert zu Baurechtsfragen geäußert hätte, könnte mangels behördlicher Zuständigkeit keine Bindungswirkung für die Baubehörde eintreten.

Das die Bwin – entgegen ihrer Ausführungen – vielmehr von der Bewilligungspflicht wusste geht auch aus dem Ansuchen und dem diesem beiligenden Einreichplan vom 30. März 2007 der X um die Bewilligung der Errichtung von Pferdeboxenneubauten und Überdachung der Durchfahrt, welches mit Bescheid der Marktgemeinde Pram vom 19. November 2007, GZ 131-446/2007, mangels Zustimmung der Grundeigentümer zurückgewiesen wurde, hervor.

Es ist daher von vorsätzlichem – konkret von wissentlichem – Verhalten der Bwin auszugehen. Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

Die Strafbarkeit der Bwin ist damit gegeben.

3.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchs – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafe von 360 Euro ist ohnehin im absolut untersten Bereich angesiedelt (1 % der vorgesehenen Höchststrafe) und bereits überaus milde bemessen, da nach § 57 Abs. 2 Oö. BauO 1994 Geldstrafen bis 36.000 Euro verhängt werden können. Gerade auch vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit der Verhinderung der Ausführung konsensloser Anlagen sowie illegaler Benützung baulicher Anlagen und der Tatsache, dass im vorliegenden Fall das Verhalten und die Einstellung der Bwin, welche trotz zurückgewiesenen Baubewilligungsantrags (zu einem nicht mehr konkretisierbaren Zeitpunkt) Anlagen errichtete und in der Folge nutzte, offenbar durch ein gewisses Maß an Sorglosigkeit gekennzeichnet war, wäre wohl auch eine höhere Strafe vertretbar gewesen.

Im Übrigen hat die Bwin auch keine Gründe vorgebracht, die gegen die Annahmen der Behörde erster Instanz zur Strafhöhe sprächen.

Abgesehen davon wären die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde vom Bw auch selbst nicht behauptet und wäre bei der gegebenen Einkommenssituation und der konkreten (geringen) Strafhöhe auch nicht nachvollziehbar. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (Verwaltungsgerichtshof vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086, und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

3.5. Aufgrund der demnach jedenfalls berechtigten Höhe der verhängten Strafe und auch aufgrund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen (vgl. bereits Punkt 3.4) kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten der Bwin gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafe gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

3.6. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Bwin nicht in ihren Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis zu bestätigen war (Spruchpunkt I).

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 72 Euro, vorzuschreiben (Spruchpunkt II).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner