Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100509/4/Weg/Ri

Linz, 11.08.1992

VwSen - 100509/4/Weg/Ri Linz, am 11. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des A R vom 30. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.März 1992, VerkR96/101083/1990-B zu Recht:

I.: Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe mit 1.500 S festgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 36 Stunden reduziert. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.: Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Strafverfahren vermindert sich von 200 S auf 150 S.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr.51/1991, i.V.m. § 6, § 19, § 24, § 51, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil dieser am 22. Oktober 1990, 16.45 Uhr, im Ortsgebiet von W, auf der E Bundesstraße, von km 8,6 bis km 9,3 in Richtung E, den PKW mit dem Kennzeichen mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h gelenkt und dadurch die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 40 km/h überschritten hat. Außerdem wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Der Berufungswerber wendet dagegen sinngemäß ein, daß der Verstoß und somit die Geschwindigkeitsüberschreitung von ihm in keiner Weise bestritten werde. Er rechtfertigt seine Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch damit, daß er einen im Einsatz befindlichen Patrouillenwagen der Gendarmerie, welcher sich auf einer Alarmfahrt befand, nicht passieren habe lassen können, weswegen er die Geschwindigkeit erhöht habe, um den Einsatzwagen nicht zu behindern.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist, der weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde. (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nachstehenden sich aus der Aktenlage ergebenden Sachverhalt zu beurteilen:

Der Berufungswerber bestreitet die Tatsache und das Ausmaß der ihm angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung nicht, weshalb - um Wiederholungen zu vermeiden - auf den unter Punkt I.1. dargestellten Sachverhalt verwiesen wird. Dem Berufungswerber wird jedoch hinsichtlich seiner Äußerung, er habe nur deshalb die Fahrgeschwindigkeit in diesem Ausmaß gewählt, damit das Einsatzfahrzeug nicht aufgehalten werde, wegen der ausreichenden Straßenbreite kein Glaube geschenkt. Selbst wenn er die Geschwindigkeit tatsächlich nur aus diesem Grund so hoch gewählt hätte, würde dies ein der Straßenverkehrsordnung widersprechendes Verhalten sein und vermag keinen Rechtfertigungsgrund darzustellen. Hinsichtlich der Strafzumessungsgründe wird als mildernder Umstand die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit angenommen.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die E Bundesstraße stellt, wie anläßlich eines Ortsaugenscheines festgestellt werden konnte, eine gut ausgebaute mit zwei breiten Fahrstreifen versehene Straße dar. Einem herannahenden Einsatzfahrzeug haben gemäß § 26 Abs.5 StVO 1960 alle Straßenbenützer Platz zu machen. "Platzmachen" bedeutet nicht, die Geschwindigkeit zu erhöhen, um auch dem nachfolgenden Einsatzfahrzeug eine erhöhte Geschwindigkeit zu ermöglichen, sondern verpflichtet zur Verminderung der Fahrgeschwindigkeit vor allem dann, wenn ein zweiter Fahrstreifen (wie im gegenständlichen Fall) für das Überholen vorhanden ist. Der vom Berufungswerber geltend gemachte Rechtfertigungsgrund, den man am ehesten nach § 6 VStG zu beurteilen hat, kann weder strafbefreiend noch strafmindernd wirken. Gemäß § 6 VStG wäre eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung gilt als Merkmal des Notstandes eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, für die Freiheit oder das Vermögen. Schon daraus erhellt, daß keine Notstandssituation vorliegt.

Sollte der Berufungswerber, der Polizeibeamter ist, der irrigen Meinung gewesen sein, er müsse die Geschwindigkeit erhöhen, um das Einsatzfahrzeug nicht zu behindern, so läge eine grobe Unkenntnis der österreichischen Straßenverkehrsordnung vor, welche gemäß § 5 Abs.2 VStG weder strafbefreiend noch strafmindernd wirkt.

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h ist von ihrem Ausmaß her eine eklatante und würde, falls keine Milderungsgründe vorhanden wären bzw. schon einschlägige Verwaltungsstrafen aufscheinen würden, richtig bemessen sein. Der Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit (dieser Umstand wurde in Ermangelung gegenteiliger Kenntnis zugunsten des Beschuldigten angenommen) führte jedoch zur nunmehrigen Reduzierung der Geldstrafe und demgemäß auch der Ersatzfreiheitsstrafe. Die nunmehr verhängte Geldstrafe scheint ausreichend, den Berufungswerber davon abzuhalten, in Hinkunft bei allfälligen Fahrten in Österreich wieder eine derart überhöhte Geschwindigkeit zu wählen. Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen (Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten) ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten, sodaß von der Richtigkeit derselben ausgegangen wird.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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