Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100510/10/Weg/Fb

Linz, 04.11.1992

VwSen - 100510/10/Weg/Fb Linz, am 4. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des L P vom 7. April 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. April 1992, VU/S/67/91 W, zu Recht:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des objektiven und subjektiven Tatbildes abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

II. Die verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen werden wie folgt neu festgesetzt: Betreffend die Verwaltungsübertretung nach 1. § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960: 500 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe, 2. § 4 Abs.5 StVO 1960: 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und 3. § 17 Abs.1 StVO 1960: 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

III. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 90 S. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a, 2.) § 4 Abs.5 und 3.) § 17 Abs.1, jeweils StVO 1960, Geldstrafen von 1.) 1.000 S (im NEF 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), 2.) 800 S (im NEF 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und 3.) 800 S (im NEF 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil es dieser am 12. Jänner 1991 um 8.45 Uhr in L, nächst dem Haus R Nr. 2, als Lenker des PKW's unterlassen hat, 1.) nach einem Verkehrsunfall mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und 2.) nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten unterblieben ist. 3.) hat er beim Vorbeifahren an einem Fahrzeug einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom Fahrzeug, an dem er vorbeigefahren ist, nicht eingehalten. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 260 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, daß er zwar objektiv den Verkehrsunfall, bei dem infolge eines Vorbeifahrmanövers ein Kratzer an einem anderen PKW entstanden ist, nicht bestreite, daß er aber diesen Verkehrsunfall mit dem beschriebenen leichten Sachschaden nicht bemerkt habe. Er habe sich beim gegenständlichen Fahrmanöver infolge der äußerst knappen Platzverhältnisse um ein reibungsloses Vorbeifahren am abgestellten PKW und am auf dem anderen Fahrstreifen stillstehenden PKW bemüht und war darauf konzentriert, vor allem den Seitenspiegel nicht zu kontaktieren. Er habe bei der letztlich doch zustande gekommenen leichten Kontaktierung zwischen der Stoßstange seines PKW's und dem Seitenblech des abgestellten PKW's keine akustischen Geräusche wahrnehmen können. Auch sein Beifahrer habe von dieser Lackbeschädigung nichts bemerkt.

3. Aufgrund der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde zur Abklärung des Sachverhaltes für den 4. November 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu der der Beschuldigte sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind.

Anläßlich dieser mündlichen Verhandlung wurde nach einer diesbezüglich eingeholten Zustimmung seitens des Beschuldigten das im erstbehördlichen Verfahren von einem kfz-technischen Amtssachverständigen erstattete Gutachten verlesen. Dabei führt der Gutachter aus, daß die Streifung mit einer geringen Geschwindigkeit erfolgte und dabei ein Geräusch entstanden sein muß, das sich vom Umgebungslärm deutlich unterscheide. Dieses Anstoßgeräusch muß deshalb gut hörbar gewesen sein, weil die Streifung Metall auf Metall erfolgte. Der Gutachter kommt abschließend zum Ergebnis, daß die behaupteten Anstoßstellen korrespondieren und der Beschuldigte bei der von einem Kraftwagenlenker geforderten Aufmerksamkeit den Anstoß hätte bemerken müssen.

Diesem Gutachten trat der Beschuldigte nur insofern entgegen, als er ausführte, daß er das auf der Fahrerseite befindliche Seitenfenster geöffnet gehabt habe, nicht jedoch das auf der Beifahrerseite gelegene. Durch den Umgebungslärm (der PKW auf der gegenüberliegenden Fahrseite war ein Mercedes Diesel älteren Baujahres), durch den Motorlärm des eigenen Fahrzeuges (ebenfalls ein Mercedes Diesel älteren Baujahres) und durch das geschlossene Seitenfenster auf der Beifahrerseite habe er keine akustischen Geräusche wahrnehmen können. Der Beschuldigte bestätigte die Ausführungen des kfz-technischen Amtssachverständigen dahingehend, daß der Anstoß Metall auf Metall erfolgte.

Es wird bei der Würdigung der vorliegenden Fakten dem Gutachten des Amtssachverständigen beigetreten und es als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber unter Berücksichtigung der von einem KFZ-Lenker geforderten Aufmerksamkeit den Anstoß zumindest akustisch hätte bemerken müssen. Die Aufmerksamkeit hätte bei diesem Vorbeifahrmanöver deswegen eine erhöhte sein müssen, weil der für die Fortbewegung des PKW's zur Verfügung gestandene Raum so knapp war, daß von vornherein eine Kontaktierung nicht auszuschließen war. Der Berufungswerber hätte also entweder seinen Beifahrer ersuchen müssen, sein Seitenfenster zu öffnen, um entsprechende Anweisungen entgegennehmen zu können oder er hätte sein Fahrzeug nicht fortbewegen dürfen.

Es gilt somit als erwiesen, daß der von der erkennenden Strafbehörde dem Berufungswerber zur Last gelegte Vorwurf der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a, § 4 Abs.5 und § 17 Abs.1, jeweils StVO 1960, objektiv begangen wurde und dieses Verhalten mit zumindest leichter Fahrlässigkeit behaftet war.

Zur Verwirklichung der Tatbilder wird noch ergänzend angemerkt, daß - was unbestritten blieb - der Berufungswerber nicht anhielt sondern sein Fahrzeug ca. 50 m entfernt abstellte und daß er die nächste Polizeidienststelle von diesem Unfall nicht verständigte.

Der Berufungswerber ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Er bezieht derzeit ein Arbeitslosengeld in der Höhe von ca. 320 S pro Tag. Er hat Alimentationsverpflichtungen für ein Kind in der Höhe von 2.000 S monatlich und muß für einen aufgenommenen Kredit monatlich 2.300 S zurückzahlen. Der Berufungswerber hat Einsicht gezeigt und zumindest soweit ein Tatsachengeständnis abgelegt, als das Verschulden am Verkehrsunfall nicht bestritten wurde. Der entstandene leichte Sachschaden wurde von seiner Haftpflichtversicherung zur Gänze liquidiert.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben diese Personen bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizei- und Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, falls die Unfallbeteiligten nicht einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Gemäß § 17 Abs.1 StVO 1960 ist das Vorbeifahren nur gestattet, wenn dadurch andere Straßenbenützer weder gefährdet noch behindert werden.

Der unter Punkt 3. dargelegte Sachverhalt läßt sich unschwer unter diese Gesetzesstellen subsumieren, womit die Verwirklichung der normierten Tatbilder objektiv gegeben ist. Die zumindest leichte Fahrlässigkeit ist darin gelegen, daß der Berufungswerber trotz der prekären Verkehrssituation nicht die entsprechende Aufmerksamkeit an den Tag legte.

Für die Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S vorgesehen. Für die Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.5 und § 17 Abs.1, jeweils StVO 1960, ist gemäß § 99 Abs.3 eine Geldstrafe bis zu 10.000 S vorgesehen.

Gemäß § 19 Abs.2 StVO 1960 ist innerhalb des vorgegebenen Strafrahmens im Einzelfall auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe, auf das Ausmaß des Verschuldens sowie auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten abzustellen.

Erschwerend war kein Umstand zu werten. Mildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie das Teilgeständnis gewertet. Das Verhalten wird als leicht fahrlässig angesehen. Auch die Einkommensverhältnisse im Zusammenhang mit der Sorgepflicht für ein Kind sind letztlich als strafmindernd zu werten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hält die nunmehr reduzierten Geldstrafen sowohl in generalpräventiver als auch in spezialpräventiver Hinsicht ausreichend und - auf die konkrete Tat sowie die persönlichen Verhältnisse abgestellt - auch für angemessen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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