Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522479/21/Sch/Th

Linz, 04.06.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vom 14. Jänner 2010, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Jänner 2010, Zl. VerkR21-39-5-2007, wegen Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat Herrn X mit Bescheid vom
7. Jänner 2010, Zl. VerkR21-39-5-2007, den Antrag vom 5. Jänner 2009 auf Verlängerung der bis 21.11.2009 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, D, E und F gemäß §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.4, 8 Abs.1 FSG und § 14 Abs.1 FSG-GV wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.2ff AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Nach der Aktenlage wurde dem Berufungswerber mit erstbehördlichem Bescheid vom 8. Februar 2007 die Lenkberechtigung für die Gruppen 1 und 2 mangels Verkehrszuverlässigkeit aufgrund eines begangenen Alkoholdeliktes im Straßenverkehr (Blutalkoholkonzentration 1,66 Promille) für die Dauer von vier Monaten entzogen. In der Folge wurde die Lenkberechtigung wieder erteilt, allerdings befristet und unter der Vorschreibung von Kontrolluntersuchungen auf CDT alle zwei Monate. Diese Untersuchungen erbrachten auffällige Werte (etwa der Befund vom 4. September 2009 einen Wert von 1,91 % und jener vom
11. November 2009 einen Wert von 2,26 %) bei dem bekannten Referenzwert von 1,80 %. Hierauf wurde amtsärztlicherseits die gesundheitliche Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 als nicht mehr gegeben erachtet, zumal ein sicherer Hinweis darauf vorliege, dass beim Berufungswerber gehäufter Alkoholmissbrauch oder eine Alkoholabhängigkeit vorliege. Dieses Gutachten bildet die Grundlage für den nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid.

 

In der gegen den Bescheid erhobenen Berufung hat der Berufungswerber vorgebracht, dass die von der Erstbehörde angenommene hundertprozentige Aussagekraft von CDT-Werten keinesfalls gegeben sei. Er versicherte, seit über einem Jahr keinen Tropfen Alkohol zu trinken.

 

Das weitere Berufungsvorbringen ist unsachlich gehalten und daher einer Beurteilung durch die Berufungsbehörde nicht zugänglich.

 

Aus Anlass der Berufung wurde eine Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Gesundheit, mit dem Vorgang beschäftigt. Eine wesentliche Fragestellung ergab sich dahin, ob tatsächlich erhöhte CDT-Werte aus fachlicher Sicht in jedem Fall auf chronischen Alkoholabusus hindeuten, also faktisch eignungsausschließend sind. In der Stellungnahme vom 31. März 2010 hat sich die Amtsärztin ausführlich damit auseinandergesetzt und zur Abklärung dieser Frage für den konkreten Fall angeregt, eine fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme einzuholen im Hinblick auf die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von KFZ. Ob und inwieweit die erhöhten CDT-Werte eventuell auf eine Variante der Leberfunktion zurückzuführen wären, könnte im Zuge einer Haaranalyse auf Ethylglucuronid abgeklärt werden. Die Amtsärztin hat auch entsprechende Untersuchungsstellen ausfindig gemacht und dem Unabhängigen Verwaltungssenat mitgeteilt.

 

Das vorläufige Ergebnis des Berufungsverfahrens wurde dem Rechtsmittelwerber zur Kenntnis gebracht, er hat allerdings vorerst keine Bereitschaft gezeigt, sich in diese Richtung untersuchen zu lassen. In der Folge hat die Amtsärztin auch eine Zuweisung für einen Facharzt/eine Fachärztin für Psychiatrie verfasst und eine konkrete Fragestellung darin aufgenommen. Auch diese wurde dem Berufungswerber übermittelt, ebenso vorerst ohne Bereitschaft, an der Beschaffung eines solchen Untersuchungsergebnisses mitzuwirken.

 

Der Berufungswerber hat demgegenüber in der Folge einige Blutuntersuchungsergebnisse vorgelegt, auch eine sehr kursorisch gehaltene Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie in X Dr. X vom 24. April 2010 im Hinblick auf eine mögliche Ursache der beim Berufungswerber vorliegenden erhöhten CDT-Werte.

 

Schließlich dürfte der Berufungswerber doch zu der Erkenntnis gelangt sein, dass er am Berufungsverfahren in der von der Behörde für erforderlich erachteten Form mitzuwirken hat, deshalb hat er sich einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung durch den Facharzt aus diesem Gebiet Univ.-Prof. Dr. X, unterzogen. In der fachärztlichen Stellungnahme vom 26. Mai 2010 kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass beim Berufungswerber keine neurologischen oder psychiatrischen Auffälligkeiten vorlägen. Es bestehe kein Hinweis auf Alkoholabhängigkeit. Ebenso wenig lägen Entzugserscheinungen vor, auch kein Hinweis auf Polyneuropathie oder cognitive Beeinträchtigungen.

 

Angefügt wurde dieser Aussage noch, dass es bisweilen zu beobachten sei, dass trotz Alkoholabstinenz die CDT-Werte erhöht sein können. In Frage kämen genetische Gründe oder eine überstandene Hepatitis. Trotz erhöhter CDT-Werte beim Berufungswerber seien die Transaminasen unauffällig, ebenso die MCV. Deshalb sei ein Alkoholmissbrauch oder gar Abhängigkeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beim Berufungswerber auszuschließen.

 

Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestünden daher keine Bedenken bezüglich der "kraftfahrzeugspezifischen Leistungsfähigkeit" des Berufungswerbers.

 

Sämtliche oben erwähnten Unterlagen wurden hierauf der Amtsärztin zur Begutachtung und Stellungnahme aus fachlicher Sicht vorgelegt. In ihrem Schreiben vom 31. Mai 2010, Ges-310147/6-2010-Wim/Du, geht die Amtsärztin detailliert auf das Gutachten Dris. X ein. Darin wird dieses sehr kritisch betrachtet, zumal sich das Gutachten im Hinblick auf eine schlüssige Begründung sehr zurückhält. Eine abschließende Beurteilung hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen könne daher aus ihrer Sicht aufgrund der nicht nachvollziehbaren fachärztlichen Stellungnahme Dris. X derzeit nicht abgegeben werden. Vorgeschlagen wird eine weitere Abklärung, insbesondere durch die schon eingangs erwähnte Haaranalyse, aber auch durch ein weiteres fachärztliches Gutachten aus dem Bereich der Psychiatrie mit entsprechend weitergehender Begründung.

 

Die vom Berufungswerber im Rahmen des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegten CDT-Werte vom 12. April bzw. 5. Mai 2010 mit 1,1 % bzw. 1,2 % lägen demgegenüber allerdings wiederum im Normbereich, sodass derzeit nicht von einem erhöhten Alkoholkonsum auszugehen sei.

 

Für den Eventualfall, dass die Berufungsbehörde es dennoch nicht für erforderlich halte, hier weitere Beweisaufnahmen in diese Richtung durchzuführen, erscheint es aus Sicht der Amtsärztin auf jeden Fall notwendig, im zeitlichen Längsschnitt beim Berufungswerber weitere Laborparameter durchzuführen, wie zB. Kontrolle der CDT-Werte über einen längeren Zeitabschnitt und bei Erhöhung derselben sofort eine Haaranalyse auf Ethylglucuronid zum tatsächlichen Abstinenznachweis durchführen zu lassen, dies insbesondere deshalb, da es sich um eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 Klasse D (Linienbusfahrer) mit besonderer Lenkerverantwortung handle.

 

4. Die in der Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG verankerte grundsätzliche Verpflichtung der Rechtsmittelbehörde zur Entscheidung in der Sache selbst schließt die Verpflichtung mit ein, auch Änderungen der Sach- und Beweislage, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten oder hervorgekommen sind, in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen (VwGH 19.09.1978, 2082/75).

 

Ohne Zweifel stellen erhöhte CDT-Werte, wie von der Amtsärztin im Berufungsverfahren auch hinreichend und völlig schlüssig begründet, ein höchst aussagekräftiges Indiz dahingehend dar, dass beim Betreffenden Alkoholmissbrauch oder gar Alkoholabhängigkeit besteht. Andererseits liegen gegenständlich im Berufungsverfahren zusammengetragene Beweisergebnisse vor, die diese Aussage nicht auch zwingend für den Berufungswerber geltend treffen lassen. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass das Gutachten Dris. X nicht derartig aussagekräftig und schlüssig ist, das es ohne Einschränkungen für die Annahme der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers gelten kann. Die fachliche Aussage in diese Richtung seitens des Arztes, wenngleich er den eigentlich der Verkehrspsychologie zuzuordnenden Terminus "kraftfahrzeugspezifische Leistungsfähigkeit" verwendet, kann aber auch nicht ohne weiteres entkräftet werden.

 

Weder aus diesem Gutachten noch aus der Stellungnahme der Amtsärztin, aber auch nicht aufgrund der derzeit gegebenen Lage der CDT-Werte beim Berufungswerber lässt sich zwingend seine gesundheitliche Nichteignung ableiten. Der erstbehördliche Bescheid, der aus der damaligen Sicht der Behörde völlig schlüssig ergangen ist, kann zum nunmehrigen Stand der Sachlage daher nicht bestätigt werden.

 

Die Berufungsbehörde verkennt keinesfalls, dass beim Berufungswerber auch weiterhin eine mögliche Alkoholproblematik nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Somit bewegt sich die gegenständliche Berufungsentscheidung auch nicht auf einer gänzlich abgesicherten Gutachtensgrundlage. Es muss daher dem Berufungswerber jedenfalls bewusst sein, dass jegliche Alkoholauffälligkeit, mag sie auch kein Delikt nach der StVO 1960 oder dem FSG darstellen, die aktuell anzunehmende gesundheitliche Eignung sofort wieder grundlegend in Frage stellen würde. Die umgehende Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung wäre dann jedenfalls die Folge. Der Berufungswerber hat in seinen Eingaben an die Führerscheinbehörde, aber auch in zahlreichen Telefonaten mit dem zuständigen Mitglied des Oö. Verwaltungssenates stets beteuert, seit geraumer Zeit Alkohol völlig zu meiden und auch weiterhin meiden zu wollen. Dieser Umstand soll bei der Berufungsentscheidung auch nicht gänzlich bei Seite geschoben werden, allerdings wird der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wohl erst in der Zukunft festgestellt werden können.

 

Die weitere Vorgangsweise im Hinblick auf die Wiedererteilung der Lenkberechtigung an den Berufungswerber ist nunmehr Sache der Führerscheinbehörde. Die Ansicht der Amtsärztin in Bezug auf die notwendige engmaschige Kontrolle wird von der Berufungsbehörde jedenfalls geteilt. Damit soll sichergestellt werden, dass beim Berufungswerber nicht der Eindruck entsteht, erhöhte CDT-Werte würden ohnedies auf Dauer die Annahme eines relevanten Alkoholkonsums seinerseits nicht rechtfertigen. Immerhin hat das Bekanntwerden seiner Problematik mit CDT-Werten ihre geradezu "klassische" Ursache, nämlich den übermäßigen Alkoholkonsum, jedenfalls einmal dokumentiert anhand der eingangs erwähnten Alkofahrt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

S c h ö n

 

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