Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164958/6/Zo/Jo

Linz, 15.06.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vom 29.03.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 09.03.2010, Zl. VerkR96-27945-2008, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 01.06.2010 und sofortiger Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 5,80 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 24.06.2008 um 08.14 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X in Micheldorf auf der L 138 bei km 38,780 in Fahrtrichtung Kirchdorf die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 11 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 2,90 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die Kundmachung der gegenständlichen Geschwindigkeitsbegrenzung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und die Beschränkung daher unwirksam sei. Die Anbringungsvorrichtung für das Vorschriftszeichen nach § 52 Z10a StVO sei vom rechten Fahrbahnrand der B 138 476 cm entfernt und rechts vom Fahrradweg angebracht, sodass angenommen werden müsse, dass sich dieses Verkehrszeichen auf den Radweg beziehe.

 

Der seitliche Abstand vom rechten Fahrbahnrand zur linken Seite des Verkehrszeichens dürfe gemäß § 48 Abs.2 StVO auf Freilandstraßen nur in Ausnahmefällen mehr als 2,5 m betragen. Eine derartige Ausnahme sei aber in die gegenständliche Verordnung nicht aufgenommen worden. Die Behörde habe dazu mit Schreiben vom 03.02.2009 eine Anfrage an die Verkehrsabteilung gerichtet, welche dahingehend beantwortet wurde, dass im Fall eines Abstandes von mehr als 2,5 m die Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei. Die Bezirkshauptmannschat Kirchdorf habe diese Rechtsmeinung der Oberbehörde ignoriert und in weiterer Folge einen Aktenvermerk erstellt bzw. erstellen lassen, wonach X ausgeführt habe, dass ein Ausnahmetatbestand iSd § 48 vorliegen würde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 01.06.2010. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der L 138 in Richtung Kirchdorf. Eine Radarmessung bei km 38,780 ergab, dass er eine Geschwindigkeit von 61 km/h einhielt.

 

Die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung wurde mit Verordnung des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 13.01.2005, Zl. VerkR10-313/2-2003, erlassen und die Verkehrszeichen am 14.02.2005 angebracht. Zur Anbringung der Verkehrszeichen ist anzuführen, dass im gegenständlichen Bereich parallel zur Fahrbahn der L 138 ein Geh- und Radweg verläuft, welcher von der Fahrbahn durch einen ca. 1,2 m breiten Schotterrasen getrennt ist. Das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 50 km/h" ist rechts neben dem Geh- und Radweg aufgestellt, sodass der seitliche Abstand zum Fahrbahnrand der L 138 ca. 4,7 m beträgt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Zf.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 48 Abs.2 StVO sind die Straßenverkehrszeichen auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Die zusätzliche Anbringung an anderen Stellen ist zulässig. Auf Autobahnen sind Gefahrenzeichen und Vorschriftszeichen auf beiden Seiten oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, ausgenommen auf Streckenteilen, die in der jeweiligen Fahrtrichtung nur einen Fahrstreifen aufweisen, oder in Gegenverkehrsbereichen.

 

Gemäß § 48 Abs.5 StVO darf der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,6 m und nur in Ausnahmenfällen mehr als 2,5 m, bei Anbringung oberhalb der Fahrbahn nicht weniger als 4,5 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 5,5 m betragen, sofern sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei einzelnen Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt. Bei seitlicher Anbringung darf der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand im Ortsgebiet nicht weniger als 0,30 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2 m, auf Freilandstraßen nur in Ausnahmefällen weniger als 1 m und mehr als 2,5 m betragen. Sind auf einer Anbringungsvorrichtung mehr als ein Straßenverkehrszeichen angebracht, so gelten bei untereinander angebrachten Zeichen die Maßangaben bezüglich des Höhenabstandes für das untere Zeichen, bei nebeneinander angebrachten Zeichen die Maßangaben bezüglich des Seitenabstandes für das näher der Fahrbahn angebrachte Zeichen. Die weiteren Zeichen sind in einem solchen Fall entsprechend den Größenverhältnissen anzubringen.

 

5.2. Die gegenständliche Verkehrsbeschränkung ist durch Verkehrszeichen kundzumachen. Diese Kundmachung erfolgte durch die Straßenmeisterei Kirchdorf am 14.02.2005. Dabei wurde das Verkehrszeichen seitlich neben der Straße angebracht. Bei dieser seitlichen Anbringung sind die Abstandsbestimmungen des § 48 Abs.5 StVO anzuwenden. Dementsprechend muss der seitliche Abstand zwischen Verkehrszeichen und Fahrbahnrand (außer in Ausnahmefällen) zwischen 1 m und 2,50 m liegen. Wäre das Verkehrszeichen mit einem Abstand von 1 m vom Fahrbahnrand der L 138 aufgestellt worden, so hätte es aufgrund der Breite des Schotterstreifens in den Geh- und Radweg geragt und für Radfahrer eine konkrete Gefahr dargestellt. Es war daher bei seitlicher Anbringung lediglich entweder eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 1 m oder ein Überschreiten des Maximalabstandes von 2,5 m möglich. Bei einem Anbringen zwischen dem Fahrbahnrand der L 138 und dem Radweg wären jedenfalls aufgrund der Größe des Verkehrszeichens nur ein seitlicher Abstand von ca. 20 cm zum Fahrbahnrand möglich gewesen. Eine derartige Anbringung würde die Gefahr in sich bergen, dass einzelne Fahrzeuglenker bereits bei einem geringfügigen Befahren des Banketts das Verkehrszeichen streifen würden. Diese Anbringung ist daher nicht zweckmäßig. Es bestand daher nur noch die Möglichkeit, das Verkehrszeichen unter Überschreitung des Maximalabstandes von 2,5 m rechts neben dem Radweg oder nicht seitlich sondern oberhalb der Fahrbahn anzubringen.

 

Für die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall iSd § 48 Abs.5 StVO vorliegt, ist auf den Sinn der Anbringungsbestimmungen Rücksicht zu nehmen. Diese haben den Zweck, dass Verkehrszeichen so anbracht werden, dass sie von den Verkehrsteilnehmern rechtzeitig und gut wahrgenommen werden können und der Regelungsinhalt der Verordnung für die Verkehrsteilnehmer klar zum Ausdruck gebracht wird. Wie sich aus dem vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbild ergibt, ist das Verkehrszeichen in Annäherung an die Anbringungsstelle von weitem gut erkennbar. Entsprechend dem Verordnungstext soll die Geschwindigkeitsbeschränkung für die gesamte B 138, das bedeutet sowohl für die Fahrbahn der Bundesstraße selbst als auch für den daneben befindlichen Radweg, welcher einen Teil der Straße bildet, gelten. Dies ist auch für jeden einsichtigen Kraftfahrzeuglenker leicht erkennbar und verständlich,  weil der Behörde wohl nicht zugemutet werden kann, eine 50 km/h-Beschränkung zu verordnen, welche ausschließlich für einen Radweg gelten soll. Die gegenständliche Verordnung ist daher nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS ordnungsgemäß kundgemacht, weil ein Ausnahmefall iSd § 48 Abs.5 StVO vorliegt. Das Anbringen des Verkehrszeichens oberhalb der Fahrbahn der L  138 ist mit einem wesentlich höherem baulichen Aufwand verbunden, welcher Aufgrund der eindeutigen Erkennbarkeit und Zuordenbarkeit des Verkehrszeichens bei seitlicher Anbringung nicht notwendig ist.

 

Die in der Stellungnahme der Verkehrsabteilung zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht ist einerseits für den UVS nicht bindend und andererseits nach hs. Ansicht nicht vollständig, weil sie die Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt oder nicht, nicht behandelt. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers muss über diese Frage auch nicht in der Verordnung selbst bzw. im Verfahren zur Erlassung der Verordnung abgesprochen werden, sondern es ist im Einzelfall von der jeweils zuständigen Behörde zu entscheiden, ob der Ausnahmetatbestand des § 48 Abs.5 StVO erfüllt ist oder nicht. Der Aktenvermerk vom 05.10.2009, in welchem ein verkehrstechnischer Sachverständiger seine Meinung dazu geäußert hat, wäre daher einerseits für das gegenständliche Verfahren gar nicht notwendig gewesen, andererseits schadet es auch nicht, dass diese Frage erst mehrere Jahre nach dem Erlassen der Verordnung beurteilt wurde. In der Verordnung selbst muss die genaue Anbringung der Straßenverkehrszeichen jedenfalls nicht festgelegt oder begründet werden.

 

Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten Radargerät und ist durch ein Foto dokumentiert. Es ist daher erwiesen, dass der Berufungswerber die ordnungsgemäß verordnete und kundgemachte 50 km/h-Beschränkung überschritten hat, weshalb er die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß § 5 Abs.2 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als erheblichen Strafmilderungsgrund berücksichtigt. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 nur zu 4 % aus. Sie ist daher keinesfalls überhöht. Auch die durchaus überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers (monatliche Pension von ca. 2.650 Euro netto bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) sprechen gegen eine Herabsetzung der Strafe.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Kundmachung einer Geschwindigkeitsbeschränkung; seitliche Anbringung des Verkehrszeichens; Abstand vom Fahrbahnrand; Ausnahmebestimmung; Radweg.

 

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