Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222397/2/Kl/Pe

Linz, 15.06.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13.4.2010, Ge96-48-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13.4.2010, Ge96-48-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 114 und § 367a GewO 1994 verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der x GmbH (Gastgewerbe in der Betriebsart „Diskothek“ im Standort x) zu verantworten hat, wie aus der Anzeige der Polizeiinspektion x vom 12.10.2009, GZ: A1/6950/01/2009, hervorgeht, dass am 4.10.2009 in der Diskothek in x, an den Jugendlichen x (geb. am x) Alkohol im übermäßigen Ausmaß ausgeschenkt wurde (dieser Jugendliche war bei der Polizeikontrolle stark alkoholisiert), obwohl es Gewerbetreibenden untersagt ist, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendliche dieses Alters nach den landesrechlichten Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Dieser Jugendliche war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt, wobei der übermäßige Alkoholkonsum für ihn (ab dem vollendeten 16. Lebensjahr) nach § 8 Abs.1 des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 verboten war.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass sämtliche im Betrieb arbeitenden Kellner unterwiesen seien, an Jugendliche und Betrunkene keinen Alkohol auszuschenken und dies mit dem Dienstvertrag im Wege der Einstellung auch unterfertigen. Im Betrieb sei dafür Sorge getragen, dass nur über 18 Jährigen der Erwerb von Spirituosen möglich ist und zwar durch Eingangskontrolle. Die Maßnahmen wurden im Übrigen über Vorschlag der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingeführt. Das entsprechende Ausweiskontrolle durchgeführt werden, bestätigt auch der Jugendliche x. Auch die zahlreichen Einvernahmen von Jugendlichen bestätigen, dass entsprechende Kontrollen durchgeführt werden und bei Ausschank durch die Kellner entsprechend kontrolliert wird. Es sei nicht nachvollziehbar, warum gerade im hier vorliegenden Fall eine entsprechende Alterskontrolle bei Ausschank nicht stattgefunden haben solle. Es werde darauf hingewiesen, dass weder vom Bw noch von den Kellner – abgesehen von einer sichtbaren Alkoholisierung – überprüfbar sei, wie viel ein Gast bereits konsumiert hätte bzw. welchen Promillegehalt Alkohol er im Blut bei Bestellung aufweise. Bei ersichtlicher Alkoholisierung werde kein weiterer Alkohol mehr ausgeschenkt. Auch könne nicht kontrolliert werden, ob der Jugendliche bereits vor dem Lokalbesuch Alkohol konsumiert habe oder ein anderer nicht alkoholisierter Gast ein Getränk für ihn bestellt habe. Es sei daher ein Kontrollsystem eingerichtet worden und funktioniere dieses Kontrollsystem.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 367a Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. In diesen Fällen haben die Gastgewerbetreibenden an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf dieses Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch dann, wenn alkoholische Getränke durch Absorbierung an einen pulver-, pastenförmigen oder anderen Trägerstoff gebunden werden.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Dieses Anforderungen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht. Vielmehr wird dem Bw entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz iVm § 114 GewO 1994 vorgeworfen, „Alkohol im übermä0igen Ausmaß“ ausgeschenkt zu haben, ohne dieses objektive Tatbestandsmerkmal näher zu umschreiben. Nach der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und wie der Oö. Verwaltungssenat bereits mehrmals, u.a. am 8.4.2010, VwSen-222381/2/Kl/Pe, ausgeführt hat, reicht es aber nicht aus, bloß den Gesetzestext vorzuwerfen, sondern ist im Sinn des Gebotes des § 44a Z1 VStG auch jener konkrete Sachverhalt, der der Gesetzesbestimmung zugeordnet werden kann, die die Handlung erklärt, konkret darzulegen. Eine solche konkrete Umschreibung, nämlich in welchem Ausmaß dem im Straferkenntnis namentlich angeführten Jugendlichen Alkohol im Lokal ausgeschenkt wurde, fehlt dem Tatvorwurf. Auch die Begründung des Straferkenntnisses, welche freilich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Spruch nicht ersetzen kann, enthält lediglich den bei einem Alkovortest angezeigten Grad der Alkoholisierung des angetroffenen Jugendlichen. Das Ausmaß des Alkoholkonsums im angeführten Lokal ist aber auch der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen. Auch wurde im gesamten erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren ein entsprechender Tatvorwurf dem Bw nicht gemacht. Auch die als erste Verfolgungshandlung ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.11.2009 enthält keine Konkretisierung des Alkoholkonsums im Lokal.

 

Es ist daher in der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine entsprechende konkretisierte Tatumschreibung dem Bw vorgeworfen worden, sodass Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es war daher aus diesem Grunde das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Tatkonkretisierung

 

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