Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100513/4/Weg/Ri

Linz, 05.08.1992

VwSen - 100513/4/Weg/Ri Linz, am 5. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des W M vom 5. April 1992 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. März 1992, VerkR-96/14028/1991-B, zu Recht:

I.: Die Berufung wird abgewiesen und die mit Strafverfügung vom 10. Dezember 1991 verhängte und mit Bescheid vom 23. März 1992 bestätigte Geldstrafe in der Höhe von 1.800 S ebenso bestätigt wie die Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden.

II.: Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren entfällt sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch für das Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 19, § 24, § 51, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991. Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Strafverfügung vom 10. Dezember 1991, VerkR96/14028/1991, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.800 S (im NEF 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil dieser die durch das Verbotszeichen gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten hat, da die Fahrgeschwindigkeit 109 km/h betrug.

Dagegen hat der nunmehrige Berufungswerber rechtzeitig Einspruch gegen die Strafhöhe eingebracht und im wesentlichen darauf hingewiesen, daß er diese Fahrt mit einem Leihauto für seine Firma (V Industrieanlagenbau) zu einem dringenden Termin in P durchführte.

Diesem Einspruch wurde mit dem nunmehr bekämpften und in der Präambel zitierten Bescheid keine Folge gegeben und die verhängte Strafe bestätigt.

Außerdem wurde als Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren ein Betrag von 180 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß und den Einspruch wiederholend ein, daß es sich bei der beanstandeten Fahrt um eine Dienstfahrt für seine Firma zu einem wichtigen Termin gehandelt habe.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist zur Sachentscheidung der unabhängige Verwaltungssenat zuständig. Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal dies in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nachstehenden sich aufgrund der Aktenlage ergebenden Sachverhalt zu beurteilen:

Der Berufungswerber überschritt die ziffernmäßig festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 39 km/h. Umstände, die auf eine besondere Gefährdung oder Rücksichtslosigkeit schließen ließen, sind nicht aktenkundig. Der Berufungswerber befand sich auf einer dienstlichen Fahrt im Auftrag seines Unternehmens. Er hatte in Prag einen dringenden Termin wahrzunehmen. Er scheint verwaltungsstrafrechtlich vorgemerkt auf, wobei jedoch fünf Bestrafungen (alle datiert mit 20. Juli 1987) schon getilgt sind. Es verbleiben drei zu berücksichtigende Vormerkungen aus den Jahren 1988, 1989 und 1991, wobei die Übertretungen nach § 37 und § 38 StVO 1960 (Nichtbeachten eines Armzeichens bzw. eines Lichtzeichens) auf die selbe schädliche Neigung hindeuten. In Unkenntnis der diesen Vormerkungen zugrundeliegenden Sachverhalte (die Akten wurden von der Behörde nicht vorgelegt) werden aber diese Übertretungen nicht als erschwerend gewertet. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit liegt jedoch im Hinblick auf die zitierten drei Übertretungen nicht vor, auch wenn die Erstbehörde dies in ihrem Bescheid aktenwidrig feststellte. Den geschätzten persönlichen Verhältnissen (nämlich monatliches Einkommen von 15.000 S netto, kein Vermögen und keine Sorgepflichten) ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten, sodaß diese als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen sind.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S.

Geschwindigkeitsbeschränkungen werden zum Schutze der Verkehrssicherheit, also zum Schutze auch anderer Verkehrsteilnehmer erlassen. Das Ausmaß der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung (über 50% der erlaubten Höchstgeschwindigkeit) als nicht geringfügig zu bezeichnen. Die Einrede, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung nur wegen des beruflichen Termindruckes gesetzt wurde, stellt keinen Milderungsgrund oder schuldmindernden Umstand dar. Der Berufungswerber hätte Sorge tragen müssen, entweder die Abfahrt vorzuverlegen oder den Termin in P nach hinten zu verlegen.

Da keine mildernden Umstände zutage traten, war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Betrag beträgt gemäß Abs.2 leg.cit. für das Verfahren erster Instanz 10% der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Strafe.

Es ist nach der seit 1. Jänner 1991 geltenden Rechtslage zu prüfen, ob die Erstbehörde nach einem nur gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch, über welchen mittels Bescheid abgesprochen wird, einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorzuschreiben hat und ob der unabhängige Verwaltungssenat, der diesen Bescheid bestätigt, zu dieser Kostenvorschreibung berechtigt ist.

Nachstehende Gründe sprechen dagegen: Die von der Erstbehörde getroffene Entscheidung ist kein Straferkenntnis und auch im Wege der Interpretation nicht als solches zu werten. Es wäre der Erstbehörde infolge der Rechtskraft des Schuldspruches versagt, im Bescheid jene Spruchelemente aufzunehmen, die gemäß § 44a VStG ein Straferkenntnis ausmachen. Schon aufgrund der grammatikalischen Interpretation ds § 64 VStG und aufgrund des sich in Judikatur und Rechtslehre herausgebildeten Verbotes pflichtenbegründende Normen extensiv auszulegen, ist eine Kostenvorschreibung, die mit keinem Straferkenntnis einhergeht, nicht gerechtfertigt.

Im Ergebnis wird diese Meinung, allerdings nur für das erstinstanzliche Verfahren und außerdem ohne ausreichende Begründung, auch von Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 1095, vertreten. Wenn Hauer-Leukauf im Falle der Abweisung einer Berufung gegen einen Bescheid die Meinung vertreten, hier wäre ein Kostenbeitrag von 20% festzusetzen, so widerspricht dies dem klaren Wortlaut des § 64 Abs.1, wonach dies nur dann zulässig ist, wenn der unabhängige Verwaltungssenat ein Straferkenntnis der Erstbehörde bestätigt.

Nach Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes, 5. Auflage, Randzahl 959, ist die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens nur im ordentlichen Verfahren vorgesehen; sie hat immer im Straferkenntnis (vgl. § 44a lit.e VStG) oder in einer meritorischen (abweisenden) Entscheidung der Berufungsbehörde zu erfolgen. Betreffend die meritorische abweisende Entscheidung der Berufungsbehörde kann im Hinblick auf die grammatikalische Ausformung des § 64 Abs.1 VStG nur jene Entscheidung gemeint sein, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird.

Die gegenständliche Kostentragungsproblematik wurde durch die Änderung des § 49 Abs.2 VStG ausgelöst und es hat den Anschein, daß der Gesetzgeber diese Umstände zu wenig bedacht hat. Eine Korrektur der Wortwahl im Gesetz zu Lasten des Bestraften wäre allenfalls nur dann zulässig, wenn aus dem durch die Erläuternden Bermerkungen oder sonstigen Materialen zum Ausdruck gebrachten Willen dies der Gesetzgeber augenscheinlich beabsichtigt hätte. In den Materialien zu den §§ 64 und 65 VStG ist jedoch derartiges nicht zum Ausdruck gebracht worden.

Die Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG sind ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren und sollen den durch ein ordentliches Verfahren verursachten Aufwand zumindest teilweise abdecken. Weil hinsichtlich der Schuldfrage ein ordentliches Verfahren nicht durchzuführen ist, erscheint ein erhöhter Verwaltungsaufwand, der aus den Ermittlungen nach § 19 Abs.2 VStG erwächst, im Regelfall nicht gegeben. Über Einsprüche gegen die Strafhöhe wird seitens der Erstbehörden zumeist - so auch im gegenständlichen Fall mittels eines formalisierten Bescheides abgesprochen. Auch der unabhängige Verwaltungssenat hat in der Regel keine weiteren Ermittlungen anzustellen, sondern aufgrund des § 51e Abs.2 VStG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Letztlich kann der unabhängige Verwaltungssenat nach § 64 Abs.2 VStG nur weitere 20% der verhängten Strafe in Vorschreibung bringen, was aus der Wortinterpretation eben nur dann möglich ist, wenn schon die Erstbehörde rechtmäßig einen Kostenbeitrag vorgeschreiben hat (argumentum: "weitere").

Aus vorstehenden Gründen, insbesondere aufgrund der grammatikalischen Auslegung, war - von der bisherigen Spruchpraxis abweichend - kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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