Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300920/2/Sr/Fu/Sta

Linz, 15.06.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Christian Stierschneider, Mag., Hofrat                                                               4B09, Tel. Kl. 15684

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16. November 2009, GZ Pol96-44-2009 sowie Pol96-80-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 5 Abs 1, 24, 44a, 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16. November 2009, Pol96-44-2009 sowie Pol96-80-2009, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) für schuldig befunden, am 1. März 2009 um 03.15 Uhr und 04.05 Uhr sowie am 3. Mai 2009 um 01.00 Uhr § 3 Abs 1 und 3 iVm § 10 Abs 1 lit a Oö. Polizeistrafgesetz (Oö.PolStG) verletzt zu haben, indem er in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen habe, geeignete Maßnahmen zu dessen Vermeidung zu treffen. Gemäß § 10 Abs 1 lit a Oö. PolStG wurde über ihn eine Geld­strafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) und von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.

1.2. Gegen das Straferkenntnis, das am 21. November 2009 durch Hinterlegung zugestellt wurde, erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am
30. November 2009 – somit rechtzeitig – mittels Fax bei der belangten Behörde eingebracht wurde.

In der Berufung bekämpft der Bw das Straferkenntnis in vollem Umfang. Begründend führt der Bw aus, dass der von der Behörde festgestellte Sachverhalt teilweise unrichtig sei, der Bescheid eine mangelhafte Begründung aufweise und dem Ermittlungsverfahren wesentliche Verfahrensfehler zugrunde liegen würden.

Der Bw bekämpft die Feststellungen der Behörde, dass der vom Bw durch übermäßig laut geführte Konversation und Musikdarbietung mitverursachte bzw. nicht unterbundene Lärm nicht bloß geeignet gewesen wäre, gegenüber Dritten als wahrnehmbar und störend empfunden zu werden, sondern dies auch faktisch der Fall gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar und auch nicht begründet, weshalb die Behörde von der lebenspraktischen Tatsache ausgehe, dass gerade nächtliche Feiern und Zusammenkünfte bei Teilnahme eines größeren jüngeren Personenkreises unweigerlich zu einer störenden Lärmimmission führe. Diese Schlussfolgerung sei eine bloße Mutmaßung und gründe nicht auf einem ordnungsgemäß durchgeführten Beweisverfahren.

Darüber hinaus sei die erstinstanzliche Beweiswürdigung mangelhaft. Es werde nicht zwischen den einzelnen Vorfällen am 1. März 2009 und am 3. Mai 2009 unterschieden und die Feststellungen der Behörde seien weiters größtenteils Mutmaßungen und Spekulationen.

Außerdem würden widersprüchliche Zeugenaussagen vorliegen. Mit Ausnahme eines Polizisten und Frau x hätten alle einvernommenen Zeugen angegeben, dass es sich beim Vorfall am 1. März 2009 um eine Privatfeier gehandelt habe, bei der Musik in normaler Zimmerlautstärke abgespielt worden sei und es zu keinem Zeitpunkt zu einer lauten Konversation oder zu einem Gelächter gekommen sei und sich auch sonst kein Wohnungsnachbar gestört gefühlt hätte. Angesichts dieser Beweisergebnisse wäre die Behörde verpflichtet gewesen, unter Ladung aller Zeugen und eines Sachverständigen Lärmmessungen durchzuführen, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Auch habe die Behörde nicht alle vom Bw namhaft gemachten Zeugen einvernommen. Daher sei auch das Verfahren mangelhaft.

Die Behörde habe weiters eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen, indem sie bei den von ihr vorgenommenen Feststellungen nicht zwischen den Vorfällen am 1. März 2009 und dem 3. Mai 2009 unterschieden habe und daher nicht feststellbar sei, ob der ungebührliche Lärm sowohl am 1. März als auch am 3. Mai 2009 als solcher festgestellt worden ist, zumal beim ersten Vorfall lediglich 6 Personen anwesend waren. Wenn das Kriterium der Ungebührlichkeit mit der Negierung der Anweisungen der Polizei begründet werde, so könne sich dies nicht auf den Vorfall vom 1. März 2009 beziehen, da es sich dabei um den ersten Vorfall gehandelt habe. Außerdem hätte die Behörde aufzugreifen gehabt, aus welchen Motiven der Polizist, der mit der Anzeige befasst war, die Privatfeier am 1. März 2009 als ungebührlich störend beurteilt hat.

Schließlich beantragt der Bw, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, in eventu aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, in eventu dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren mit Ermahnung des Einschreiters eingestellt wird, jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung unter Beiziehung aller beantragten Beweismittel anzuberaumen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung – ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 zur Entscheidung vorgelegt.

2.2. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2. dargestellt – rechtzeitig.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung.

Gemäß § 51e Abs 2 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

2.4.  Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

2.4.1.1. Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion x. vom 6. März 2009 wegen Lärmbelästigung wurde gegen den Bw am 10. März 2009 eine Strafverfügung erlassen, in der ihm vorgeworfen wurde, am 1. März 2009 um 03.15 Uhr ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben, indem er durch übermäßig laute Konversation (laute Unterhaltung, Lachen und Schreien) sowie Abspielen übermäßig lauter Musik in der Wohnung x, x, während der allgemeinen Nachtruhe die unterliegende Nachbarschaft in der Nachtruhe störte. Der Lärm sei störend, ungebührlich und vermeidbar gewesen und habe gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lassen, welche die Umwelt verlangen kann.

Der Bw habe § 3 Abs 1 und 3 Oö. PolStG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 10 Abs 1 lit a Oö. PolStG eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) verhängt wurde.

Dagegen hat der Bw am 25. März 2009 Einspruch erhoben und angegeben, dass zum Tatzeitpunkt insgesamt 6 Personen in der Wohnung anwesend waren, aber weder übermäßig laute Konversation, noch übermäßig laute Musik abgespielt wurde. Der Bw beantragte zum Beweis dafür die zeugenschaftliche Einvernahme der in der Wohnung anwesenden Personen sowie einiger Nachbarn.

2.4.1.2. Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion x vom 4. Mai 2009 wegen Lärmbelästigung wurde gegen den Bw am 7. Mai 2009 eine Strafverfügung erlassen, in der ihm vorgeworfen wurde, es als Wohnungsinhaber zu verantworten zu haben, dass am 3. Mai 2009 um 01.00 Uhr im Zuge einer privaten Geburtstagsfeier in der Wohnung x, x, während der allgemeinen Nachtruhe, insbesondere durch das Abspielen lauter Musik, lauter Unterhaltung (Geschrei und Gelächter) ungebührlicherweise störender Lärm erregt wurde. Der Lärm sei störend, ungebührlich und vermeidbar gewesen und habe gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lassen, welche die Umwelt verlangen kann.

Der Bw habe § 3 Abs 1 und 3 Oö. PolStG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 10 Abs 1 lit a Oö PolStG eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) verhängt wurde.

Dagegen hat der Bw am 19. Mai 2009 Einspruch erhoben. Dabei gab er an, die Feier bei den Nachbarn angekündigt zu haben - nur Frau x sei tagsüber nicht erreichbar gewesen. Zwar liege es in der Natur der Sache, dass es bei Anwesenheit von ca. 10 Personen nicht so leise sei, wie bei einer normalen Wohnungsnutzung, der Lärm sei aber nicht übermäßig laut gewesen.

2.4.2. In der Folge wurden von der belangten Behörde (zum Teil im Wege der Rechtshilfe) Herr Bez. Insp. x, Frau x, Herr x, Herr x, Herr x und Frau x einvernommen.

Über die Ergebnisse der Beweisaufnahme wurde der Bw von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 verständigt.

Der Bw gab am 27. Oktober 2009 eine Stellungnahme ab, in der er darauf hinwies, dass seit dem Auszug von Frau x aus dem Wohnhaus keine Probleme mehr hinsichtlich allfälliger Lärmbelästigungen bestünden.

2.4.3. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom
16. November 2009, Pol96-44-2009 sowie Pol96-80-2009, wurde der Bw wie folgt für schuldig befunden:

"Sie haben, jeweils ausgehend von den Räumlichkeiten Ihrer Wohnung in x, Wohneinheit Nr. x,

a)    am 01.03.2009 um 03.15 Uhr und 04.05 Uhr, in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung zu treffen, indem im Zuge einer privaten Zusammenkunft von 6 Personen durch übermäßig laute Konversation (laute Unterhaltung, Gelächter und Schreien) sowie Abspielen übermäßig lauter Musik während der allgemeinen Nachtruhe die unterliegende Nachbarschaft in der Nachtruhe gestört wurde.

b)    am 03.05.2009 um 01.00 Uhr, in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung zu treffen, indem Sie im Zuge ihrer Geburtstagsfeier mit 11 Personen durch übermäßig laute Konversation (laute Unterhaltung, Gelächter und Schreien), lauter Manipulation (Sesselrücken) sowie Abspielen übermäßig lauter Musik während der allgemeinen Nachtruhe die unterliegende Nachbarschaft in der Nachtruhe störten.

Der Lärm war jeweils störend, ungebührlich und vermeidbar und hat gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und hat jene Rücksicht vermissen lassen, welche die Umwelt verlangen konnte."

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. PolStG, die im Tatzeitpunkt in Geltung standen – eine begünstigende Änderung der Rechtslage im Sinne des § 1 Abs 2 VStG ist nicht eingetreten – lauten wie folgt:

"§ 3 (1) Wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.

(2) Unter störendem Lärm sind alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

(3) Störender Lärm ist dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

(4) Soweit dadurch ungebührlicherweise störender Lärm erregt wird, ist als Verwaltungsübertretung im Sinne des Abs. 1 insbesondere anzusehen:

         1.      auf Verkehrsflächen, die nicht Straßen mit öffentlichem Verkehr im               Sinne des § 1 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr.              159, sind,

                  a) das Laufenlassen von Kraftfahrzeugmotoren bei stehendem                                 Fahrzeug,

                   b) die Abgabe von Schallzeichen mittels Hupe;

         2.      das Befahren von Toreinfahrten, Hausvorplätzen, Höfen von Wohn­              häusern, Parkplätzen und sonstigen Grundflächen - soweit es sich                    hiebei nicht um Straßen mit öffentlichem Verkehr handelt - mit                        Kraftfahrzeugen bei laufenden Motoren;

         3.      die Benützung von Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern               und sonstigen Tonwiedergabegeräten."

§ 44a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) lautet:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

3.3. Im Spruchpunkt a) des Straferkenntnisses vom 16. November 2009, Pol96-44-2009 sowie Pol96-80-2009, wurde dem Bw vorgeworfen, am 1. März um 03.15 Uhr sowie um 04.05 Uhr in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen zu haben, geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung zu treffen, indem im Zuge einer privaten Zusammenkunft von 6 Personen durch übermäßig laute Konversation (laute Unterhaltung, Gelächter und Schreien) sowie Abspielen übermäßig lauter Musik während der allgemeinen Nachtruhe die unterliegende Nachbarschaft in der Nachtruhe gestört wurde.

Im Spruchpunkt b) des Straferkenntnisses vom 16. November 2009, Pol96-44-2009 sowie Pol96-80-2009, wurde dem Bw zur Last gelegt, am 03.05.2009 um 01.00 Uhr, in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen zu haben, geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung zu treffen, indem er im Zuge seiner Geburtstagsfeier mit 11 Personen durch übermäßig laute Konversation (laute Unterhaltung, Gelächter und Schreien), lauter Manipulation (Sesselrücken) sowie Abspielen übermäßig lauter Musik während der allgemeinen Nachtruhe die unterliegende Nachbarschaft in der Nachtruhe störte.

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 verst. Sen.; 11.894 A/1985 verst. Sen.). Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht aus (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15.2.1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2).

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a. im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogenen Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2; VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

Sowohl Spruchpunkt a) als auch Spruchpunkt b) des hier angefochtenen Straferkenntnisses werden diesem Erfordernis nicht gerecht:

In der Formulierung des Spruches, der Bw habe "in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt bzw. es unterlassen geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung zu treffen" liegt ein den Erfordernissen des § 44a VStG nicht entsprechender Alternativvorwurf (vgl. VwGH 28. Oktober 1987, 86/03/0131).

Richtig ist, dass die Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 Oö. PolStG entsprechend § 3 Abs 3 Oö. PolStG sowohl durch ein aktives Tun als auch durch ein Unterlassen eines rechtlich gebotenen und möglichen Tuns begangen werden kann. Die Behörde muss jedoch konkretisieren, ob im konkreten Fall der Tatbestand durch ein aktives Tun oder ein Unterlassen erfüllt wurde, da ansonsten unklar ist, welches Verhalten dem Bw zum Vorwurf gemacht wird.

Schon aus diesem Grund war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

3.4. Im Hinblick auf die dem Bw im Spruchpunkt a) vorgeworfene Verwaltungsübertretung am 1. März um 03.15 Uhr, ist in der dem Straferkenntnis vorausgegangen Strafverfügung nur die Rede von einer Tatbestandsverwirklichung durch ein aktives Tun. Dem Bw wurde in der Strafverfügung vorgeworfen, den Lärm selbst erzeugt zu haben. Ein Unterlassen als mögliche Tathandlung wurde dem Bw erstmals im Straferkenntnis vorgehalten. 

Damit wurde innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG hinsichtlich des Unterlassens keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Im Hinblick auf die bereits verstrichene Verfolgungsverjährungsfrist war diesbezüglich daher auch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zu verfügen.

Aber auch im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestandes durch ein aktives Tun, welches dem Bw in der Strafverfügung rechtzeitig vorgehalten wurde, ist das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, da die dem Bw zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Es wurde nicht festgestellt und es ist auch nicht mehr feststellbar, ob der Bw selbst den am 1. März 2009 um 03.15 Uhr wahrgenommenen Lärm mit verursacht hat, oder ob der Lärm lediglich durch seine Gäste erzeugt wurde.

3.5. Im Hinblick auf die dem Bw im Spruchpunkt a) vorgeworfene Verwaltungsübertretung am 1. März 2009 um 04.05 Uhr ist das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da die erste diesbezügliche Verfolgungshandlung das Straferkenntnis darstellt. In der am 10. März 2009 erlassenen Strafverfügung wird dem Bw eine Verwaltungsübertretung um 04.05 Uhr  überhaupt nicht vorgeworfen. Damit ist aufgrund der im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses bereits verstrichenen Verfolgungsverjährungsfrist diesbezüglich die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zu verfügen.

3.6. Wie bereits oben unter Punkt 3.3. näher ausgeführt, entspricht auch der Spruchpunkt b) nicht den Anforderungen des § 44a VStG.

In der Strafverfügung vom 3. Mai 2009 wurde dem Bw darüber hinaus lediglich vorgeworfen, als Wohnungsinhaber die Lärmerregung "zu verantworten" zu haben. Da auch die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten sämtliche gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch aufzunehmende Elemente erfassen muss (VwGH 05.07.2000, 97/03/0081), ist bezüglich dieser Strafverfügung festzustellen, dass sie nicht näher konkretisierte, worin das inkriminierte Handeln des Bw lag. Es wurde also nicht näher ausgeführt, ob dem Bw vorgeworfen wurde, selbst durch aktives Tun Lärm erregt zu haben, oder die Unterbindung des Lärms –  obwohl nach den Umständen geboten – unterlassen zu haben.

Daher ist auch hinsichtlich der dem Bw im Spruchpunkt b) vorgeworfenen Verwaltungsübertretung am 3. Mai 2009 um 01.00 Uhr das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen, da gegen den Bw innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG keine taugliche Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

3.7. Darüber hinaus ist der Berufung auch deshalb stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben, da die belangte Behörde in allen dem Bw zur Last gelegten Fällen das Verschulden des Bw nicht hinreichend nachgewiesen hat.

Da es sich bei der Übertretung des § 3 Abs 1 Oö. PolStG um ein Erfolgsdelikt handelt (Rangger, Oberösterreichisches Landespolizeirecht – Praxiskommentar [2009] 205 mwN), ist § 5 Abs 1 2. Satz VStG nicht anwendbar, womit Fahrlässigkeit nicht ohne weiters angenommen werden kann.  § 5 Abs 1 2. Satz VStG ist nur auf sogenannte Ungehorsamsdelikte, also Delikte, deren Tatbestand sich in der Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder in der Nichtbefolgung eines Gebotes erschöpft, anwendbar. Bei einem Erfolgsdelikt hat die Behörde dem Bw das Verschulden vielmehr nachzuweisen (VwGH vom 26. September 1990, 89/10/0224), auch wenn wie hier gemäß § 5 Abs 1 1. Satz VStG Fahrlässigkeit zur Verwirklichung des Verschuldens genügt. Die Behörde hat sich jedoch hinsichtlich der Begründung des Verschuldens auf einen Verweis auf § 5 Abs 1 2. Satz VStG beschränkt und damit den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

4. Vor diesem Hintergrund war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

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