Linz, 01.06.2010
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. Mag. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 07.04.2010, Zl. VerkR96-10566-2009/Ga, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 1. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; als Strafnorm gelangt § 99 Abs.2e StVO 1960 zur Anwendung.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 72 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung und führt diese wie folgt aus:
2.1. Mit diesem Vorbringen vermag der Berufungswerber eine Rechtswidrigkeit der Schuldsprüche nicht aufzuzeigen.
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des bestrittenen Sachverhaltes und des gesonderten Antrages auf Vernehmung des Berufungswerbers erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Vor dem Hintergrund der Berufungsausführung wurde der Berufungswerber im Wege seines Rechtsvertreters zu Berufungsverhandlung geladen. Als Zeugen einvernommen wurden die Messbeamten, Insp. X u. X.
Der Berufungswerber bzw. dessen Vertreter nahmen unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich betreffend die Nichtteilnahme.
5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund der unstrittigen Aktenlage als erwiesen:
Der Berufungswerber lenkte zur o.a. Zeit u. Örtlichkeit den Pkw auf der A1 in Richtung Wien. Im Raum Sippachzell wurden von den Polizeibeamten der Autobahnpolizei Haid, (Insp. X u. X) Geschwindigkeitsmessungen mittels sogenannter Lasermessung durch. Eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug schloss der Zeuge unter Hinweis auf das geringe Verkehrsaufkommen aus. Davon kann wohl tageszeitbedingt ausgegangen werden.
Dabei wurde aus dem im rechten Winkel zur Fahrbahn in einer Bucht abgestellten Dienstfahrzeug durch das geöffnete Fahrerfenster vom Zeugen Insp. X das in Richtung Wien fahrende Fahrzeug des Berufungswerbers (ein Porschemodell) aus 204 m mit einer Fahrgeschwindigkeit von 196 km/h gemessen.
Die Anhaltung erfolgte durch Nachfahrt. Mit der Übertretung konfrontiert zeigte sich der Berufungswerber laut Zeugen Berger einsichtig. Er begründete die ihm zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit mit einem Termin in Wien. Der Berufungswerber vermeinte ob die Sache nicht mit Organmandat zu erledigen wäre.
Der Zeuge legte im Rahmen der Berufungsverhandlung das Original der im Zuge der Amtshandlung unmittelbar gemachten Handaufzeichnungen vor. Darin ist u.a. die gemessene Geschwindigkeit von 196 km/h und die Messentfernung verzeichnet. Ebenfalls befindet sich eine Kopie des Führerscheins vom Berufungswerber und der Zulassungssschein des von ihm gelenkten Fahrzeuges auf diesem Handzettel.
Der Zeuge X (als Meldungsleger) erklärte im Rahmen der Berufungsverhanldung, dass er einen Ziffernsturz in der Geschwindigkeitsbezeichnung ausschließe. Bei der Amtshandlung stand dieser Umstand laut Zeugen überhaupt nicht zur Diskussion. Die vorgeschriebenen Messroutinen wurden vor Messbeginn ordnungemäß ausgeführt.
Auch der die Amtshandlung begleitende Zeuge X vermochte über einen diesbezüglichen Einwand seitens des Berufungswerbers nichts zu berichten.
Insgesamt ist zu den Zeugenaussagen festzustellen, dass diese glaubwürdig erscheinen und auch keinerlei Anhaltspunkte für einen Fehler in der Übertragung der Geschwindigkeitsangaben bzw. deren Festlegung feststellbar war.
Der Berufungswerber selbst bestreitet ja nicht ein Geschwindigkeitsüberschreitung an sich, sondern lediglich das Ausmaß derselben. Dafür liefert er jedoch in seiner Berufung keinerlei Anhaltspunkte.
So geht insbesondere der Hinweis eines sofortigen Führerscheinentzuges ins Leere, zumal – wie die Zeugen unter Hinweis auf das geringe Verkehrsaufkommen angaben – keinerlei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorlag. Sohin wäre eine sofortigen Abnahme des Führerscheines iSd § 39 FSG mangels Gefahr in Verzug wohl zweifelsfrei als rechtswidrig und letztlich der Führerscheinbehörde – die den Führerschein bis zur Rechtskraft eines Strafausspruches wohl unverzüglich wieder auszufolgen hätte – vorgreifend gewesen.
Der Berufungswerber und auch sein Rechtsvertreter nahm letztlich unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil. Dies ist mit Blick auf den Antrag auf seine eigene Vernehmung doch als bemerkenswert hervor zu heben.
Wenn sich der Berufungswerber letztlich mit dem Hinweis auf seine berufliche Unabkömmlichkeit entschuldigte, ist ihm zu entgegnen, dass auch die beiden Zeugen im Dienstplan ihre Abwesenheit vom Dienst entsprechend koordinieren mussten, was einer Vertagung jedenfalls entgegen stand.
Das Fernbleiben auch seines Rechtsvertreters ist in diesem Zusammenhang nicht weiter zu beurteilen, wobei ein diesbezüglich für den Berufungswerber eingetretener Rechtsnachteil allenfalls die Standesregeln seines berufsmäßigen Parteienvertreters berühren würde.
5.1. Zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit durch Messung mittels eichamtlich zugelassenen Lasermessgeräten (hier konkret der Nr.: 7402) ist auf dessen Eichung bis 31.12.2010 hinzuweisen. Die Messung ist hier innerhalb der Verwendungsbestimmungen liegenden Grenzen umfassend dokumentiert.
Gemäß den hier bekannten Verwendungsbestimmungen des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen liegt der Einsatzbereich des Lasermessgerätes der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E zwischen – 10 und + 30 Grad Celsius. Wie dem im Akt erliegenden Messprotokoll bzw. der Zeugenaussage des Meldungslegers ebenfalls zu entnehmen ist, wurden vor Messbeginn die erforderlichen Tests durchgeführt.
Aus der Sicht der Berufungsbehörde vermag daher an der Korrektheit der Messung des hierfür geschulten Straßenaufsichtsorgans Insp. Berger kein objektiver Anhaltspunkt eines Zweifels erblickt werden. Dem Einwand eines bei der Erfassung der Fahrgeschwindigkeit unterlaufenen Ziffernsturzes ist angesichts der im Rahmen des Berufungsverfahrens gewonnenen Überzeugung als reine Zweckbehauptung zu qualifizieren. Alleine dies belegt bei lebensnaher Beurteilung, dass es auch dem unentschuldigt der Berufungsverhandlung fern bleibenden Berufungswerbervertreter an Substanz für sachbezogenes Vorbringen offenbar ermangelt.
Sein bestreitendes Berufungsvorbringen zeigt jedenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Fehl- oder Falschmessung auf.
6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:
Nach § 99 Abs.2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet. Diesbezüglich war die von der Behörde erster Instanz durch BGBl.I.Nr. 93/2009 mit Ablauf des 31.8.2009 außer Kraft getretene Strafnorm (§99 Abs.2c Z9) durch § 99 Abs.2e StVO iSd § 44a Z3 VStG zu ersetzten.
Im übrigen kann auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der BH Wels-Land verwiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner als gesichert anzusehenden Rechtsprechung davon aus, dass ein Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit ist und dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl. u.a. das Erk. VwGH v. 8.9.1998, 98/03/0144 ua).
6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.2. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass mit dieser Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von 60 km/h zur Nachtzeit durchaus ein beträchtliches abstraktes Gefährdungspotenzial abgleitet werden kann. Um ein Fahrzeug unter der Annahme einer in der realen Praxis anzunehmenden Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 von der hier (ohne Verkehrsfehler) anzunehmenden Ausgangsgeschwindigkeit von 190 km/h zum Stillstand zu bringen, wird bereits eine Wegstrecke von über 243,74 m in Anspruch genommen. Jener Punkt, an dem ein Pkw unter identen Werten aus 130 km/h zum Stillstand gelangt ([121,21 m] bei einer Sekunde Reaktionszeit, 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit), wird mit der hier zur Last liegenden Ausgangsgeschwindigkeit noch mit über 154 km/h durchfahren (Berechnung mit Anlayzer Pro 32, Version 6.0).
Aus diesem Beispiel lässt sich nachvollziehen, inwieweit bereits eine an sich geringfügige Fehleinschätzung durch andere oder anderer Verkehrsteilnehmer – wie etwa in Verkennung der hohen Annäherungsgeschwindigkeit durch den Rückspiegel noch einen Spurwechsel auszuführen – ein Unfallereignis bereits unabwendbar machen kann bzw. welche Gefahrenpotenzierung damit einhergeht (vgl. § 3 StVO).
Da beim Berufungswerber mit seiner beruflichen Tätigkeit als Stadtbaumeister zumindest von einem gut durchschnittlichen Einkommen ausgegangen werden darf, ist mit Blick auf den Tatunwert des zu Last gelegten Verhaltens und der abzuleitenden Tatschuld (vorsätzliche Tatbegehung), trotz des Strafmilderungsgrundes seiner bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, die ausgesprochene Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes und als angemessen zu erachten. Auf den Strafrahmen von 150 bis 2180 Euro ist gesondert hinzuweisen.
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtshof schon im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 ATS (nunmehr ca. 291 Euro), selbst wenn mit einer solchen Überschreitung konkret keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind, als durchaus angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r