Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522588/2/Zo/Th

Linz, 17.06.2010

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vom 21. Mai 2010 gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 17. Mai 2010, Zl. 08/103223, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung weiterer Maßnahmen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 24, 7 Abs.3 Z9, Abs.4, 25, 29 und 30 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (das war der 20. Mai 2010) wegen fehlender Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Weiters wurde angeordnet, dass der Berufungswerber seine psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen und er sich vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen habe. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und der Berufungswerber wurde verpflichtet, den Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach abzuliefern. Weiters wurde ihm das Recht aberkannt, von einer allenfalls bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entzugszeit in Österreich Gebrauch zu machen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die im Strafregister aufscheinenden Verurteilungen Taten bis längstens Juni 2005 betreffen würden. Die Probezeit für diese Übertretungen habe drei Jahre betragen und sei daher mittlerweile abgelaufen. Er benötige die Lenkberechtigung für die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit.

 

Soweit jedoch die Meinung vertreten werde, dass die Entziehung der Lenkberechtigung berechtigt sei, so ersuche er, diese Strafe auf Bewährung auszusprechen. Dadurch würde ihm in Zeiten der Wirtschaftskrise die Möglichkeit gegeben, einem geregelten Beruf nachzugehen.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Dem Berufungswerber wurde am 21. Dezember 2007 von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt. Bereits zu diesem Zeitpunkt schienen im Strafregister insgesamt 11 rechtskräftige Verurteilungen aus der Zeit von 2000 bis 2007 auf, darunter auch mehrere wegen vorsätzlicher leichter Körperverletzung. Die letzte Körperverletzung hatte der Berufungswerber am 4. Oktober 2006 begangen.

 

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2008, Zl. 07379341 hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach die Lenkberechtigung bis 21. Dezember 2010 befristet und den Berufungswerber verpflichtet, alle sechs Monate Laborwerte betreffend LFP, MCV und CDT vorzulegen. Der Berufungswerber hat einen einzigen Laborbefund vom 23. April 2009 mit im Wesentlichen unauffälligen Werten vorgelegt, die Befunde vom Juni und Dezember 2008 wurden nicht vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 20. April 2010 wurde die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach davon informiert, dass der Berufungswerber wegen Übertretungen der §§ 146 StGB sowie 83 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt wurde. Betreffend die Verurteilung nach § 146 StGB ergibt sich aus der im Akt befindlichen Polizeianzeige, das es sich um einen Tankbetrug mit einer Schadenshöhe von ca. 500 Euro handelte, welchen der Berufungswerber im August 2008 begangen hatte. Bezüglich der Verurteilung gemäß § 83 StGB befinden sich keine näheren Angaben im Akt, aus dem Vorstrafenregister ergibt sich jedoch, dass diese Tat spätestens am 6. August 2008 begangen wurde.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.       sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt, oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen aufgrund des § 7 Abs.3 Z14 und 15.

 

5.2. Der Berufungswerber hat seit dem Jahr 2000 zahlreiche strafbare Handlungen begangen, entsprechend dem im Akt befindlichen Vorstrafenregister insbesondere Betrugsdelikte sowie insgesamt sechs vorsätzliche leichte Körperverletzungen. Er hat damit die bestimme Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG grundsätzlich verwirklicht. Allerdings ist im Rahmen der Wertung dieser Delikte insbesondere die seither verstrichene Zeit zu berücksichtigen. Die letzte strafbare Handlung stammt entsprechend dem Vorstrafenregister vom 6. August 2008, die vorletzte vorsätzliche Körperverletzung vom 4. Oktober 2006. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung sind daher seit der letzten Körperverletzung ca. 21 Monate vergangen. Es kann daher nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber nach wie vor verkehrsunzuverlässig ist.

 

Weiters darf auch nicht übersehen werden, dass die Erstinstanz dem Berufungswerber im Dezember 2007 die Lenkberechtigung erteilt hat, obwohl auch zu diesem Zeitpunkt bereits fünf rechtskräftige Vormerkungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung aufgeschienen sind. Das seither begangene einmalige Delikt, welches ebenfalls bereits zwei Jahre zurückliegt, rechtfertigt zum jetzigen Zeitpunkt die Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr. Auch die Betrugsdelikte liegen bereits sehr lange zurück und beim letzten einschlägigen Delikt handelte es sich um einen eher geringfügigen Tankbetrug, sodass auch dieses Delikt zum jetzigen Zeitpunkt keine Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers mehr begründet.

 

Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Was die von der Behörde angeordneten weiteren Maßnahmen (verkehrspsychologische Untersuchung und Amtsarzt) betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Lenkberechtigung des Berufungswerbers ohnedies aus gesundheitlichen Gründen zeitlich befristet ist. Der Berufungswerber hat daher rechtzeitig vor Fristablauf um die Verlängerung der Lenkberechtigung anzusuchen, wobei die dann für ihn zuständige Führerscheinbehörde festzulegen hat, welche Untersuchungen vor der Verlängerung der Lenkberechtigung erforderlich sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.


2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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