Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120076/2/Ki/Fu/Kr

Linz, 22.06.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 7. April 2010, GZ VerkR96-7655-2009-Sm/Ms, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Schifffahrtsgesetz, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44a, 45 Abs 1 Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 7. April 2010, GZ VerkR96-7655-2009-Sm/Ms, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt für schuldig befunden:

 

"Sie haben am 31.5.2009 um 10.00 Uhr und um 12.15 Uhr auf dem Gewässer 'X' im Grenzgebiet der Gemeinden X X mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug der Marke X zwei konzessionierte Raftingfahrten durchgeführt, obwohl ein Befahren des Gewässers 'X' gemäß § 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von vom 1.4.1993 über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X vom Ursprung bis zur Einmündung der X in die X mit aufblasbaren Ruderfahrzeugen (Raft) verboten ist."

 

Gemäß § 42 Abs 1 Schifffahrtsgesetz wurde über ihn eine Geld­strafe in der Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden) verhängt.

1.2. Gegen das Straferkenntnis, das am 12. April 2010 dem Rechtsvertreter des Bw zugestellt wurde, erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am 26. April 2010 – somit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde. Die Berufung wurde bei der belangten Behörde eingebracht.

In der Berufung macht der Bw die Berufungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend.

Der Bw bringt vor, dass in der angefochtenen Entscheidung keinerlei Feststellungen zum Inhalt der Ö-Norm V5868 getroffen worden seien. Der Bw habe sich mehrfach auf diese Ö-Norm berufen, wonach es sich bei einem Raft um ein aufblasbares Ruderfahrzeug handle, das zum Befahren von Flüssen mit hoher Strömungsgeschwindigkeit (Wildwasser) bestimmt ist und aufgrund seiner Bauart die Beförderung von mindestens 4 Personen, zusätzlich zum Schiffsführer, zulässt. Der Bw stellt in der Berufung den Antrag auf Beischaffung der Ö-Norm V5868. Die Ö-Norm sei auch Bestandteil der Eignungsprüfung für das Schiffsführerpatent – Raft gemäß § 123 Abs 1 Z 7 des Schifffahrtsgesetzes und auch in der Schiffsführerverordnung, BGBl II Nr. 258/1997 zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 197/1999, werde darauf Bezug genommen.

Weiters bringt der Bw vor, dass sich die angefochtene Entscheidung überhaupt nicht mit der Interpretation der Bestimmung des § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz beschäftige, die der Bw mehrfach und ausführlich aufgezeigt habe. Die Formulierung "Beförderung von mindestens 4 Personen" würde nicht – wie in der Entscheidung angenommen – bedeuten, dass das aufblasbare Ruderfahrzeug von maximal 4 Personen "gemeinsam benützt" werden kann, sondern dass mindestens 4 Personen befördert werden können. Zur Beförderung von 4 Personen sei ein Schiffsführer iSd § 5 Schifffahrtsgesetz erforderlich. Die Bestimmung des § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz könne daher nur dahingehend interpretiert werden – wie das auch die Ö-Norm klarstelle – dass ein Raft erst dann vorliege, wenn das aufblasbare Ruderfahrzeug aufgrund seiner Bauart die Beförderung von mindestens 4 Personen zusätzlich zum Schiffsführer zulässt. Hätte der Gesetzgeber § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz anders verstanden, so wäre nach Ansicht des Bw in der Formulierung nicht von der Beförderung von 4 Personen die Rede, sondern lediglich von der Benützung durch 4 Personen gleichzeitig. Auch der von der belangten Behörde hinzugezogene Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme nicht die Ö-Norm angewendet. Welche Konstruktion und Baumerkmale er seiner Stellungnahme zu Grunde legt, gehe aus der Stellungnahme auch nicht hervor. Die Interpretation des § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz durch belangte Behörde sei daher unrichtig.

Schließlich beantragt der Bw, die Berufungsbehörde wolle der Berufung Folge geben und die angefochtene Entscheidung aufheben, sowie das gegen den Bw eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung – ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 4. Mai 2010 zur Entscheidung vorgelegt.

2.2. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2. dargestellt – rechtzeitig.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung.

Gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

2.4.  Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion X vom 31. Mai 2009 wurde gegen den Bw am 3. Juli 2009 eine Strafverfügung erlassen, in welcher dem Bw vorgeworfen wurde, am 31. Mai 2009 um 10.00 Uhr und um 12.15 Uhr auf dem Gewässer 'X' im Grenzgebiet der Gemeinden X und X mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug der Marke X zwei konzessionierte Raftingfahrten durchgeführt zu haben, obwohl ein Befahren des Gewässers 'X' gemäß § 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1. April 1993 über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X vom Ursprung bis zur Einmündung der X in die X mit aufblasbaren Ruderfahrzeugen (Raft) verboten ist. Diese Strafverfügung, mit der über den Bw gemäß § 42 Abs 1 Schifffahrtsgesetz eine Geld­strafe in der Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden) verhängt wurde, wurde dem Bw am 17. Juli 2009 durch Hinterlegung zugestellt.

Gegen die besagte Strafverfügung erhob der Bw am 20. Juli 2009 Einspruch. Als Rechtfertigung gab der Bw dabei an, nicht mit einem Raftingboot sondern mit einem Sportfahrzeug unterwegs gewesen zu sein, da sein Boot nur für maximal 4 Personen zugelassen sei und am 31. Mai 2009 auch nur mit insgesamt 4 Personen besetzt gewesen sei.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 wurde dem Bw mitgeteilt, dass gegen ihn ein ordentliches Verfahren eingeleitet wurde. Gleichzeitig wurde ihm die Stellungnahme des Amtes der Oö. Landesregierung übermittelt.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 gab der Bw seine Vertretung durch die Rechtsanwälte X bekannt. In seiner Stellungnahme wies der Bw erneut darauf hin, dass entsprechend der Ö-Norm V5868 ein Raft nur dann vorliege, wenn mindestens 5 Personen in dem Ruderfahrzeug Platz finden.

Am 28. Oktober 2009 wurde dem Bw der verfahrensgegenständliche Aktenteil übermittelt.

In der Folge holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Amtssachverständigen der Oö. Landesregierung ein. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem vom Bw verwendeten Fahrzeug um ein Raft iSd Schifffahrtsgesetzes handle. Die Stellungnahme des Sachverständigen wurde dem Rechtsvertreter des Bw am 4. März 2010 übermittelt.

Mit Schreiben vom 19. März 2010 gab der Bw erneut eine Stellungnahme ab, in welcher er die Stellungnahme des Amtssachverständigen in Frage stellte, da dieser nicht auf die Ö-Norm V5868 eingehe, und weiters seine Meinung, dass das von ihm verwendete Fahrzeug kein Raft iSd Schifffahrtsgesetzes sei, bekräftigte.

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 7. April 2010, GZ VerkR96-7655-2009-Sm/Ms, zugestellt am 12. April 2010,  wurde der Bw wegen der Übertretung des Schifffahrtsgesetzes für schuldig befunden. Dagegen erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am 26. April 2010 – somit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Schifffahrtsgesetzes sowie der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X, LGBl Nr. 93/1993, die im Tatzeitpunkt in Geltung standen – eine begünstigende Änderung der Rechtslage im Sinne des § 1 Abs 2 VStG ist nicht eingetreten – lauten wie folgt:

Schifffahrtsgesetz:

"§ 2 Z 10. 'Raft': aufblasbares Ruderfahrzeug, das zum Befahren von Flüssen mit hoher Strömungsgeschwindigkeit (Wildwasser) bestimmt ist und auf Grund seiner Bauart die Beförderung von mindestens vier Personen zuläßt."

"§ 42 Abs 1. Wer gegen die Vorschriften dieses Teiles oder der auf Grund dieses Teiles erlassenen Verordnungen verstößt, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nicht nach anderen Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis zu 3633 Euro zu bestrafen."

Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich über schiffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X:

"§ 1. Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten auf der X vom Ursprung bis zu X."

"§ 2. Das Befahren des im § 1 beschriebenen Gewässers vom Ursprung bis zur Einmündung der X in die X mit aufblasbaren Ruderfahrzeugen (Raft) ist verboten."

§ 44a VStG lautet:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwSlg. 11.466 A/1984 verst. Sen.; 11.894 A/1985 verst. Sen.). Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht aus (vgl. VwGH 13. Jänner 1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15. Februar 1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2).

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a. im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogenen Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2; VwGH 03.Oktober 1985, 85/02/0053).

3.4. Der Spruch des hier angefochtenen Bescheides wird diesem Erfordernis nicht gerecht:

Dem Bw wird im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet, "am 31.5.2009 um 10.00 Uhr und um 12.15 Uhr auf dem Gewässer 'X' im Grenzgebiet der Gemeinden X und X mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug der Marke X zwei konzessionierte Raftingfahrten durchgeführt" zu haben, "obwohl ein Befahren des Gewässers 'X' gemäß § 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von vom 1.4.1993 über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X vom Ursprung bis zur Einmündung der X in die X mit aufblasbaren Ruderfahrzeugen (Raft) verboten ist."

3.4.1. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird von Delikt zu Delikt, aber auch nach den jeweils gegeben Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den Rechtsschutzüberlegungen zu messendes, Erfordernis sein (VwGH 23. November 2000, 98/07/0173).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses um ein sogenanntes fortgesetztes Delikt, dass sich dadurch auszeichnet, dass der Täter nacheinander eine Mehrheit von an sich selbstständigen Handlungen setzt, von denen jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt. Diese Einzelakte sind aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform, des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs und Vorliegens eines Gesamtvorsatzes zu einer Einheit zusammenzufassen, welche nur die Bestrafung wegen der Begehung einer Verwaltungsübertretung erlaubt (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 771).

Bei einem fortgesetzten Delikt ist eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatraumes erforderlich (VwGH 22. September 1992, 92/06/0087), doch erfasst unabhängig davon die Bestrafung eines fortgesetzten Delikt erst allenfalls später bekannt gewordene Einzeltathandlungen bis zum Zeitpunkt der Fällung (Zustellung) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (VwGH 20. Juli 1995, 94/07/0053). Diese Abgeltungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die betreffenden Einzelakte oder die betreffenden Zeiträume im Spruch des Straferkenntnisses angeführt sind oder nicht (VwGH 21. Oktober 1993, 93/02/0083). Damit genügt es, hinsichtlich der Anforderungen des § 44a VStG an den Spruch des Straferkenntnisses die Tatzeiten der einzelnen Übertretungen anzuführen.

Dennoch ist der hier vorliegende Spruch insofern mangelhaft, als nicht unterschieden werden kann, ob eine einzelne verwaltungsstrafrechtlich relevante Handlung oder mehrere – wenn auch zu einem fortgesetzten Delikt zusammenzufassende – Tathandlungen begangen wurden. Dies deshalb, als aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht klar hervorgeht, ob der Bw mit zwei Booten von 10.00 Uhr bis 12.15 Uhr entlang der X fuhr oder ob er mit einem Boot um 10.00 Uhr die Strecke befuhr und mit demselben Boot dieselbe Strecke um 12.15 Uhr wiederholte. Im Spruch ist lediglich die Rede von zwei Fahrten. Daraus ergibt sich jedoch nicht, ob diese parallel oder hintereinander ausgeführt wurden. Zur Unklarheit trägt darüber hinaus bei, dass der der Bw gegenüber der Polizei selbst angab, mit drei Booten gefahren zu sein.

Der mit der Umschreibung "auf dem Gewässer 'X' im Grenzgebiet der Gemeinden X und X" von der belangten Behörde angegebene Tatort entspricht den Anforderungen an die Konkretisierung des Tatorts iSd § 44a VStG. Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, dass bei Delikten, die nur während der Fahrt begangen werden können, als Tatort nicht ein bestimmter Punkt, sondern nur eine bestimmte (Fahrt-)strecke in Betracht kommt (VwGH 27. April 1988, 87/03/0149; VwGH 20. Mai 1992, 91/03/0153; VwGH 11. Oktober 2000, 2000/03/0146).

Die als erwiesen angenommene Tat ist in der Regel durch die Feststellung der Zeit und des Ortes der Begehung zu präzisieren. Unerlässlich ist die Feststellung der Tatzeit und des Tatortes, wenn ohne diese Feststellung die Tat nicht zugerechnet oder von anderen Taten nicht unterschieden werden kann.

Da im hier vorliegenden Fall dem Bw als Tatzeit kein Zeitraum, sondern zwei Zeitpunkte, nämlich am 31. Mai 2009 um 10.00 Uhr und um 12.15 Uhr, vorgehalten wurde, ist unklar ob diese Zeitpunkte Anfang und Ende einer Fahrt oder Anfangs- oder Schlusszeiten von zwei hintereinander stattfindenden Fahrten darstellen sollen.

Die belangte Behörde hätte in diesem Fall im Spruch somit den Tatzeitraum – nämlich die Dauer des Befahrens der gesamten Strecke – genau festhalten müssen, oder klar darlegen müssen, dass es sich bei den angeführten Zeiten um Start- oder Zielzeiten verschiedener Fahrten handelte.

Der Spruch entspricht aus diesem Grund nicht den Anforderungen des § 44a VStG.

3.4.2. Darüber hinaus entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnis auch deshalb nicht den Anforderungen des § 44a VStG, da nicht alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, bestimmt genug angeführt wurden.

Im vorliegenden Fall wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet, "mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug der Marke X zwei konzessionierte Raftingfahrten durchgeführt" zu haben.

In diesem Spruch wirft die Behörde dem Bw vor, die Fahrten mit einem Raft durchgeführt zu haben, da der Bw mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug der Marke X unterwegs war.

Entsprechend der Definition von "Raft" in § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz, welche auch auf die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der X anwendbar ist, liegt ein Raft dann vor, wenn es sich um aufblasbares Ruderfahrzeug handelt, das zum Befahren von Flüssen mit hoher Strömungsgeschwindigkeit (Wildwasser) bestimmt ist, und das auf Grund seiner Bauart die Beförderung von mindestens vier Personen zulässt.

Eine Übertretung des § 42 Abs 1 Schifffahrtsgesetz iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich über schifffahrtspolizeiliche Beschränkungen auf der Steyr kann dem Bw nur angelastet werden, wenn sämtliche essentiellen Tatbestandsmerkmale – wie hier unter anderem das Tatobjekt – im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind.

Die Behörde hätte sich daher nicht damit zufrieden geben dürfen, festzustellen, dass es sich um ein aufblasbares Ruderfahrzeug handelte, da die Definition des Rafts eindeutig auch auf eine gewisse Anzahl von möglichen Insassen abstellt. Auch aus dem Hinweis auf die Marke X lassen sich keine Rückschlüsse auf die zulässige Insassenanzahl ziehen. Diese Anzahl hätte die Behörde jedoch in den Spruch aufzunehmen gehabt oder das Boot durch die genaue Bezeichnung der Type näher zu individualisieren gehabt, da eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht ausreicht (vgl. VwGH 13. Jänner 1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15. Februar 1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2).

3.5. Aus den genannten Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Auf die Frage, ob der Bw tatsächlich mit einem aufblasbaren Ruderfahrzeug, das der Definition des Rafts in § 2 Z 10 Schifffahrtsgesetz entspricht, unterwegs war, war daher nicht mehr näher einzugehen.

3.6. Da auch die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten sämtliche gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch aufzunehmende Elemente erfassen muss (VwGH 05. Juli 2000, 97/03/0081), wurde innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Im Hinblick auf die bereits verstrichene Verfolgungsverjährungsfrist war auch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zu verfügen.

4. Vor diesem Hintergrund war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch 

 

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