Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165018/7/Ki/Kr

Linz, 24.06.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der X, eingelangt bei der belangten Behörde am 8. April 2010,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 25. März 2010, VerkR96-2158-2008, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 21. Juni 2010 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der Straf- und Kostenausspruch wird behoben, an deren Stelle in wird der Rechtsmittelwerberin in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt und das Wort "Straferkenntnis" durch den Begriff "Bescheid" ersetzt.

 

Die Rechtsmittelwerberin hat keinerlei Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG iVm §§ 66 Abs.4 AVG; 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom
25. März 2010, VerkR96-2158-2008, der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 3. Dezember 2007 um 07.05 Uhr als Lenkerin des PKW's mit dem Kennzeichen X in X auf der A X bei Autobahnkilometer 16,600, in Fahrtrichtung X, verbotenerweise auf der Fahrbahn den Pannenstreifen befahren. Sie habe dadurch § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und überdies gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

    

1.2 Die Berufungswerberin hat mit Schriftsatz, der bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 8. April 2010 einlangte, Berufung erhoben, in der bestritten wird, den Pannenstreifen zur vorgeworfenen Tatzeit verbotener Weise befahren zu haben.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 13. April 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 21. Juni 2010. An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin teil, die belangte Behörde ist ohne Angaben von Gründen fern geblieben. Als Zeuge wurde Herr X einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der der Berufungswerberin zur Last gelegene Sachverhalt wurde zunächst als Privatanzeige von Herrn X am 3. Dezember 2007 per E-Mail der Autobahnpolizeiinspektion X zur Anzeige gebracht. Seitens der API X wurde mit  Anzeige vom 10. Dezember 2007, GZ: 50774/1/2007 DOB, die X in Kenntnis gesetzt. Diese forderte die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen X mit Schreiben vom 2. Jänner 2008, S 0046115/LZ/07/4, auf, den Lenker (die Lenkerin) bekannt zu geben, welche(r) am
3. Dezember 2007, dieses Kraftfahrzeug um 07.05 Uhr in X, X, Km 16.600, Fahrtrichtung X gelenkt habe. Dieser Aufforderung kam die Berufungswerberin im Schreiben datiert mit 8. Jänner 2007 (wohl 8. Jänner 2008) nach und gab bekannt, dass sie selbst das Fahrzeug zum besagten Zeitpunkt gelenkt habe. Der Verfahrensakt wurde von der Bundespolizeidirektion X in Folge mit Schreiben vom 14. Jänner 2008 an die gemäß § 29a VStG örtlich zuständige Behörde (Bezirkshauptmannschaft Freistadt) abgetreten, welcher am 16. Jänner 2008 dort einlangte. Der Berufungswerberin wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 14. August 2008 die Möglichkeit eingeräumt, sich zu der ihr zur Last gelegten Verwaltungsüberübertretung zu rechtfertigen, sowie die Einkommens-, Vermögens- und Sorgepflichten bekannt zu geben. Mit Schreiben, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 17. September 2008, teilte die Berufungswerberin mit, dass sie nicht verstehe, warum sie eine derartige Vermögensauskunft erteilen solle, da sie dieses Fahrzeug eben nicht zum angegebenen Zeitpunkt auf dem Pannenstreifen gelenkt habe und droht dem Privatanzeiger mit einer Leumundsklage. Schließlich erließ die Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 25. März 2010 das in diesem Verfahren angefochtene Straferkenntnis.

 

Bei der Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestreitet die Berufungswerberin zunächst nach wie vor, dass sie die ihr vorgeworfene Tat begangen habe. Hätte sie diese Verwaltungsübertretung gesetzt, so hätte sie selbstverständlich auch die Strafe bezahlt. Sie fahre jeden Tag von X nach X zur Arbeit, ihr sei bekannt, dass es häufig zu Stausituationen komme, weshalb sie immer relativ früh fahre. Sie arbeite im X, dort sei um 08.00 Uhr Dienstbeginn, sie versuche jedoch bereits um 07.00 Uhr dort anwesend zu sein. Am Tattag war ein sogenannter "Megastau" und ihre Anreise habe sich somit verzögert, sie wäre sich aber ganz sicher, zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt um 07.05 Uhr bereits in X gewesen zu sein. Dies wisse sie deshalb so genau, weil sie im Radio die Uhrzeit gehört habe und hinter ihr ein PKW-Lenker zu hupen begonnen habe. Die Berufungswerberin beteuert, in ihrem Leben erst ein Mal den Pannenstreifen benutzt zu haben, weil sie eben eine Panne hatte.

 

Der Zeuge erklärt bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme, er sei Polizeibeamter und war an besagtem Tag auf der A X Richtung X zu seiner Dienststelle unterwegs. Es habe damals wieder einen größeren Stau gegeben und er habe an diesem Tag gleich mehrere Kraftwagenlenker zur Anzeige gebracht, weil in dieser Situation die Verwendung des Pannenstreifens durch andere Verkehrsteilnehmer überhand nehme, unter anderem habe er auch den Lenker bzw. die Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen X, Farbe schwarz, angezeigt. Er habe nur solche Fahrzeuge aufgeschrieben, wo er sich sicher war, dass diese tatsächlich den Pannenstreifen in verbotener Weise benutzt haben, er selbst habe sich mit seinem Fahrzeug am rechten Fahrbahnstreifen befunden.

 

In Anbetracht des vorliegenden Beweisergebnisses erklärt die Berufungswerberin, dass es doch der Fall gewesen sein könnte, dass sie etwa um die Vorfallszeit den Pannenstreifen des vorgeworfenen Tatorts benutzt hat und ersucht um Erteilung einer Ermahnung.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen sowie als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Angabe des Zeugen der Tatsache entsprechen. Es ist zu berücksichtigen, dass er als Zeuge zur Wahrheit verpflichtet war, unrichtige Angaben könnten für ihn sowohl straf- als auch dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch sind keine Umstände hervor gekommen, welche darauf hindeuten würden, dass der Zeuge die Berufungswerberin unsachlich belasten würde.

 

Die Berufungswerberin konnte sich in jede Richtung verteidigen, dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen sie gewertet werden, im konkreten Falle ist es ihr aber jedoch nicht gelungen, die Angaben des unter Wahrheit stehenden Zeugen zu entkräften. Schließlich gestand die Berufungswerberin auch ein, dass sie das tatgegenständliche Fahrzeug verbotener Weise auf dem Pannensteifen zur ungefähren Tatzeit gelenkt haben könnte.

 

3.1. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 ist es auf Autobahnen verboten, den Pannensteifen zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass Frau X den ihr zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche sie im Bereich des subjektiven Tatseite (§ 5 VStG) entlasten würde. Der Schuldspruch ist demnach zu Recht erfolgt.

 

3.2. Zur Straffestsetzung wird festgestellt, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bestrafung stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dienst, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteile Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf die Anwendung dieser Bestimmung besteht.

 

Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Die Berufungswerberin hat im vorliegenden Fall eingestanden, die Tat zum ungefähren Tatzeitpunkt begangen zu haben. Andere Verwaltungsvorstrafen konnten im Akt keine festgestellt werden. Bemerkt wird auch, dass das erstinstanzliche Verfahren überlange gedauert hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet, dass konkret das tatbildmäßige Verhalten der Beschuldigten hinter dem in den betreffenden Strafdrohungen typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück bleibt, weshalb von den Kriterien des § 21 VStG entsprechenden geringfügigen Verschulden ausgegangen werden kann.

 

Nachdem einerseits das Verschulden der Berufungswerberin gering ist und durch die Tat auch keine bedeutenden Folgen eingetreten sind, konnte im vorliegenden Falle von einer Bestrafung abgesehen werden, wobei jedoch, um die Beschuldigte vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen werden musste.

 

4. Da der Ausspruch eine Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat die Rechtsmittelwerberin im Berufungsverfahren einen Erfolg zu verbuchen hatte, trifft sie keine Pflicht, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch



 

 

 

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