Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281224/13/Wim/Pe/Bu

Linz, 29.06.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X Rechtsanwälte OG, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 8.3.2010, Ge96-215-2009/HW, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.6.2010 zu Recht erkannt:

 

I.   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1 auf 600 Euro und zu Faktum 2 auf 250 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 1 auf 36 Stunden und zu Faktum 2 auf 17 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafen, das sind insgesamt 85 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs. 1 und 2 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.3.2010, Ge96-215-2009/HW, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung zu Faktum 1 gemäß § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.2 Z4 BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG und zu Faktum 2 gemäß § 22 Abs.1 zweiter Satz BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG eine Geldstrafe zu Faktum 1 in der Höhe von 800 Euro und zu Faktum 2 in der Höhe von 350 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 1 von 48 Stunden und zu Faktrum 2 von 24 Stunden, verhängt.

 

Überdies wurde der Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 115 Euro (10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Der Beschuldigte – Herr X – hat es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstraf­rechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin X BauGesmbH, Geschäft­sanschrift X, X, zu verantworten, dass von der o.a. Arbeitgeberin folgende Bestimmungen der BauV nicht eingehalten wurden:

Herr Dipl. Ing. X vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Baustellenüberprüfung am 18.08.2009 festgestellt, dass am 18.08.2009 auf der Bausstelle: X,X.

1.    ein Arbeitnehmer der Firma X BauGesmbH., X, X, mit Schalungsarbeiten zur Herstellung eines 2,8 m breiten Unterzuges in der Achse B über der 1. Stockwerksdecke beschäftigt war. Die Absturzhöhe betrug entlang der Achse ~ 3,60 m und stirnseitig, Richtung Nordwest, ca. 7,6 m.

       Dadurch wurde § 7 Abs.1 BauV iVm § 7 Abs.2, Zif.4 BauV übertreten, wonach an sonstigen Arbeitsplätzen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe Absturzgefahr vorliegt und daher Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind.

2.    die zweckentsprechende Verwendung des Schutzhelmes nicht überwacht wurde. Obwohl die Bauarbeiten im unmittelbarer Schwenkbereich des Turmdrehkranes bzw. Ausschalungsarbeiten der Decke im Erdgeschoß durchgeführt wurden, wurde von keinem der ca. 8 Arbeitnehmer der zur Verfügung gestellte Schutzhelm getragen.

       Dadurch wurde § 22 Abs.1, 2. Satz BauV übertreten, wonach die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung zu überwachen ist.

Die vom Organ des Arbeitsinspektorates Linz angefertigten Beweisfotos werden in Kopie als Beilagen angeschlossen und bilden eine Bestandteil dieses Straferkenntnisses.“

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig eine begründete Berufung eingebracht. 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat diese Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 


3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.6.2010, an welcher der Bw, sein Rechtsvertreter und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Auf die Einvernahme der Zeugen, Herrn DI X und Herrn X, wurde verzichtet.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Da die Berufung anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 


4.2. Im angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Bw eine Geldstrafe zu Faktum 1 von 800 Euro und zu Faktum 2 von 350 Euro verhängt. Die Strafbemessung erfolgte nach den Bestimmungen des § 19 VStG. Strafmildernd wurde kein Umstand gewertet, straferschwerend wurde die Tatsache gewertet, dass trotz einer Absturzhöhe von 7,6 m keine Absturzsicherungen vorhanden waren. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1950 Euro, der Sorgepflicht für ein Kind und keinem Vermögen zugrunde gelegt.

 

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als zu hoch bemessen, da der Bw keine Verwaltungsvorstrafen im Zeitpunkt der Tatbegehung aufweist und diese Unbescholtenheit einen Milderungsgrund darstellt, der im Erstverfahren nicht berücksichtigt wurde. Überdies hat auch der Vertreter des Arbeits­inspektorates der Reduktion der Geldstrafen zugestimmt. Dem Oö. Verwaltungssenat erscheinen daher die nunmehr verhängten Geldstrafen zu Faktum 1 von 600 Euro und zu Faktum 2 von 250 Euro noch als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen war auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafhöhe neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abge­sehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

 

 

 

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