Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165167/2/Bi/Kr

Linz, 21.06.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, vom 7. Juni 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Gmunden vom 11. Mai 1010, VerkR96-8063-2009, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das  angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und – ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten – eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 und 64f  VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 76 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 21 Euro (17 Stunden EFS) verhängt, weil er am 29. August 2009, 17.20 Uhr, in X, X zwischen der Einfahrt X und ehemaligem Geschäft X, als Fußgänger den vorhandenen Gehsteig nicht benützt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2,10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt; sie hätte in diesem Fall zu einem anderen Ergebnis kommen und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen müssen. Es sei bereits ein Strafverfahren gegen ihn wegen Verletzung des Oö. Polizeistrafgesetzes eingeleitet worden, wobei Tatzeit 17.12 Uhr bis 17.55 Uhr und Tatort X, X und X, gewesen seien. Auch hier sei Tatzeit 17.20 und Tatort die X in X. Damit erfolge die ggst gesonderte Bestrafung entgegen dem Doppelbestrafungsverbot.

Im Übrigen sei die Aussage des Zeugen X unlogisch, der ihn im Rückspiegel in seiner Gehrichtung ursprünglich auf dem rechten Gehsteig der X wahrgenommen habe; die geschilderte Wegstrecke bis zur X, ehem. Geschäft X, sei allein im Rückspiegel nicht überschaubar. Es sei daher nicht feststellbar, dass und über welche Wegstrecke er den vorhandenen Gehsteig nicht benützt habe. Abgesehen davon habe der Zeuge das alles beim Wenden des Dienstkraftwagens beobachten wollen, was nur wenige Sekunden dauere, während er in dieser Zeit nicht 60 m zurücklegen habe können. Darauf habe er schon in der Stellungnahme vom 26.4.2010 hingewiesen. Beantragt wird dazu die Beischaffung des Aktes Pol96-147-2009 der Erstinstanz.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit manifestiere sich in Stoffsammlungsmängeln und in einer Verletzung des Art.4 des 7. ZPMRK, da er bereits wegen Verstoß gegen § 1 Abs.1 Oö. PolStrG bestraft worden sei (vgl UVS Oö. VwSen-300947/2/Gf/Mu). Wenn überhaupt, habe er nur eine ganz kurze Wegstrecke nicht am Gehsteig zurück­gelegt, was eine Bestrafung keinesfalls rechtfertige. Die Erstinstanz habe daher über das Ziel hinausgeschossen und entstehe der Eindruck, hier werde mit Kanonen auf (verletzte) Spatzen geschossen. Richtigerweise wäre mit einer Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG vorzugehen gewesen, weil ein allfälliges Verschulden geringfügig gewesen sei und die Übertretung keine Folgen nach sich gezogen habe. Es hätte aber auch mit § 21 Abs.1a VStG vorgegangen werden können. Beantragt wird, "allenfalls" nach mündlicher Berufungsverhandlung, Bescheidaufhebung und Verfahrenseinstellung, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung bzw Absehen von der weiteren Durchführung eines Strafverfahrens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und den Akt VwSen-300947 des UVS Oö.

Daraus ergibt sich, dass der Bw am 29. August 2009 gegen 17.12 Uhr in X den von Passanten verständigten Rettungskräften des Roten Kreuzes X und X insofern begegnete, als er in der öffentlichen Toilette auf dem Dorfplatz in X offenbar aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung stürzte und sich dabei eine blutende Platzwunde am Kopf zuzog, die medizinisch zu versorgen gewesen wäre, was der Bw jedoch vehement ablehnte. Nach den Zeugenaussagen der beiden Rettungsleute wollte er nicht in das Rettungsfahrzeug einsteigen, wobei er wegen seiner lallenden Aussprache (nicht wegen seiner italienischen Muttersprache und nicht wegen seiner Versuche in englischer Sprache) nur schwer zu verstehen war. Er schaffte es aber nur ein paar Meter weiterzugehen und stürzte erneut wegen der Alkoholisierung. Aufgrund ihres Eindrucks einer Selbst- und Fremdgefährdung verständigen die Rettungsleute die PI X wobei die Beamten GI X und RI X den Bw aus Richtung Ortsplatz kommend auf dem rechten Gehsteig in Richtung Lagerhaus schwankend antrafen. Nach der Einfahrt zum X, betrat der Bw die X und ging bis zum ehemaligen Kaufhaus X, wobei er laut Anzeige die ganze Straße gebraucht habe. Die Polizei verständigte schließlich die Vermieterin des Bw, die ihn abholte.

Der Zeuge X bestätigte, der Bw habe unmissverständliche Anzeichen einer starken Alkoholisierung gezeigt, nämlich Alkoholgeruch, schwankender Gang, undeutliche Aussprache und zeitweise Desorientierung und sein Benehmen sei weder auf einen Schock oder die Verletzung sondern alleine auf seine Alkoholisierung zurückzuführen gewesen. Laut den Aussagen der Zeugin X habe er außerdem noch eine halb volle Flasche Alkohol mitgehabt und sei über die Straße getorkelt.

 

Laut DORIS-Ortsplan befindet sich in X im Bereich zwischen der Einmündung des X in die X und dem Haus Nr.6 beidseitig ein Gehsteig. Nach den Schilderungen der Zeugen dürfte der Bw aber auf dem Weg zum Haus Nr.6 über die Straße die "Luftlinie" vorgezogen haben, dh er hat zwar die Straße überquert, aber nicht auf kürzestem Weg. Dieser Eindruck wird vom Ml RI X bestätigt, der am 29. März 2010 bestätigt hat, sie hätten den Bw stark schwankend auf dem rechten Gehsteig der X ihnen entgegenkommen gesehen und, als er in der Einfahrt zum X gewendet habe, habe er im Rückspiegel gesehen, dass der Bw auf die Straße gestiegen sei und bis zum Haus Nr.6 zum Überqueren die X benützt habe.

 

Abgesehen davon, dass diese weitschweifende "Überquerung" von drei Zeugen durchaus glaubhaft bestätigt wird, besteht seitens des UVS kein Zweifel daran, dass hier zu wenig "Stoff gesammelt" worden wäre, sodass die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung etwas kurios anmuten.

Außerdem ist sowohl einem mit der Einschätzung von Straßenverkehrs­teil­nehmern dienstlich befassten Polizeibeamten als auch einem mit derartigen Personen erfahrungsgemäß häufig in Kontakt kommenden Rettungssanitäter zuzumuten, eine Alkoholisierung bei einem Fußgänger als solche erkennen zu können, auch wenn der genaue Blut- bzw Atemalkoholgehalt beim Bw nicht mittels Messgerät konkret festgestellt wurde.

Dass der Bw unzurechnungsfähig gewesen wäre, wurde nie behauptet und ist wegen seiner weitgehend situationsbezogenen Äußerungen auch nicht anzu­nehmen. Allerdings wurde von den Rettungsleuten glaubhaft bestätigt, dass der Bw mehrmals wegen seiner Alkoholisierung gestürzt ist, als er seinen Weg entgegen ihrem Hilfeleistungs­angebot fortsetzen wollte. Deshalb ist durch­aus denkmöglich und nicht auszuschließen, dass er eben wegen dieser Alkoholi­sierung auch nicht mehr ausreichend in der Lage war, seinen Weg von der "Gehlinie" her selbst zu bestimmen und er deshalb für die Überquerung der X eine längere Strecke gebraucht hat. Abgesehen davon war er auch damit beschäftigt, sich lautstark gegen die angebotene Hilfe der Zeugen zu "wehren", was seine Konzentration durchaus zusätzlich eingeschränkt haben könnte.

Bei lebensnaher Betrachtung ist daher nicht auszuschließen, dass der Bw, der sich diesen Zustand selbstverständlich selbst zuzurechnen hat, tatsächlich in einer desolaten körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat, die die Annahme eines geringfügigen Verschuldens rechtfertigt.   

 

In rechtlicher Hinsicht war daher davon auszugehen, dass der Bw, der ja in der Berufung selbst zugesteht, "eine ganz kurze Wegstrecke nicht am Gehsteig zurückgelegt" zu haben, den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Unter Bedachtnahme auf die Ausführungen im Erkenntnis des UVS Oö vom 18. Mai 2010, VwSen-300947/2/Gf/Mu, war von einer Doppelbestrafung nicht auszugehen.

 

Jedoch ist dem Bw im Sinne des § 21 Abs.1 VStG ein geringfügiges Verschulden insoweit zuzugestehen, als die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe vorliegen. Er war daher unter Hinweis auf die Rechts­widrigkeit seines Verhaltens – und mit dem dringenden Ersuchen, sich nicht noch einmal auch noch öffentlich in diesem Zustand zur Schau zu stellen – zu ermahnen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kosten­beiträge nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

infolge Alkoholisierung als Fußgänger, Straße dunkel, obwohl Gehsteig vorhanden -> Ermahnung

 

 

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