Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231105/2/BP/Wb/Gr

Linz, 16.06.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz, vom 22. April 2010, Zl.: S – 25.905/09-2, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 16 Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 22. April 2010, Zl.:
S – 25.905/09-2, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 80,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er, wie vom Fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz am 4. Juni 2009 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt worden sei, Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes sei und sich seit 7. Februar 2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufhalte, da er weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, er nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihm eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukomme und er nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 Abs. 1 Z. 2-4 und 6 FPG genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw am 26. April 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitig erhobene Berufung vom 4. Mai 2010.

 

Darin stellt der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter zunächst den Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses sowie auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. 

 

Es treffe zwar zu, dass der Aufenthalt des Bw und seiner Frau in Österreich derzeit nicht rechtmäßig sei, jedoch beständen gegen sie keine rechtskräftigen und vollstreckbaren Ausweisungsbescheide. Es werde davon ausgegangen, dass der Bw und seine Frau so gut in Österreich integriert seien, dass aus Art. 8 EMRK ein ableitbarer Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zustehe und eine Ausweisung dauerhaft für unzulässig zu erklären sei. Da eine entsprechende Feststellung der Behörde vorliege, hätte der Bw einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Es sei daher davon auszugehen, dass zumindest in Anwendung des § 21 VStG von einer Bestrafung Abstand zu nehmen sei. Abschließend wird angeregt das Berufungsverfahren bis zur Klärung ähnlich gelagerter Fälle durch den Verwaltungsgerichtshof auszusetzen.

 

  

 

2.1. Mit Schreiben vom 2. Juni 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt. Da im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich Rechtsfragen zu klären waren, der Sachverhalt unwidersprochen klar auf der Hand liegt und kein entsprechender Parteienantrag vorliegt, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Wesentlichen unwidersprochen gebliebenen -  unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus. Zusätzlich stellten Nachfragen bei den jeweils zuständigen Niederlassungsbehörden klar, dass im vorliegenden Fall kein auf §§ 44ff. NAG basierender Antrag eingebracht wurde.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Im vorliegenden Fall wurde die Erfüllung der objektiven Tatseite auch vom Bw selbst in keinster Weise insofern nicht in Abrede gestellt, als die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich derzeit anerkannt wird. Der im angefochtenen Bescheid vorgeworfene Tatzeitraum beginnt mit 7. Februar 2009. Die Feststellung fand am 4. Juni 2009 statt. Das Straferkenntnis I. Instanz erfolgte mit 22. April 2010 (Zustellung: 26. April 2010). Fraglich ist - angesichts der in diesem Zeitraum erfolgten Novellierungen des Fremdenpolizeigesetzes – welche Fassung der einschlägigen Rechtsgrundlagen heranzuziehen ist.

 

Dauerdelikte sind bereits mit Setzung der Tathandlung vollendet, aber erst mit ihrem Aufhören beendet. "Der Lauf von Verjährungsfristen setzt erst mit der Beendigung der Tat ein; auch ist die gesamte Tat nach jener Rechtslage zu beurteilen, die in diesem Zeitpunkt gilt" (N. Raschauer, Wessely: Verwaltungsstrafrecht, Allgemeiner Teil, Graz 2005).

 

Daraus ergibt sich, dass hier relevant die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses anzuwenden ist, somit die im April 2010 geltende Fassung des Fremdenpolizeigesetzes BGBl. I Nr. 135/2009.

 

3.2. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im        Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die          durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung   bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation      des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur     Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten       Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet      keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen    zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem      Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs    Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine   Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung          gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten,     innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist – auch vom Bw - völlig unbestritten, dass er zumindest die Ziffern 2-4 und 6 des § 31 Abs. 1 FPG (wie im angefochtenen Erkenntnis vorgeworfen) nicht erfüllt, und dass somit der objektive Tatbestand des unrechtmäßigen Aufenthalts grundsätzlich erfüllt ist.

 

Die Einwendung, eine Bestrafung sei nicht zulässig, da gegen den Bw keine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung vorliege, geht ins Leere, da durch diesen Umstand ein unrechtmäßiger Aufenthalt keinesfalls zu einem rechtmäßigen gewandelt werden kann und somit die Tatbestandsmäßigkeit fraglos erhalten bleibt. Auch die Frage der Integration im Bundesgebiet wäre nur insofern von Relevanz, als sie dokumentierbar Niederschlag in einer dementsprechenden Berechtigung finden müsste. Im vorliegenden Fall kann sich der Bw – schon mangels entsprechenden Antrags – nicht auf die §§ 44 ff NAG stützen, weshalb auch die Parallele zu dem in der Berufung angeführten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht gegeben ist.

 

Der objektive Tatbestand ist somit als gegeben anzusehen.

 

3.4. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist § 120 FPG als Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 VStG anzusehen, da zur Vollendung der Tat kein Erfolg eintreten muss. Im Sinne des § 5 VStG genügt fahrlässiges Verhalten des Bw für das Vorliegen der subjektiven Tatseite. Der Bw muss vielmehr auch nachweisen, dass er nicht fahrlässig gehandelt hat.

 

Eindeutig ist hier von zumindest fahrlässigem Verhalten – eher aber sogar von Vorsatz auszugehen. Dem Bw war fraglos bewusst, dass er sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhielt und er nahm diesen Umstand auch in Kauf.

 

Vielmehr unterließ er – wie sich aus der Aktenlage offensichtlich ergibt – jegliche effektive Versuche seinen Aufenthalt zu legalisieren und vertraut darauf, dass eine Ausweisungsentscheidung nicht rechtskräftig ergehen werde. Dies stellt aber keine Schuldentlastungsnachweis nach § 5 VStG dar.

 

Die subjektive Tatseite ist somit ebenfalls gegebenen.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafbemessung ist anzumerken, dass § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 keine Mindeststrafe vorsah und die nunmehr im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Erkenntnisses, Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, eine Mindeststrafe von 1.000,- Euro vorsah. Die Strafverfügung vom 3. September 2009 (Einspruch 29. September 2009), die sich noch auf die alte Fassung bezog, wies eine Geldstrafe von 80,- Euro auf.

 

Gemäß § 49 Abs. 2 letzter Satz VStG darf in dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden, als in der Strafverfügung.

 

Dementsprechend hat die belangte Behörde folgerichtig im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Verfahrens die 1.000,- Euro betragende Mindeststrafe nicht herangezogen, sondern im erstinstanzlichen Erkenntnis die in der Strafverfügung verhängte Geldstrafe beibehalten. Ein unterschreiten dieses Betrages ist rechtlich grundsätzlich im vorliegenden Fall unangebracht.

 

§ 21 VStG kann – entgegen dem Berufungsvorbringen – schon deshalb nicht in Anwendung gebracht werden, zumal das inkriminierte Verhalten keinesfalls dem von dieser Gesetzesbestimmung geforderten geringfügigem Grad des Verschuldens aufweist. Auch können die Folgen der Tat aus derzeitiger Sicht  nicht als unbedeutend qualifiziert werden.

 

3.6. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 16,- Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

Rechtsatz

 

VwSen-231105/2 vom 16. Juni 2010

 

vgl. VwSen-231106/2 vom 16. Juni 2010

 

 

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