Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164781/7/Fra/Ka

Linz, 01.06.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.10.2009, VerkR96-31127-2008/Se/A, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

a) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 250 Euro (EFS 96 Stunden) und

b) wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 200 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt, weil er

a) am 21.4.2008 zwischen 08.00 Uhr und 08.10 Uhr in der Gemeinde 4052 Ansfelden, Traunuferstraße 113, Firmengelände Schneckenreither, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges, Kz.: x mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten hat und

b) an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Anhaltepflicht nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und der Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO 1960 nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände (Anstoßgeräusch, Erschütterung etc) zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte.

 

Da der Bw vorbringt, keinen Unfall oder irgendeine Beschädigung verursacht zu haben, ließ der Oö. Verwaltungssenat ein KFZ-technisches Gutachten zu der Frage erstellen, ob einerseits auch von einer Korrespondenz der in der Anzeige der PI Ansfelden vom 15.5.2008, GZ: C2/10552/2008-Ze, beschriebenen Schäden ausgegangen werden kann und bejahendenfalls, ob dem Beschuldigten eine allfällige Kollision mit dem PKW der Beteiligten bei gehöriger Aufmerksamkeit aufgrund von Geräuschen, Erschütterungen und visuell auffallen hätte müssen.

 

Aus der oa Anzeige geht lediglich hervor, dass die Beteiligte ihren PKW, Kz.: x am 21.4.2008 um 08.00 Uhr am Firmengelände geparkt habe und sich zu diesem Zeitpunkt links vom PKW ein Sattelzug mit dem Kz.: x befunden habe. Der Schaden an dem vom Beschuldigten gelenkten Sattelzugfahrzeug wird mit "Stoßstange rechts hinten" und der Schaden am PKW der Beteiligten wird mit "Stoßstange links hinten, Heckklappe sowie linke Heckleuchte" beschrieben. Ein weiteres Beweismittel existiert nicht. Der Oö. Verwaltungssenat hat jedoch von den Meldungslegern Lichtbilder angefordert und diese dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt.

 

Der Sachverständige x  hat in seinem Gutachten vom 23.4.20010, Verk-210002/221-2010-Hag, schlüssig ausgeführt, dass in Bezug auf die Korrespondenz der Schäden festzuhalten ist, dass vom verursachenden Sattelaufleger keine Fotos vorliegen. Geht man von einem Standard-Aufleger aus, so können die Schäden am Heck des PKW´s durch den Aufleger entstanden sein. Die Kollisonstellung zwischen dem PKW und Sattelkraftfahrzeuge ist nicht bekannt. Die Möglichkeit, die Kollision über die Außenspiegel wahrzunehmen, kann aus technischer Sicht nicht beurteilt werden, da die vorgelegenen Sichtfelder aus der Sicht des Beschuldigten nicht bekannt sind. Aufgrund der großen Massenunterschiede vom stoßenden zum gestoßenen PKW ist für den Lenker der Sattelzugmaschine die Kollision als Anfahrruck nicht nachweisbar. Das Anstoßgeräusch kann für den Beschuldigten im Umgebungslärm untergegangen sein. Das Betriebsgeräusch und mögliche Ladungsgeräusche sowie die relativ große Entfernung Anstoßpunkt  - Lenker (ca. 15 m) führen dazu, dass das Geräusch so weit abgeschwächt oder überlagert wird, dass es nicht sicher wahrnehmbar ist.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Bw als Lenker des in Rede stehenden Sattelzugfahrzeuges die am Fahrzeug, PKW, x, oa beschriebenen Schäden, verursacht hat, kein für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher Beweis dafür vorliegt, dass dem Bw objektive Umstände zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Verursachung einer Sachbeschädigung eines anderen PKW´s zu erkennen vermocht hätte. Weitere Beweismittel dafür, dass der Bw aufgrund anderer Umstände die Sachbeschädigung erkennen hätte müssen, liegen nicht vor, weshalb in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden war.

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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