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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100538/2/Weg/Ri

Linz, 15.07.1992

VwSen - 100538/2/Weg/Ri Linz, am 15. Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die nur hinsichtlich der Strafhöhe eingebrachte Berufung des R M vom 2. April 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems vom 6. März 1992, VerkR96/9290/1991/Mi/Sö, zu Recht:

I.: Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt wird. Der Vorwurf der besonders gefährlichen Verhältnisse wird behoben. Demgemäß lautet die Strafnorm nicht "§ 99 Abs.2 lit.c StVO 1960" sondern "§ 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960".

II.: Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 19, § 24, § 51, § 51e Abs.2 sowie § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991; § 99 Abs. 2 lit.c Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159, i.d.F. BGBl.Nr. 423/1990. Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52a Z.10a i.V.m. § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil dieser am 31. Oktober 1991 um 7.44 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der P A bei Straßenkilometer , Gemeindegebiet R, Richtungsfahrbahn S, gelenkt und dabei die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet hat, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 96 km/h überschritten und unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstoßen hat, weil die gegenständliche Straßenstelle eine gefährliche Linkskurve am Ende der A aufweist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.000 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, daß die Strafbemessung nicht den Vorschriften des § 19 VStG erfolgt sei. Es sei zwar richtig, daß eine wesentliche Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit vorliegt, daß ihm als Ortsunkundigen jedoch die Gefährlichkeit der im Übertretungsbereich vorhandenen Kurve nicht erkennbar gewesen sei. Über sein Vermögen sei mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. November 1991 das Konkursverfahren eröffnet worden. Es verbleibe ihm von seinem Einkommen als Dienstnehmer derzeit nur das Existenzminimum. Außerdem sei er für seine außereheliche Tochter sorgepflichtig. Anläßlich seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft M am 19. Februar 1992 führt der Berufungswerber aus, daß er diesen Streckenabschnitt kenne, er einen dringenden Termin gehabt habe und unter Zeitdruck gestanden sei. Zum Tatzeitpunkt sei die Fahrbahn trocken gewesen, auch habe kein sonstiger Verkehr geherrscht. Der Berufungswerber vermeint, eine Geldstrafe von 3.000 S sei schuldangemessen.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist, der weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da sich die Beufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Auf Grund der Aktenlage ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Der Berufungswerber mißachtete die gemäß § 52a Z.10a StVO 1960 verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h dadurch, daß er am 31. Oktober 1991 um 7.44 Uhr einen PKW auf der P A bei Str.km. , Gemeindegebiet R, Richtungsfahrbahn S, mit einer Geschwindigkeit von 156 (!) km/h gelenkt hat. Die Behörde hat keine Ermittlungen über Verkehrsdichte, über Fahrbahnbeschaffenheit oder über sonstige allenfalls gefährliche Verhältnisse begründende Umstände durchgeführt, sodaß von den Angaben des Berufungswerbers auszugehen ist. Zwar nicht aktenkundig aber amtsbekannt ist es, daß die an dieser Straßenstelle bestehende Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h wegen der gefährlichen Linkskurve am Ende der A verordnet wurde. Die vom Berufungswerber behaupteten persönlichen Verhältnisse (Einkommen und Sorgepflicht) sind glaubwürdig.

Der Berufungswerber ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. Die am 5. Mai 1987 verhängte Geldstrafe wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist jedoch getilgt.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 ist nur dann gerechtfertigt, wenn zur konkreten Verwaltungsübertretung, mag sie auch noch so gravierend sein, besonders gefährliche Verhältnisse hinzutreten oder die Verwaltungsübertretung mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde. Die im Straferkenntnis angeführte und die besonders gefährlichen Verhältnisse begründende Linkskurve am Ende der A für sich allein ist kein Sachverhaltselement, das die Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c leg. cit. rechtfertigt. Die Geschwindigkeitsbeschränkung wurde - wie schon ausgeführt - in erster Linie wegen der dort befindlichen Linkskurve verordnet. Es würde dem Doppelverwertungsverbot widersprechen, die Grundlage für eine verletzte Verkehrsbeschränkung auch als Grundlage für die Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse zu qualifizieren. Auch die Judikatur der Höchstgerichte öffentlichen Rechtes ist diesbezüglich eindeutig. Es müssen zu dem an sich strafbaren verkehrswidrigen Verhalten des Täters noch zusätzliche Sachverhaltselemente hinzukommen, um annehmen zu dürfen, daß die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde. Ein besonders gravierender Verstoß (wie hier) ist bei der Strafzumessung nach den Vorschriften des § 19 VStG entsprechend zu berücksichtigen.

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht gemäß § 99 Abs. 3 bis zu 10.000 S.

Im Hinblick auf die gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung ist das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung der Verkehrssicherheit ein eklatant hohes. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung dieser Art würde bei Hinzutreten erschwerender Umstände die Verhängung der Höchststrafe rechtfertigen. Nach der Aktenlage jedoch sind, zumal die einschlägige Übertretung aus dem Jahre 1987 schon als getilgt anzusehen ist, keine erschwerenden Umstände als gegeben anzunehmen. Auch mildernde Umstände liegen nicht vor. Weder der Termindruck, noch die Ortsunkundigkeit (widersprechend hiezu auch nicht die am 19. Februar 1992 behauptete Ortskundigkeit) sind Milderungsgründe. Die Pfändung des Einkommens auf das Existensminimum verbunden mit der Sorgepflicht für eine außereheliche Tochter wurde berücksichtigt. Im übrigen ist diesbezüglich ein Regulativ im Verwaltungsstrafgesetz dergestalt vorgesehen, als ein Antrag auf Ratenzahlung oder Aufschub gewährt werden kann, sollte dieser entsprechend begründet sein.

II. Die Reduzierung der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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