Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164878/6/Sch/Th

Linz, 24.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Februar 2010, Zl. S-44435/09 VS1, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

         Im Übrigen (Faktum 1.) wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 2.) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

         Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufungsentscheidung (Faktum 1.)   ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 320 Euro      (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 11. Februar 2010, Zl. S-44435/09 VS1, über Herrn Dipl.-Ing. X wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs.1 StVO 1960 und § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von 1.600 Euro und 200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 14 Tagen und 100 Stunden, verhängt, weil er am 25.09.2009 um 22.15 Uhr in Linz am Pfarrplatz auf Höhe des Hauses Nr. 14 den PKW mit dem Kennzeichen X gelenkt habe und dadurch

  1. das KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand lenkte, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,79 mg/l festgestellt werden konnte.
  2. Außerdem habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden noch vor Abschluss der polizeilichen Unfallaufnahme Alkohol konsumiert habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 180 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber seinen PKW mit dem Kennzeichen X am 25. September 2009 um etwa 22.15 Uhr in Linz, X , abgestellt hat. Im Zuge dieses Abstellmanövers ist der Berufungswerber mit dem Heck seines Fahrzeuges an einem abgestellten PKW angestoßen. Er und seine beiden Mitfahrer hätten sich in der Folge überzeugt, dass durch den Anstoß kein Schaden entstanden sei. Bei anderen, ebenfalls an der Unfallstelle anwesenden Personen war allerdings der Eindruck entstanden, dass hier schon eine Beschädigung am abstellten Fahrzeug vorlag. Diese beiden Personen meldeten deshalb ihre Wahrnehmungen einer vorbeikommenden Polizeistreife. Der Berufungswerber selbst und seine beiden Begleiter hatten sich inzwischen von der Vorfallsörtlichkeit entfernt gehabt.

 

Durch polizeiliche Ermittlungen wurde der Berufungswerber ausgeforscht und wurde mit ihm per Telefon Kontakt aufgenommen. Er kam gegen 23.00 Uhr an den Abstellort seines Fahrzeuges und wurde in der Folge von Beamten, nachdem sie Alkoholisierungssymptome wahrgenommen hatten, zur Durchführung einer Alkomatuntersuchung aufgefordert. Der relevante niedrigere Teilmesswert betrug 0,79 mg/l Atemluftalkoholgehalt.

 

Der Berufungswerber gab sogleich an, in einem in der Nähe gelegenen Lokal eine unbekannte Menge Wodka konsumiert zu haben. Laut seiner Aussagen unmittelbar an der Vorfallsörtlichkeit – in der entsprechenden Polizeianzeige wiedergegeben – wurde von ihm hinsichtlich Art und Menge des Alkohols angegeben, eben Wodka konsumiert zu haben, dies allerdings in Gemeinschaft mit Freunden, weshalb er nicht sagen könne, um welche Menge es sich gehandelt habe.

 

Dieser Alkoholkonsum sei jedenfalls nach dem Lenken erfolgt, für den Zeitraum davor finden sich in der Polizeianzeige keine Angaben des Berufungswerbers.

 

Einige Tage später, am 1. Oktober 2009, ist der Berufungswerber von einem Beamten der Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos Linz neuerlich zum Vorfall befragt worden. Dort gab er im Hinblick auf den Alkoholkonsum am relevanten Tag wiederum an, nach dem Lenkzeitpunkt Alkohol konsumiert zu haben. In der vom Berufungswerber unterfertigten Niederschrift findet sich die Aussage, dass er im Lokal "X" zuerst Bier getrunken habe. Anschließend hätte er eine Flasche Wodka (0,7 l) bestellt. Diese sei von ihm und seinen beiden Begleitern getrunken worden, allerdings könne er nicht sagen, wieviel er davon getrunken habe. Nachdem die Flasche leer gewesen sei, hätte er das Lokal verlassen, seine beiden Begleiter wären noch im Lokal geblieben.

 

An vor dem Lenkzeitpunkt konsumiertem Alkohol wurde vom Berufungswerber angegeben, er habe maximal zwei "Spritzer Weiß" getrunken gehabt.

 

Die Angaben des Berufungswerbers sind also sowohl unmittelbar zum Zeitpunkt der Unfallaufnahme am Vorfallstag, als auch später bei der erwähnten Niederschrift im Wesentlichen vage geblieben. Ist zum ersteren Zeitpunkt von einem angeblich konsumierten Bier, in welcher Menge auch immer, noch gar nicht die Rede, sondern wird bloß auf einen Teil des Inhaltes einer Wodka-Flasche verwiesen, wird der Berufungswerber auch in der erwähnten Niederschrift nicht viel konkreter. Dort wird dann zwar das angeblich konsumierte Bier erwähnt, aber auch hier fehlen Angaben zur Menge dieses Getränkes. Auch der angeblich konsumierte Wodka wird höchst ungenau quantifiziert, bestellt war demnach eine Flasche Wodka mit Inhalt 0,7 l worden, wieviel der Berufungswerber davon getrunken habe und wieviel seine beiden Begleiter, konnte er bei dieser Befragung nicht angeben. In der Niederschrift vom 28. Oktober 2009, aufgenommen von der Erstbehörde, geht es wiederum um den angeblich oder tatsächlich nach dem Lenken konsumierten Alkohol, hier findet sich die Angabe, der Berufungswerber habe vorerst ein Seiterl Bier konsumiert, dann habe er die erwähnte Flasche Wodka bestellt. In der Folge hätten die drei dann die Flasche Wodka ausgetrunken. Der dabei auf dem Berufungswerber anfallende Anteil habe "zumindest die Hälfte der 0,7 l Flasche Wodka" betragen. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner ständigen Judikatur zur sogenannten "Nachtrunkbehauptung", dass derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen hat.

 

Wenn, wie im Beschwerdefall, der mit Erkenntnis des Gerichtshofes vom 25.05.2007, GZ 2007/02/0141, entschieden wurde, bloß behauptet wird, etwa zwei Flaschen Bier und gemeinsam mit einer anderen Person eine Flasche Wein konsumiert zu haben, so reichen diese Angaben im Hinblick auf das Verlangen der Konkretisierung eines Nachtrunkes nicht aus. Dadurch ist nämlich die behauptete Gesamtkonsumation an Alkohol als Nachtrunk unbestimmt geblieben.

 

Auch wurde eine Nachtrunkbehauptung nicht als relevant eingestuft, wenn etwa jemand behauptet hat, nach dem Lenken fünf Schnäpse zu sich genommen zu haben, ohne die Maßeinheit dieser Schnäpse zu präzisieren (VwGH 23.02.2000, GZ 99/03/0402).

 

In Anbetracht dieser Konkretisierungsvorgaben durch den Verwaltungsgerichtshof muss die Nachtrunkbehauptung des Berufungswerbers als gleichfalls nicht ausreichend genug angesehen werden, um sie im Zuge einer allfälligen Rückrechnung des Alkoholgehaltes zum Lenkzeitpunkt berücksichtigen zu können. Damit war von einem rechtlich relevanten Nachtrunk nicht auszugehen, wenngleich es auch nicht unglaubwürdig ist, dass der Berufungswerber in dem erwähnten Lokal sehrwohl Alkohol konsumiert haben dürfte.

 

Geht man sohin davon aus, dass eben ein relevanter Nachtrunk nicht erfolgte, so kann in Konsequenz dessen dem Berufungswerber aber auch nicht vorgeworfen werden, er habe nach einem Verkehrsunfall noch einen Nachtrunk getätigt und dadurch an der Mitwirkung zur Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt. Der Sinn des Verbotes der Konsumation von Alkohol nach einem Verkehrsunfall bis zum Ende der amtlichen Sachverhaltsaufnahme liegt ja darin, klären zu können, ob der Lenker nicht schon vor dem Unfallszeitpunkt alkoholisiert war. Durch einen weiteren Alkoholkonsum würde die Klärung dieser Frage erschwert oder bisweilen sogar verunmöglicht werden. Im vorliegenden Fall war aber ohnedies davon auszugehen, dass der Berufungswerber bereits zum Lenkzeitpunkt alkoholbeeinträchtigt war, zumal ein Abzug von nachträglich konsumierten Getränken nicht erfolgen konnte. Es galt also der mittels Alkomat festgestellte Wert, der als für den Lenkzeitpunkt erwiesen anzusehen war. Abgesehen davon ist es nach Ansicht der Berufungsbehörde kaum schlüssig begründbar, einerseits Nachtrunkangaben aufgrund nicht hinreichend konkretisierter Menge der alkoholischen Getränke als nicht relevant abzutun, andererseits dem Betreffenden aber gleichzeitig vorzuhalten, dass er einen unerlaubten Nachtrunk getätigt habe. In Anbetracht dessen war der Berufung hinsichtlich Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge zu geben und dieses in diesem Punkt zu beheben.

 

Der Vollständigkeit halber soll hier noch angefügt werden, dass auch nicht hinreichend erwiesen ist, dass am Fahrzeug der Zweitbeteiligten tatsächlich ein Sachschaden entstanden ist, der unzweifelhaft dem Anstoß durch den Berufungswerber zugerechnet werden kann. In der von der Erstbehörde aufgenommenen Niederschrift mit der Fahrzeugbesitzerin vom 17. November 2009 hat diese angegeben, dass bei ihrem Fahrzeug nur die Nummerntafel beschädigt gewesen sei. Diese habe ihr Freund ausgebogen. Lackschäden seien ihr keine aufgefallen, auch keine Beschädigung der Nummerntafelhalterung. Sie habe keine Schadenersatzforderungen gestellt.

 

Zur Strafbemessung bezüglich Faktum 1. des Straferkenntnisses:

 

Beim Berufungswerber ist ein Atemluftalkoholgehalt von 0,79 mg/l festgestellt worden.

 

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 beträgt der Strafrahmen im Falle einer Atemluftalkoholkonzentration zwischen 0,6 mg/l und 0,79 mg/l 1.200 Euro bis 4.400 Euro. Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 1.600 Euro bewegt sich sohin oberhalb der gesetzlichen Mindeststrafe. Hiezu ist allerdings zu bemerken, dass der beim Berufungswerber festgestellte Wert von 0,79 mg/l Atemluftalkoholgehalt bereits sehr nahe an der strafsatzändernden Grenze von 0,8 mg/l lag. Hier gilt die gesetzliche Mindeststrafe von 1.600 Euro. Auch konnten dem Berufungswerber keine Milderungsgründe zugute gehalten werden. Die Berufungsbehörde verkennt zwar nicht, dass auch nüchterne Fahrzeuglenker an abgestellte Fahrzeuge anfahren können, lebensnah steigt die Wahrscheinlichkeit naturgemäß mit dem Ausmaß einer Alkoholbeeinträchtigung. So gesehen ist die Fahrt des Berufungswerbers auch nicht völlig folgenlos geblieben.

 

Zu den persönlichen Verhältnissen hat der Berufungswerber angegeben, dass ihn Sorgepflichten für vier Personen treffen würden, die Berufungsbehörde geht aber davon aus, dass er trotz der über ihn verhängten Geldstrafe in der Lage sein wird, diesen nachzukommen. Zu den Einkommensverhältnissen hat der Rechtsmittelwerber keine Angaben gemacht, es spricht also nichts gegen die Annahme, dass sein Einkommen sich in einer Höhe bewegt, die ihm die Bezahlung der Strafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen wird.

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 18.11.2011, Zl. 2010/02/0219-6

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