Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240754/2/BP/Gr

Linz, 12.07.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung der X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 9. Juni 2010, GZ SanRB96-19-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Tabakgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 51, und 27 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 9. Juni 2010, GZ SanRB96-19-2009, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro einerseits, 300 Euro andererseits (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt: 42 Stunden) verhängt, weil sie als Betreiberin des Einzelunternehmens X mit Sitz in X, X, und Inhaberin der X Filiale samt unmittelbar angeschlossenem Cafe im Einkaufszentrum X, X, X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass zu folgend genannten Zeiten unter den genannten Umständen im als "X" bezeichneten Bereichs des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes "X", nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste der "X" nicht geraucht werde. Sie habe das Rauchen der Gäste weder unterbunden noch unterbinden lassen.

 

1) Am 23. Jänner 2009 gegen 12:09 Uhr habe eine Dame an einem Tisch, der zur Bäckerei gehöre, geraucht. Eine weitere Dame habe direkt an der Bar des zur Bäckerei gehörenden (unmittelbar angeschlossenen) Cafes geraucht. Die Bw habe das Rauchen der Gäste weder unterbunden noch unterbinden lassen. Vielmehr seien an 5 Tischen und direkt an der Bar des Cafes Aschenbecher aufgestellt gewesen.

 

2) Am 4. März 2009 gegen 15:53 Uhr sei von den Gästen an den Tischen des zur Bäckerei gehörenden (angeschlossenen) Cafés geraucht worden. Die Bw habe das Rauchen der Gäste weder unterbunden noch unterbinden lassen.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 13 Abs. 1 iVm § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 und § 14 Abs. 4 Tabakgesetz, BGBl. I Nr. 431/1995, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 120/2008 genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde in einer eingehenden Begründung sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an. Die Strafbemessung sei tat- und schuldangemessen erfolgt.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters nachweislich am 11. Juni 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 25. Juni 2010.

 

Darin führt die Bw u.a. aus, dass es sich bei der in Rede stehenden Mall um keinen öffentlichen Raum im Sinne des § 13 Abs.1 TabakG handle. Maßgebend sei daher nicht die Öffentlichkeit eines Ortes sondern das Tatbestandsmerkmal des Raumes. Die Tatsache, dass die belangte Behörde dem Antrag der Bw auf die Einholung eines lufttechnischen Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen sei, stelle einen Verfahrensmangel da. Der ggst. Gastronomiebetrieb weise eine Grundfläche von weniger als 50 m2 auf, weshalb das Rauchverbot gemäß § 13a Abs.3 Z.1 TabakG nicht anwendbar sei. Die Tatsache, das ein Lokal gegenüber der Mall offen sei könne die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 13a Abs.3 Z.1 TabakG nicht in Frage stellen.

 

Die Bestimmungen des Tabakgesetzes unterschieden bei ihren Verbotsvorschriften zwischen dem Rauchverbot in Räumen eines "öffentlichen Ortes" gemäß § 13 Abs.1 TabakG einerseits und "den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gästen dienenden Räumen". Zwischen diesen beiden Deliktsgruppen sei strikt zu trennen. Es fehle im Übrigen eine Konkretisierung, ob sich die im Spruch genannten Tische innerhalb oder außerhalb des "eigentlichen Lokals" im zuvor angeführten Sinn befunden hätten (ganz abgesehen davon, dass sich das essentielle Tatbestandsmerkmal "überdacht" in Verbindung mit "Einkaufszentrum" fehle".

 

Die Tatsache des vorhanden Seins von Aschenbechern stelle keinen Verstoß gegen das Tabakgesetz dar. Der Vorwurf, nicht für die Einhaltung des Rauchverbots Sorge getragen zu haben, sei unzutreffend und verwaltungsstrafrechtlich nicht sanktionierbar.

 

Die Bw sei nicht dafür verantwortlich, dass sich Gäste an das Rauchverbot hielten. Dem Gastronomiepersonal ständen auch keine polizeilichen Befugnisse zu. Es müsse sich das Einschreiten auf eine Aufforderung beschränken. Im Übrigen lägen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG vor.

 

Aus all diesen Gründen stellt die Bw nachstehende Berufungsanträge:

 

1. eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem UVS anzuberaumen und sodann

 

2. der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Juni 2010 SanRB96-19-2009 dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen werde.

 

2.1. Mit Schreiben vom 02. Juli 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Da sich daraus schon der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei feststellen ließ und sich bereits ergab, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG zu entfallen.

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. gegen eine im
§ 13c Abs. 2 leg. cit. festgelegten Obliegenheiten verstößt und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

 

Gemäß § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz hat jeder Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme des § 13 Abs. 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird.

 

Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 Tabakgesetz ist der Inhaber eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass das in Rede stehende Unternehmen mit Sitz in X (vgl. Firmenbuchauszug) - aufgrund eines Bestandsvertrages - Inhaber der Bäckereifiliale in der "X" ist, wie auch die Tatsache, dass die Bw als persönlich haftende Gesellschafterin und Gewerbeinhaberin dieses Unternehmens, zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Es stellt sich zunächst die Frage nach dem Tatort, da an deren Beantwortung die Zuständigkeit der Strafbehörde anknüpft.

 

3.3.1. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

3.3.2. Für die örtliche Zuständigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein, jedoch ist auf das betreffende Tatbild bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 15. Jänner 1998, 97/07/0137). Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl. u.a. ebenda).

 

3.3.3. Die in § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz postulierte Sorgepflicht von Inhabern eines öffentlichen Raumes zur Vermeidung von Verstößen gegen den Nichtraucherschutz beinhaltet neben dem unmittelbaren Einschreiten gegen das Rauchen vor Ort u.a. das Personal eines Unternehmens in geeigneter Weise zu informieren und anzuweisen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, dafür zu sorgen, dass auf das Rauchverbot hinreichend hingewiesen wird sowie das Aufstellen von Aschenbechern zu unterbinden.

 

Bei diesen Maßnahmen, die von einem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines Unternehmens gefordert sind, handelt es sich fraglos um solche, die nicht an die Örtlichkeit des betreffenden öffentlichen Raums gebunden sind, sondern um Verfügungen die vom Sitz des Unternehmens aus ergehen oder koordiniert werden. Dass sich der Erfolg der Verletzung der Sorgetragungspflicht in der Regel am öffentlichen Ort manifestiert, ist im Sinne des § 27 VStG unerheblich.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass Tatort im Sinne des
§ 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz bei Inhabern eines öffentlichen Raums deren sitz nicht mit dem in Rede stehenden Ort übereinstimmt, jedenfalls der Unternehmenssitz ist.

 

3.4. Aus den eben dargelegten Erwägungen ergibt sich konsequenter Weise, dass im vorliegenden Fall die örtlich unzuständige Behörde das Straferkenntnis I. Instanz erließ, weshalb der angefochtene Bescheid – unabhängig vom Berufungsvorbringen – aufzuheben war.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben (Spruchpunkt II).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree


 

 

Rechtssatz:

Siehe VwSen-240737/2/BP/Gr vom 22. Juni 2010

 

 

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