Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522597/2/Sch/Th

Linz, 07.07.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. X und Mag. X, X, vom 9. Juni 2010, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1. Juni 2010, Zl. VerkR21-169-2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 1. Juni 2010, Zl. VerkR21-169-2010, die Herrn X von der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 11. September 2009 unter Zl. 08422127 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24 und 25 Führerscheingesetz (FSG) 1997 für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Weiters wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

 

Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.2ff AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist unbestrittenerweise mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 17. Februar 2010, 20 Hv 2/10 t, wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach dem § 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100 Tagessätzen zu je 4 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall zu 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden, weil er am 19. Dezember 2009 in Schärding den X durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht sowie dadurch, dass er ihm mit einem Aschenbecher aus Glas gegen die Schädeldecke schlug, wodurch dieser einen offenen Nasenbeinbruch und eine Rissquetschwunde an der Schädeldecke erlitt, am Körper an sich schwer verletzt hat.

 

Im Hinblick auf die Strafbemessung als erschwerend wurde kein Umstand gewertet, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, das Tatsachengeständnis sowie ein nicht auszuschließendes Mitverschulden des X.

 

Dieses Urteil ist bei der Erstbehörde am 17. Mai 2010 eingelangt. Zu diesem Zeitpunkt war seit dem Vorfall ein Zeitraum von etwa fünf Monaten (Tatzeitpunkt 19. Dezember 2009) vergangen gewesen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken, dass sich das Vergehen der schweren Körperverletzung gemäß § 84 StGB im Deliktskatalog des § 7 Abs.3 FSG findet. Ein solches Delikt schließt sohin im Verein mit dessen Wertung die Verkehrszuverlässigkeit des betreffenden Inhabers einer Lenkberechtigung aus.

 

Gemäß § 7 Abs.4 leg.cit sind für diese Wertung der relevanten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Sohin bildet ein wesentliches Wertungskriterium der Umstand, welcher Zeitraum seit der Tat vergangen ist und wie sich der Täter in dieser Zeit verhalten hat. Nach der Aktenlage ist nichts Gegenteiliges anzunehmen als der Umstand, dass sich der Berufungswerber in dieser Zeit wohlverhalten hat.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG beträgt die Mindestdauer der Entziehung der Lenkberechtigung bei mangelnder Verkehrszuverlässigkeit drei Monate.

 

Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber durch das gesetzte Delikt Grund zur Annahme der nicht mehr vorliegenden Verkehrszuverlässigkeit geliefert hat. Zu beachten ist allerdings, dass die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides mit Recht annehmen muss können, dass Verkehrsunzuverlässigkeit vorliegt und die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten werde (VwGH 14.09.2004, ZVR 2005/76 ua).

 

Ist seit der Begehung der eine bestimmte Tatsache darstellenden strafbaren Handlung so viel Zeit verstrichen, dass die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht mehr gerechtfertigt ist, darf die Lenkberechtigung nicht mehr entzogen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Erlassung des Entziehungsbescheides zu einem früheren Zeitpunkt mangels Abschlusses eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens nicht möglich gewesen ist (VwGH 23.04.2002, ZVR 2004/97).

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist in diesem Sinne eine Prognoseentscheidung nicht schlüssig begründbar, wonach der Berufungswerber noch zum Zeitpunkt der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides, aber noch weniger zu jenem der Erlassung eines Berufungsbescheides weiterhin für die Dauer von drei Monaten verkehrsunzuverlässig sein würde. Auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bezogen käme dies einem Zeitraum von insgesamt etwa sieben Monaten gleich, für welchen dem Berufungswerber Verkehrsunzuverlässigkeit zugesonnen werden müsste. Für eine solche Prognosenentscheidung finden sich allerdings im vorliegenden Gerichtsurteil keine Anhaltspunkte.

 

Im Ergebnis schließt sich sohin die Berufungsbehörde den Erwägungen der Erstbehörde, wie sie im Aktenvermerk vom 18. Mai 2010 festgehalten sind, an, wenngleich diese nicht dazu geführt haben, von einer Entziehung der Lenkberechtigung Abstand zu nehmen, wie es nach der Sach- und Rechtslage geboten gewesen wäre.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

 

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