Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550534/20/Wim/Pe VwSen-550545/10/Wim/Pe

Linz, 17.08.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende Dr. Ilse Klempt, Berichter Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der J W & S GmbH & Co KG, vertreten durch W Rechtsanwälte GmbH, vom 29. Juni 2010 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der x betreffend das Vorhaben „Musiktheater Linz, Paket 2 Gebäudehülle – Teil 1 Holz-Alu-Fenster“, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Dem Antrag wird Folge gegeben und die am 17. Juni 2010 bekannt- gegebene Entscheidung, der S GmbH & Co F-F-I KG den Zuschlag erteilen zu wollen, für nichtig erklärt.

 

 

II.        Die X wird verpflichtet der Antragstellerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von 7.500 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergaberechtschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm §§ 19, 98, 106, 123, 126, 129, 131 und 345 Abs.14 Z2 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idgF.

zu II.: § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Eingabe vom 29.6.2010, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 30.6.2010, hat die J W & S GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 7.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin mit Bekanntmachung vom 1.3.2010 ein Vergabeverfahren betreffend die Leistungen „Musiktheater Linz, Paket Gebäudehülle“ eingeleitet habe und es sich um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich handle.

 

Inhalt der Ausschreibung „Paket 2 Gebäudehülle“ sei

1.      Holz-Alu-Fenster;

2.      Glas-Alu-Blech-Fassade, Sonnenschutz

3.      Betonfertigteile, Wärmedämmung, Naturstein und

4.      Schwarzdecker, Spenglerarbeiten sowie

5.      ein diesbezügliches Gesamtangebot.

 

Als Abgabetermin wurde der 26.4.2010, 11.00 Uhr, und als Ausführungszeitraum 7/2010 bis 10/2010, festgesetzt. Gemäß Bekanntmachung waren bzw. sind sowohl Varianten- wie auch Alternativangebote ebenso zulässig wie auch eine Aufteilung in Lose. Als Zuschlagskriterium wurde der niedrigste Preis festgesetzt.

 

Am 19.3.2010 sei im Rahmen einer ersten Nachsendung seitens der Auftraggeberin eine Klarstellung vorgenommen worden, dass in der Pos. 54.1329 A das Fenster als „... isoliertes Holz/Thermoschaum/Aluminium-Verbundfenster ...“ beschrieben sei. Diese Formulierung sei so zu verstehen, dass der Thermoschaum nicht zwingend erforderlich sei. Holz-Alu-Fenster in klassischer Bauart seien ausdrücklich zugelassen, sofern alle anderen Kriterien des Leistungsverzeichnisses (LV) erfüllt seien.

Mit einer zweiten Nachsendung vom 2.4.2010 sei von der Auftraggeberin bekannt gegeben worden, dass sowohl Angebotsabgabetermin wie auch Angebotsöffnungstermin 26.4.2010, 10.00 Uhr bzw. 10.10 Uhr (Eröffnung der Angebote) vorverlegt werden.

Im Rahmen einer dritten Nachsendung mit Änderungen und Klarstellungen zum LV vom 9.4.2010 sei seitens der Auftraggeberin ein gänzlich neues LV zum Angebotsteil 1. Holz-Alu-Fenster übermittelt worden. Darin enthalten seien wesentliche Änderungen, zumal der wesentliche Vertragsgegenstand (nämlich Holz-Alu-Fenster) gänzlich abgeändert worden sei. Anstatt eines Holz-Alu-Fensters mit vorgesetzter Scheibe, geklebt, in Nurglasoptik sein nun als Ver­trags­­gegenstand ein Holz-Alu-Fenster mit Rahmen (vorgesetzte Scheibe, mit sichtbarem Alu-Profil gehalten) definiert worden.

 

Eine ebenfalls wesentliche Änderung des wesentlichen Vertragsgegenstandes, nämlich des Holz-Alu-Fensters, sei durch eine Abänderung in Bezug auf die Beschläge erfolgt. Anstatt der ursprünglich im LV und den Ausschreibungsunterlagen (AU) enthaltenen „vollkommen verdeckt liegenden Beschlägen“ sei festgehalten worden, dass auch „Standard-Drehkipp-Beschläge“ verwendet werden könnten. Auch sei hinsichtlich der Pos. 02 01 54.13 Z das bewertete Schalldämmmaß entsprechend abgeändert bzw. erhöht worden. Vor allem hinsichtlich der Fenster mit der Pos. 02 01 54.1329 CZ sei gemäß der 3. Nachsendung ein bewertetes Schalldämmmaß von 44 dB (Rw) definiert und vorgegeben gewesen.

 

Entgegen der Bekanntmachung sollten gemäß AU Alternativangebote nicht zulässig sein.

 

Gemäß AU, Pos. 00.11.03 Z seien folgende Unterlagen bei der Auftraggeberin einzureichen (Form der Angebote):

-                    vollständig ausgefülltes und rechtsgültiges Angebotsschreiben (Unterfertigung auf der dafür vorgesehenen Seite)

-                    ein Lang-LV ohne Preise mit ausgefüllten Bieterlücken oder Abgabe eines ausgefüllten Bieter-Lücken-Verzeichnisses

-                    ein Kurz-LV mit Preisen rechtsgültig gefertigt mit Firmenstempel

-                    ein ÖNORM-Datenträger (Diskette/CD) (gemäß Pos. 00.11.03.D Z ist ein Datenträgeraustausch gemäß ÖNORM B2063 erforderlich und verpflichtend)

 

Entgegen den in den ursprünglichen Ausschreibungsbestimmungen festge­haltenen Terminen sei als Schlusstermin für den Eingang der Angebote der 26.4.2010, 10.00 Uhr, festgelegt worden; die Eröffnung der Angebote sei am 26.4.2010, 10.10 Uhr, erfolgt.

 

Die Antragstellerin habe ein formrichtiges und formgültig unterfertigtes Angebotsschreiben vor Ablauf der gesetzten Angebotsfrist hinsichtlich des Angebotsgegenstandes „1. Holz-Alu-Fenster“ gelegt und die angeforderten Unterlagen und Urkunden sowie einen ÖNORM-gerechten Datenträger beigelegt. Der Teilangebotspreis für das Teilangebot Holz-Alu-Fenster betrage brutto 1,817.219,54 Euro.

 

Gemäß Angebotseröffnungsprotokoll sei von der Firma S GmbH & Co F-F-I KG ein diesbezüglicher Teilangebotspreis (Holz-Alu-Fenster) von brutto 1,799.890,80 Euro angeboten worden. Dies auf Grundlage der im Angebotseröffnungsprotokoll angeführten Beilagen, nämlich u.a. von Datenträger, 2 Angebotsschreiben und einem Begleitschreiben.

 

Der angeforderten Niederschrift über die Angebotsprüfung sei zu entnehmen, dass die Summe, die ursprünglich vom erstgereihten Bieter S GmbH & Co F-F-I KG mit 1,799.890,80 Euro angeboten wurde, offensichtlich auf Grund einer rechnerischen Überprüfung auf die Angebotssumme 1,809.250,80 Euro verändert bzw. vom Auftraggeber im Zuge der vorgenommenen „rechnerischen Überprüfung“ abgeändert worden sei.

 

Mit Schreiben vom 17.6.2010 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma S GmbH & Co F-F-I KG, als Billigstbieter mit einer Angebotssumme von 1,809.250,80 Euro brutto, den Zuschlag zu erteilen. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 1.7.2010 bekannt gegeben.

 

Die X sei 100 %ige Tochter der Oö. Theater und Orchester GmbH, diese wiederum 100 %ige Tochter der Oö. Landesholding GmbH, welche wiederum im 100 %igen Eigentum des Landes Oberösterreich stehe. Die X sei öffentliche Auftraggeberin iSd Art.14b Abs.2 Z2 B-VG.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss führt die Antragstellerin aus, dass ihr Unternehmen vor allem bei Sonderlösungen, Großbauten und im öffentlichen Bau im Zusammenhang mit der Herstellung, Lieferung und Montage von Fenster- und Türelementen, aber auch von Fassaden und Fassadenelementen (Holz, Holz-Alu) besonders versiert und bekannt sei. Die ausgeschriebenen Leistungen würden zu den Spezialgebieten im Unternehmen zählen und liege der Firmensitz nur unweit des Standortes des „Musiktheaters Linz“. Die Antragstellerin habe ein immenses Interesse, Aufträge, insbesondere prestigeträchtige, zu erhalten.

 

Zum Schaden bringt die Antragstellerin vor, dass ihr durch den Entgang des Auftrages ein unmittelbarer Schaden entstehen würde, welcher sich aus dem entgangenen (kalkulierten) Gewinn in Höhe von ca. 120.000 Euro, den Auf­wendungen für die Angebotserstellung sowie aus voraussichtlich nicht kompensierbaren Auslastungsdefiziten, zusammensetze. Des Weiteren seien ca. 125 Arbeitsstunden für die Erstellung des Angebots samt sämtlichen beizuschaffenden Urkunden und Unterlagen, für die Kalkulation des Angebots und der einzelnen Angebotspreise, aufgewendet worden. Zudem würde ein wichtiges Referenzprojekt in Oberösterreich bzw. in der Heimatstadt L verloren gehen.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechts- bzw. gesetzeskonformen Vergabeverfahrens gemäß § 19 BVergG 2006 verletzt, zumal das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu Unrecht nicht ausgeschieden und somit nicht das Angebot der Antragstellerin als jenes mit dem niedrigeren  Preis für den Zuschlag in Aussicht genommen worden sei.

Es würden auch die Rechte der Antragstellerin auf Durchführung des Vergabeverfahrens unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs, vor allem auch auf Einhaltung der AU, des Ausscheidens von auszuscheidenden Angeboten, der willkürfreien Zuschlags­entscheidung und insbesondere der Vergleichbarkeit der Angebote, die durch die bekämpfte Entscheidung verletzt werden. Insbesondere erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht verletzt, den Zuschlag als diejenige (verbleibende) Bieterin zu erhalten, die das Angebot mit dem niedrigsten Preis (entsprechend den Vergabebestimmungen) gelegt habe.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeiten bezeichnet die Antragstellerin das Nicht-Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und führt hiezu im Wesentlichen aus, dass die technische Leistungsfähigkeit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht gegeben sei, das Angebot den Ausschreibungsbedingungen widerspreche bzw. unzulässigerweise zwei Angebote (möglicherweise in Form von unzulässigen Alternativ- und/oder Abänderungs­angeboten) vorlägen, das Angebot unverbesserbar sowie unbehebbar unvoll­ständig sei sowie, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin, insbe­sondere für die notwendigen Montagearbeiten, nicht über einen Anerkennungs­bescheid im Sinne der §§ 373c f GewO (gemäß § 20 Abs.1 BVergG 2006) verfüge.

 

Im Detail wurde zur mangelnden technischen Leistungsfähigkeit vorgebracht, dass der Auftraggeber gemäß § 75 Abs.1 BVergG 2006 als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit je nach Art, Menge oder Umfang und Verwendungszweck der zu liefernden Waren der zu erbringenden Bau- oder Dienstleistungen die in Abs.5 bis 7 angeführten Nachweise verlangen könne. Nach Ansicht der Antragstellerin sei die Bestimmung trotz des Umstandes, dass das gegenständliche Vergabeverfahren als „Bauauftrag“ ausgeschrieben worden sei, dennoch heranzuziehen sei, zumal die Lieferung, im konkreten Fall von Holz-Alu-Fenstern (und Türen), also von Waren sowohl umfangmäßig wie auch aus technischen Gesichtspunkten deutlich im Vordergrund zu den Montagetätigkeiten stehe.

 


In den AU (LV-Pos. 02 01 51.Z) sei festgelegt, dass, wenn nicht anders angegeben, nur Fenster mit einem Eignungsnachweis (Systemprüfung) gemäß Abschnitt 7 der ÖNORM B5300, Ausgabe 2002-02-01, ausgeführt werden. Die Fenster hätten mindestens den allgemeinen Anforderungen für Fenster und Fenstertüren gemäß Tabelle 2 dieser ÖNORM und den Werten der Tabelle C.1 (Anhang C) für die frühere Beanspruchungsgruppe C zu entsprechen.

 

Der Eignungsnachweis gelte auch als erbracht, wenn die angebotenen Fenster das Gütezeichen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätsarbeit hätten oder wenn die darin enthaltenen Gütevorschriften durch eine akkreditierte Prüf- oder Überwachungsstelle als erfüllt bestätigt würden. Dies gelte auch für die Qualität der Fensterstockprofile.

 

Die geforderte Beanspruchungsklasse gemäß ÖNORM B5300, Klasse C, sähe eine maximale Durchbiegung (Widerstandsfähigkeit bei Windlast) der Fenstersysteme von L/300 vor. Es sei allgemein bekannt, dass deutsche Systeme im Hinblick auf die Widerstandsfähigkeit bei Windlast seit jeher lediglich auf eine Durchbiegung von L/200 geprüft würden. Eine derartige Durchbiegung (L/200) entspreche allerdings nicht der Beanspruchungsklasse C, sondern der Beanspruchungsklasse B iSd Diktion der ÖNORM B5300. Insbesondere werde auch auf die Darstellung der Werte in der verbindlich erklärten Tabelle C1 (Anhang C) der ÖNORM B5300 verwiesen.

 

Auch sähen die allgemeinen Anforderungen für Fenster und Türen laut Tabelle 2 der ÖNORM B5300 eine Prüfung in Bezug auf die mechanische Beanspruchung gemäß ÖNORM EN12400 nach den Anforderungen der „Klasse 2“ von insgesamt 10.000 Zyklen vor. Es sei allgemein bekannt, dass in Deutschland eine derartige Prüfung (mechanische Beanspruchung bzw. Prüfzyklen in einer Anzahl von 10.000) nicht verbindlich zu erfolgen habe.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge jedoch nicht über eine Bescheinigung bzw. eine Zertifizierung, wonach die angebotenen Fenstersysteme den geforderten Spezifikationen insbesondere nach ÖNORM B5300, Tabelle 2 und den Werten der Tabelle C1 entsprächen. Die technische Leistungsfähigkeit sei somit nicht gegeben.

 

Das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Fenstersystem entspreche nicht den geforderten Anforderungen. Insbesondere liege eine Zertifizierung des angebotenen Fenstersystems, somit auch eine Prüfung und ein entsprechendes Prüfzeugnis über das angebotene Fenstersystem iSd geforderten Bestimmungen des Abschnittes 7 der ÖNORM B5300 nicht vor.

 

In der Zertifikatdatenbank der „A S P GmbH“ seien grundsätzlich alle Produkte aufgelistet, die aktuell nach einem der von ON-Cert. (Normungsinstitut) angebotenen Systeme zertifiziert sind. Eine Eintragung eines Prüfzeugnisses oder einer Zertifizierung für das angebotene Fenstersystem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin finde sich in dieser Zertifikats-Datenbank nicht.

 

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin widerspreche somit nicht nur den Ausschreibungsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Prüfung und dem entsprechenden Nachweis diesbezüglich, sondern auch im Hinblick auf die Anforderungen gemäß ÖNORM B5300 (vor allem Beanspruchungsklasse C), und auf das geforderte Schalldämmmaß von 44 dB (Rw). Auch seien von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin weder Prüf­zertifikate noch entsprechende Nachweise darüber vorgelegt (und könnten auch nicht vorgelegt werden) worden, dass das angebotene Produktsystem über die notwendigen Prüfzeugnisse und somit auch über die in Oberösterreich notwendige Zulassung verfüge.

 

Gemäß § 106 Abs.8 BVergG 2006 könne der Bieter während der Angebotsfrist durch eine zusätzliche, rechtsgültig unterfertigte Erklärung sein Angebot ändern, ergänzen oder von demselben zurücktreten. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, dass das Legen eines zweiten Angebots nicht zulässig sei und somit zwingend zur Ausscheidung beider Angebote desjenigen Bieters führen müsse, der während der Angebotsfrist zwei Angebote gelegt habe.

 

Die relevanten AU hätten im konkreten Fall lediglich ein Angebotsschreiben vorgesehen. In diesem einen Angebotsschreiben sei bekannt zu geben gewesen, für welches der Teilangebote (1. Holz-Alu-Fenster; 2. Glas-Alu-Blech-Fassade, Sonnenschutz usw.) ein Angebot gelegt werde bzw. ob allenfalls ein Gesamtangebot für alle Teilangebote von 1 bis 4 gelegt werde.

Insofern ein Bieter beispielsweise ein Teilangebot lediglich für Teil 1 (Holz-Alu-Fenster) und Teil 2 (Glas-Alu-Blech-Fassade, Sonnenschutz) gelegt habe, könne dies nur im Zuge eines Angebotsschreibens erfolgen.

 

Dem Eröffnungsprotokoll sei zu entnehmen, dass die präsumtive Zuschlags­empfängerin nicht ein, sondern zwei Angebotsschreiben erlegt bzw. eingereicht habe. Auch aus diesem Grund wären beide Angebote iSd § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen.

 

Gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 seien überdies fehlerhafte oder unvollständige Angebote, deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht beheb­bar sind, auszuscheiden.

 

Das Fehlen einer technischen Zulassung des angebotenen Fenstersystems nach den (Prüf-)Kriterien der ÖNORM B5300 (2002), vor allem im Hinblick auf Durchbiegung (Windwiderstandsfähigkeit), aber auch im Hinblick auf den Prüfzyklus von 10.000 Zyklen in Bezug auf die mechanische Beanspruchung, sowie in Bezug auf die sonstigen in Tabelle 2 „Allgemeine Anforderungen für Fenster und Fenstertüren“ bzw. Tabelle „C.1“ der in ÖNORM B5300 genannten Kriterien werde auch als fehlerhaftes bzw. unvollständiges Angebot, deren Mängel und Fehler auch nicht behoben wurden bzw. werden konnten, gerügt.

 

Gemäß dem Prüfbericht der Projektsteuerung und örtlichen Bauaufsicht SPP, der – wenn auch nur kursorisch bzw. geschwärzt – der Antragstellerin übermittelt worden sei, sei eine vertiefte Angebotsprüfung nur hinsichtlich des erstgereihten Bieters erfolgt, da durch die Preisdifferenz zum Mitbewerb und durch die vorab festgestellte weitestgehende Vollständigkeit und Formrichtigkeit des Angebots, dieses Angebot auch aller Voraussicht nach, bei Abschluss der Gesamtprüfung für eine Zusatzentscheidung in Frage komme.

 

Allein schon aus der Diktion dieses Berichts über die Angebotsprüfung ergebe sich, dass offensichtlich eine Vollständigkeit des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht vorliege bzw. vorgelegen habe. Dieser Umstand widerspreche allerdings den Vorgaben der Auftraggeberin und sohin den Ausschreibungsbedingungen, die in den AU (Pos. 00.11.04.A Z) vorsähen, dass „Angaben des Bieters in allen vom Ausschreiber vorgesehenen Preisfeldern im LV und in etwaigen beigeschlossenen Formularen, so wie sonstige in der Ausschreibung verlangten Nachweise und Beilagen zum Angebot“ zu machen seien.

 

Unter Vollständigkeit des Angebots sei sohin zu verstehen, dass im Zeitpunkt der Abgabe des Angebots und somit auch der Angebotsöffnung in allen (Preis-) Feldern im LV vom Bieter entsprechende Angaben gemacht seien. Eine „Vollständigkeit“ könne nur entweder gegeben oder nicht gegeben sein. Eine „weitestgehende“ Vollständigkeit indiziere schon begriffslogischerweise die Un­vollständigkeit des Angebots.

 

Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass im Zuge der Angebotsöffnung die Angebotssumme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 1,799.890,80 Euro bekannt gegeben und angegeben worden sei. Nach „Korrektur der Rechenfehler“ (lt. Prüfbericht) sei die Angebotssumme um genau 9.360,00 Euro brutto (netto: 7.800,00 Euro) höher angegeben worden.

 

Es sei aber auszuschließen, dass es sich hiebei um einen Rechenfehler, der allenfalls korrigierbar wäre, gehandelt habe. Unter einem „Rechenfehler“ bzw. einem „rechnerisch fehlerhaften Angebot“ (iSd §§ 129 Abs.1 Z9 bzw. 126 Abs.4 BVergG 2006) werde nach ständiger Rechtsprechung ein Fehler verstanden, der im Rechengang, ausgehend vom angebotenen Einheitspreis und der ausgeschriebenen Menge zu einer Änderung des angebotenen Gesamtpreises führe. Ein Rechenfehler, der allenfalls einer Verbesserung bzw. einer Berichtigung zugänglich wäre, setze also voraus, dass vom Bieter sowohl ein angebotener Einheitspreis als auch die jeweils ausgeschriebene Menge im Angebot angeführt seien. Insofern dies nicht der Fall sei, insbesondere, insofern eine oder mehrere Positionen in Bezug auf den angebotenen Einheitspreis vom Bieter unausgefüllt bleibe, handle es sich nicht um einen allenfalls korrigierbaren Rechenfehler, sondern um eine unbehebbare Unvollständigkeit des Angebots.

 

Wenn gemäß dem Prüfbericht von einer „weitestgehenden Vollständigkeit“ des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gesprochen werde, so könne der Hinweis auf eine „Korrektur der Rechenfehler“ und die Abänderung der Angebotssumme von 1,799.890,80 Euro auf 1,809.250,80 Euro, sohin die Erhöhung der Angebotssumme um einen Betrag von brutto 9.360,00 Euro bzw. netto 7.800,00 Euro nur bedeuten, dass nicht ein Rechenfehler behoben wurde, sondern, dass vorliegende und vorgelegte Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachträglich vervollständigt worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin von vornherein unvollständig und zumindest eine Position bei Angebotsabgabe nicht vollständig ausgepreist gewesen sei.

 

Nach Ansicht der Antragstellerin könne ein (korrigier- und behebbarer) Rechen­fehler gänzlich ausgeschlossen werden. Schließlich sei nicht nur die Abgabe von ausgepreisten LV gefordert worden, sondern auch die Abgabe eines ÖNORM-gerechten Datenträgers. Insofern das LV bzw. das Angebot auf Grundlage des (abzugebenden!) Datenträgers (kalkuliert) und erstellt worden sei, seien – soweit es sich um einen normgerechten Datenträger handelt – Rechenfehler (mit Ausnahme von äußerst geringfügigen Rundungs­fehlern) grundsätzlich ausge­schlossen.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die X als Auftraggeberin und die S GmbH & Co F-F-I KG als präsumtive Zuschlagsempfängerin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

 

2.1. Mit Stellungnahme vom 12.7.2010 wurde von der Auftraggeberin zusammen­gefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin die Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (darunter auch die technische Leistungsfähigkeit) gegeben sei und auch ordnungsgemäß geprüft worden sei. Ein Anerkennungsbescheid, wie von der Antragstellerin gefordert, sei für die Ausführung der gegenständlichen Leistungen nicht erforderlich. Beim gegenständlichen Auftrag handle es sich um einen Bauauftrag und seien die Bestimmungen für Lieferaufträge nicht anzuwenden.

 

Es sei nicht die Lieferung eines bestehenden Fenstersystems angeboten worden, sondern die Fenster müssten im Zuge der Auftragsausführung des Bauauftrages erst hergestellt und dort eingebaut werden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe sich mit ihrem ausschreibungskonformen Angebot im Falle der Auftragserteilung dazu verpflichtet, die einschlägigen Vorgaben in der Aus­schreibung (vorgeschriebene Mindeststandards) und die in der ÖNORM B5300 enthaltenen Spezifizierungen einzuhalten, was sie im Übrigen auch in ihrem Schriftverkehr mehrfach bestätigt habe. Es lägen keine Hinweise vor und bestehe kein Grund zu der Annahme, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die genannten Vorgaben im Zuge der Auftragsausführung nicht einhalten werde. Sie sei in technischer Hinsicht jedenfalls in der Lage die ausgeschriebene Leistung ausschreibungskonform zu erbringen.

Die in der ÖNORM geforderten Zertifizierungen und Bescheinigungen würden sich auf die Fenster beziehen und keine Eignungsnachweise iSd Vergaberechtes darstellen, da solche im vergaberechtlichen Sinn stets personen- bzw. bieter- und nicht sach- oder auftragsbezogen seien.

Ein Anerkennungsbescheid gemäß § 20 BVergG 2006 iVm § 373c f GewO sei nicht erforderlich, da ein solcher im Rahmen der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen nur mehr bei so genannten sensiblen Gewerben notwendig wäre. Im Falle der Ausübung eines in Österreich reglementierten Gewerbes reiche eine Dienstleistungsanzeige an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten. Die Auftraggeberin sei nicht befugt einen derartigen Nachweis zu verlangen und könne insbesondere auch deshalb das Angebot nicht ausgeschieden werden.

 

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei ausschreibungskonform. Die von den Angebotsprüfern im Zuge der (vertieften) Angebotsprüfung vorgenommenen Berichtigungen des Angebotes der präsumtiven Zuschlags­empfängerin beträfen behebbare Mängel, die den Auftraggeber nicht zum Ausscheiden des Angebotes berechtigen würden und überdies für den Ausgang des gegenständlichen Vergabeverfahrens nicht relevant seien. Es sei keine Legung eines zweiten Angebotes durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfolgt.

 

Das gelegte Angebot sei nicht unvollständig. Das prüfende Ingenieurbüro habe im Zuge der Prüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine auf den ersten Blick vermeintliche Unregelmäßigkeit bei der Preiskalkulation festgestellt. Sämtliche Positionen im Angebot seien jedoch vollständig angeführt worden. An einer als weitgehend unwesentlich zu qualifizierenden Position sei den Angebotsprüfern jedoch aufgefallen, dass eine Position mit 0 Euro ausge­wiesen worden sei, wobei sich aber aus den Angaben an einer anderen Stelle im Angebot ergeben habe, dass für die diese Position betreffenden Leistungen ein Entgelt in genau verzeichneter Höhe verrechnet worden sei. Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung und des diesbezüglichen Aufklärungsprozesses sei von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitgeteilt worden, dass die betreffende Position deshalb mit 0 Euro beziffert worden sei, damit es angesichts der Ausweisung an einer anderen Stelle nicht zu einer Doppelverrechnung der Leistung komme. Dieses Missverständnis stelle unzweifelhaft einen behebbaren Mangel iSd BVergG 2006 dar, weil die Wettbewerbsposition der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durch die Korrektur materiell nicht verbessert werde und berechtige die Auftraggeberin keinesfalls zum Ausscheiden des Angebots. Von den Angebotsprüfern sei daher folgerichtig und iSd Punktes 00.11.06B Z der AU/Vergabebestimmungen vorgegangen worden und der Fehler durch Korrektur des Positionspreises und der Einrechnung in den Gesamtangebotspreis ent­sprechend einem Rechenfehler berichtigt worden. Daraus resultiere auch der höhere Angebotspreis. Eine nachträgliche Vervollständigung des Angebotes sei keinesfalls erfolgt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre auch ohne Berichtigung mit ihrem Angebot Billigstbieterin gewesen. Dieser Umstand sei daher für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss, da er nicht geeignet gewesen sei, ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens zu bewirken.

 

Die Formulierung „weitestgehende Vollständigkeit“ im Prüfbericht sei unzweifel­haft unglücklich gewählt worden, jedoch könne daraus entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin schon begrifflich keine Unvollständigkeit abgeleitet werden sondern indiziere dies vielmehr das Gegenteil.

 

2.2. Von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurden mit Eingabe vom 14.7.2010 rechtzeitig begründete Einwendungen erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die technische Leistungsfähigkeit durch umfangreiche Referenzen, welche dem Angebot beigeschlossen gewesen seien, in einem den Anforderungen der Ausschreibung bei weitem übersteigenden Ausmaß und Umfang nachgewiesen worden sei. Beim gegenständlichen Auftrag handle es sich um einen Bauauftrag. Die in der gegenständlichen Ausschreibung geforderten Nachweise seien allesamt erbracht worden. Die ÖNORM B5300 verweise bezüglich der Klassifizierungen und prüfenden Methoden auf die europäischen Normen, konkret auf die ÖNORMen EN14351-1, EN12210, EN12211 etc. Die Anforderungen bezüglich der Klassifizierungen und Prüfmethoden seien seit langem (Juni 2006) in Europa einheitlich geregelt. Die von der Antragstellerin vorgelegte ÖNORM B5300 sei seit langem überholt; derzeit gelte die Ausgabe vom 1.11.2007. Die angebotenen Fenster (Systeme) würden der Ausschreibung und den dort genannten Anforderungen entsprechen. Die in der Ausschreibung festgelegten Produktanforderungen seien keine Eignungs­kriterien für die technische Leistungsfähigkeit des Bieters.

 

Das Angebot entspräche in allen Punkten den gegenständlichen Ausschreibungsbedingungen. Insbesondere entsprächen sämtliche angebotenen Produkte den in der Ausschreibung festgelegten und im Angebot vereinbarten Normen und Standards. Es werde auf die Ausschreibungsbestimmung Pos. Nr. 00.11.31 Z verwiesen, wonach für den Fall, dass der Nachweis der Gleichwertigkeit nicht erbracht werde, die ausgeschriebenen beispielhaften Produkte als angeboten gelten würden, sofern das Angebot eine Erklärung nach § 106 Abs.7 BVergG 2006 enthalte. Eine derartige Erklärung sei in der dafür vorgesehenen Position ausdrücklich abgegeben worden. Die Ausführungen der Antragstellerin würden daher auch insoweit ins Leere gehen.

 

Grundsätzlich seien keine zwei Angebote abgegeben worden, sondern es sei ausschreibungskonform ein Angebot bestehend aus einem Teilangebot betreffend Los 1 und einem Teilangebot betreffend Los 2 festgelegt worden.

 

Es werde auch ausdrücklich bestritten, dass das Angebot unvollständig gewesen sei. Auch nach der Korrektur der Angebotssumme bleibe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Billigstbieterin und sei das Angebot iSd Ausschreibung nach oben korrigiert worden, was für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss iSd § 7 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG 2006 gewesen sei.

 

Überdies sei auch kein Anerkennungsbescheid notwendig gewesen. § 373a Abs.4 GewO sehe im Falle der Ausübung eines reglementierten Gewerbes in Österreich vor, lediglich dem BMWA die erstmalige Aufnahme der Tätigkeit vorher – das heißt nicht zwingend vor Ende der Angebotsfrist – schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige komme aber keine konstitutive Wirkung zu. Die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung sei weder von der erfolgten Anzeige noch von der erfolgten Veröffentlichung des Unternehmens im Internet abhängig. Selbst bei einer unterbliebenen Anzeige liege kein Ausscheidungsgrund vor.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Vergabeunterlagen sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.7.2010, bei der unter Einbeziehung der Parteien, ihrer Vertreter und ihrer Auskunftspersonen eine umfassende Erörterung der Sachlage erfolgte.

 

3.2.1. In dieser Verhandlung wurde von der Antragstellerin noch zusätzlich vorgebracht, dass der Einwand der fehlenden technischen Leistungsfähigkeit nicht aufrecht erhalten werde.

 

Nach den AU sei entweder ein Gesamt- oder Teilangebote für die jeweils vier Gewerke zu legen gewesen. Wenn ein Angebotschreiben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verlesen werde, in dem für das Gewerk 1. Holz-Alu-Fenster und 2. Glas-Alu-Blechfassade, Sonnenschutz, eine Gesamtangebotssumme angeführt werde, so sei dies unzulässig, sondern hätte dies in zwei gesonderten Angeboten erfolgen müssen.

 

Das in ihrem Angebot nicht ausgefüllte Kalkulationsformblatt auf Seite 16 des Angebotschreibens wäre nur auf Verlangen vorzulegen. Selbst wenn dies bereits mit dem Angebot vorzulegen gewesen wäre, stelle dies einen behebbaren Mangel dar, weil am Angebotspreis nichts mehr verändert werden könne und die Diktion im Angebotsschreiben im Punkt 5 vorsehe, dass dieses nur ersatzweise vorzulegen sei, wenn nichts anderes verlangt werde. Ein solches Verlangen habe aber nicht vorgelegen.

 

Bei der Hinzurechnung der Beträge für die Regiestoffkosten handle es sich um keine Rechenfehlerkorrektur und auch nicht um eine Vervollständigung des Angebotes, da dieses vollständig gewesen sei, sondern es sei das Angebot berichtigt worden, da ein falsches Verständnis bei der Position bezüglich der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegen sei.

 

Durch die Mängelbehebung der Korrektur des Angebotes sei die Wettbewerbsstellung eines Bieters gegenüber den Mitbietern jedenfalls dadurch materiell verbessert worden, dass entweder nachträglich ein unvollständiges Angebot vervollständigt worden sei, was den Ausschreibungsbedingungen widerspräche, oder ein ursprünglich auszuscheidendes, weil spekulatives Angebot zu unrecht nicht ausgeschieden worden sei, was ebenfalls die unzulässige Behebung eines unbehebbaren Mangels darstelle. Ein Positionspreis von 0,0 Euro stelle ein spekulatives Angebot dar und somit einen weiteren Ausscheidungsgrund.

 

Überdies wurde die Einvernahme von Herrn S als Zeuge beantragt zur Frage, ob es ein gültiges Prüfzeugnis jetzt schon gäbe mit Datum vor Angebotsabgabe, das die Anforderungen der ÖNORM B5300 Ausgabe 2002 erfülle.

 

3.2.2. Von der Auftraggeberin wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung noch zusätzlich zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die Vorschreibung betreffend Zulassungen nur die verwendeten Materialien betreffe, hinsichtlich der einzubauenden Fenster es nur Eignungsanforderungen und die Vorgabe gäbe, dass die Kriterien erfüllt werden müssten. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei von der Auftraggeberin mehrmals aufgefordert worden zu bestätigen, dass die Vorgaben der Spezifikationen eingehalten werden könnten und zwar sei hier allgemein verlangt worden, die Anforderungen der ÖNORM B5300 zu bestätigen. Nach den Vertragsbestimmungen in Punkt 2.1.8. betreffend Prüfzeugnisse und Anleitungen sei geregelt, dass sämtliche Nachweise zum Projektsabschluss, zu Behördenabnahmen und Behördenbewilligungen, zur Betriebsbewilligung und zur erforderlichen Güte- und Funktionsprüfung zeitgerecht, aber spätestens vor Übergabe des Bauwerks, dem Auftraggeber in der geforderten Anzahl von Ausfertigungen vom Auftragnehmer zur Verfügung gestellt werden müssten. Dies gelte gleichermaßen auch für behördlich geforderte Dokumente, Zertifikate, Güte- und Funktionsprüfungen.

Grundsätzlich handle es sich bei den vorgefertigten Fenstern um komplexe Vorrichtungen, die im Grunde nur auf Sonderanfertigung gefertigt würden. Dies laufe so ab, dass zunächst Werkplanungen erfolgen und dann ein Stück gefertigt werden müsse, das auch vom Architekten begutachtet bzw. abgenommen werde und erst in der Folge erfolge der Einbau dieser Fenster. Sollten tatsächlich diese Nachweise nicht erbracht werden können, so liege hier ein Gewährleistungsfall vor.

Für die Fenster sei ein Leitprodukt von der Firma Internorm ausgeschrieben worden, das natürlich die Anforderungen erfülle. Gefordert sei, dass ein solches Produkt geliefert werde oder eben ein gleichwertiges.

Bei der Angebotsprüfung sei die Gleichwertigkeit der Angebote geprüft worden, indem die Gleichwertigkeitserklärung verlangt worden sei und alle Bieterlücken, die auszufüllen waren, auch überprüft worden seien, ob diese auch entsprechend konform ausgefüllt gewesen seien. Es sei nicht überprüft worden, ob es eine Zulassung für das Angebot eines Fenstersystems nach dem Oö. Bautechnikgesetz gäbe, dies sei auch nicht gefordert worden und bestünde keine Verpflichtung dazu. Überdies könne es eine Zulassung für ein nicht gebautes Fenster nicht geben.

 

Die Formulierung „weitestgehende Vollständigkeit“ sei dahingehend zu verstehen gewesen, dass das Angebot insoweit vollständig gewesen sei, als zumindest mit Aufklärungsersuchen die volle Vollständigkeit hergestellt werden konnte und damit eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen werden konnte. Bei der Pos. 02 01 54.920 Z Stoffbeistellung bei Regieleistung handle es sich um keine Position aus einem Standardleistungsverzeichnis. Sie sei jedoch bei Bauaufträgen durchaus üblich, da es bei Regieleistungen immer wieder vorkomme und naturgemäß so sei, dass hier neben Arbeitsleistungen auch Material zu besorgen sei, das weiterverrechnet werde. Sie sei deshalb eingefügt worden, um auch im Nachhinein diese Leistungen einfach verrechnen und wirtschaftlich abwickeln zu können. Aus dem Kalkulationsformblatt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin habe sich ergeben, dass Stoffbeistellungen für Regieleistungen mit 20 % Aufschlag angesetzt worden seien. Es wurde daher der mit 0,00 Euro eingesetzte Einheitspreis auf 1,20 Euro korrigiert und daraus der entsprechende Positionspreis gebildet, sodass es zu einer erhöhten Angebotssumme gekommen sei.

Es gäbe durchaus Angebote in anderen Ausschreibungen, wo die Bieter hier 0,00 Euro mit der Begründung einsetzen würden, dass dies z.B. anderswo schon eingepreist sei. Dieses Kalkulationsblatt müsse in jeden Fall dem Angebot angeschlossen sein und sei daher bei Fehlen im Angebot der Antragstellerin, dieses zwingend auszuscheiden und der Nachprüfungsantrag somit zurückzuweisen.

 

3.2.3. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zusammengefasst zusätzlich im Wesentlichen vorgebracht, dass zwar die erwähnte ÖNORM B5300 in der Fassung 2002 nicht mehr gelte, aber auch die neueren Normen auf diese verweisen würden und ebenfalls diese Belastungswerte vorschreiben bzw. vorsehen würden. Ein Zertifikat nach der ÖMORM B5300 Fassung 2002 sei nicht verlangt und daher auch nicht vorgelegt worden.

 

Das Angebot entspräche grundsätzlich der AU und würden auch die entsprechenden Zertifikate vorliegen, die den Anforderungen entsprächen.

 

In der Definition der Verrechnungseinheit bei den Regiestoffkosten sei der Nettobetrag + Manipulationszuschlag angegeben und sei man daher davon ausgegangen, dass der in den Kalkulationsblättern bereits angegebene Manipulationszuschlag bereits enthalten sei.

Das Kalkulationsformblatt auf Seite 16 des Angebotsschreibens sei zwingend vorzulegen gewesen.

 

Das Angebot sei für die präsumtive Zuschlagsempfängerin soweit klar gewesen und habe für sei keine Veranlassung bestanden, hier eine Anfrage an die Auftraggeberin zu richten, wie dies zu verstehen sei.

 

Die Antragstellerin könne nicht aufzeigen, wodurch die Wettbewerbsstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durch die Anpassung des Angebotes verbessert worden sein sollte. Dies sei auch tatsächlich nicht der Fall. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei vollständig und ausschreibungskonform. Es sei keine inhaltliche Änderung des Angebotes erfolgt, welche für die Bewertung des Angebotes relevant sein könnte. Dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass für Regieleistungen auf Stoffkosten ein 20 %iger Zuschlag verrechnet werde. Bei 6.500 Verrechnungseinheiten a 1,20 Euro entspräche dies daher einem Angebotspreis in der Pos. 02 01 54.90020 Z (Stoffbeistellung bei Regieleistung) von netto 7.800 Euro. Selbst wenn man von einem Mangel im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausgehen sollte, bestünde in dieser Position keine Wahlmöglichkeit und somit kein Wettbewerbsvorteil. Überdies würden Regieleistungen nur dann ausgeführt, wenn sie vom Auftraggeber im Einzelfall angeordnet und damit gesondert beauftragt würden.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.3.1. Gegenstand des Vergabeverfahrens ist das Bauvorhaben „Neubau Musiktheater Linz Paket 2 Gebäudehülle“. Es handelt sich um einen öffentlichen Bauauftrag im Oberschwellenbereich. Der geschätzte Auftragswert für das gesamte Bauvorhaben beläuft sich auf 42,403.470,76 Euro. Das ausgeschriebene Bauvorhaben setzt sich zusammen aus folgenden Losen, wobei die Angebotslegung sowohl hinsichtlich der einzelnen Lose in Form von Teilangeboten als auch hinsichtlich sämtlicher Lose in Form eines Gesamtangebotes möglich war:

Teil 1 Holz-Alu-Fenster;

Teil 2 Glas-Alu-, Blechfassade, Sonnenschutz;

Teil 3 Betonfertigteile, Wärmedämmung, Naturstein;

Teil 4 Schwarzdecker-, Spenglerarbeiten.

Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf das Los „Teil 1 Holz-Alu-Fenster“.

 

Die gegenständlichen Bauleistungen wurden am 4.3.2010 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union und in der Amtlichen Linzer Zeitung ausge­schrieben.

 

Im Zuge von drei Nachsendungen zum Angebot wurden Klarstellungen bzw. Änderungen oder Konkretisierungen zum Leistungsgegenstand vorgenommen und der Angebotsabgabetermin sowie der Termin zur Angebotsöffnung vorver­legt. Das Angebot und die sonstigen Festlegungen während der Angebotsfrist wurden nicht angefochten.

 

3.3.2. Entsprechend der Ausschreibungsunterlagen wurde zur Vergabe der gegenständlichen Leistungen das offene Verfahren gewählt. Der Zuschlag erfolgt auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip).

 

In Punkt 00.11.06B Z der Vergabebestimmungen-Gebäudehülle ist vorgesehen, dass rechnerisch fehlerhafte Angebote berichtigt werden und eine Vorreihung nach Berichtigung von Rechenfehlern zulässig ist. Gemäß Punkt 00.11.09C Z der Vergabebestimmungen-Gebäudehülle sind Alternativangebote unzulässig.

 


Im LV Pos. 02 01 00. Z „Allgemeine Bestimmungen/Bieterangaben“ findet sich die Formulierung: „Zu den in den einzelnen Unterleistungsgruppen angegebenen Positionen sind vom Bieter – soferne vorgesehen – in den Bieterlücken ange­botene Produkte genannt. Die angebotenen Produkte entsprechen mindestens den in der Ausschreibung bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten technischen Spezifikationen. Auf Verlangen des Auftraggebers (AG) weist der Bieter die im Leistungsverzeichnis bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten technischen Spezifikationen vollständig nach (Erfüllung der Mindestqualität). Die den Anforderungen entsprechenden angebotenen Produkte gelten für den Fall des Zuschlags als Vertragsbestandteil. Nachträgliche Änderungen sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers zulässig.

 

Beispielhafte Materialien/Erzeugnisse/Typen:

Sind im LV zu den in den einzelnen Unterleistungsgruppen angegebenen Positionen zusätzlich beispielhafte Materialien/Erzeugnisse/Typen angeführt, können – soferne vorgesehen – in der jeweiligen Bieterlücke gleichwertige Bauprodukte angeboten werden. Die Kriterien der Gleichwertigkeit sind bei den angegebenen Positionen beschrieben. Auf Verlangen des AG weist der Bieter die Erfüllung der Gleichwertigkeit vollständig nach. Setzt der Bieter in die Bieterlücke keine Produkte seiner Wahl ein, gelten die beispielhaft genannten Bauprodukte als angeboten. Für die vom Auftraggeber genannten beispielhaften Bauprodukte gilt die Erfüllung der Kriterien auch ohne Nachweis als erbracht.“

 

„Zulassungen:

Es werden nur Materialien/Erzeugnisse/Typen verwenden, die alle für den produktspezifischen Standort und Verwendungszweck erforderlichen Zulassungen haben. Nachweise darüber werden dem AG auf Verlagen vorgelegt.“

 

In der Pos. 02 01 51. Z „Fenster und Fenstertüren aus Holz“ finden sich auszugsweise folgende Formulierungen:

„Fenster und Fenstertüren als Bauteil:

Fenster und Fenstertüren und deren Kombinationen werden in der Folge kurz Fenster genannt.

 

Eignungsnachweis:

Wenn nicht anders angegeben, werden nur Fenster mit einem Eignungsnachweis (Systemprüfung) gemäß Abschnitt 7 der ÖNORM B5300, Ausgabe 2002-02-01 ausgeführt. Die Fenster entsprechen mindestens den Allgemeinen Anforderungen für Fenster und Fenstertüren gemäß Tabelle 2 dieser ÖNORM und den Werten in der Tabelle C.1 (Anhang C) für die frühere Beanspruchungsgruppe C.“

 


Gütezeichen, Gütevorschriften:

Der Eignungsnachweis gilt auch als erbracht, wenn die angebotenen Fenster das Gütezeichen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätsarbeit (office@oeqa.at) haben oder wenn die darin enthaltenen Gütevorschriften durch eine akkreditierte Prüf- oder Überwachungsstelle als erfüllt bestätigt werden. Dies gilt auch für die Qualität der Fensterstockprofile.“

 

Die Pos. 02 01 51.00060 Z „Werkplanung“ lautet auszugsweise:

„Für die Fenster Leistungsgruppe 51 Z (innenliegende, aus schalltechnischen Gründen isolierverglaste Einfachfenster) ist eine Werkplanung einkalkuliert! .... Für die Fensterelemente sind repräsentative Horizontal- und Vertikalschnitte samt Bauwerksanschluss anzufertigen und dem Architekten zur Prüfung, gegebenen­falls zur Korrektur und zur Freigabe vorzulegen. Diese Werkpläne werden vorab für den Einbau eines oder mehrerer Musterelemente geliefert und dienen auch zur Begutachtung für die schalltechnische Messung im eingebauten Zustand.“

 

Die Pos. 02 01 51.00900 Z „Angebot.Einfachfenstersystem“ enthält zunächst die Formulierung: „Zusammengefasste Angaben des Bieters über das angebotene Einfachfenstersystem, bezogen auf die Prüffenstergröße gemäß ÖNORM B 5300" sowie die Bieterlücke: "Angebotenes Fenstersystem (Systemhalter/Type)“.

 

Unter der Pos. 02 01 54. Z „Fenster und Fenstertüren aus Holz-Alu“ finden sich unter „Eignungsnachweis“ die gleichen Formulierungen wie vorstehend bereits angeführt.

 

Unter Pos. 02 01 54.0005P Z „Mindestanforderungen, technische Werte“ findet sich neben einzelnen einzusetzenden technischen Werten die Formulierung: „Wie Holz-Alufenster System Varion 4 von Internorm oder gleichwertiges Erzeugnis. Angebotenes System:...“

 

Unter Pos. 02 01 54.0006A Z „Werkplanung“ findet sich wieder die vorstehend bereits ausgeführte Formulierung zu Werkplanungen.

 

Die Pos. 02 01 54.9020 Z „Stoffbeistellung“ lautet:

„Der Nettobetrag der Rechnung der Stoffbeistellung ist Verrechnungsgrundlage. Abgerechnet wird in Verrechnungseinheiten (VE = Nettobetrag + Manipulationszuschlag).“

Darunter findet sich der Eintrag „6.500 VE“ mit Eintragungsmöglichkeiten für Lohn, Sonstiges, Einheitspreis und Positionspreis.

 


Punkt 2.1.8. der Vertragsbestimmungen-Gebäudehülle lautet:

„Prüfzeugnisse – Anleitungen

Ergänzend zu den Bestimmungen in der ÖNORM wird vereinbart, dass sämtliche zum Projektabschluss, zu Behördenabnahmen und Behördenbewilligungen, zur Betriebsbewilligung und zur erforderlichen Güte- und Funktionsprüfungen zeitgerecht, aber spätestens vor Übergabe des Bauwerks dem Auftraggeber in der geforderten Anzahl von Ausfertigungen, vom AN zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies gilt gleichermaßen auch für behördlich geforderte Dokumentationen, Zertifikate, Güte- und Funktionsprüfungen. ...“

 

Der Punkt 4 des Angebotsschreibens-Gebäudehülle lautet:

„Erklärung gemäß § 106 Abs.7 BVergG: Für den Fall, dass die von mir/uns in den Bieterlücken abgegebenen Erzeugnisse die Kriterien der Gleichwertigkeit nicht erfüllen, gilt das in der Ausschreibung als Beispiel angeführte Erzeugnis als angeboten.“

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat hier den Punkt „Ja“ angekreuzt.

 

Der Punkt 5 „Bestandteile des Angebotes (abzugeben) sind:“ des Angebotsschreibens-Gebäudehülle lautet, wonach nachstehende Punkte vorangekreuzt sind:

-         „Vollständig ausgefülltes und rechtsgültiges Angebotsschreiben“

-         „Ein Lang-LV ohne Preise mit ausgefüllten Bieterlücken, oder Abgabe eines ausgefüllten Bieterlückenverzeichnisses“

-         „Kurzleistungsverzeichnis mit Preisen“

-         „Ein ÖNORM Datenträger“

-         „Verlangte Formblätter“

-         „Verlangte Nachweise“

-         „Kalkulationsformblätter K2, K3, K3a, K4, K7. (Gilt nur bei Anforderung für Bau- und Professionistenleistungen jedenfalls aber nicht für die Gewerke der technischen Gebäudeausrüstung HKLS und E.)“

 

Nicht angekreuzt ist der Punkt „Formblatt zu den Kalkulationsgrundlagen. (Ist für jedes Angebot generell ersatzweise vorzulegen, wenn die nachstehend erwähnten ‚Kalkulationsformblätter’ (K2, K3 usw. bis K7) nicht verlangt werden).“

 

Auf Seite 16 des Angebotsschreibens-Gebäudehülle findet sich ein Formblatt mit dem Einleitungstext: "Kalkulationsgrundlagen für !Vom Bieter ist hier selbständig das Gewerk (z.B. .............) einzutragen, für welches die Kalkulationsgrundlage bekanntgegeben wird! Für jedes Angebot ist zwingend eine Kalkulationsgrundlage einzureichen!"


Punkt 2 dieses Formblattes lautet zusammengefasst: Für Regieleistungen verrechne(n) ich (wir) folgenden Zuschläge:

auf kollektivvertragliche Stundenlöhne          .....%

auf Stoffkosten     .....%

 

3.3.3. Die Antragstellerin hat hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Loses ein Angebot in Höhe von 1,817.219,54 Euro (brutto) gelegt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat ein Angebot in Höhe von 1,799.890,80 Euro (brutto) gelegt.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat sowohl ein Teilangebot für das Los 1 Fenster sowie für das Los 2 Fassade abgegeben.

Sie hat beim Angebot zum Los 1 sämtliche Bieterlücken ausschreibungskonform ausgefüllt.

Ein Nachweis für die Eignung der Fenster gemäß ÖNORM B5300, Fassung 2002-02-01 wurde dem Angebot nicht beigelegt.

Bei der Pos. 02 01 54.9020 Z „Stoffbeistellung“ hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin nur den Einheitspreis 0,00 Euro eingesetzt sowie den Positionspreis 0,00 Euro.

Im Angebot war ein ausgefülltes Formblatt „Kalkulationsgrundlagen für Holz-Alufenster“ enthalten, das unter Pkt. 2 „Regieleistungen“ auf Stoffkosten einen Zuschlag von 20 % vorsieht.

Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot dieses Formblatt nicht ausgefüllt.

 

3.3.4. Die Angebotsprüfung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde von der S & P Zgesellschaft mbH durchgeführt. Es wurde das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für die Fenster einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen.

 

Bezüglich der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte wurden zwei schriftliche Erklärungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angefordert und von dieser auch beigebracht, worin die Gleichwertigkeit bestätigt wird.

Es wurde kein Nachweis bzw. Zertifikat gemäß ÖNORM B5300 in der Fassung 2002-02-01 eingefordert.

 

Hinsichtlich der Pos. 02 01 54.9020 Z „Stoffbeistellung bei Regieleistungen“ wurde eine schriftliche Aufklärung von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eingefordert. Diese hat darin angegeben, dass in der Definition der Verrechnungseinheit bereits der Manipulationszuschlag enthalten sei und deshalb mit einem Einheitspreis von 0,00 Euro ausmultipliziert und daher zu einem Positionspreis von 0,00 Euro angeboten worden sei, um nicht doppelt bzw. mehrfach diesen Zuschlag zu verrechnen. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Manipulationszuschlag im Angebot nicht abgefragt worden sei, lediglich in den Kalkulationsgrundlagen (Seite 16 des Angebotsschreibens-Gebäudehülle) sei nach dem Gesamtzuschlag auf Bruttostoffkosten als prozentualem Wert gefragt worden. Bei der Preisermittlung sei angenommen worden, dass bei einer Stoffbeistellung seitens des Auftragnehmers zu den jeweiligen Rechnungsbeträgen unterschiedliche Manipulationszuschläge addiert werden müssten, abhängig vom einzelnen Rechnungsbetrag und von den speziell zu kalkulierenden Handling-, Liefer- und sonstigen Kosten gemäß Pos. 02 01 00 Z „Allgemeine Bestimmungen“. Die Preisangabe von 0,00 Euro für den Einheitspreis bedeute, dass zusätzlich zu den in den Verrechnungseinheiten bereits enthaltenen Manipulationszuschlägen keine weiteren Kosten berechnet werden sollten.

 

Die Auftraggeberin hat daraufhin den Einheitspreis für die Verrechnungseinheiten mit 1,20 angesetzt und somit einen Positionspreis von 7.800 Euro netto ermittelt und diesen dem Gesamtangebotspreis hinzugerechnet.

 

Am 17.6.2010 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Auftraggeberin beabsichtige, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als Billigstbieterin mit einer Vergabesumme von 1.809.250,80 Euro brutto den Zuschlag zu erteilen.

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Vergabeunterlagen sowie den Schriftsätzen und der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere aus den Angaben der Parteienvertreter und Auskunftspersonen. Er wurde im Rahmen der Feststellungen im Wesentlichen auch nicht bestritten.

Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin je ein gültiges Teilangebot für die Lose Fenster und Fassade gelegt hat, ergibt sich eindeutig aus den Vergabeunterlagen, insbesondere aus ihrer Angebotslegung.

Dem Beweisantrag auf zusätzliche Zeugeneinvernahme war aus rechtlichen Erwägungen keine Folge zu geben. Es kann dazu auf die nachstehenden Ausführungen verwiesen werden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.127 Abs.3 und Art.127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art.127 Abs.3 B-VG überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen das Land allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die das Land allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Die X ist 100%ige Tochter der Oö. Theater und Orchester GmbH, diese ist wiederum 100%ige Tochter der Oö. Landesholding GmbH, welche wiederum im 100%igen Eigentum des Landes Oberösterreich steht. Die X stellt als Unternehmen im Sinne des Art.127 Abs.3 B-VG einen öffentlichen Auftraggeber dar, der im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fällt. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.  

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

4.1.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig. Auf Grund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

  1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und
  2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 


4.1.3. Gemäß § 345 Abs.14 Z2 BVergG 2006 idF BGBl I. Nr. 15/2009 gelten für das gegenständliche Nachprüfungsverfahren noch die inhaltlichen Bestimmungen des BVergG 2006 vor Inkrafttreten dieser Novelle (5.3.2010), da das Vergabeverfahren noch davor eingeleitet worden ist.

 

Gemäß § 19 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes unter Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessen Preisen zu erfolgen.

 

§ 98 Abs.3 BVergG 2006 lautet:

Werden technische Spezifikationen gemäß Abs.2 Z1 festgelegt, so darf der Auftraggeber ein Angebot, ein Alternativ- oder ein Abänderungsangebot nicht mit der Begründung ablehnen, die angebotenen Waren und Leistungen entsprächen nicht den von ihm herangezogenen Spezifikationen, sofern der Bietern mit geeigneten Mitteln in seinem Angebot nachweist, dass die von ihm vorgeschlagenen Lösungen den Anforderungen der technischen Spezifikation, auf die Bezug genommen wurde, gleichermaßen entsprechen. Als geeignete Mittel gelten insbesondere eine technische Beschreibung des Herstellers oder ein Prüfbericht einer anerkannten Stelle.

 

Gemäß § 106 Abs.2 BVergG 2006 ist, sofern in den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich anderes festgelegt wird, das Angebot mit sämtlichen dazugehörigen Unterlagen (z.B. Prüfzertifikate) in deutscher Sprache und in Euro zu erstellen.

 

§ 106 Abs.7 BVergG 2006 lautet:

Erfolgt ausnahmsweise gemäß § 98 Abs.7 und 8 die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“, so kann der Bieter in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses ein gleichwertiges Erzeugnis angeben. Den Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen. Die in den Ausschreibungsunterlagen als Beispiele genannten Erzeugnisse gelten als angeboten, wenn vom Bieter keine anderen Erzeugnisse in die freien Zeilen des Leistungsverzeichnisses eingesetzt werden. Wenn die vom Bieter genannten Erzeugnisse nach sachverständiger Prüfung den in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Kriterien der Gleichwertigkeit nicht entsprechen, gilt das ausgeschiedene Erzeugnis nur dann als angeboten, wenn der Bieter dies in einem Begleitschreiben zum Angebot erklärt hat.

 

Gemäß § 123 Abs.1 BVergG 2006 hat die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen.

 

Nach Abs.2 leg.cit. ist im Einzelnen zu prüfen

  1. ob den in § 19 Abs.1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;
  2. die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer;
  3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;
  4. die Angemessenheit der Preise;
  5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen in der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

 

Gemäß § 126 Abs.4 BVergG 2006 sind rechnerisch fehlerhafte Angebote sofern, dies in der Ausschreibung festgelegt wurde, dann nicht weiter zu berücksichtigen, wenn die Summe der Absolutbeträge aller Berichtigungen – erhöhend oder vermindernd – 2 vH oder mehr des ursprünglichen Gesamtpreises ohne Umsatzsteuer beträgt. Berichtigungen von Seitenüberträgen der Zwischensummen im Angebot (Übertragungsfehler), mit denen nicht weitergerechnet wurde, bleiben dabei unberücksichtigt. Eine Vorreihung infolge der Berichtigung eines Rechenfehlers ist, ausgenommen der Auftraggeber hat in der Ausschreibung ausdrücklich anderes festgelegt, unzulässig.

 

Gemäß § 129 Abs.1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

...

3.    Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

...

7.    den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;

...

9.    rechnerisch fehlerhafte Angebote, die gemäß den Festlegungen in der Ausschreibung nicht weiter zu berücksichtigen sind;

...

 

Gemäß § 131 Abs.1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132 Abs.1, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

 

4.2.1. Entsprechend den Regelungen des § 98 Abs.3 sowie 106 Abs.2 u. 7 BVergG 2006 obliegt es dem Bieter alle Nachweise zur Beurteilung seines Angebotes beizubringen.

Dabei ist davon auszugehen, dass der Nachweis der Gleichwertigkeit, jedenfalls beim offenen und nicht offenen Verfahren bereits mit dem Angebot zu erbringen ist (siehe Schramm, Aicher, Fruhmann, Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006, RZ 42 zu § 98).

 

Aus der Zusammenschau der vorstehend angeführten Bestimmungen der §§ 106 Abs.7, 123 Abs.1 u. 2 des BVergG 2006 ergibt sich eindeutig, dass es Aufgabe des Auftraggebers im Zuge einer ordnungsgemäß durchgeführten Angebotsprüfung ist, die Übereinstimmung des Angebotes mit den von ihm geforderten technischen Spezifikationen zu überprüfen und auch festzustellen, ob eine Gleichwertigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht ausreichend, bloß eine schriftliche allgemeine Bestätigung der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte mit dem Leitprodukt zu verlangen bzw. rein auf die Angaben des Bieters zu vertrauen und keine speziellen Nachweise zu fordern. So verlangt §106 Abs.7 BVergG 2006 eine sachverständige Prüfung.

 

Unabhängig davon, ob die Auftraggeberin in ihrer Ausschreibung festgelegt hat, dass Nachweise nur auf Verlangen vorzulegen sind, so hat sie diese auf Grund der Vorschriften über die Angebotsprüfung spätestens bei dieser einzufordern.

 

In der bestandskräftig gewordenen Ausschreibung wurde ein näher beschriebener Eignungsnachweis basierend auf die ÖNORM B5300 in der Fassung 2002-02-01 angeführt. Ein Verweis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf neuere Normen ist daher nicht stichhältig.

 

Wenn die präsumtive Zuschlagsempfängerin verlangte Nachweise im Angebot nicht von sich aus angeschlossen hat, so wäre es Aufgabe der Auftraggeberin gewesen, dies entsprechend einzufordern. Tut sie dies nicht, belastet sie das Vergabeverfahren mit einer Rechtswidrigkeit, die für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sein kann, bzw. ein solcher nicht ausgeschlossen werden kann, da vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geprüft und bestätigt werden kann, ob tatsächlich eine Gleichwertigkeit gegeben ist.. Sie verstößt damit gegen die Vergabegrundsätze des § 19 BVergG 2006, wonach Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes unter Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen sind. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessen Preisen zu erfolgen. Hier liegt insbesondere ein Verstoß gegen das vergaberechtliche Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot vor.

 

Die Frage, ob die präsumtive Zuschlagsempfängerin tatsächlich einen entsprechenden Nachweis erbringen kann, ist nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens, sondern wäre Teil der Angebotsprüfung, die aber nicht in die Kompetenz der Nachprüfungsbehörde fällt. Aus diesem Grund war auch der gestellte Beweisantrag für den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens und dessen Ergebnis unerheblich und war diesem deshalb nicht zu folgen.

 

4.2.2. Im Sinne des § 126 BVergG 2006 ist der Begriff des Rechenfehlers grundsätzlich eng auszulegen (siehe Schramm, Aicher, Fruhmann, Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006, RZ 37 zu § 126). Ein Rechenfehler muss so offensichtlich sein, dass der Auftraggeber ihn ohne Aufklärung berichtigen kann (ebendort, RZ 39 zu § 126).

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat in ihrem Angebot den Einheitspreis zur Stoffposition für Regieleistungen mit 0,00 Euro ausgepreist und auch den Positionspreis entsprechend einer Multiplikation mit 0,00 Euro ermittelt und dies auch bei der Aufstellung des Gesamtpreises so eingesetzt.

Wenn die Auftraggeberin nun auf Grund einer Aufklärung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin, in der diese noch dazu nicht angibt, dass sie hier ihrer Meinung nach einen falschen Einheitspreis eingesetzt hat, diese Preise wie beschrieben abändert, liegt hier im Vorgehen der Auftraggeberin keine Rechenfehlerberichtigung iSd § 126 BVergG vor. Die Auftraggeberin stützt sich beim Einsetzen des Einheitspreises von 1,20 auf die Kalkulationsgrundlage der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, die allerdings nicht verbindlich in Form einer Preisfestlegung ist.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte bei für sie missverständlichen Formulierungen im Angebot bei der Auftraggeberin um Aufklärung ersuchen können. Nachdem sie dies nicht getan hat und das Angebot auch in dieser Position mit zahlenmäßig exakten Preisen - wenn auch mit 0,00 Euro - ausgefüllt hat, muss sie diese Preisbildung auch gegen sich gelten lassen.

 

Mit der unzulässigen Hinaufrechnung des Angebotspreises und der Zuschlagsentscheidung darauf erfolgte diese auch nicht auf den bei der Angebotseröffnung verlesenen Preis und belastet auch dies das Vergabeverfahren mit einer Verletzung der Vergabegrundsätze, insbesondere des Transparenzgebotes. Auch dies belastet das Vergabeverfahren mit einer wesentlichen Rechtswidrigkeit.

 

Da bereits aus den vorhin angeführten Gründen die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären war, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen und die weiteren Beschwerdepunkte.

 

4.2.3. Sofern der Antragstellerin vorgeworfen wird, dass diese das entsprechende Kalkulationsformblatt unausgefüllt dem Angebotsschreiben beigeschlossen hat, so kann darauf verwiesen werden, dass dieser Umstand in jedem Fall nur einen Mangel darstellt, der auf Grund einer Aufforderung durch die Auftraggeberin behebbar ist und daher nicht von Vornherein zu einem Ausscheiden des Angebotes und damit auch zu einer fehlenden Antragslegitimation der Antragsstellerin führen würde.

 

 

5. Da die Antragstellerin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat obsiegt hat, war gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 die Auftraggeberin zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 7.500 Euro zu verpflichten.

 

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren für die Antragstellerin in der Höhe von 237,40 Euro, für die präsumtive Zuschlagsempfängerin in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen der postalisch zugestellten Ausfertigung bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

 

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