Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164552/15/Bi/Th

Linz, 16.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 19. Oktober 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 22. September 2009, VerkR96-39816-2007/Dae/Pos, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 23. Juni 2010 und am 9. Juli 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

            I.      Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten im Schuldspruch bestätigt wird, die Strafen jedoch im Punkt 1) auf 60 Euro Geldstrafe und 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, im Punkt 2) auf 30 Euro Geldstrafe und 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabge­setzt werden.

 

        II.      Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich im Punkt 1) auf 6 Euro, im Punkt 2) auf 3 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 102 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 90 Euro (36 Stunden EFS) und 2) 50 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er

1) am 30. September 2007 um 21. 30 Uhr in Ottensheim, auf der B127 bei km 12.245 – der Angezeigte sei auf der Rohrbacher Straße B127 in Fahrtrichtung Linz gefahren und habe sich zum Zeitpunkt der Messung vom Standort des Messbeamten bei km 11.910 noch 335 m entfernt befunden – im angeführten Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liege, mit dem Pkw X die durch Straßenverkehrs­zeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 27 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seien Gunsten abgezogen worden.

2) am 30. September 2007 um 22.02 Uhr als Lenker des Pkw X in der Gemeinde Ottensheim, B127 bei km 11.910, durch das Durchdrehenlassen der Antriebsräder mehr Lärm verursacht habe, als bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar gewesen sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 14 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 23. Juni 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am Ort der Anhaltung bei km 11.910 der B127, Gemeinde Ottensheim, in Anwesen­heit des Bw, seines Vertreters X, des Zeugen RI X (RI P) und des kfz-technischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing. X (SV) durch­geführt, die am 9. Juli 2010 in Anwesenheit des Bw, seines Vertreters, des Zeugen Ml GI X (Ml) und des genannten Sach­ver­ständigen in Linz fortgesetzt wurde. Die Vertreterin der Erstinstanz war jeweils entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht zum Vorwurf zu Punkt 1) im Wesentlichen geltend, es sei nicht möglich, zum gleichen Zeitpunkt den Gerätefunktionstest, die Zielerfassungs­kontrolle und die 0 km/h-Messung zu machen, mit den Messungen zu beginnen und seinen Pkw auf 335 m zu messen und anzuhalten. Schon deshalb könne 21.30 Uhr niemals die Tatzeit sein. Dazu und zur Frage, ob es möglich sei, bei Dunkelheit auf 335 m bei zwei sich annähernden und zwei sich entfernenden Fahrzeugen das "richtige" Fahr­zeug zweifelsfrei "auszumachen", beantragt er die Einholung eines kfztechnischen Sachverständigengutachtens. Der von ihm bei der Anhaltung erwähnte Überhol­vorgang habe sich außerhalb des Sichtbereichs der Beamten ereignet und mit deren Behauptungen einer Geschwindigkeitsüber­schreitung nichts zu tun gehabt.

Das Straßenverkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 70 km/h" bei km 12.45 sei durch ein abgestelltes Fahrzeug verdeckt gewesen, daher sei er von einer Freilandstraße mit einer erlaubten Geschwindigkeit von 100 km/h ausge­gangen. Die B127 weise in seiner Fahrtrichtung Linz zwei Fahrstreifen auf, in Richtung Rohrbach eine; diese beiden Fahrbahnen seien durch eine Sperrlinie getrennt. Die Behauptung des Ml vor der Erstinstanz, das Verkehrs­zeichen sei beidseitig angebracht, sei eine glatte Lüge. Dazu wird ein Ortsaugen­schein beantragt.

RI x habe angegeben, er habe der Erstinstanz jeweils eine Kopie des Eichscheins, des Messprotokolls, der Verordnung und eines Übersichtsplans in Bezug auf die 70 km/h-Beschränkung vorgelegt. Der Übersichtsplan sei ihm im Rahmen des Parteiengehörs von der Erstinstanz nicht übermittelt worden; er sei vielmehr unterdrückt worden, um die Aussage des Ml nicht als Lüge hinstellen zu müssen.

Der x habe in der Niederschrift vom 5.3.2008 angegeben, dass aus seiner Sicht lediglich ein Fahrzeug rechts leicht versetzt hinter ihm gefahren sei – demnach habe er, wie von ihm bereits angeführt, den rechten Fahrstreifen benutzt. Hätte der den linken benutzt, hätte das vom x angeführte Fahrzeug die Sperrlinie über­fahren müssen. Da aber auch zwei Fahrzeuge in Richtung Rohrbach gefahren seien, hätte es zu einem Frontalzusammenstoß mit dem ersten Fahrzeug kommen müssen. Laut x hätte dieser ein Fahrzeug, das sich zuerst hinter ihm befunden habe, zuerst angehalten; jedoch müsse es ihn zuvor überholen, damit es vor ihm angehalten werden könne. Auch das sei ein Beweis, dass die von RI x gemessene Geschwindigkeit nicht seine Fahrgeschwindigkeit gewesen sei, dh offenbar sei der falsche Lenker angehalten worden.

Zu Punkt 2) führt der Bw aus, ein Durchdrehen der Antriebsräder sei nicht tatbildlich iSd § 102 Abs.4 KFG. Vermeidbarer Lärm werde unter Umständen durch ein Durchdrehen der Reifen auf trockenem festem Untergrund erregt, aber nicht durch ein Antriebsrad. Von Reifen sei im Spruch keine Rede. Der in der Straf­verfügung unrichtig angeführte Tatort zu Punkt 2) sei während der Verjährungs­frist nicht konkretisiert, aber im Straferkenntnis abgeändert worden.  Er habe niemals iSd § 102 Abs.4 KFG Lärm erregt; die im Straferkenntnis zitierte Judikatur habe mit dem Fall nichts zu tun. Die Erstinstanz habe es trotz klarer Beweisanträge unterlassen, seiner Entlastung dienende Umstände zu berück­sichtigen, und habe entgegen den Angaben des x ausgeführt, die Übertretungen seien aufgrund des Beweis­ver­fahrens eindeutig erwiesen. Außerdem seien die Ausführungen zur Strafhöhe in der Begründung des Straferkenntnisses unrichtig. Angeführt sei die lange Verfahrensdauer als Milderungsgrund; tatsächlich sei eine gleich hohe Strafe wie in der Strafverfügung verhängt worden. Eine angebliche einschlägige Vormerkung sei völlig unklar.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Vertreter gehört, der die Lasermessung am 30. September 2007 durchgeführt habende Zeuge und der die Anhaltung durchgeführt habende x unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden, die Örtlichkeit der Laser­messung und der Anhaltung, auch im Hinblick auf die Kund­machung der 70 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung laut § 3 der Verord­nung der BH Urfahr-Umgebung vom 14.11.2003, VerkR10-328-2003-Dr.Au/Ar, besichtigt und auf dieser Grundlage ein Gutachten des kfz-technischen Amts­sach­verständigen einge­holt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der x und der Zeuge RI x führten am 3. September 2007 gegen 21.30 Uhr Lasergeschwindigkeitsmessungen mit Anhaltungen auf der B127 bei km 11.910 im Bereich der dortigen 70 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung durch. Die B127 weist dort 2 baulich bzw durch Sperrlinien getrennte Richtungsfahrbahnen auf, in Richtung Linz sind dort 2 geradeaus führende und ein Fahrstreifen für Linksein­bieger. Der Anhalteort liegt kurz vor der Kreuzung der B127 mit der Bahn­hofstraße, wobei die Anhaltung in der dortigen Bushaltestelle stattfand. Messbeamter war RI P, die Anhaltung und die Amtshandlung mit dem Bw wurde vom x durchgeführt.

Laut Messprotokoll wurden um 21.30 Uhr die vom Gerätehersteller vorge­schriebenen "Einstiegstests", nämlich der Geräteselbsttest, die Zielerfassungs­kontrolle und die Null-km/h-Messung von RI P durchgeführt und sofort mit der Geschwindigkeitsmessung begonnen. Verwendet wurde ein Lasermess­gerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E mit der IdentifikationsNr.5797, laut Eichschein des BEV zuletzt vorher geeicht am 11. August 2006 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2009, dh das Lasermessgerät war zum Vorfallszeitpunkt geeicht. Laut RI x hat er das Gerät beim dortigen Standort mit der Schulterstütze verwendet und die Stromversorgung ist über einen Akku erfolgt. Im kreuzungsnäheren Bereich der Bushaltestelle war das Polizei­fahrzeug abgestellt, dahinter erfolgten die Anhaltungen. Der Standort ist für solche Geschwindigkeits­feststellungen geeignet, zumal die B127 aus Richtung Kreuzung mit der B131 kommend weitgehend gerade verläuft.

Laut Anzeige hat RI x um 21.30 Uhr den aus Richtung Walding ankommende Pkw X mit einer Geschwindigkeit von 101 km/h auf eine Messentfernung von 335 m gemessen. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Zeuge für solche Messungen geschult und geübt ist, zumal er Lasermessungen seit 1993 durch­führt. Laut Anzeige fuhren zum Messzeitpunkt zwei Fahrzeuge auf den Mess­beamten zu, nämlich der vom Bw gelenkte Pkw auf dem linken Fahrstreifen und auf dem rechten Fahrstreifen versetzt dahinter ein weiterer Pkw. RI x führte dazu aus, er habe den beleuchteten Pkw des Bw im Bereich der vorderen Kenn­zeichentafel anvisiert und der erhaltene Geschwindigkeitswert sei eindeutig diesem Fahrzeug zuzuordnen. Der x habe auch diesen Pkw angehalten, was laut Anzeige dadurch möglich gewesen sei, zumal der auf dem rechten Fahrstreifen befindliche Pkw ihm das Umspuren nach rechts bis in die Bushaltestelle ermöglicht habe. Der Bw hat sich laut Anzeige damit verantwortet, ein Pkw vor ihm sei mit 40 km/h gefahren, weshalb er, als die Fahrbahn zweispurig geworden sei, "aufs Gas gestiegen" sei. Dem Bw wurde im Punkt 1) des Straferkenntnisses eine Geschwindigkeit von 97 km/h zur Last gelegt, dh eine Überschreitung von 27 km/h außerhalb des Ortsgebietes, wobei als Tatort unter Berücksichtigung der 335 m Messentfernung vom Standort des Messbeamten bei km 11.910 aus gemäß der Kilo­metrierung der B127 in Richtung Rohrbach mit km 12.245 errechnet wurde. Im Zuge der Amtshandlung, die laut Anzeige etwa eine halbe Stunde dauerte, weil laut x auch das Reisedokument der Beifahrerin des Bw überprüft und diese wegen Nichtverwendung des Sicherheitsgurtes beanstandet wurde, habe der Bw nie geltend gemacht, er habe die 70 km/h-Beschränkung nicht gesehen, und er habe auch kein wegen einer Panne oä nach der Kreuzung mit der B131 stehendes Fahrzeug erwähnt. Um 22.02 Uhr sei der Bw nach dem Ende der Amtshandlung in den Pkw gestiegen und mit quietschenden Reifen Richtung Linz weitergefahren – die Verursachung vermeidbaren Lärms wurde ihm im Punkt 2) des Straferkenntnisses zur Last gelegt.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass beide Beamte vor der Verhandlung die vom x verfasste Anzeige durchgelesen hatten, sich aber – nach fast drei Jahren durchaus verständlich – an den Bw persönlich nicht mehr erinnern konnten. Der Ml bestätigte glaubhaft, er habe sich die nach der Lasermessung von RI x mitgeteilte Geschwindigkeit gemerkt und die Anhaltung sei so erfolgt, dass er sich vermutlich mit einem Anhaltestab, der bei Anhaltungen bei Dunkelheit Standard sei, auf die Fahrbahn begeben und dem Lenker ein Zeichen zum Anhalten gegeben habe, das dieser, möglicherweise unter Mitwirkung des rechts versetzt hinter ihm befindlichen Lenkers, gefahrlos befolgt habe. Er habe sich die Daten des Lenkers aus den vorgezeigten Papieren und seine Verantwortung zur ihm angelasteten Geschwindigkeitsüber­schreitung handschriftlich notiert und seine Aufzeichnungen, die nun nicht mehr vorhanden seien, als Grundlage für die am nächsten Tag verfasste Anzeige genommen. An die von ihm in der Anzeige erwähnte Position des Bw-Fahrzeuges bei der Lasermessung konnte er sich in der Verhandlung am 6. Juli 2010 nicht mehr erinnern; er verwies aber auf seine Zeugenaussage vom 5. März 2008 vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung und bestätigte, wenn er dort die Situation so geschildert habe, habe er dies aufgrund der damals besseren Erinnerung an den Vorfall gemacht.

RI x gab in der Verhandlung am 23. Juni 2010 an, vor dem gemessenen Pkw habe sich kein Fahrzeug befunden, das die Messung beeinflusst hätte. Es sei definitiv der Pkw angehalten worden, den er mit überhöhter Geschwindigkeit gemessen habe; einen eventuellen derartigen Irrtum hätte er sofort richtiggestellt. Bei der Anhaltung werde in der Regel gewartet, ob der Lenker die Displayanzeige sehen wolle, dann werde ihm der auf dem Display ersichtliche Wert gezeigt, ansonsten werde weitergemessen. Ob der Bw die Displayanzeige sehen wollte, konnte der Zeuge nicht mehr sagen. Der 30. September 2007 sei ein Sonntag mit um 21.30 Uhr nur geringem Verkehrsaufkommen gewesen.

Beide Zeugen schlossen dezidiert aus, dass der Bw irrtümlich angehalten oder verwechselt worden sei. Beide bestätigten, es sei nicht üblich, dass der zweite Beamte die vom x verfasste Anzeige auf die Richtigkeit der Messdaten kon­trolliere; wäre eine umgekehrte Situation gegeben gewesen, dass der Bw nämlich von einem anderen Fahrzeug überholt worden wäre, wäre auch der andere Pkw gemessen (und eventuell angehalten) worden, weil der Überholer in der Regel schneller sei. An ein etwa wegen einer Panne abgestelltes Fahrzeug konnte sich keiner der Zeugen erinnern und auch nicht, dass der Bw damals so etwas erwähnt hätte. RI x konnte sich erinnern, dass der Bw bei der Amts­handlung aufgebracht gewesen sei, konnte die Begründung dafür aber nicht mehr zuordnen. Dass der Bw dann mit quietschenden Reifen die Fahrt fortgesetzt habe, bestätigte er ebenso wie der x.

Nachvollzogen wurden auch die Angaben im Messprotokoll, das nach den völlig unbedenklichen Schilderungen der Zeugen im Nachhinein verfasst wird, wobei es sich bei der Uhrzeit nicht um sekundengenaue Feststellungen sondern um eine Art Arbeitsaufzeichnung handelt. Die genaue Tatzeit ist allein beim Tatvorwurf relevant, sodass die Uhrzeit 21.30 Uhr für die vorgeworfene Geschwindigkeits­überschreitung maßgeblich ist. Die vom Vertreter nach seiner Ansicht "aufge­deckten" angeblichen Organisationsmängel sind daher für den Tatvorwurf im ggst Fall irrelevant.

 

Auffällig war, dass der Vertreter des Bw, ein ehemaliger Polizist, bereits bei Beginn der Verhandlung am 23. Juni 2010 kategorisch erklärte, der von ihm Vertretene werde bei der Verhandlung kein Wort sagen; daran hielt sich dieser und verwies auch beim Schlusswort auf seinen Vertreter, der überdies die Zeugen in der Verhandlung mit Behauptungen konfrontierte, die angeblich vom Bw stammen, der sich dazu aber eben nie äusserte, etwa die Version von seiner damaligen Fahrtstrecke B131 – B127 bzw einem (nun auf einmal "Camping"-) Bus, der nach seinem Einbiegen in die B127 das dortige 70 km/h-Beschränkungszeichen verdeckt habe, sodass ihm die Geschwindig­keits­­beschränkung angeblich unbekannt gewesen sei; warum er dann bei der Amtshandlung davon nichts erwähnt hat, blieb ungeklärt.

Im ebenfalls beim UVS gegen die damalige Beifahrerin, die nunmehrige Gattin des Bw, anhängig gewesenen Verfahren VwSen-164550 hat sich ergeben, dass dieser bei der ggst Fahrt schwangerschaftbedingt schlecht war, sie deshalb unangegurtet auf der Rückbank des Pkw lag und vom x zur Verwendung des Sicherheitsgurtes aufgefordert wurde, was sie unter heftigstem Protest – auch des Bw – nach längerem "Überreden" schließlich beherzigt hat. Dass das "Aufgebracht-Sein" des Bw damit zu tun hatte, ist naheliegend und damit sind die Aussagen von RI x dahingehend absolut glaubhaft. Auch wenn sich die Zeugen im Jahr 2010 nicht mehr an alle Äußerungen des Bw am 30. September 2010 erinnern konnten, besteht schon aufgrund der fundierten Anzeige in Verbindung mit den aus der für solche Amtshandlungen üblichen Vorgangsweise hergeleiteten Erklärungen und den beim Ortsaugenschein am 23. Juni 2010 festgestellten örtlichen Bedingun­gen der Lasermessung kein Zweifel daran, dass der Pkw des Bw mit weit über­höhter Geschwindigkeit gemessen und auch dieser angehalten und beanstandet wurde.

 

Zur technischen Unbedenklichkeit der dem Tatvorwurf zugrunde gelegten Laser­messung wird auf die Feststellungen des Sachverstän­digen verwiesen, der zum einen ein Anvisieren der vorderen Kennzeichentafel bei eingeschaltetem Abblend- und sogar ev. Fernlicht des nicht unmittelbar sondern etwas seitlich versetzt auf seinen Standort bei der Messung zufahrenden Pkw für einwandfrei möglich erachtet hat, wobei die Messkegelbreite von etwa 1m bei der Messentfernung von 335 m solches sogar erleichtert. Zum anderen war das Lasermessgerät einwandfrei geeicht, wurden die vorgeschriebenen Tests vor Mess­beginn durch­geführt, liegt die Messentfernung von 335 m innerhalb der – dem Vertreter als ehemaligem Polizisten bestens bekannten – BEV-Zulassung und wurde der vorgeschriebene Toleranzabzug von 3% vom Mess­wert, dh aufgerundet 4 km/h auch durchgeführt, sodass sich der Tatvorwurf einer tatsächlichen Geschwin­digkeit von 97 km/h  und damit einer Überschreitung der 70 km/h-Beschränkung um 27 km/h als absolut einwandfrei nachvoll­ziehen lässt. 

 

Zu den Berufungsausführungen ist zu sagen, dass der Tatort des Punktes 2) bereits in der Strafverfügung bei km 11.910 der B127 richtig angegeben war. In ihren Zeugenaussagen vom 5. bzw 11. März 2008 legten der Ml und RI P den Haltestellenbereich als Tatort näher dar, von der Konkretisierung her war das aber nicht mehr erforderlich. Dass sich direkt neben der Bushaltestelle ein Wohnhaus befindet, war dem Vertreter beim Ortsaugenschein keine Bemerkung mehr wert.  

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Mit Verordnung des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 14. November 2003, VerkR10-328-2003-Dr.Au/Ar, betreffend Verkehrsmaßnahmen im Kreuzungs­bereich B127/B131 im Gemeindegebiet Ottensheim, wurde auf der B127 von Strkm 10.152 bis Strkm 12.755 in beiden Fahrtrichtungen das Überschreiten einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h verboten. Die Kundmachung erfolgte, wie beim Ortsaugenschein am 23. Juni 2010 vom erkennenden Mitglied und von Sachverständigen festgestellt wurde, aus Richtung Rohrbach, dh in Fahrtrichtung des Bw, kommend bei km 12.755 durch die beidseitig der B127 angebrachten Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO und bei km 10.152, dh unmittelbar nach der Einmündung des Güterweges Dürnberg ebenfalls durch die beidseitig der B127 angebrachten Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.b StVO1960. Dazwischen liegen insgesamt vier Wiederholungen des Verkehrszeichens gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO jeweils auf der rechten Seite der in Richtung Linz führenden Fahrspur mit jeweiliger Rest­streckenangabe.        

Daraus folgt, dass selbst wenn der Bw tatsächlich von der B131 gekommen wäre – dafür spricht außer der bloßen Behauptung des Vertreters nichts – er am nach der Einmündung der B131 in die B127 rechtsseitig angebrachten Verkehrs­zei­chen vorbeigefahren ist und er selbst bei einer solchen Fahrtroute von der 70 km/h-Beschränkung auf dem von ihm befahrenen Teilstück der B127 wissen musste. Die Geschichte vom angeblich diese Tafel genau verdeckend abge­stellten Camping­bus stammt, wiederum ohne jegliche sachliche Substanz, im Nachhinein vom Vertreter, wobei schon deshalb Zweifel an der Wahrheit diesbezüglich bestehen, weil der Bw, wenn er von der Existenz der Tafel nichts gewusst hat, auch nicht wissen konnte, dass der angebliche Campingbus diese Tafel verdeckt hat. In diesem Fall hätte er sich bei der Beanstandung wohl weniger aufgebracht als überrascht zeigen und nach logischen Über­legungen darauf berufen müssen – davon war aber offenbar nie die Rede.

 

An der Heranziehbarkeit des vom Ml bei der durchgeführten Geschwindigkeits­messung mittels gültig geeichtem Lasermessgerät erzielten und nach Toleranz­abzug korrekt errechneten Geschwindig­keits­wertes von 97 km/h besteht insofern kein Zweifel, als laut SV-Gutachten vom damaligen Standort des x aus einwandfreie Sicht auf die Messstrecke bestand, eine irrtümliche Messung eines anderen Fahrzeuges vom Verkehrsaufkommen und vom verwendeten Licht her auszuschließen war und der x für solche Messungen geschult und zweifellos geübt ist. Nach den schlüssigen Ausführungen des SV besteht kein Zweifel am ordnungsgemäßen Zustande­kommen des Messwertes und ist auch nach den Äußerungen der beiden Polizeibeamten in Verbindung mit den Erklärungen des SV eine Verwechslung des vom Bw gelenkten Pkw mit einem anderen Fahrzeug auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Lasergeschwindig­keits­messgeräte der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E taugliche Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit und ist einem mit der Geschwindigkeitsmessung mit einem der­artigen Messgerät vertrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungs­gemäße Verwendung des Gerätes zuzu­muten (vgl E 8.9.1998, 98/03/0144; uva).

 

Nach den Ausführungen des Bw bei der Anhaltung, er habe sich über einen ihm zu langsamen Pkw geärgert und sei, nachdem die B127 zweispurig geworden sei – dh nach der Kreuzung mit der B131 – aufs Gas gestiegen, ist sowohl die in der Anzeige wiedergegebene Position des Bw-Pkw auf dem linken Fahrstreifen der B127 bei der Messung erklärbar als auch seine Geschwindigkeitsüberschreitung. Die ihm zuzu­rech­nenden Ausführungen sind jedenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Glaub­würdigkeit der beiden Polizeibeamten zu erwecken.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus all diesen Überlegungen zur Überzeugung, dass der Bw diesen ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, wobei ihm aber die Glaubhaftmachung gänzlich mangelnden Verschuldens im Sinn des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sodass er sein Verhalten zweifelsohne als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw ist, bezogen auf den 30.9.2007, mittlerweile unbescholten, wobei auch die überlange Verfahrensdauer als zusätzlicher, eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigender Milderungsgrund zu berücksichtigen war.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien  des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, als auch den unbestritten gebliebenen von der Erstinstanz geschätzten finanziellen Verhält­nissen (der Bw ist UVS-bekannt Berufskraftfahrer und für ein Kind sorge­pflich­tig), liegt im untersten Bereich des gesetzliche Strafrahmens und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. 

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverun­reinigungen verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens hat der Bw nach Beendigung der Amtshandlung um 22.02 Uhr des 30. September 2007 die Fahrt vom Ort der  Anhaltung weg fortgesetzt und beim Wegfahren derart Gas gegeben, dass die Reifen durchgedreht und deshalb gequietscht haben. Beide Zeugen haben ihre damalige Wahrnehmung unabhängig voneinander bestätigt. Auf der Grundlage der Ausführungen des SV ist eine derartige Lärmverursachung bei entsprechend provozierendem Verhalten durchaus technisch möglich; den spitzfindigen Argu­menten des Vertreters des Bw war hingegen nichts abzugewinnen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann von einem ungebührlichen Lärm im Sinne des § 102 Abs.4 KFG dann nicht gesprochen werden, wenn das Kraftfahrzeug in einer Weise betrieben wird, die dem Standard üblicher Verhaltens­weisen im Straßenverkehr entspricht. Die Beurteilung, ob von diesem Standard abgewichen wird und diese Abweichung die Ursache dafür ist, dass erheblich lautere als gewöhnliche Betriebsgeräusche erzeugt werden, kann einem in der Überwachung des Straßenverkehrs geschulten Sicherheitsorgan zugetraut werden (vgl zum Quietschen der Reifen E 14.3.1977, 1039/76; 27.2.2007, 2007/02/0019; 25.3.1992, 92/02/0006; 20.2.1991, 90/02/0194; ua).

 

Beide Zeugen standen in unmittelbarer Nähe des Pkw und haben das Wegfahren mit für ein normales Fahrverhalten unüblichem Gasgeben mit dem Effekt, dass die Reifen des Pkw gequietscht haben, glaubhaft wahrgenommen. Das Quietschen-Lassen der Reifen war wohl zweifellos als Unmutsäußerung des Bw aufzufassen, zumal von einem technischen Defekt der Reifen nie die Rede war. Beim Ortsaugenschein hat sich ergeben, dass sich direkt neben der Bushalte­stelle ein Mehrparteien-Wohnhaus befindet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens auch in diesem Punkt zur Überzeugung, dass der Bw auch hier den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten im Grunde des  § 5 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.   

Auch hier waren die mittlerweile eingetretene Unbescholtenheit des Bw, bezogen auf den 30.9.2007, und die überlange Verfahrensdauer mildernd zu berück­sichtigen, sodass die Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt war. Im Übrigen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Punkt 1) verwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Lasermessung und Quietschenlassen der Reifen beim Wegfahren nach der Anhaltung – Schuldspruch bestätigt, Strafherabsetzung wegen überlanger Verfahrensdauer (Tatzeit 30.9.2007) + mittlerweile Unbescholtenheit

 

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