Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165223/2/BP/Ga

Linz, 29.07.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung des X X, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 29. Juni 2010, GZ.: VerkR96, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiertransportgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Angaben "60 km" durch "65 km" ersetzt werden, "Art. 11" der genannten EG-Verordnung bei den Rechtsgrundlagen entfällt und der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird: "Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Gleichzeitig wird Ihnen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit Ihres Handelns eine Ermahnung erteilt."

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz, noch einen Beitrag zu   den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 29. Juni 2010, GZ.: VerkR96, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 350,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden) verhängt, weil er als Transportunternehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes eine Tierbeförderung von 33 Mastschweinen mit einem näher bezeichneten Kraftwagenzug durchgeführt habe, obwohl er hiefür keine gültige Zulassung gemäß Art. 10 und 11 der Verordnung (EG) 1/2005 besessen habe. Die Beförderung sei vom Verladeort X, zum Schlachtbetrieb X geplant gewesen, wobei die kürzeste Strecke hiefür zumindest über 60 km betragen hätte. Für Tierbeförderungen über eine Strecke von über 60 km wäre eine Zulassung im Sinne der oa. Bestimmungen erforderlich gewesen. Als Tatort wird das Gemeindegebiet von Kleinzell, Rohrbacherstraße B127 bei km 33,350, als Tatzeit der 6. April 2010, 14:25 Uhr, angegeben.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 21 Abs. 1 Z. 23 des Tiertransportgesetzes iVm. Art. 10 und Art. 11 der Verordnung (EG) 1/2005 angeführt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde sowohl vom Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2010 erhob der Bw fristgerecht eine als Einspruch bezeichnete, sinngemäße Berufung gegen das oa. Straferkenntnis.

 

Darin führt er ua. aus, dass die in Rede stehende Kontrolle schon nach ca. 10 km ab dem Verladeort noch innerhalb der 65 km- Grenze gelegen sei, weshalb zu diesem Zeitpunkt noch keine Verwaltungsübertretung vorgelegen sei.

 

Er habe in der Zwischenzeit die Zulassung als Transportunternehmer von der belangten Behörde erhalten, wobei er hier als Firma bezeichnet würde. Er sei jedoch Landwirt, weshalb der Tatvorwurf so nicht korrekt sei.

 

Die einschlägige EG-Norm regle laut ihrem in Art. 1 abgefassten Geltungsbereich lediglich den Tiertransport innerhalb der Gemeinschaft, wobei sich deren Zweck auf grenzüberschreitende Sachverhalte richte.

 

Durch seine genauen Ortskenntnisse im Innviertel sei der Bw in der Lage die betreffende Wegstrecke so zu wählen, dass sie unter 65 km betragen würde.

 

Weiters führt der Bw aus, dass er von Seiten der belangten Behörde am Tag nach der Kontrolle informiert worden sei, dass er keiner derartigen Zulassung bedürfe und die von ihm nach Niederösterreich geplanten Tiertransporte durchaus durchführen könne.

 

Abschließend ersucht der Bw sinngemäß das in Rede stehende Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 9. Juli 2010.  

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus ergibt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist, lediglich Rechtsfragen strittig sind, im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und kein Parteienantrag vorlag, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 entfallen.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem – im Übrigen vom Bw nicht substantiell bestrittenen - unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 23 Tiertransportgesetz 2007, BGBl. I Nr. 54/2007, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.500 Euro zu bestrafen, wer als Transportunternehmer Tiere transportiert oder Tiertransporte veranlasst, ohne eine entsprechende gültige Zulassung gemäß Art. 10 und 11 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zu besitzen. Im Wiederholungsfall kann eine Geldstrafe bis zu 50 Prozent des oben angeführten Strafrahmens erhöht werden.

 

Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 lautet:

 

 

 

Anforderungen für die Zulassung von Transportunternehmen

 

(1) Transportunternehmer werden von der zuständigen Behörde nur zugelassen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

 

a) Die Antragsteller sind in dem Mitgliedsstaat ansässig, in dem sie die Zulassung beantragen, oder haben einen Vertreter in diesem Mitgliedsstaat, wenn es sich um Antragssteller handelt, die in einem Drittland ansässig sind.

 

b) Die Antragssteller haben nachgewiesen, dass sie über ausreichend und geeignetes Personal sowie über ausreichende und angemessene Ausrüstungen und Verfahren verfügen, um dieser Verordnung gegebenenfalls auch den Leitlinien für bewährte Praktiken, nachzukommen.

 

c) Es ist nicht bekannt, dass die Antragsteller oder ihre Vertreter während eines Zeitraumes von drei Jahre vor dem Tag der Antragsstellung ernste Verstöße gegen das gemeinschaftliche und/oder einzelstaatliche Tierschutzrecht begangen haben. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Antragssteller nach Auffassung der zuständigen Behörde hinreichend nachweist, dass er alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um weitere Verstöße zu vermeiden.

 

(2) Die zuständige Behörde erteilt die Zulassungen gemäß Absatz 1 nach dem Muster gemäß Anhang III Kapitel 1. Diese Zulassungen gelten für höchstens
5 Jahre ab dem Tag der Erteilung; sie gelten nicht für lange Beförderungen.

 

3.2. Art. 11 leg.cit. ist mit der Überschrift "Anforderungen für die Zulassung von Transportunternehmern, die lange Beförderungen durchführen" überschrieben. Gemäß der Begriffsdefinition für "lange Beförderung" nach Art. 2 lit. m leg.cit. ist darunter "eine Beförderung, die ab dem Zeitpunkt der Bewegung des ersten Tieres  der Sendung 8 Stunden überschreitet" zu verstehen. Somit findet diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.

 

Der Bw zweifelt überhaupt die Anwendbarkeit der genannten EG-Verordnung auf innerstaatliche Sachverhalte ohne grenzüberschreitende Elemente an. Dem steht Art. 1 der Verordnung (Geltungsbereich) entgegen, der ihr Sachverhalte zugrunde legt, die innergemeinschaftlich Platz greifen. Dies gilt aber auch für rein innerstaatliche Tierbeförderungen – wie im vorliegenden Fall.

 

Weiters bemängelt der Bw, dass er fälschlich als Transportunternehmer qualifiziert werde. Dazu ist wiederum auf die Begriffsdefinition zu verweisen, die in Art. 2 lit. x festgelegt ist. Demnach ist Transportunternehmer "jede natürliche oder juristische Person, die entweder auf eigene Rechnung oder für eine dritte Person Tiere befördert". Dies gilt zweifellos auch für Landwirte, weshalb der Bw im vorliegenden Fall im Sinne der in Rede stehenden EG-Verordnung als Transportunternehmer anzusehen ist.

 

Als Transportunternehmer gemäß Art. 6 der genannten EG-Verordnung kommen nur Personen in Frage, die von einer zuständigen Behörde gemäß Art. 10 Abs. 1 oder für lange Beförderungen gemäß Art. 11 Abs. 1 entsprechend zugelassen sind. Eine Kopie dieser Zulassung wird der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt der Tierbeförderung vorgelegt.

 

Nach Abs. 7 leg.cit. gilt ua. Abs. 1 nicht für Personen, die Tiere gerechnet ab dem Versandort bis zum Bestimmungsort über eine Strecke von maximal 65 km transportieren.

 

Es ist nun zu klären, ob die Ausnahmeregelung des Art. 6 Abs. 7 auf die zu beurteilende Tierbeförderung Anwendung finden kann. Dass der Bw zum Tatzeitpunkt über die in Art. 10 normierte Zulassung nicht verfügte, ist unbestritten. 

 

3.3. Zunächst ist festzuhalten, dass nach sämtlichen konsultierten Routenplanern die Entfernung zwischen dem Verlade- und dem Zielort mit mehr als 65 km angegeben wird (geringste Entfernung:71,2 km). Wenn man die Tatsache außer Acht ließe, dass dem Bw – trotz seiner genauen Ortskenntnisse, die nicht bestritten werden – nur eine Route zur Verfügung stand, die er mit einem entsprechend für Tiertransporte von über 30 Schweinen geeigneten Lastzug bewältigen konnte, wäre es allenfalls denkbar, dass die in Art. 6 Abs. 7 der einschlägigen EG-Verordnung angeführten 65 km zu unterschreiten gewesen wären. Dagegen spricht jedoch das Faktum, dass der Bw auf der B127 im Gemeindegebiet von Kleinzell betreten wurde. Bei der von ihm gewählten Route beträgt – laut Routenplaner – die kürzeste Entfernung 90 km. Dabei ist wohl keinesfalls davon auszugehen, dass die besondere Ortskenntnis des Bw ihm ein Unterschreiten dieser Entfernung um 25 km ermöglicht haben würde. Somit ist die Ausnahmeregel des Art. 6 Abs. 7 nicht anzuwenden und vom Erfordernis der Zulassung für eine derartige Beförderung durch den Bw auszugehen.

 

Wenn der Bw nun vorbringt, er habe das Delikt im Kontrollzeitpunkt noch nicht begangen, zumal er die dafür notwendige Wegstrecke von 65 km noch nicht erreicht gehabt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass er mit der Ausführungshandlung bereits begonnen hatte (diese im Übrigen auch tatsächlich vollendet haben wird). Aus der Formulierung des § 21 Abs. 1 Z. 23 Tiertransportgesetz wird klar, dass es um einen Transport (oder dessen Veranlassung) geht, der zulassungslos durchgeführt wird. Nachdem feststeht, dass der in Rede stehende Transport zulassungspflichtig war, wobei der Bw das Ziel bei der Kontrolle ja auch selbst angab und keine Ausnahme bestand, ist von der Durchführung einer Tierbeförderung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 23 Tiertransportgesetz auszugehen und die objektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

3.4. § 21 Abs. 1 Z. 23 des Tiertransportgesetzes sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzu­nehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Das Verschulden des Bw liegt hier darin, sich nicht entsprechend informiert zu haben; dies unabhängig davon, ob er – wie von ihm behauptet – keine entsprechende Antwort von der belangten Behörde nach Begehung des Delikts erhalten haben will. Die Sorgfaltspflicht traf ihn schon vor dem Kontrollzeitpunkt. Es ist – angesichts – der zugegebenermaßen teils unübersichtlichen Rechtslage – von keiner schweren Form der Fahrlässigkeit auszugehen. Ein Schuldentlastungsnachweis ist dem Bw aber nicht gelungen, weshalb auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen ist.

 

3.5.  Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die Folgen der Tat nicht bedeutend, da der Bw mittlerweile die geforderte Zulassung von der belangten Behörde erhalten hat, weshalb auch von keiner Wiederholungsgefahr der Tat gesprochen werden kann.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist dieses ebenfalls als äußerst gering einzustufen (vgl. Punkt 3.4), da der Bw – wie unwidersprochen geblieben ist – wohl auch bei sorgfältiger Erkundigung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt wäre. 

 

3.6. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurden offensichtlich irrtümlich nicht 65 sondern 60 km angegeben und zudem auch bei den Rechtsgrundlagen der nicht einschlägige Art. 11 der genannten EG-Verordnung zitiert. In diesem Sinn war der Spruch zu korrigieren.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

Rechtsatz:

 

VwSen-175223/2/BP/Gra vom 29. Juli 2010

 

§ 21 Abs. 1 Z. 3 Tiertransportgesetz

 

Wenn der Bw nun vorbringt, er habe das Delikt im Kontrollzeitpunkt noch nicht begangen, zumal er die dafür notwendige Wegstrecke von 65 km noch nicht erreicht gehabt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass er mit der Ausführungshandlung bereits begonnen hatte (diese im Übrigen auch tatsächlich vollendet haben wird). Aus der Formulierung des § 21 Abs. 1 Z. 23 Tiertransportgesetz wird klar, dass es um einen Transport (oder dessen Veranlassung) geht, der zulassungslos durchgeführt wird. Nachdem feststeht, dass der in Rede stehende Transport zulassungspflichtig war, wobei der Bw das Ziel bei der Kontrolle ja auch selbst angab und keine Ausnahme bestand, ist von der Durchführung einer Tierbeförderung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 23 Tiertransportgesetz auszugehen.

 

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