Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252130/10/Py/Fu/Hu

Linz, 13.07.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Andrea Panny über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. April 2009, GZ SV96-7-2009, wegen vier Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG BGBl. Nr. 51/191 idgF;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. April 2009, GZ SV96-7-2009, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen vier Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs 12 iVm § 28 Abs 1 Z 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/2007, Geldstrafen in der Höhe von je 2.000 Euro (insgesamt 8.000 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 800 Euro vorgeschrieben.

 

Im Straferkenntnis wurde der Bw wie folgt für schuldig befunden:

 

"Die x mit dem Betriebssitz in x, hat die Ausländer

1.     x, geb. x, slowakischer Staatsangehöriger, vom 02.02. bis 12.02.2009 und zwar am 02.02.2009 zur x in x, am 03.02.2009 zu den x und x, am 04.02.2009 zur x in x, am 05.02.2009 zur x in x, am 09.02.2009 zur x in x und am 12.02.2009 zur x in x,

2.     x, geb. x, slowakischer Staatsangehöriger, vom 02.02. bis 09.02.2009 und zwar am 02.02.2009 zur x in x, am 03.02.2009 zur x, am 04.02.2009 zur x in x, am 05.02.2009 zur x in x, am 06.02.2009 zur x in x und am 09.02.2009 zur x

3.     x, geb. x, slowakischer Staatsangehöriger, vom 02.02. bis 09.02.2009 und zwar am 02.02.2009 zur x in x, am 03.02.2009 x, am 04.02.2009 zur x in x, am 05.02.2009 zur x in x, am 06.02.2009 zur x in x und am 09.02.2009 zur x,

4.     x, geb. x, slowakischer Staatsangehöriger, vom 02.02. bis 12.02.2009 und zwar am 02.02.2009 zur x in x, am 03.02.2009 zu den x und x, am 04.02.2009 zur x in x, am 05.02.2009 zur x in x, und am 09.02.2009 zur x und am 12.02.2009 zur x in x,

zur Errichtung von Gartenhäusern aus Holzfertigteilen, also zu einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt.

 

Die x mit Sitz in der Gemeinde X hat die bereits angeführten Arbeitsleistungen (für diese Leistungen sind Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 49 EGV nicht zulässig) der Ausländer

  1. x vom 02.02. bis 12.02.2009
  2. x vom 02.02. bis 09.02.2009
  3. x vom 02.02. bis 09.02.2009
  4. x vom 02.02. bis 12.02.2009

die von der x mit dem Betriebssitz in x, zur vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden, in Anspruch genommen, ohne dass der x für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde, obwohl den Ausländern lediglich ein Stundenlohn von vier Euro garantiert war und damit die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs 1 Z 1 bis 3 und Abs 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen – es konnte das Sozialversicherungsdokument E 101 nicht vorgewiesen werden – nicht eingehalten wurden und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde.

 

Hierfür sind Sie als Vorstand und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der x mit dem Sitz in der Gemeinde X verantwortlich."

2. Gegen das Straferkenntnis, das am 29. April 2009 dem Vertreter des Bw zugestellt wurde, erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am 13. Mai 2009 – somit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde. Die Berufung wurde bei der belangten Behörde eingebracht.

In der Berufung bringt der Bw vor, dass dem Spruch des Straferkenntnisses keine strafbare Handlung zu entnehmen sei, da die Slowakei sowohl Mitglied der EU als auch des EWR ist, und slowakische Staatsbürger daher die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen. Zum Beweis dafür beantragt der Bw eine Stellungnahme der europäischen Kommission in eventu des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten einzuholen.

Weiters bringt der Bw vor, dass dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, worin die konkrete strafbare Handlung bestehen solle. Das Strafverfahren sei daher mangels strafbarer Handlung in eventu wegen mangelnder Konkretisierung der strafbaren Handlung einzustellen.

Überdies sei die Bestimmung des § 18 Abs 12 iVm § 28 Abs 1 Z 5 lit b AuslBG – ebenso wie die Vorgängerbestimmung in der Fassung BGBl I. Nr. 101/2005 – eine gemeinschaftswidrige, weil gegen Art 49 EG verstoßende, Vorschrift, weshalb eine Bestrafung zu unterbleiben habe.

Zudem sei die Ansicht der belangten Behörde, wonach die x durch das Aufstellen der Gartenhäuser eine Arbeitsleistung in Anspruch genommen habe, völlig unrichtig. Die Behörde nehme zu Unrecht an, dass die x eine Werkleistung bzw. eine Arbeitsleistung in Anspruch genommen habe. Vielmehr liege ein ganz normaler Kaufvertrag und eine Lieferung von Musterware vor. Die Musterhäuser werden der x vergünstigt zur Verfügung gestellt, und die Aufstellung als Ansichtsexemplar an der jeweiligen Verkaufsstelle sei eine völlig untergeordnete Nebenleistung aus dem Kaufvertrag, wofür die x auch kein Entgelt schulde. Daher läge keine Beschäftigung iSd § 2 Abs 4 AuslBG vor und damit auch keine strafbare Handlung, weshalb das Strafverfahren einzustellen sei.

Weiters macht der Bw geltend, dass auf seiner Seite nicht einmal ein minderer Grad des Versehens an der vorgeworfenen Tat vorliege, weshalb mangels persönlicher Vorwerfbarkeit das Verfahren einzustellen sei. Aufgrund der langjährigen Vertragsbeziehung zur x hätte es zu keinem Zeitpunkt einen Grund zur Annahme, dass die Monteure die Beschäftigung ohne Bewilligung aufnehmen würden, gegeben.

Im Übrigen sei die Tat von den Auswirkungen her als geringfügig einzustufen, da die hier vorliegenden Nebenleistungen zu einem gewöhnlichen Kaufvertrag keineswegs geeignet seien, das volkswirtschaftliche Gleichgewicht zu stören. Eine Bestrafung sei daher weder aus general- noch spezialpräventiven Gründen geboten. Außerdem sei eine Geldstrafe in der Höhe von 8000 Euro keineswegs gerechtfertigt.

Schließlich beantragt der Bw, die Berufungsbehörde möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das Strafverfahren einstellen, in eventu von einer Bestrafung wegen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat absehen, in eventu von einer Bestrafung absehen und in Anbetracht der Unbescholtenheit des Einschreiters, dessen seit dem Vorfall erwiesenen Wohlverhaltens, sowie dessen geringen Verschuldens, und der geringfügigen Folgen der Tat, lediglich eine Ermahnung aussprechen, in eventu die Strafhöhe schuldangemessen herabzusetzen. Darüber hinaus stellt der Bw den Antrag auf Verbindung der Verwaltungsstrafverfahren SV96-7-2009, SV96-7-1-2009, SV96-7-2-2009 und SV96-7-3-2009 gemäß § 39 Abs 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung – ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 14. Mai 2009 zur Entscheidung vorgelegt.

3.2. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 2. dargestellt – rechtzeitig.

3.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis für keines der Delikte eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juni 2010, die aufgrund des den Verfahren zugrunde liegenden sachlichen Zusammenhangs gemäß § 51e Abs 7 VStG gemeinsam mit den im Verfahren zu VwSen-252127, VwSen-252128 und VwSen-252129 anberaumten mündlichen Berufungsverhandlungen betreffend die Berufungsverfahren hinsichtlich Herrn x, Herrn x und Herrn x durchgeführt wurde.

An der Berufungsverhandlung hat der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis teilgenommen. Der Bw wurde von seinem Vertreter entschuldigt. Die geladene Organpartei (KIAB) entschuldigte sich ebenfalls für die Berufungsverhandlung. Eine neuerliche Ladung dieser Verfahrensbeteiligten konnte unterbleiben, da bereits aufgrund der Aussagen und der vom Rechtsvertreter des Bw vorgelegten Unterlagen feststand, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

5.1. Die x mit Betriebssitz in x, betreibt Baumärkte an verschiedenen Standorten in ganz Österreich und den CEE-Staaten. Die Unternehmensleitung befindet sich am Firmensitz in x. Verträge der x werden am Sitz der Unternehmensleitung in x abgeschlossen.

Herr x ist Vorstandsmitglied der x. Ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 28a Abs 2 AuslBG iVm § 9 Abs 2 und 3 VStG für die Einhaltung der Bestimmungen nach dem AuslBG wurde nicht rechtswirksam bestellt.

Von der Firma x mit Betriebssitz in x, bezieht die x Gartenhütten aus Holzfertigbauteilen in Bausatzform, die sie an verschiedenen Filialstandorte im In- und Ausland den Baumarktkunden in dieser Form zum Kauf anbietet. Der Vertrag zwischen der Firma x und der Firma x wurde ebenfalls am Sitz der Unternehmensleitung in x abgeschlossen.

Um den Kunden eine Vorstellung vom jeweiligen Produkt zu bieten, werden in x Musterhäuser der verschiedenen Gartenhüttenvarianten zu Werbezwecken ausgestellt. Der Aufbau dieser Musterhäuser erfolgt durch die Firma x auf eigene Kosten und mit eigenem Personal. Von der x wird lediglich eine Fläche am Marktgelände zur Verfügung gestellt. Zum Aufbau der Musterhäuser zwischen 02.02.2009 und 12.02.2009 an den Standorten x, x, x, x, x, x, x, und x, wurden von der Firma x die slowakischen Staatsangehörigen x, x, x und x im Zeitraum zwischen 02.02.2009 bis 09.02.2009 bzw. 12.02.2009 nach Österreich entsandt. Die betroffenen slowakischen Staatsangehörigen hatten Dienstverträge mit der Firma x abgeschlossen und wurden von dieser bezahlt.

Aufgrund eines Strafantrages des Finanzamtes Amstetten/Melk/Scheibbs vom 16. März 2009 wurde dem Bw mit Schreiben vom 20. März 2009 vorgeworfen, vier Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs 12 iVm § 28 Abs 1 Z 5 AuslBG begangen zu haben. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, sich zu rechtfertigen.

Dieser Aufforderung ist der Bw im Schreiben vom 7. April 2009 nachgekommen. Neben einer Vollmachtsbekanntgabe und einem Antrag auf Verbindung gemäß § 39 Abs 2 AVG rechtfertigte sich der Bw dahingehend, dass der Bw die vorgeworfenen Übertretungen nicht zu verantworten habe, da die Gartenhütten vom slowakischen Unternehmen x und dessen Arbeitnehmern aufgestellt wurden. Der Bw durfte aufgrund der jahrelangen Praxis darauf vertrauen, dass die Firma x entsprechende Anzeigen nach dem AuslBG erstatte. Der Bw legte zudem vier Sozialversicherungsbescheinigungen E 101 hinsichtlich der gegenständlichen Ausländer vor.

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 28. April 2009, GZ SV96-7-2009, wurde der Bw für schuldig befunden, vier Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs 12 iVm § 28 Abs 1 Z 5 AuslBG begangen zu haben, da die x mit Sitz in der Gemeinde X die bereits angeführten Arbeitsleistungen der slowakischen Staatsangehörigen, die von der x mit dem Betriebssitz in x, zur vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden, in Anspruch genommen hat, ohne dass der x für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde, obwohl den Ausländern lediglich ein Stundenlohn von vier Euro garantiert war und damit die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs 1 Z 1 bis 3 und Abs 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen – es konnte das Sozialversicherungsdokument E 101 nicht vorgewiesen werden – nicht eingehalten wurden und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde. Hierfür sei der Bw als Vorstand und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der x mit dem Sitz in der Gemeinde X verantwortlich.

5.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. Juni 2010 und ist in dieser Form unbestritten.

6. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

6.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AuslBG, die im Tatzeitpunkt in Geltung standen – eine begünstigende Änderung der Rechtslage im Sinne des § 1 Abs 2 VStG ist nicht eingetreten – lauten wie folgt:

§ 18 Abs 12 AuslBG:

"Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

         1.      sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebs-               sitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zuge-            lassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt           sind und

         2.      die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b                   Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungs-           gesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversiche-                rungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden."

 

§ 28 Abs 1 AuslBG:

"Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

(...)

         5.      wer,

         (...)

         b)      entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von             einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vor                handenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch                       nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung                  oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde,                  oder (...)"

6.2. Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist örtliche zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Zur Auslegung des im Sinn des § 27 Abs 1 VStG maßgebenden Begriffes des "Ortes der Begehung" muss die Bestimmung des § 2 Abs 2 VStG herangezogen werden. Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen (VwGH 26. Februar 1987, 86/08/0231; vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 27 Anm. 1).

Für den Bereich des VStG kommt es auch in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung beziehen – und dies wird auch für in Filialen gegliederte Unternehmen angenommen –, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht auf den Ort an, an dem das Unternehmen betrieben wird (also auch nicht auf den Ort des Filialbetriebes). Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Arbeitnehmerschutz, zur Ausländerbeschäftigung, zum Arbeitsrecht und zur LMKV 1993 sowie auch zum Öffnungszeitengesetz der Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, für welches der zur Vertretung nach außen Befugte gemäß § 9 VStG gehandelt hat (VwGH 18. Juni 1990, 90/19/0107).

Im Hinblick auf § 2 Abs 2 VStG ist der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Verwaltungsmaterien – unter anderem auch bzgl. dem AuslBG – also zum Ergebnis gekommen, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. So ist auch im Fall von Übertretungen des § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen bzw. wären von dort aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen gewesen (VwGH 22. Jänner 2002, 2000/09/0147; VwGH 19. Dezember 2002, 2001/09/0080; VwGH 20. November 2008, 2008/09/0236).

Ob in derartigen Fällen ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ, ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG oder ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle. Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein (VwGH 4.  September 2006, 2003/09/0096; vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 27 Abs 1 E 9b).

Im konkreten Fall wird dem Bw vorgeworfen, dass die x mit Sitz in x entgegen § 18 Abs 12 AuslBG die Arbeitsleistungen von Ausländern, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden, in Anspruch genommen hat, obwohl § 18 Abs 12 Z 1 oder 2 nicht erfüllt war und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde. Hierfür sei der Bw als Vorstand und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der x mit dem Sitz in x verantwortlich.

Dem Bw wird damit vorgeworfen, als ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG – ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 28a Abs 2 AuslBG iVm § 9 Abs 2 und 3 VStG für die Einhaltung der Bestimmungen nach dem AuslBG wurde nicht rechtswirksam bestellt –, nicht für die Erteilung der erforderlichen Bewilligungen gesorgt zu haben bzw. nicht dafür gesorgt zu haben, dass nur Leistungen solcher Arbeitnehmer von Firmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommen werden, für welche die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs 1 Z 1 bis 3 und Abs 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Im vorliegenden Fall liegt der Unternehmenssitz der x in der Gemeinde X. Es ist daher gemäß § 27 Abs 1 VStG die Gemeinde X als Tatort anzusehen, denn entsprechend der Judikatur des VwGH ist, wenn ein Vorstandsmitglied als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Aktiengesellschaft zur Verantwortung gezogen wird, jener Ort als Tatort anzusehen, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz hat (VwGH 25. März 1994, 94/02/0026), weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften zu treffen gewesen wären bzw. von dort aus keine Verträge geschlossen werden dürfen, welche zur Verletzung von Verwaltungsvorschriften führen.

Die belangte Behörde, der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis, war daher örtlich nicht zuständig, wegen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw zu führen.

Die belangte Behörde begründet ihre Zuständigkeit im Straferkenntnis mit dem in ihrem Amtssprengel liegenden letzten ermittelten Einsatzort der Betriebsentsandten. Dies sei deshalb relevant für die Zuständigkeit, da im gegenständlichen Fall von einem Erfolgsdelikt auszugehen sei, weil die Nichteinhaltung der österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen Tatbestandsvoraussetzung des § 18 Abs 12 AuslBG ist. Dazu ist jedoch anzumerken, dass es nach § 27 Abs 1 VStG gleichgültig ist, wo der zum Tatbestand dazugehörende Erfolg eingetreten ist (VwGH 14. Mai 1990, 90/19/0018), es kommt vielmehr auf den Ort an, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (VwGH 26. Februar 1987, 86/08/0231).

Das angefochtene Straferkenntnis ist daher mangels Zuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich obliegt es, diesen Umstand von Amts wegen aufzugreifen. Bei diesem Verfahrensausgang war auf die weiteren Vorbringen des Bw - insbesondere auch die Frage, inwiefern die im gegenständlichen Fall erbrachten Leistungen der Ausländer im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (und nur für diese kommen Einschränkungen der Tätigkeit von entsandten Arbeitnehmern im Bundesgebiet iSd Art. 49 EG in Betracht) oder der Warenverkehrsfreiheit erbracht wurden bzw. welcher Aspekt überwiegt (vgl. VwGH 24. März 2009, Zl. 2007/09/0283) - nicht einzugehen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

8. Dem Antrag des Bw, die gegen die Vorstandsmitglieder der x eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden, konnte hinsichtlich der Berufungsverhandlung entsprochen werden, nicht jedoch hinsichtlich der Entscheidungen der Berufungsbehörde, da im Verwaltungsstrafverfahren individuelle Umstände zu berücksichtigen sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Andrea Panny

 

 

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