Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281164/12/Py/Hu

Linz, 22.07.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Mai 2009, GZ: Ge96-214-2007/DJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Juli 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 21 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 50 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Mai 2009, GZ: Ge96-214-2007/DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 10 Abs.1 Z4 iVm § 5 Abs.2 Z1 BauKG, BGBl.I/Nr. 37/1999 idF BGBl.I/Nr. 42/2007, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, x, Geschäftsanschrift x, welche vom Bauherrn "x" als Baustellenkoordinator für die Baustelle Reihenhausanlage x (Parzellen Nr. x, KG x) bestellt wurde und somit strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG folgende Übertretung (wie vom Arbeitsinspektorat Linz anlässlich einer Baustellenkontrolle am 31.10.2007 festgestellt wurde) des Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) zu verantworten:

Am 31.10.2007 waren auf den Dächern der Baustelle Reihenhausanlage x (Parzellen Nr. x, KG x) bereits Spengler und Dachdecker tätig, wobei kein Dachfanggerüst bzw. keine kollektive Schutzmaßnahme, laut Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vorhanden war und somit der Baustellenkoordinator nicht darauf geachtet hat, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

Im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ist auf Seite 6 unter Punkt 3.1. festgehalten, dass für die Arbeiten am Dach das Schutzgerüst der obersten Decke als Fanggerüst für Dacharbeiten auszubilden ist, bzw. wenn vor den Dacharbeiten ein Fassadengerüst errichtet wird, dieses als Fanggerüst auszuführen ist.

Dies stellt eine Übertretung des § 5 Abs.2 Z1 BauKG dar, wonach der Baustellenkoordinator darauf zu achten hat, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden (der letzte offizielle Aktenvermerk vom Baustellenkoordinator an den Bauherrn stammt vom 30.08.2007)."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes feststeht, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, die zum Baustellenkoordinator bestellt war, die Aufgaben als Baustellenkoordinator, nämlich darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden, nicht eingehalten hat. Im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan auf Seite 6 unter Punkt 3.1. ist festgehalten, dass für die Arbeiten am Dach das Schutzgerüst der obersten Decke als Fanggerüst für Dacharbeiten auszubilden ist bzw. wenn vor den Dacharbeiten ein Fassadengerüst errichtet wird, dieses als Fanggerüst auszuführen ist. Zum Kontrollzeitpunkt am 31. Oktober 2007 waren die Zimmerer- und Spenglerarbeiten bei den Reihenhäusern fast vollständig abgeschlossen und mit der Dachdeckung bereits begonnen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren noch keine kollektiven Schutzmaßnahmen vorhanden. Dies wird durch die vom Organ des Arbeitsinspektorates Linz angefertigten Beweisfotos belegt, weshalb die objektive Tatseite hinsichtlich der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen sei.

 

Zum Verschulden wird im Wesentlichen ausgeführt, dass mangels geeigneter Rechtfertigungsangaben die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens dem Bw nicht gelungen ist, weshalb dieser die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten habe.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass als mildernd der Umstand gewertet werde, dass keine Vorstrafen aufscheinen. Durch die Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bestand die Gefahr einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Arbeitnehmern und erscheine die verhängte Geldstrafe aus spezialpräventiven Gründen zweckmäßig, um den Bw künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und vorgebracht, dass es zutreffe, dass die Firma x, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bw ist, mit Vereinbarung vom 13. April 2007 vom Bauherrn "x" (x) als Baustellenkoordinator und Projektleitung für die Baustelle Reihenhausanlage x bestellt wurde. Konkret habe Herr x die Baustellenkoordination und Projektleitung für die x ausgeübt. Die Bauarbeiten führte im Auftrag der x als Generalunternehmerin die x, aus.

 

Der Bw habe einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) gemäß Bauarbeitenkoordinationsgesetz erstellt, der auf der Baustelle auflag und vor Baubeginn an die Baufirmen übermittelt und allen Subunternehmern, Lieferanten und sonstigen Baustellenbeteiligten durch den jeweiligen Auftraggeber zur Kenntnis gebracht wurde. Auf Seite 6 des SiGe-Planes wurde festgehalten, dass für die Arbeiten am Dach das Schutzgerüst der obersten Decke so auszubilden ist, dass das Fanggerüst für die Dacharbeiten verwendet werden kann. Wenn vor den Dacharbeiten ein Fassadengerüst errichtet wird, so ist dieses als Fanggerüst auszuführen.

 

Die Baustelle wurde von Herrn x regelmäßig, gemeinsam mit einem Vertreter der Generalunternehmerin, besichtigt. Bevor auf der Baustelle mit den Dacharbeiten begonnen wurde, wies x bei der Besichtigung am 8. Oktober 2007 auf die fehlenden Fang-, Schutz- und Dachfanggerüste bei allen vier Häusern hin. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Dacharbeiten im Gange. Die fehlenden Gerüste wurden mit dem Vertreter der Generalunternehmerin ausführlich besprochen und habe Herr x den Vertreter der Generalunternehmerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur Herstellung eines Schutzgerüstes keine Dacharbeiten durchgeführt werden dürfen. Auch habe Herr x in einem anschließenden Telefonat den zuständigen Bauleiter, Herrn x, auf diese Problematik hingewiesen und die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes gefordert. x wurde zugesagt, als Baustellenkoordinator vor Beginn der Dacharbeiten verständigt zu werden.

 

Bei einer neuerlichen Begehung der Baustelle am 25. Oktober 2007 habe Herr x erstmalig festgestellt, dass entgegen den Feststellungen im SiGe-Plan die Dacharbeiten ohne die vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen begonnen wurden. Er habe nochmals auf die Erforderlichkeit eines ordnungsgemäßen Dachfanggerüstes sowie auf den Umstand, dass bis zur Herstellung keine weiteren Dacharbeiten durchgeführt werden dürfen, hingewiesen. Der anwesende Vertreter der Generalunternehmerin hat dies ausdrücklich zur Kenntnis genommen und die Umsetzung ausdrücklich zugesichert. In den darauf folgenden Tagen waren die Arbeiten auf der Baustelle aufgrund eines Feiertages und Wochenendes vorübergehend eingestellt. Am 31. Oktober 2007 erfolgte eine Baustellenkontrolle durch das Arbeitsinspektorat, zu dessen Zeitpunkt auf den Dächern Spengler und Dachdecker tätig waren, ohne dass das von x eingeforderte Dachfanggerüst vorhanden waren.

 

Dem Bw könne aus seinem Verhalten kein Tatvorwurf gemacht werden, andernfalls ist ihm nur ein geringes Verschulden anzulasten. Nach der Judikatur ist eine ständige Anwesenheit des Baustellenkoordinators auf der Baustelle nicht erforderlich. Herr x hat in regelmäßigen Zeitabständen eine Baustellenbesichtigung durchgeführt und immer auf die Einhaltung der im SiGe-Plan angeführten Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen. Diese Anweisungen wurden vom Vertreter der Generalunternehmerin jedes Mal ausdrücklich zur Kenntnis genommen und wurde ihm zugesichert, dass vor Beginn der Arbeiten am Dach ein Gerüst aufgestellt wird. Das Vorbringen des Arbeitsinspektorates in dessen Stellungnahme vom 28. Mai 2008, wonach am 31. Oktober 2007 die Zimmerer- und Spenglerarbeiten abgeschlossen waren und damit die Dacharbeiten bereits seit längerem erfolgt seien, sei nicht  nachvollziehbar, da der Zeitpunkt der Fertigstellung der Dacharbeiten am 31. Oktober 2007 keinen Rückschluss darauf zulasse, wann mit den Dacharbeiten begonnen wurden und wie lange diese gedauert haben.

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Firma x im Auftrag der x als Generalunternehmerin tätig. Die Generalunternehmerin hat weitere Subunternehmer mit Arbeiten auf der Baustelle betraut, die sohin in seinem Auftrag tätig wurden. Der Bw habe darauf vertrauen dürfen, dass die Generalunternehmerin die für sie tätigen Subunternehmer auf die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen hinweist und ist der Bw somit seinen Pflichten hinreichend nachgekommen. Auch werde darauf hingewiesen, dass der Baustellenkoordinator in der Regel keine Anordnungsbefugnisse gegenüber den auf der Baustelle tätigen Unternehmen und Arbeitnehmern und somit kein Durchgriffsrecht hat. Es ist daher nachvollziehbar und lebensnahe, dass der Bw davon ausging, dass der Generalunternehmer die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen an die für ihn tätigen Subunternehmen weitergibt. Da wohl auch jeder andere sorgfältige Mensch darauf vertraut hätte, kann dem Bw daraus kein Vorwurf gemacht werden.

 

Dem Bw ist auch nicht vorzuwerfen, dass er sich bis 31. Oktober 2007 noch nicht an das Arbeitsinspektorat gewandt und somit von seinem Recht gemäß § 5 Abs.4 BauKG Gebrauch gemacht hat. Er hat am 25.10.2007 erstmals das fehlende Gerüst auf der Baustelle festgestellt und hätte er dann, wenn er bereits öfters einen Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen wahrgenommen hätte, jedenfalls das Arbeitsinspektorat informiert.

 

3. Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Juli 2010. An dieser nahmen der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teil. Als Zeugen wurden Herr x und der Arbeitsinspektor x einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma "x", x (in der Folge: x).

 

Vom Bauherrn "x", x (in der Folge: x) wurde die x mit Vereinbarung vom 13. April 2007 zum Baustellenkoordinator und Projektleiter für das Bauprojekt "Reihenhausanlage x" bestellt. Das Bauprojekt umfasste die Errichtung einer Reihenhausanlage bestehend aus vier zweigeschossigen Doppelhäusern in der Gemeinde x, Gst x, KG x. Die Firma "x", x (in der Folge: Firma x) wurde von der x als Generalunternehmerin für das gegenständliche Bauvorhaben beauftragt. Die Zimmerer-, Spengler- und Dachdeckerarbeiten beim Bauvorhaben wurden von der Firma x an Subunternehmer vergeben.

 

Für die x übte dessen Arbeitnehmer x die Baustellenkoordination beim gegenständlichen Bauprojekt aus. Er arbeitete einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) aus, der auf Seite 6, Punkt 3. "Absturzsicherungen" unter 3.1. festgelegt wie folgt: "Für die Arbeiten am Dach ist das Schutzgerüst der obersten Decke so auszubilden, dass es als Fanggerüst für die Dacharbeiten verwendet werden kann. Wenn vor den Dacharbeiten ein Fassadengerüst errichtet wird, so ist dieses als Fanggerüst auszuführen."

 

Herr x besuchte regelmäßig die gegenständliche Baustelle und führte im Zuge dessen Baubegehungen mit einem Vertreter der Generalunternehmerin, teilweise auch mit Vertretern des Bauherrn, bei denen auch die Einhaltung der Festlegungen im SiGe Plan überprüft wurden. Über die Begehungen wurden Protokolle angefertigt, die der Generalunternehmerin übermittelt wurden. Mit den sonstigen als Subunternehmer auf der Baustelle tätigen Arbeitgebern nahm er keinen Kontakt auf. Er ging vielmehr davon aus, dass seine Anweisungen von der Firma x an die Subunternehmer weitergegeben werden, da dies bei einem davor gemeinsam abgewickelten Bauprojekt der Fall war.

 

Anlässlich einer Baustellenbegehung am 8. Oktober 2007, an der gemeinsam mit Herrn x ein Vertreter der Firma x sowie teilweise ein Vertreter der x teilnahm, stellte sich heraus, dass bereits die ersten Zimmermannsarbeiten des Dachstuhls in Angriff genommen wurden, obwohl entgegen dem SiGe-Plan die Fanggerüste nicht ausgeführt waren. In der letzten Geschoßdecke waren die Voraussetzungen für die Anbringung eines Dachfanggerüstes nicht berücksichtigt worden. Herr x forderte den Polier der Firma x daher auf, einen Vorschlag auszuarbeiten, welche Sicherungsmaßnahmen für die Arbeiten auf dem Dach nunmehr getroffen werden. Dabei wurde ihm seitens der Firma x zugesichert, dass ein Vorschlag ausgearbeitet wird, bis zur Entscheidung, welche Maßnahmen getroffen werden, keine Dacharbeiten durchgeführt werden und der Baustellenkoordinator vor Beginn der Dacharbeiten verständigt wird. Mit den Arbeitgebern der von der Generalunternehmerin für die Arbeiten am Dach beauftragten Subunternehmen führte Herr x auch zu diesem Zeitpunkt keine Gespräche hinsichtlich der Einhaltung des SiGe-Planes bzw. der Einstellung weiterer Arbeiten bis zur Anbringung entsprechender Schutzeinrichtungen.

 

Anlässlich einer neuerlichen Baustellenbesichtigung am Freitag, 25. Oktober 2007, die Herr x gemeinsam mit einem Vertreter der Generalunternehmerin durchführte, stellte der Baustellenkoordinator fest, dass inzwischen weiterführende Zimmererarbeiten und auch und Spenglerarbeiten auf dem Dach durchgeführt wurden, ohne dass die im SiGe-Plan vorgesehenen Fanggerüste vorhanden waren. Er urgierte daraufhin beim Polier der Firma x neuerlich die für Arbeiten auf dem Dach festgelegten Schutzmaßnahmen und vereinbarten mit ihm, dass bis zu deren Fertigstellung keine weiteren Dacharbeiten durchgeführt werden. Die Arbeitgebern der auf der Baustelle tätigen Zimmerer und Spengler wurden von Herrn x nach wie vor nicht auf die Einhaltung der Festlegungen im SiGe-Plan hingewiesen.

 

Anlässlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat Linz am 31. Oktober 2007, dem darauffolgenden Mittwoch, stellte der Arbeitsinspektor fest, dass bei sämtlichen vier Doppelhäusern die Zimmerarbeiten bereits zur Gänze fertig gestellt, die Spenglerarbeiten bereits zum Großteil abgeschlossen und die Dachdeckerarbeiten bereits im Gange waren. Absturzsicherungen für die Arbeiten am Dach wie im SiGe-Plan festgelegt waren zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden.

 

Herr x verrichtete seine Tätigkeit als Baustellenkoordinator im vom Bw vertretenen Unternehmen weitgehend eigenständig. Termine zwischen ihm und dem Bw wurden nach Erfordernis vereinbart. Herr x gab in der Berufungsverhandlung an, dass er zwar nicht eindeutig sagen könne, ob er den Bw über die Probleme hinsichtlich der fehlenden Schutzmaßnahmen auf der gegenständlichen Baustelle informiert habe, er jedoch davon ausgehe, dass darüber aufgrund der zwar nicht regelmäßigen aber sehr kollegialen Zusammenarbeit darüber gesprochen wurde. Eine Besichtigung der gegenständlichen Baustelle durch den Bw erfolgte nicht.

 

Aufgrund der gegenständlichen Anzeige wurde im vom Bw vertretenen Unternehmen die Baustellenkoordination dahingehend abgeändert, dass nunmehr alle auf den Baustellen tätigen Arbeitgeber über die Ergebnisse der Baustellenbesichtigungen des Baustellenkoordinators informiert werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 14. Juli 2010.

 

Der Bw führte aus, dass man in dem von ihm vertretenen Unternehmen zum Tatzeitpunkt auf die – bis dahin erwiesene - Verlässlichkeit der Generalunternehmerin vertraut habe, dass diese die Ergebnisse der Baustellenbesichtigung durch den Baustellenkoordinator an die Subunternehmer weiterleitet und somit für die Einhaltung der Festlegungen im SiGe-Plan durch alle auf der Baustelle tätigen Arbeitgeber gesorgt ist. Aufgrund des gegenständlichen Vorfalls würden nunmehr jedenfalls alle auf der Baustelle tätigen Arbeitgeber in die Ergebnisse der Baustellenbesichtigung durch den Baustellenkoordinator selbst einbezogen.

 

Der als Zeuge einvernommene Arbeitsinspektor schilderte seine Wahrnehmungen anlässlich der Kontrolle vom 31. Oktober 2007, die auch durch die im Verfahren vorgelegten Lichtbilder untermauert werden. Insbesondere geht aus seiner Zeugenaussage im Zusammenhalt mit den bei der Kontrolle angefertigten Fotoaufnahmen unzweifelhaft hervor, dass am Kontrolltag bereits bei allen vier Doppelhäusern die Dachzimmererarbeiten durchgeführt waren und auch nahezu die gesamten Spenglerarbeiten. Im Hinblick auf die Ausführungen des Arbeitsinspektors über den Arbeitsaufwand für die gegenständliche Dachkonstruktion (Aufbau des Dachstuhls, Ausführung der Gauben) im Zusammenhalt mit den vorgelegten Bildern ist auch davon auszugehen, dass mit den Arbeiten auf dem Dach bereits mehrere Arbeitstage vor der gegenständlichen Kontrolle begonnen worden sein musste.

 

Auch die Ausführungen des Zeugen x stellten sich als nachvollziehbar dar. Insbesondere gestand er in seiner Zeugenaussage ein, dass – auch wenn bei seiner Besichtigung am 8. Oktober 2007 möglicherweise keine Dachzimmerer tätig waren – an diesem Tag bereits Zimmererarbeiten für den Dachstuhl ausgeführt waren. Der Zeuge schilderte auch glaubwürdig, dass er aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit mit der Firma x immer davon ausgegangen ist, dass seine Anordnungen an die Firma x eingehalten werden und er keinen direkten Kontakt mit den auf der Baustelle für die Arbeiten am Dach vorgesehenen Arbeitgebern gehalten hat. Aufgrund seiner Zeugenaussage kann auch unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass die am 8. Oktober 2007 mit der Firma x getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise betreffend die Schutzeinrichtungen nicht eingehalten wurden und die Arbeiten am 25. Oktober 2007 weiter fortgeschritten waren. Unbestritten geblieben ist, dass seitens des Baustellenkoordinators nur mit einem Vertreter der Generalunternehmerin Firma x (bzw. am 8. Oktober unter tw. Einbeziehung eines Vertreters des Bauherrn x) die Baustellenbegehungen und die Gespräch über die Einhaltung der Festlegungen im SiGe-Plan geführt wurde und der Baustellenkoordinator mit den Arbeitgebern der mit der Ausführung der Arbeiten auf dem Dach betrauten Arbeitgebern in dieser Bauphase keinen direkten Kontakt aufgenommen hat.

 

Die Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich der zwischen Herrn x und dem Bw vereinbarten Arbeitsweise ist den Schilderungen des Zeugen x sowie den Ausführungen des Bw zu entnehmen. Aus beiden Aussagen geht hervor, dass der Bw Herrn x – auch im Hinblick auf dessen Fachwissen – weitgehend eigenständig die Wahrnehmung der Aufgaben als Baustellenkoordinator übertrug. Der Bw gab zwar an, die Tätigkeit des Herrn x auf den Baustellen zu kontrollieren, jedoch sei eine Kontrolle der gegenständlichen Baustelle von ihm nicht durchgeführt worden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Vom Bw wurde nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 5 Abs.2 Z1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG), BGBl.I/Nr. 37/1999 idF BGBl.I/Nr. 42/2007, hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass – wie anlässlich der Kontrolle vom 31. Oktober 2007 zweifelsfrei festgestellt werden konnte – von den auf der Baustelle tätigen Arbeitgebern die für Arbeiten am Dach im SiGe-Plan erstellten Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten wurden. Unbestritten blieb, dass das vom Bw vertretene Unternehmen auf der gegenständlichen Baustelle zum Baustellenkoordinator bestellt wurde. Es hat daher der Bw den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Dies hat er verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.3. Der Bw hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiters anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw führt aus, dass der von ihm mit der Wahrnehmung der Baustellenkoordination beauftragte und fachkundige x auf der gegenständlichen Baustelle die Generalunternehmerin auf die fehlenden Sicherheitseinrichtungen hingewiesen und die Zusicherung erteilt bekam, dass vor Anbringung entsprechender Schutzeinrichtungen keine weiteren Arbeiten am Dach durchgeführt werden bzw. der Baustellenkoordinator vor weiteren Arbeiten am Dach verständigt wird. Indem seitens des Baustellenkoordinators beim gegenständlichen Bauvorhaben lediglich die Generalunternehmerin, nicht aber die einzelnen, mit der Ausführung der Dacharbeiten beauftragten und am Bau tätigen Subunternehmer zur Einhaltung der Festlegungen im SiGe-Plan angewiesen wurden, kam der Baustellenkoordinator seinen ihm im Bauarbeitenkoordinationsgesetz übertragenen Aufgaben jedoch nur unzureichend nach.

 

Vergegenwärtigt man sich den Inhalt des § 5 BauKG, so gehen die gerade dem Baustellenkoordinator zugewiesenen Pflichten eindeutig über rein koordinative Tätigkeiten hinaus. Aufgabe des Koordinators ist es, bei der Einteilung der Arbeiten und Arbeitsabläufe – in der Planungs- und Bauphase – darauf zu achten, dass für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer keine Gefahren bestehen. Auch wenn vom Baustellenkoordinator nicht verlangt wird, dass er durchgehend auf der Baustelle anwesend ist, so hat er in erfahrungsgemäß kritischen Bereichen – wie sie die gegenständliche Dachausführung darstellt – verdichtete Kontrollen durchzuführen und seinen Aufgaben entsprechende Maßnahmen zu setzen. Wie das Beweisverfahren im vorliegenden Fall ergab, wurden bereits bei der vom Baustellenkoordinator am 8. Oktober 2007 durchgeführten Baustellenbesichtigung von ihm festgestellt, dass erste Arbeiten am Dach in Angriff genommen wurden, ohne dass die im SiGe-Plan vorgesehenen Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Eine Kontaktaufnahme mit den mit den Arbeiten am Dach beauftragten Arbeitgebern durch den Baustellenkoordinator zur Einhaltung des SiGe-Planes erfolgte jedoch nicht. Ergebnis des Beweisverfahrens ist zudem, dass sich im Rahmen des Baufortschrittes herausstellte, dass die ursprünglich vorgesehenen Voraussetzungen für die Anbringung eines Dachfanggerüstes an der letzten Geschoßdecke nicht ausgeführt wurden und daher nach einer anderen Lösungsmöglichkeit gesucht wurde. Aufgabe des Baustellenkoordinators ist es, auf Veränderungen auf der Baustelle selbst oder bei den Baustelleneinrichtungen zu reagieren, damit sichergestellt ist, dass auch bei wesentlichen Änderungen der Arbeitsabläufe oder Neuerstellung von Baustelleneinrichtungen die relevanten Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten werden. Dieser Verpflichtung ist der Baustellenkoordinator im vorliegenden Fall jedoch nicht ausreichend nachgekommen, indem er die Generalunternehmerin mit der Ausarbeitung einer Lösungsmöglichkeit am 8. Oktober 2007 beauftragte und deren Zusagen bis zum Kontrollzeitpunkt vertraute, obwohl bereits bei der Besichtigung durch den Baustellenkoordinator vom 25. Oktober 2007 von ihm festgestellt werden musste, dass die von der Generalunternehmerin zugesagten Maßnahmen (Einstellung der Dacharbeiten bis zum Anbringen kollektiver Schutzmaßnahmen, Information des Baustellenkoordinators hinsichtlich der Wiederaufnahme von Arbeiten am Dach) nicht eingehalten wurden.

 

Durch § 1 Abs.5 BauKG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die neben den Bestimmungen des BauKG auch im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeber, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen, weiter bestehen. Neu ist lediglich, dass der Arbeitgeber durch den Baustellenkoordinator dabei unterstützt und überwacht wird (§§ 5, 7 BauKG; Gartner, Baukoordinationsgesetz, 26). Nicht nur dem konkreten Wortlaut der vorliegenden Gesetzesbestimmung ist daher zu entnehmen, dass sich die Überwachungstätigkeit des Baustellenkoordinators hinsichtlich der Einhaltung des SiGe-Planes an die Arbeitgeber richtet, sondern auch aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist erkennbar, dass die Intention des Gesetzgebers darin liegt, dass der Baustellenkoordinator durch die ihm im Gesetz übertragenen Pflichten und Handlungsmöglichkeiten für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer Sorge zu tragen. Diese Aufgabe kommt dem Baustellenkoordinator unmittelbar zu und kann er diese ihn treffende Pflicht nicht  schuldbefreiend an den Generalunternehmer übertragen. Vielmehr es erforderlich gewesen, dass der Baustellenkoordinator bei allen auf der Baustelle gleichzeitig oder aufeinander folgenden Arbeitgebern auf die Einhaltung der Festlegungen im SiGe-Plan während der Dacharbeiten achtet.

 

Der Bw selbst führt an, dass er die gegenständliche Baustelle nie besichtigt hat, jedoch mit den in seinen Unternehmen für die Baustelle verantwortlichen, fachkundigen Mitarbeiter laufenden Kontakt hielt. Dieses Vorbringen reicht jedoch zu seiner Entlastung bzw. zu einer Befreiung vom Verschulden nicht aus. Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eingehalten werden. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass der Unternehmer nicht alle Angelegenheiten persönlich wahrnimmt, sondern die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbst verantwortlich überlässt und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle beschränkt, er ist aber nur dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der obliegende Entlastungsnachweis wird aber nicht schon dadurch erbracht, dass der Bw die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass er auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen hat. Die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" reicht nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Insbesondere wäre die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführungen zu überprüfen. Konkrete Anordnungen und Anweisungen an die mit der Baustellenkoordination betraute Person sowie eine Kontrolle, ob diese auch eingehalten werden, wurde vom Bw nicht dargelegt.

 

Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist daher auch subjektiv vorwerfbar und ist von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat als strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet.

 

Auch im Hinblick auf den Umstand, dass durch die Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen die Gefahr einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmer/innen bestand, erscheint nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als zu hoch gegriffen. Im Berufungsverfahren stellte sich zudem heraus, dass im vom Bw vertretenen Unternehmen umgehend auf die gegenständliche Anzeige reagiert wurde. Als Baustellenkoordinator wird nun direkt mit allen auf den Baustellen tätigen Arbeitgebern Kontakt aufgenommen und wird seitens des Baustellenkoordinators auch zeitgerecht und wirksam mit den im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten auf die Nichteinhaltung der Bestimmungen reagiert.

 

Als mildernd ist im gegenständlichen Verfahren zudem die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Aufgrund dieser Umstände sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, die von der belangten Behörde verhängte Strafhöhe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß herab zu setzen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist auch mit der nunmehr verhängten Strafhöhe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Ein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen konnte jedoch nicht festgestellt werden, sodass von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen war. Auch war ein Vorgehen gemäß § 21 VStG auszuschließen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorlagen, zumal das Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückblieb.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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