Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-140012/12/Fra/Gr

Linz, 02.08.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17. Mai 2010, VerkR96-2982-2009-Mg/Shl, betreffend Übertretung des § 19 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Juli 2010, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 19 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung gemäß § 124 Abs.3 Eisenbahngesetz eine Geldstrafe von 70 Euro (EFS 32 Stunden) verhängt, weil sie als Lenkerin des PKW´s, X am 12. Oktober 2009 um 15:45 Uhr in der Gemeinde X, Ortsgebiet X, X, bei Kilometer X an einer durch einer Lichtzeichenanlage gesicherten Eisenbahnkreuzung bei Aufleuchten des gelben Lichtes nicht vor der Eisenbahnkreuzung angehalten hat, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding stützt den Schuldspruch auf die Aussagen der Meldungsleger AI X, PI X und BI X, PI X.

 

3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding– als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hatte (§ 51c erster Satz VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Juli 2010 iVm einem Lokalaugenschein. An der Berufungsverhandlung hat sowohl die Berufungswerberin, ihr Rechtsvertreter und ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Eferding teilgenommen. Die Berufungswerberin wurde gehört. Ebenso wurde der Meldungsleger, Herr AI X, PI X, sowie Herr X, zeugenschaftlichen einvernommen. Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik, Herr X der Direktion Straßenbau und Verkehr des Landes Oberösterreich erstattete ein Gutachten zu der Frage, ob es der Berufungswerberin noch möglich war, bei Aufleuchten des Gelblichtes der Lichtzeichenanlage vor der Eisenbahnkreuzung anzuhalten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung müssen, wenn an einer Eisenbahnkreuzung, die durch eine Lichtzeichenanlage gesichert ist, gelbes oder rotes Licht aufleuchtet oder akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung wahrgenommen werden, die Straßenbenützer vor der Eisenbahnkreuzung anhalten. Wenn ein sicheres Anhalten bei Aufleuchten gelben Lichts nicht mehr möglich ist, so haben die Fahrzeuglenker weiterzufahren.

 

Zur Beantwortung der Frage, ob es der Bw noch möglich war, bei Aufleuchten des Gelblichtes vor der Eisenbahnkreuzung anzuhalten, ist die ungefähre Fahrgeschwindigkeit der Berufungswerberin bei Annäherung an der Eisenbahnkreuzung sowie die Entfernung des Fahrzeuges zur Kreuzung bei Aufleuchten des Gelblichtes erforderlich.

 

Der Meldungsleger AI X konnte zur Klärung dieser Frage deshalb nichts beitragen, weil er angab, dass sich als er den Blick auf die Eisenbahnkreuzung gerichtet hat, gesehen hat, dass das von der Bw gelenkte Fahrzeug bereits auf den Gleisen befand. Die Anfahrt habe er nicht gesehen, ebenso wisse er nicht, wie lange die Gelblichtphase dauert.

 

Die Bw hat im erstinstanzlichen Verfahren stets vorgebracht, dass sie bei Annäherung an die gegenständliche Eisenbahnkreuzung keine Möglichkeit mehr gehabt habe, gefahrlos vor dieser anzuhalten. Sie habe sich bereits bei Umschalten der Ampel auf Gelblicht unmittelbar vor der Eisenbahnkreuzung befunden, sodass eben ein gefahrloses Anhalten nicht mehr möglich gewesen sei.

 

Gestützt wird dieses Vorbringen durch die zeugenschaftliche Aussage des Herrn X im Rahmen der Berufungsverhandlung. Herr X führte u.a. aus, sich an den Vorfall noch deshalb erinnern zu können, weil ihn die Bw ersuchte, bei ihrem Haus eine Baulichkeit anzusehen. Er hätte mit der Bw vereinbart, hinter ihr nachzufahren. Als die Bw die Eisenbahnkreuzung übersetzte, habe kurz vor der Haltelinie das Gelblicht aufgeleuchtet. Unter "kurz" verstehe er ca. 2 bis 3 Meter vor der Haltelinie. Er sei hinter der Bw mit einer Fahrgeschwindigkeit von vielleicht ca. 40 km/h nachgefahren. Die Gelblichtphase sei relativ kurz gewesen. Er habe jedoch die Sekunden nicht gezählt.

 

Unter Zugrundelegung der Aussage dieses Zeugen ist der Amtssachverständige X in seinem bei der Berufungsverhandlung erstatteten Gutachten zu folgendem Ergebnis gekommen:

 

"Die Berufungswerberin fuhr aus ihrer Sicht nach rechts auf die X in Richtung des dort befindlichen Kreisverkehres auf. Geht man davon aus, dass die Berufungswerberin auf Grund des fehlenden Querverkehrs nicht das Fahrzeug anhalten musste, sondern mit einer geringen Geschwindigkeit von ca. 10 – 15 km/h die Kurve befuhr, so ist bei einem Beschleunigungsvorgang anzunehmen, dass sie im Bereich der Haltelinie eine Geschwindigkeit von 35 bis 40 km/h gehab hat. Geht man davon aus, dass zum Zeitpunkt des ersten Aufleuchtens des gelben Lichtes des Bahnüberganges das Fahrzeug der Berufungswerberin ca. 2 m vor Haltelinie sich befand und unterstellt man der Berufungswerberin eine Reaktionszeit von einer Sekunde, so ist bei einer Geschwindigkeit von rund 6 bis 7 m pro Sekunde ein Anhalten vor der Haltelinie nicht mehr möglich, da sie in der Reaktionszeit nicht 2 m, sondern 6 -7 m zurücklegt. Dann unterstellt man also die übliche Reaktionszeit von 1 Sekunde. Aber auch bei einer Unterstellung von einer Reaktionszeit von 0.8 Sekunden wäre bei den vorangestellten Prämissen ein rechtzeitiges Anhalten vor der Haltelinie bei einem unterstellten Abstand von 2 m aus technischer Sicht nicht mehr möglich gewesen."

 

Dieses Gutachten ist schlüssig und wurde daher dieser Entscheidung zugrunde gelegt. Auch die bei der Berufungsverhandlung anwesenden Verfahrensparteien haben diesem Gutachten nicht widersprochen. Es legt sohin kein für ein Strafverfahren erforderlicher Beweis dafür vor, dass der Bw bei Aufleuchten des gelben Lichtes der gegenständlichen Lichtzeichenanlage ein sicheres Anhalten des von ihr gelenkten Kraftfahrzeuges vor der Eisenbahnkreuzung möglich war. In Anwendung des Zweifelgrundsatzes "in dubio pro reo" ist sohin davon auszugehen, dass der Bw ein sicheres Anhalten bei Aufleuchten des gelben Lichtes nicht mehr möglich war, weshalb sie im Sinne des § 19 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung weiterfahren musste. Nicht zu untersuchen war, ob die Bw allenfalls gegen § 16 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung verstoßen hat; ein derartiger Tatvorwurf wurde während der Verfolgungsverjährungsfrist nicht erhoben.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.



Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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