Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165206/6/Kof/Eg

Linz, 30.07.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X vertreten durch X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.05.2010, GZ.: VerkR96-544-2010, nach der am 28. Juli 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Geldstrafe zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG  iVm  §§ 16, 19 und 24 VStG

§ 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

-         Geldstrafe ........................................................................... 80 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ...................................... 8 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz .................................. 16 Euro

                                                                                                     104 Euro     

 

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ........................................... 51 Stunden.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

"Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h
um 25 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort: Gemeinde Laakirchen, Ortsgebiet Steyrermühl B144 bei km 15.170

          in Fahrtrichtung Gmunden

Tatzeit: 10.01.2010, 10:42 Uhr

Fahrzeug: PKW, VB-.....

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:  § 20 Abs. 2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von       falls diese uneinbringlich ist,                  gemäß

                               Ersatzfreiheitsstrafe von

80 Euro                         51 Stunden                             § 99 Abs. 3 lit. a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

8 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  88 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend bringt der Bw in seiner Berufung Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung vor.

Er beantragt die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines Amtssachverständigen zum Beweis dafür, dass die Radarmessung nicht richtig durchgeführt worden sei.

Hinter dem Fahrzeug hätten sich Leitschienen befunden, sodass eine entsprechende Retroreflektion nicht ausgeschlossen werden könne.

Weiters wird der Tatort dahingehend in Frage gestellt, da als Tatort unter anderem Strkm 15.170 angegeben ist und – wie aus der Anzeige hervorgeht – sich der Messbeamte zum Tatzeitpunkt mit dem geeichten Radargerät bei
Strkm 15.170 befunden hat.

Dies stehe im Widerspruch mit dem Tatort bei Strkm 15.170.

Auch könne nicht beurteilt werden, auf welche Entfernung hin der messende Beamte die Messung vorgenommen hat und ob die Messung entsprechend der
Einstellung F000'009 bzw. innerhalb des Messbereiches vorgenommen worden ist.

Darüber hinaus sei das Verschulden des Bw gering, seien keine Folgen eingetreten und wäre der Bw daher zu ermahnen gewesen.

 

Abschließend wird beantragt

    der Berufung Folge zu geben,

    das Verwaltungsstrafverfahren nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung einzustellen,

    in eventu: das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und

                   an die Erstbehörde zurückzuverweisen,

    in eventu:  eine Ermahnung auszusprechen,

    in eventu:  eine geringe Geldstrafe zu verhängen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 28. Juli 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie der Zeuge und Meldungsleger, GI KD teilgenommen haben.

 

Stellungnahme des Rechtsvertreters des Bw:

Ich verweise auf die schriftlichen Ausführungen in der Berufung.

 

Zeugenaussage des Herrn GI. KD:

Ich bin seit dem Jahr 1973 Gendarm bzw. Polizist und seit dieser Zeit u.a. im Verkehrsüberwachungsdienst tätig.

Mit dem bei der ggst. Messung verwendeten Radargerät bzw. mit diesem Typ führe ich seit ca. 5 Jahren Radarmessungen durch.

Derartige Radarmessungen führe ich – Durchschnittsbetrachtung – ca. 10 – 15mal im Monat durch, die Einsatzzeit beträgt – ebenfalls Durchschnittsbetrachtung –
ca. 7 – 8 Stunden/Tag.

Der im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltene Eichschein mit der Identifikation "203" bezieht sich auf jenes Radargerät, welches ich bei der Messung am 10.1.2010 in Laakirchen, Ortsgebiet Steyrermühl, verwendet habe.

Betreffend die Entfernung vom Radargerät bis zum gemessenen Fahrzeug gebe ich an: Der Kameraschwenkbereich beträgt 19 Grad, die exakte Entfernung in Meter kann ich nicht angeben.

Der Standort des Streifenwagens war auf der B 144, Km 15,170, siehe Radarfoto.

Die Messung erfolgte in Fahrtrichtung Westautobahn.

Gemessen wird der "ankommende Verkehr".

Die Angabe auf dem Radarfoto "F000'009" bedeutet, dass es sich um das "neunte" Foto handelt.

Nach meiner vorsichtigen Einschätzung gebe ich an, dass das ggst. Radargerät die Messung des ankommenden Verkehr vornimmt, wenn dieser 100 m oder
weniger entfernt ist.  Das ggst. Radargerät war auf "fern" eingestellt.

 

Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Bw:

Ich beantrage, wie bereits schriftlich ausgeführt, der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Betreffend die Vorbringen des Bw zum "Tatort" ist auszuführen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestands-merkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind.

Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung.

Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.       die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2.       die Identität der Tat insbesondere nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Es muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit
in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen werden.

In jedem konkreten Fall ist zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem
§ 44a Z1 VStG genügt.

Es wird daher das an Tatort– und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes – weil an den wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes – Erfordernis sein.

VwGH vom 20.07.2004, 2002/03/0195 mit Vorjudikatur;

Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E 14 und E 15 zu
§ 44a VStG (Seite 755 und 756) mit zahlreichen Entscheidungen des VwGH.

Betreffend die Umschreibung des Tatort bei einer Verwaltungsübertretung nach
§ 20 Abs.2 StVO – siehe VwGH vom 26.01.2000, 98/03/0089 mit Vorjudikatur.

 

Dass im gegenständlichen Fall

o        der Bw nicht in der Lage wäre, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten  und/oder

o        die Gefahr einer "Doppelbestrafung" besteht

ist für den UVS nicht ersichtlich und behauptet der Bw selbst nicht.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entspricht daher hinsichtlich dem Tatort – und auch der Tatzeit und der Tathandlung – den zitierten Kriterien.

 

Der Bw beantragt die Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie die Einholung eines Gutachtens eines KFZ-Sachverständigen aus dem Fachbereich Radarmess-geräte, zum Beweis dafür, dass die Messung nicht richtig durchgeführt wurde.

 

Bei diesen Beweisanträgen handelt es sich um die Einholung von "Erkundungs-beweisen", zu deren Aufnahme die Behörde nicht verpflichtet ist.

Nach stRsp des VwGH sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 16 zu § 46 AVG (Seite 488) mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Als Erkundungsbeweis gilt zB. die Vernehmung des eingeschrittenen Polizeibeamten als Zeugen zur Klärung der Frage, ob das Radargerät ordnungsgemäß aufgestellt und bedient worden sei;  VwGH vom 02.09.1992, 92/02/0194; vom 27.02.1992, 92/02/0097 mit Vorjudikatur uva.

 

Wird die Geschwindigkeitsmessung von einem geschulten Polizeibeamten unter Verwendung eines geeichten Radargerätes durchgeführt, ist weder ein Lokal-augenschein, noch die Einholung eines Gutachtens eines KFZ-Sachverständigen aus dem Fachbereich Radarmessgeräte erforderlich;

ständige Rechtsprechung des VwGH, z.B. Erkenntnisse vom 12.7.1995, 95/03/0171; vom 8.9.1998, 95/03/0111 und vom 18.4.1994, 94/03/0002.

 

Betreffend das Vorbringen des Bw "zum Zeitpunkt der Messung haben sich hinter dem gemessenen vom Bw gelenkten Fahrzeug Leitschienen befunden, sodass auch eine entsprechende Retroreflektion nicht ausgeschlossen werden kann",
ist auszuführen:

Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und entbehrt jedweder Logik, dass Bauwerke, Sachen und Gegenstände, welche sich üblicherweise und in großer Zahl neben Straßen befinden – z.B. Häuser, Bäume, Leitschienen usw. – einen "Störfaktor" für Radarmessungen darstellen.

Würde dies tatsächlich zutreffen, wären Radarmessungen generell kaum möglich,

im Ortsgebiet (verbautes Gebiet – Häuser) so gut wie unmöglich!

 

Dieses Vorbringen des Bw ist daher als "abstrakte Spekulation" zu bezeichnen.

 

Wird ein vorschriftsmäßig geeichtes Radargerät zur Geschwindigkeitsmessung verwendet, so kann davon ausgegangen werden, dass die Funktionstüchtigkeit des Gerätes durch Störfaktoren, wie sie im Straßenverkehr üblicherweise auftreten, nicht beeinträchtigt wird;  VwGH vom 12.07.1995, 95/03/0099;

Vgl. auch VwGH vom 11.07.1990, 89/03/0242.

 

Jener Beamte, welcher die gegenständliche Radarmessung vorgenommen hat, Herr GI KD, hat bei der mVh einen glaubwürdigen, kompetenten und seriösen Eindruck hinterlassen und in keiner Phase der Einvernahme den Anschein erweckt, den Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;

VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247.

 

Herr GI KD führt seit ca. fünf Jahren ca. 10 bis 15 Tage pro Monat (Durchschnitts-betrachtung) jeweils 7 bis 8 Stunden derartige Radarmessungen durch.

Eine Radarmessung stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar;

einem mit der Radarmessung betrautem Beamten ist aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten;

VwGH vom 27.02.1992, 92/02/0097; vom 30.10.1991, 91/03/0154; vom 08.09.1998, 98/03/0144; vom 28.06.2001, 99/11/0261 jeweils mit Vorjudikatur

 

Das bei der Amtshandlung verwendete Radargerät ist geeicht – aus dem im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Eichschein vom 03. Oktober 2008 ergibt sich, dass die Nacheichfrist für das Gerät am 31. Dezember 2011 abläuft;

VwGH vom 27.01.2005, 2003/11/0169.

 

Jener Polizeibeamte, welcher die Messung vorgenommen hat, hat bei der mVh glaubwürdig und überzeugend dargelegt, dass dieser Eichschein sich auf das verwendete Radargerät bezieht.

 

Auf dem im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Radarfoto ist der gemessene Wert "80 km/h" deutlich ersichtlich.

 

Bei Radargeräten erfolgt bei einer gemessenen Geschwindigkeit

o    bis zu 100 km/h: ein Abzug von 5 km/h

o    von mehr als 100 km/h: ein Abzug von 5 %!

VwGH v. 21.01.1997, 96/11/0276; v. 19.03.1987, 86/02/0185 mit Vorjudikatur.

Vgl. dazu: Bei einer Lasermessung erfolgt ein Abzug von 3 km/h bzw. 3 %;

VwGH vom 02.03.1994, 93/03/0238; vom 24.06.2003, 2003/11/0123

 

Somit steht fest, dass der Bw am Tatort vom geeichten Radargerät mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h gemessen wurde  –  aufgrund des Abzuges von
5 km/h ergibt sich eine vorwerfbare Geschwindigkeit von ....... 75 km/h.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Betreffend die Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen;

ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig;   

siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage E48, E58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten VwGH-Erkenntnisse.

 

Vergleichsweise wird auch noch auf das Erkenntnis des VwGH vom 19.10.2004, 2002/03/0202 verwiesen:  Der do. – unbescholtene (!) – Bf hat die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 20 km/h überschritten.

Der VwGH hat eine Geldstrafe von umgerechnet 109 Euro als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Die Berufung war daher auch betreffend das Strafausmaß abzuweisen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz
10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Geldstrafe.

 

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

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