Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-270031/3/Kl/Pe

Linz, 06.08.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der x GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin x, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.6.2010, FinD-091393/2-2010-Roi/Bla, wegen Festsetzung einer Landesabgabe zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 2 Abs.1 Z1 und Abs.3 Oö. Abgabengesetz – Oö. AbgG, LGBl. Nr. 102/2009 iVm § 245 Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 58/2010, iVm § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.6.2010, FinD-091393/2-2010-Roi/Bla, wurde die von der Firma x GmbH, x, x, für die Anträge vom 6.5.2010 auf Nachprüfung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Anbetracht des Zurückziehungsantrages vom 12.5.2010 zu entrichtende Pauschalgebühr gemäß § 1 Abs.1 Z12 sowie § 1 Abs.2 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2007, LGBl. Nr. 23, in der Gesamthöhe von 1.200 Euro festgesetzt. Weiters wurde ausgesprochen, dass dieser nach § 2 der zitierten Verordnung bereits fällig gewordene Pauschalgebührenbetrag unverzüglich auf das Landeskonto zu entrichten ist. Begründend wurde ausgeführt, dass mit dem am 6.5.2010 beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Vergabevorhaben „VolP-Anlage“ eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag sowohl ein Nachprüfungsantrag als auch ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt wurde, wofür einerseits für den Nachprüfungsantrag 1.600 Euro und für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung 50 % dieses Betrages, also 800 Euro, vermindert um 50 %, das sind insgesamt 1.200 Euro, zu entrichten sind. Die Pauschalgebühr ist gemäß § 2 erster Satz Oö. Vergabe-Pauschalgebührenver­ordnung 2007 gleichzeitig mit der Einbringung des Antrags durch Barzahlung, Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomat- oder Kreditkarte zu entrichten.

 

2. Dagegen richtet sich die Berufung, datiert vom 22.7.2010, beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht am 23.7.2010 außerhalb der Amtsstunden, eingelangt am 26.7.2010, beim Amt der Oö. Landesregierung eingelangt am 27.7.2010, und wurde die Aufhebung des Bescheides der Oö. Landesregierung vom 22.6.2010 beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass es zwar richtig sei, dass gemäß § 22 VergRSG 2006 bei Antragstellung die Pauschalgebühr zu entrichten sei. Bereits mit Einbringung der Anträge auf Nachprüfung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 16.4.2010 sei die Gebühr in gesetzmäßiger Höhe entrichtet worden, wobei diese Anträge mit Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 21.4.2010 als verspätet zurückgewiesen wurden. Es sei hingegen gesetzwidrig, wenn die Oö. Landes­regierung davon ausgehe, dass die Berufungswerberin für ein und den selben Nachprüfungsantrag – auch wenn der Wiedereinsetzungsantrag zurückgezogen wurde – noch einmal die jeweilige Pauschalgebühr zu entrichten hätte. Gemäß § 71 Abs.3 AVG sei die versäumte Handlung sinnvoller Weise nur dann nachzuholen, wenn sie bis dahin noch nicht nachgeholt worden ist. Vor dem Wiedereinsetzungsantrag verspätet gesetzte Prozesshandlungen müssen nicht wiederholt werden, eine allfällige Wiederholung schadet aber nicht.

 

3. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

4. Im Grunde des § 2 Abs.1 Z1 und Abs.3 Oö. AbgG ist die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates gegeben, der durch Einzelmitglied entscheidet.

 

Eine öffentliche mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte daher gemäß § 67d AVG entfallen, weil der wesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage eindeutig ersichtlich ist und weitere Beweise nicht aufzunehmen sind.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Mit Eingabe vom 16.4.2010, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 19.4.2010, hat die x GmbH, x, einen Antrag auf Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlagen sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen, gestellt. Diese Anträge wurden mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 21.4.2010, VwSen-550519/6/Kl/Rd/Pe sowie VwSen-550520/6/Kl/Rd/Pe, als verspätet zurückgewiesen. Mit Eingabe vom 6.5.2010 hat die Berufungswerberin einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und gleichzeitig einen Antrag auf Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlage sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin bis zur Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren zu untersagen, den Zuschlag zu erteilen, eingebracht.

Mit schriftlicher Aufforderung vom 10.5.2010 wurde die Berufungswerberin aufgefordert, die Pauschalgebühr in Höhe von 2.400 Euro gemäß § 1 Abs.1 Z12 der Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 23/2007, nachzureichen.

In der Folge wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung mit Eingabe vom 12.5.2010 zurückgezogen.

Es wurde daher die Berufungswerberin schriftlich am 17.5.2010 verständigt, dass gemäß § 1 Abs.5 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung nur 50 % der ursprünglich angeführten Gebühr für den zurückgezogenen Antrag zu entrichten sind. Der Vorgang wurde am 10.6.2010 der Direktion Finanzen als Abgabenbehörde weitergeleitet.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.6.2010 wurde gemäß § 1 Abs.1 Z12 und § 1 Abs.2 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2007 eine Pauschalgebühr in der Gesamthöhe von 1.200 Euro festgesetzt.

 

5.2. Gemäß § 1 Abs.1 Z12 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2007 beträgt die Pauschalgebühr für einen Nachprüfungsantrag im Verfahren betreffen Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich 1.600 Euro.

 

Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2007 beträgt die für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entrichtende Pauschalgebühr 50 % der jeweils in Abs.1 angeführten Gebühr.

 

Zieht ein Antragsteller einen Nachprüfungsantrag oder Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Bescheides zurück, so hat sie oder er nur 50 % der jeweils in Abs.1 angeführten Gebühr für den zurückgezogenen Antrag zu entrichten (§ 1 Abs.5 leg.cit.).

 

Es entfällt daher im gegenständlichen Fall für den Antrag auf Nachprüfung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein Gesamtbetrag von 1.200 Euro.

 

5.3. Gemäß § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn ein näher angeführter Wiedereinsetzungsgrund vorliegt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

 

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist diese – nur die Versäumung einer Frist  (auch der Berufungsfrist) betreffende – Bestimmung so zu lesen, dass die versäumte Prozesshandlung nicht jedenfalls, sondern spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen ist. Es schadet also nicht, wenn die verspätete Prozesshandlung (auch Berufung) schon vor dem – rechtzeitig gestellten – Wiedereinsetzungsantrag vorgenommen (eingebracht) worden ist (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, Seite 1642, Anmerkung 15). Es kann nach Vornahme einer verspäteten Prozesshandlung, etwa Erhebung einer Berufung, ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden. Eine, wenn auch verspätet, bereits gesetzte Prozesshandlung muss nicht im Sinn des § 46 Abs.3 zweiter Satz VwGG nachgeholt werden. Hatte der Beschuldigte die Berufung schon seinerseits bei der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz eingebracht, so muss diese – wenn auch verspätet – gesetzte Prozesshandlung mit dem Wiedereinsetzungsantrag nicht nachgeholt werden (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1063 ff mit Nachweisen).

 

Weil bereits mit den Eingaben am 16.4.2010 die entsprechenden Pauschalgebühren entrichtet wurden, waren daher im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung die entsprechenden Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr zu stellen und daher mangels der Verpflichtung zur  Wiederholung dieser Anträge, diese dennoch gestellten Anträge nicht mehr mit einer Pauschalgebühr zu vergebühren. Mangels einer Verpflichtung zur nochmaligen Gebührenentrichtung war daher der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Zuständigkeit; keine nochmalige Pauschalgebühr bei Wiedereinsetzungsantrag, wenn die versäumte Handlung bereits vorher vergebührt wurde

 

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