Linz, 27.07.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die RAe X, gegen die Punkte 2.) bis 4.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 18.05.2010, Zl. VerkR96-5268-2010-RM, nach der am 27. Juli 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird in den Punkten 2.) bis 4.) als unbegründet abgewiesen; Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruch sich lediglich auf die festgestellten Mängel zu reduzieren hat.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt € 76,-- (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19, § 24, § 44a Abs.1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
Zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte die Punkte 2.) bis 4.) betreffend begründend folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertretreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes:
2.1. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde klargestellt, dass gegen den Punkt 5.) kein Rechtsmittel erhoben wurde.
3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat in den Punkten 2. bis 5. durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung schien hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe und ohne Parteienantrag in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte in Verbindung mit dem diesbezüglichen Parteienantrag zumindest geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
Da letztlich nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens des vom Berufungswerber in Verbindung mit dem diesbezüglich gewährten Parteiengehörs auf die Durchführung der bereits für den 11.5.2010 anberaumten Berufungsverhandlung verzichtet wurde, konnte diese letztlich unterbleiben.
3.1. Beweis erhoben wurde durch Verlesung des erstinstanzlichen Akteninhaltes, sowie durch Gutachtensergänzung seitens des Amtssachverständigen TOAR Ing. im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Diesem angeschlossen findet sich das Ergebnis der Teiluntersuchung (Gutachten Nr. 84067), sowie die für die gegenständlichen Übertretungspunkte nicht relevanten Begleitdokumente für den Tiertransport.
4. Erwiesener Sachverhalt:
Die im Rahmen der Kontrolle festgestellten und in einem standarttisierten Formular festgestellten und als erkennbar qualifizierten technischen Mängel wurden anlässlich der Berufungsverhandlung mit dem Sachverständigen unter Hinweis auf das Prüfgutachten erörtert und klargestellt.
Demnach ist der den technischen Erfordnissen nicht entsprechende zu lange Auflaufweg der Anhängerbremsvorrichtung vom Lenker bei der Bremsprobe als ein Schlaggeräusch und Stoß feststell- bzw. wahrnehmbar.
Die Wirkung der Betriebsbremse des Anhängers war laut Sachverständigen nur mehr im Umfang des bloßen Rollwiderstandes gegeben und betrug im Ergebnis nur mehr ein Zehntel der erforderlichen Bremskraft von 1,0 bis 1,5 kN (Kilonewton). Die auf dem Bremsprüfstand erzielten Bremswerte wurden bei der Betriebsbremse mit 0,20 und 0,10 kN pro Achse und bei der Feststellbremse 0,30 u. 0.40 (li. u. re) festgestellt.
Die Feststellbremse wäre vom Lenker durch eine sogenannte Anfahrprobe (Anziehen der Feststellbremse beim Anhänger mit nachfolgendem Anfahrversuch) zu überprüfen gewesen.
Das der Berufungswerber, der zur Berufungsverhandlung trotz persönlicher Ladung nicht erschienen war, diese Probe überhaupt gemacht hätte, behauptete er erstmals im Berufungsschriftsatz.
Die Berufungsbehörde findet demnach keine Veranlassung an den plausiblen und auf technisch Überprüfungen gestützte Ausführungen des Sachverständigen Zweifel zu hegen. Dies führt letztlich zu Schlussfolgerung, dass eine gänzlich fehlende Bremswirkung der sogenannten Auflaufbremse des Anhägers einem durchschnittlichen Kraftfahrzeuglenker sehr wohl aufgefallen wäre.
Sohin kann dem Berufungswerber nicht gefolgt werden, wenn er vermeint es treffe ihn am behaupteten Nichterkennen der genannten Mängel kein Verschulden.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.
Grundsätzlich kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die von der Behörde erster Instanz zutreffend vorgenommenen Subsumtion der festgestellten Mängel gemäß den Bestimmungen des KFG verwiesen werden.
5.1. Nach § 5 Abs.1 VStG genügt für die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung bereits fahrlässiges Verhalten. Bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ist Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sog. Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Was die bis zuletzt bestrittene Verschuldensfrage anlangt ist der Berufungswerber auf den in der Rechtsordnung geltenden abstrakten Sorgfaltspflichten zu verweisen. Jenes Ausmaß an Sorgfalt die von jedem durchschnittlichen Kraftfahrzeuglenker erwartet werden muss. Dieser orientiert sich an der sogenannten objektivierte Maßfigur. Welches Verhalten darf und muss von einem wertverbundenen KFZ-Lenker erwartet werden?
Vor diesem Hintergrund wird wohl kaum ernsthaft die Auffassung vertreten werden können, dass eine fast gänzlich fehlende Bremswirkung der Betriebs- u. Feststellbremse, sowie ein metallisches Schlagen der Anhägevorrichtung einem Fahrzeuglenker nicht auffallen müsste. Dies unter der Annahme, dass eine Bremsprobe ebenfalls in diesen Maßstabshorizont einzubeziehen ist.
5.2. Zur Spruchkorrektur:
Als logisch nicht nachvollziehbar erweist sich jedoch ein weder fall- noch sachbezogener Tatvorwurf mit dem Textinhalt, „ein Fahrzeug darf keinen übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch uva. erzeugen", zu überfrachten, wenn hier die mangelhafte Bremsanlage den Gegenstand des Fehlverhaltens begründet.
Dieser in jedem einzelnen bemängelten Punkten vorangesetzten Spruchbestandteile, „wonach der Anhänger nicht der Verkehrs- und betriebssichere Verwendung entsprochen habe weil maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hätten, da Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch deren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen“, geht insbesondere dann am Kern des Tatvorwurfes vorbei, wenn im letzten Satz des derart mit abstrakten und nicht sachbezogenen Inhalten überfrachteten Tatvorwurf letztlich der konkrete technische Mangel ganz präzise umschrieben ist.
Diese Art der Tatumschreibung über die grundsätzliche Beschaffenheit von Kraftfahrzeugen überschießt in diesen Fall das Regelungsziel des § 44a Abs.1 VStG (über die Umschreibung des Tatbildes), sodass der Spruch, insbesondeere der besseren Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit des konkreten Fehlverhaltens wegen, auf das wesentliche Tatbestandselement - nämlich das tatsächliche Fehlverhalten - einzuschränken war.
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
6.1. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Mit Blick auf den jeweils bis zu 5.000 Euro und sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reichenden Strafrahmen kann vor dem Hintergrund einer des objektiven Unwertgehaltes des Betriebes eines Fahrzeuges ohne Bremswirkung mit einmal € 80,-- und zweimal € 150,-- ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Bei der Strafzumessung handelt es sich um eine im Sinne des § 60 AVG (§ 24 VStG) zu treffende Ermessensentscheidung.
Bedacht genommen wird auf das gut durchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers.
Der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit wurde bei dieser Strafzumessung wohl überdurchschnittlich zu Gunsten des Berufungswerbers gewichtet.
Der Berufung war daher betreffend die Punkte 2.) bis 4.) sowohl im Schuld als auch im Strafausspruch ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r