Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165204/2/Zo/Jo

Linz, 20.07.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, geb. X, X gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 31.05.2010, Zl. VerkR96-6776-2010, wegen Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen. Die in den Punkten 1. und 2. angeführten Vorfälle werden zu einem Tatvorwurf zusammengefasst, welcher wie folgt lautet:

Bei einer Kontrolle am 29.03.2010 um 08.00 Uhr bei der Autobahnpolizeiinspektion Wels in 4600 Wels, Oberfeldstraße 139 wurde festgestellt, dass Sie als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen X, Sattelanhänger X, mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt war, die erlaubte Tageslenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen überschritten haben:

Am 09.03.2010 betrug die Lenkzeit in der Zeit von 05.16 Uhr bis 18.00 Uhr 9 Stunden und 1 Minute;

Am 10.03.2010 betrug die Lenkzeit von 05.01 Uhr bis 19.27 Uhr 9 Stunden und 4 Minuten.

 

II.           Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise Folge gegeben. Die zu den Punkten 1. und 2. verhängten Strafen werden zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst und auf 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Stunden) herabgesetzt.

Die in Punkt 3. verhängte Geldstrafe wird auf 20 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Stunden) herabgesetzt.

 

III.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 6 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber zusammengefasst vorgeworfen, dass am 29.03.2010 um 08.00 Uhr in Wels bei der Autobahnpolizeiinspektion, Oberfeldstraße 139, festgestellt worden sei, dass er als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X, X, mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t, welches zur Güterbeförderung verwendet wird,

die erlaubte Tageslenkzeit von 9 Stunden überschritten habe, weil diese am 09.03.2010 9 Stunden und 1 Minute sowie am 10.03.2010 9 Stunden und 4 Minuten betragen habe.

Weiters habe er nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt, weil er am 11.03.2010 bei einer Lenkzeit von 4 Stunden und 50 Minuten nur eine Lenkpause von 44 Minuten eingehalten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch Übertretungen nach Artikel 6 Abs.1 sowie Artikel 7 der Verordnung (EG) 561/2006 begangen, weshalb über ihn gemäß      § 134 Abs.1 KFG drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 50 Euro verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die Strafe in keiner Relation zu seinem Einkommen stehe. Sie betrage mehr als 600 % seines Bruttostundenlohnes, was für eine Zeitüberschreitung von lediglich einer Minute sehr übertrieben sei. Es sei keine Übermüdung vorgelegen, weil er die Pausen ja eingehalten habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber erschien am 29.03.2010 um 08.00 Uhr mit dem im Spruch angeführten Sattelkraftfahrzeug bei der Autobahnpolizeiinspektion Wels. Er teilte mit, dass sich auf seiner Fahrerkarte mehrere geringfügige Übertretungen befinden und er jetzt nach Ungarn fahren müsse. Er erstattete deshalb selbst Anzeige bezüglich dieser geringfügigen Übertretungen, weil er in Ungarn wegen derartiger geringfügiger Übertretungen wesentlich strenger bestraft werde.

 

Die Auswertung der Fahrerkarte ergab, dass der Berufungswerber am 09.03.2010 zwischen 05.16 Uhr und 18.00 Uhr eine Lenkzeit von 9 Stunden und 1 Minute und am 10.03.2010 zwischen 05.01 Uhr und 19.27 Uhr eine Lenkzeit von 9 Stunden und 4 Minuten eingehalten hatte, wobei die zulässige zweimalige Verlängerung der Lenkzeit pro Woche auf jeweils 10 Stunden bereits berücksichtigt worden war. Am 11.03.2010 hat er nach einer Lenkzeit von 4 Stunden und 50 Minuten (zwischen 12.44 Uhr und 19.25 Uhr) nur eine Lenkpause von 44 Minuten eingehalten.

 

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens gab der Berufungswerber bekannt, dass seiner Meinung nach eine Ermahnung ausgereicht hätte. Er sei für derartige Delikte schon mehrere Male von anderen Behörden ermahnt worden, wobei die Zeitüberschreitung in jedem Fall unter 5 Minuten gelegen sei.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

5.2. Die gegenständlichen Übertretungen sind durch die Auswertung der Fahrerkarte erwiesen. Sie werden vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Er hat diese daher in objektiver Hinsicht zu verantworten, bezüglich seines Verschuldens ist gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen, weil das Verfahren keine Hinweise darauf ergeben hat, dass den Berufungswerber kein Verschulden treffen würde.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei derartigen Übertretungen, sofern diese in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, jeweils ein fortgesetztes Delikt vor, weshalb die beiden Überschreitungen der Lenkzeit zu einem Delikt zusammenzufassen und für dieses eine einheitliche Strafe zu verhängen war.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen jeweils 5.000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden Verstöße gegen die Verordnungen (EG) 561/2006 und die Verordnung (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges 3 der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31.01.2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Fall eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Fall eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Von der Erstinstanz wurde zutreffend festgehalten, dass es sich bei den gegenständlichen Übertretungen um geringfügige Verstöße handelt, sodass keine gesetzliche Mindeststrafe besteht. Dem Berufungswerber kommt auch der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit zugute. Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Es ist bekannt, dass in manchen europäischen Ländern auch wegen geringfügiger Überschreitungen der Lenkzeit oder Unterschreitungen der Lenkpausen sehr hohe Strafen verhängt werden. Jede dieser Übertretungen darf jedoch nur ein einziges Mal verfolgt werden, weil sonst ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliegen würde (vgl. für Österreich § 134 Abs.1a KFG). Dem Berufungswerber ist diese Regelung offensichtlich bekannt und er hat absichtlich Selbstanzeige erstattet, um auf diese Weise eine Verfolgung durch die österreichischen Behörden zu erreichen und damit zu verhindern, dass die selben Übertretungen von ausländischen Behörden geahndet werden können. Dieses Vorgehen ist durchaus legitim, allerdings kann unter Berücksichtigung dieser Umstände die Selbstanzeige nicht mehr als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Es ist richtig, dass die gegenständlichen Übertretungen nur minimal sind und keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen haben. Dem Berufungswerber ist lediglich fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, sodass auch kein schweres Verschulden vorliegt. Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass er wegen ähnlicher Übertretungen nach seinen Angaben bereits mehrmals ermahnt wurde. Eine nochmalige Ermahnung erscheint daher nicht angemessen, sondern es waren zumindest geringfügige Geldstrafen zu verhängen. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Berufungswerber durch die Selbstanzeige das Risiko einer Kontrolle im Ausland (und damit die Verhängung wesentlich höherer Geldstrafen) abgewendet hat. Würde man den Berufungswerber jedes Mal nur ermahnen, so könnte er relativ geringfügige ähnliche Übertretungen praktisch laufend begehen, ohne jemals eine Sanktion befürchten zu müssen. Es war daher insbesondere aus spezialpräventiven Überlegungen die Verhängung von geringfügigen Geldstrafen erforderlich.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände konnten die Strafen zwar noch deutlich herabgesetzt werden, eine noch weitere Herabsetzung kam jedoch nicht in Frage. Diese Geldstrafen entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei von einem lediglich geringfügigen Einkommen bei Sorgepflichten für mehrere Kinder und erheblichen Schulden ausgegangen wird.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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