Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390285/2/SR/Sta VwSen-390286/2/SR/Sta

Linz, 16.07.2010

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufungen der 1) x und 2) der x, vertreten durch x, x, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 10 Mai 2010, GZ BMVIT-635.540/0098/10, wegen einer Übertretung nach dem Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2009 zu Recht erkannt und beschlossen:   

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.  

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 66 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 10. Mai 2010, GZ BMVIT-635.540/0098/10, wurde die Berufungswerberin x (im Folgenden: Bw) im Spruchpunkt 1 wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Frau x hat es als Geschäftsführerin, und damit als gem. § 9 VStG, strafrechtlich verantwortliches Organ der Fa. x, x, zu verantworten, dass durch dieses Unternehmen als Dienstleister hinter der Mehrwertnummer x, und Erbringer von Mehrwertdiensten im Bereich 930, entgegen § 118 Abs. 1 Zif. 2 der Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009, BGBl II Nr. 212/2009 (KEM-V) nicht sichergestellt wurde, dass in der, seit einem unbekannten Zeitpunkt bis 10.02.2010, jedenfalls aber am 10.02.2010 um etwa 11.00 Uhr an den Standorten x, (gegenüber x), und x, (auf Höhe des x), mittels großflächiger Plakate durchgeführten Bewerbung ("Lass es knistern! Ruf an! x") dieses Mehrwertdienstes keine Information über das für die Inanspruchnahme dieses Dienstes zu zahlende Entgelt gem. den Abs. 2 bis 5 des § 118 Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009, inklusive einer eindeutigen Bezeichnung, dass es sich dabei um Euro handelt, deutlich erkennbar enthalten waren.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 109 Abs. 2 Zif. 9 Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 70/2003 (TKG), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005 iVm.

§ 118 Abs. 1 Zif. 2 Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009, BGBl. II Nr. 212/2009 idF 265/2009, (KEM-V),

§ 118 Abs. 2 bis 5 KEM-V, sowie

§ 24 abs. 1-3 und § 63 TKG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

 

Geldstrafe von:       

 

800.- Euro  

 

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

4 Tage

 

gemäß

 

§ 109 Abs. 2 Zif. 9 TKG

 

 

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

80.- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet).

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 880.- Euro.

 

Unter Spruchpunkt 2 sprach die belangte Behörde gegenüber der Fa. x die Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG aus.

 

Begründend führte die belangte Behörde in der Sachverhaltsfeststellung im Wesentlichen aus, dass an den im Spruch angeführten Standorten großflächige Plakate angebracht aufgestellt waren, auf denen für die Inanspruchnahme eines Erotik-Mehrwertdienstes – Telefonnummer x – geworben wurde. Als Geschäftsführerin der Firma x habe die Bw zu verantworten, dass die Bewerbung von Mehrwertdiensten ohne Angabe des dafür zu zahlenden Entgelts vorgenommen worden sei. Zum Tatvorwurf habe die Bw vorgebracht, dass der Druck der Plakate zu einem Zeitpunkt (Anfang Juni 2008) in Auftrag gegeben worden sei, als die mit Juli 2009 wirksam werdende Gesetzes- bzw. Verordnungsänderung noch nicht absehbar gewesen sei. Mittlerweile sei schon ein Großteil der Plakate überklebt worden.

 

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass der Dienstleister sicherzustellen habe, dass jede Form der Bewerbung des angebotenen Dienstes Angaben über das für die Inanspruchnahme dieses Dienstes zu zahlende Entgelt enthalte. Auf den gegenständlichen Plakaten sei überhaupt keine Entgeltangabe angebracht gewesen. Die Bw habe die Gesetzesverletzung als Geschäftsführerin der x , welche Dienstleisterin hinter der angeführten Mehrwertnummer sei, zu verantworten.

Hinsichtlich des Verschuldens gehe die belangte Behörde von Fahrlässigkeit aus, weil es die Bw offensichtlich verabsäumt habe, sich über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis zu verschaffen. Die mangelnde Aneignung der entsprechenden Kenntnisse, bzw. die fehlende Sorge dafür, dass die gesetzlichen Bestimmungen in ihrem Unternehmen entsprechend beachtet  werden, müsse als Fahrlässigkeit angesehen werden.  

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches den Verfahrensparteien am 14. Mai 2010 zugestellt worden ist, richten sich die in einem Schriftsatz gemeinsam verfassten und am 26. Mai 2010 der Post zur Beförderung übergebenen Berufungen.   

 

Nach Wiedergabe der Tatanlastung führt die Bw aus, dass die belangte Behörde von ihr nicht verlangen könne, dass sie als Geschäftsführerin der Firma x sämtliche Plakatstellen in Österreich kontrolliere, zumal sie diesen Auftrag zur Plakatierung an ein Plakatunternehmen weitergegeben habe. In einer solchen Verpflichtung sei eindeutig eine Überspannung des Sorgfaltsmaßstabes zu sehen, welchem ein Geschäftsführer eines Unternehmens unterliege. Darüber hinaus habe die Bw darauf vertraut, dass die Plakate bereits im Jänner 2010 überklebt worden seien. Gleichzeitig werde gegen die Höhe der Geldstrafe berufen, da diese zu hoch erscheine. Die belangte Behörde habe bei der Bemessung der Strafhöhe nicht bedacht, dass die Bw Sorge- und Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder habe und bis 2012 ein Abschöpfungsverfahren beim BG Graz anhängig sei. Abschließend wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg.   

 

Aus der Aktenlage ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:  

 

Dienstleister hinter der Mehrwertnummer x ist die x. Zur Vertretung nach außen berufen ist die Bw, die als Geschäftsführerin tätig ist.

Der Unternehmenssitz des Dienstleisters x befindet sich in x, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Fernmeldebüros für Steiermark und Kärnten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 109 Abs. 2 Z. 9 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 8.000 Euro zu bestrafen, wer einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder einem auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheid zuwiderhandelt.

 

Auf Grund der §§ 24 Abs. 1 und Abs. 2 sowie des 63 TKG wurde die Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009 – KEM-V 2009, BGBl. II Nr. 212/2009, zuletzt geändert mit BGB II Nr. 109/2010, erlassen.

 

Der 5. Abschnitt der KEM-V 2009 regelt die Mehrwertdienste (§ 117 [Allgemeines] und § 118 [Bewerbung]).

 

Gemäß § 117 Abs. 1 ist die Erbringung von Mehrwertdiensten in Österreich ausschließlich unter Verwendung nationaler Rufnummern in den Bereichen 810, 820, 821, 900, 901, 930, 931, 939 und im Zugangskennzahlbereich 118 sowie im Bereich für x gemäß § 7a unter Maßgabe der bereichsspezifischen Bestimmungen zulässig.

 

Nach § 118 Abs. 1 Z. 2 stellt der Dienstleister bei Diensten in den Bereichen gemäß § 117 Abs. 1 sicher, dass alle Formen der Bewerbung, derer er sich bedient, die Angaben über das für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlende Entgelt gemäß Abs. 2 bis 5 sowie eine eindeutige Bezeichnung, dass es sich um Euro handelt, deutlich erkennbar enthalten.

 

Gemäß § 3 Z. 8 ist Dienstleister eine Person, die Informationen oder andere Dienstleistungen unter einer Rufnummer des öffentlichen Rufnummernplans mittels Nutzung eines Kommunikationsdienstes anbietet. Darunter fallen auch Kommunikationsdienstebetreiber, die der Öffentlichkeit den Zugang zu ihren Kommunikationsdiensten unter einer Rufnummer anbieten.

 

4.2. Die x, deren Geschäftsführerin die zur Vertretung nach außen berufene Bw ist, hat als Dienstleisterin entgegen § 118 Abs. 1 Z. 2 KEM-V 2009 nicht sichergestellt, dass auf der vorliegenden Form der Bewerbung (Plakatwerbung) die Angaben über das für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlende Entgelt gemäß Abs. 2 bis 5 sowie eine eindeutige Bezeichnung, dass es sich um Euro handelt, deutlich erkennbar enthalten sind.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Nach § 112 TKG sind Fernmeldebehörden u.a. die der obersten Fernmeldebehörde unterstehenden Fernmeldebüros.

 

§ 113 TKG regelt die örtliche Zuständigkeit. Nach Abs. 2 Z. 1 ist ein Fernmeldebüro in Graz für die Länder Steiermark und Kärnten eingerichtet.

 

Bei der der Bw – als handelsrechtlicher Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufenen – zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt, da ihr vorgeworfen wurde, nicht sichergestellt zu haben, dass bei der durchgeführten Bewerbung die erforderlichen Angaben auf den Plakaten deutlich erkennbar enthalten sind.

 

Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort in der Regel der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B.: 97/07/0137 vom 15. Jänner 1998) ist dabei stets auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen.

Im vorliegenden Fall liegt der Tatort in x, da sich dort der Unternehmenssitz des Dienstleisters x befindet und am Unternehmenssitz die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung des gegenständlichen Verstoßes gegen die KEM-V 2009 gesetzt werden hätten müssen.

 

Örtlich zuständige Behörde ist daher das Fernmeldebüro für die Länder Steiermark und Kärnten. Das Fernmeldebüro für die Länder Oberösterreich und Salzburg ging zwar zu Recht von einem Unterlassungsdelikt aus, stellte jedoch hinsichtlich des Tatorts auf den Standort der Plakate ab und nahm somit eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihr nicht zugekommen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat war gehalten, diesen Umstand von Amts wegen aufzugreifen und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.  

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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